Das vor mehr als zehn Jahren erschienene Buch „Deutschland schafft sich ab“ sorgte nicht nur für deutschlandweite Diskussionen, sondern stellte Thilo Sarrazin vor sein politisches Aus in der SPD. Mindestens ebenso kontrovers steht es um die Äußerungen des Alt-Kanzlers Gerhard Schröder im aktuellen Krieg Russlands gegen die Ukraine – gegen Schröder liegen 14 Anträge auf einen Parteiausschluss vor.
Sarrazin selbst wurde nach fast 50 Jahren in der Partei im Jahr 2020 aus der SPD ausgeschlossen, drohte gegen den Entscheid zu klagen. Ein Vorhaben, gegen das sich der ehemalige Berliner Finanzsenator bereits im vergangenen Jahr entschieden hatte, wie er in einem Interview mit der „Berliner-Zeitung“ nun verriet. Grund dafür sei die Veränderung der SPD, die zu Zeiten seines Eintritts „ein liberaler Verein“ gewesen sei. „Ich könnte aber immer noch jederzeit gegen den Ausschluss klagen. Da gibt es keine Fristen“, sagte er weiter.
Sein politisches Interesse habe niemals der Arbeit als Abgeordneter oder Mandatsträger gegolten. „Ich habe es in den 70er-Jahren als eine wichtige Aufgabe gesehen, die SPD auf einem Kurs der sozialen Marktwirtschaft zu halten und auch zu lenken“, erklärt er im Gespräch mit der „Berliner-Zeitung“. Sarrazins Parteiausschuss sei durch die Parteilinken durchgesetzt worden, die Partei selbst sei es leid gewesen nach Sarrazins Positionen zur „kulturfremden Einwanderung, den Islam, das Asylrecht oder Bildungspolitik“ befragt zu werden.
Zu Schröders potenziellem Ausschluss sagte das Ex-Parteimitglied der SPD, der Alt-Kanzler habe seinen Ruf unwiderruflich zerstört, und weiter: „Ich glaube, dass Schröder in seiner geistigen Leistungsfähigkeit mittlerweile beeinträchtigt ist.“ Dieser hätte vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine, mit Verweis auf sein fortgeschrittenes Alter und den Ruhestand, seine Ämter niederlegen sollen.
Während die SPD nun wegen des Krieges über den weiteren Kurs und die Waffenlieferungen streitet, sei, so Sarrazin, Olaf Scholz ein kluger Mann. Scholz stärkste Leistung sei, „dass er nach dieser schmählichen Niederlage in der Konkurrenz zum Parteivorsitzenden praktisch ins zweite Glied trat, sich Walter-Borjans und Esken mehr oder weniger untergeordnet hat und aus dieser Position im zweiten Glied dann erstens die Kanzlerkandidatur und dann auch noch die Wahl gewonnen hat.“
Dennoch sehe man den Bundeskanzler derzeit ins Stolpern geraten, könne Zweifel daran haben, ob ihn die Mentalität, welche ihn bis zu seiner Kanzlerschaft geleitete, auch tatsächlich über seine Amtszeit hinweg ausreichen wird. Die Zukunft der SPD liege auf der rechten Seite der Partei durch „attraktive Kandidatinnen“. Sarrazin verweist dabei auf die Arbeit Anke Rehlingers im Saarland, Malu Dreyers in Rheinland-Pfalz und Franziska Giffeys in Berlin. „Diese attraktiven Kandidatinnen kommen ja meist von der rechten Seite der Partei. Oder sie wandern auf die rechte Seite, werden dann aber von den Linken toleriert.“ Das sei auch der Grund für das Scheitern der CDU – das Fehlen „attraktiver Amtsträger“.