Suspect: Review der ersten vier Folgen der Thriller-Serie auf ZDFneo
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Suspect: Review der ersten vier Folgen der Thriller-Serie

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Szenenfoto aus der Serie „Suspect“
Szenenfoto aus der Serie „Suspect“ © Channel 4 / ZDF / Anthony Elliso

„Suspect“ ist die britische Adaption der dänischen Nordic-Noir-Serie „Forhøret“. Ob Showrunner Matt Baker der Geschichte neue Aspekte hinzufügen kann oder nur alten Wein in neuen Schläuchen präsentiert, erfahrt Ihr in unserem Review.

Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!

Das passiert in „Suspect“

Der Londoner Polizist Danny Frater (James Nesbitt, Bloodlands) wird in der Serie Suspect zur Rechtsmedizin gerufen, um für einen Kollegen den Befund der Obduktion einzusehen. Während des Gesprächs mit der Pathologin Jackie (Joely Richardson) stellt er jedoch mit Schrecken fest, dass es sich bei der Toten um seine Tochter Christina (Imogen King) handelt. Obwohl laut Befund alles auf einen Suizid hindeutet, glaubt Frater allerdings an einen Mord und nimmt eigenmächtig Ermittlungen auf. Seine Nachforschungen führen den Detective Sergeant in eine Welt voller Abgründe, in der Christina ein zwielichtiges Leben führte.

Adaptationswahn

In der heutigen, geradezu überwucherten, Serienlandschaft ist es längst gang und gäbe geworden, Bücher und Filme ins serielle Format zu übertragen. Originalstoffe werden hingegen immer mehr zur Ausnahme, was der Kreativität durchaus abträglich ist.

Sozusagen der Gipfel der Ideenlosigkeit ist allerdings erreicht, wenn sich ein Autor einfach eine erfolgreiche Show schnappt und diese für den heimischen Markt umschreibt. Manchmal, wie im Fall von Professor T., gelingt die Uminterpretation sogar recht gut, oft genug wundert man sich aber auch über die Innovationsarmut, die einem präsentiert wird. „Suspect“, so viel sei an dieser Stelle vorweggenommen, bietet eine Kombination aus beidem.

Showrunner Matt Baker ist allerdings auch in Sachen Serienklau kein unbeschriebenes Blatt. 2021 nahm er sich das belgische Erfolgskonzept um den eigenwilligen Kriminologen mit dem „T“ vor und übertrug es für die britische Zuschauerschaft, nun zieht er dasselbe mit dem dänischen Thriller „Forhøret“ aka Verdacht/Mord durch. Das nordeuropäische Vorbild gibt es gerade einmal seit 2019 und es wird in diesem Jahr mit Folge Nummer 24 einen Abschluss finden.

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Der Start

Szenenfoto aus der zweiten Episode von „Suspect“
Szenenfoto aus der zweiten Episode von „Suspect“ © Channel 4 / ZDF / Anthony Ellison

Ob eine Adaption wirklich notgetan hätte, muss jede Zuschauerin und jeder Zuschauer für sich allein entscheiden, zumal die Neuinterpretation nicht wirklich mit dem Original mithalten kann. „Suspect“ wartet mit einem langsameren Erzähltempo als das Vorbild auf und verlässt sich zur Spannungserzeugung recht stark auf ein figurengetriebenes Narrativ, dessen Anker das Leben von Dannys toter Tochter Christina ist.

Die Geschichte beginnt, als er für einen Kollegen einspringt und das rechtsmedizinische Institut betritt, um einen Leichenfund zu untersuchen. Ein unterkühlter Dialog mit der leitenden Medizinerin Jackie offenbart, dass sich die beiden Protagonisten offenbar nicht sonderlich gut verstehen. Das „Warum“ wird leider nicht näher erläutert, wäre aber durchaus nicht uninteressant gewesen. Zumindest würde man so vielleicht die folgenden Szenen besser verstehen, in der der Detective Sergeant ihr so gut wie jedes Detail mehr oder weniger aus der Nase ziehen muss.

Hinzu kommen einige dünne Schlussfolgerungen, die beim Publikum Misstrauen erwecken sollen, bei gestandenen Krimifans aber für Kopfschütteln sorgen dürften. Beispielsweise diagnostiziert die Pathologin einen Suizid, der jedoch viele Fragen aufwirft. So soll Christina erst versucht haben, sich die Pulsadern aufzuschneiden, bevor sie sich erhängte, und in der Wohnung wurden Drogen gefunden. Der toxikologische Befund steht aber noch aus, weshalb sich nichts über den Zustand der Toten vor ihrem Ableben aussagen lässt. Außerdem gibt es zwar ältere, aber doch verdächtige Prellmarken im Gesicht der Toten.

Das alles sind Indizien, die zumindest einen näheren Blick auf den Hergang rechtfertigen. Das denkt auch Danny, der die Informationen nur erhält, indem er Jackie bedroht. Nach diesem Fauxpas schiebt der Cop gleich noch einen weiteren hinterher. Er bedient sich an den Fundstücken, in dem er eine Smartwatch, den Wohnungsschlüssel seiner Tochter und einen Beutel mit Drogen mitgehen lässt. Zu guter Letzt macht er sich mit dem Arbeitsschlüssel der Rechtsmedizinerin aus dem Staub.

Kurz zuvor hat der trauernde Vater aber noch eine Begegnung der besonderen Art. In der Scheibe der Tür erscheint ihm seine tote Tochter, die ihm Vorwürfe macht. Das Stilmittel mag im ersten Moment ein wenig nach Mystery riechen, erweist sich natürlich aber als Metapher für Dannys Schuldgefühle. Denn er war alles andere als ein guter Vater, wie wir in den nächsten Folgen noch erfahren werden...

Figurengetrieben

Szenenfoto aus der vierten Episode von „Suspect“
Szenenfoto aus der vierten Episode von „Suspect“ © Channel 4/ ZDF/ Laurence Cenrdowicz

Bis hierhin geht der Einstieg in die Thriller-Miniserie trotz kleiner Glaubwürdigkeitsdefizite noch in Ordnung. Nesbitt spielt seine Rolle als harter Cop und Versagervater glaubwürdig und überzeugt mit emotionalem Spiel. Dem gegenüber steht Joely Richardson, die sich wacker schlägt, aber hoffnungslos unterfordert ist.

Ab der zweiten Folge Suspect begibt sich Frater auf Spurensuche in Form von Menschen, die auf die eine oder andere Art mit seiner Tochter zu tun hatten. Die Titel der acht Episoden verraten uns freundlicherweise die Namen der Personen und verweisen darauf, dass es in den je 20 Minuten tatsächlich fast zu Gänze um die Figurenkonstellation des Drehbuchs geht. In zweiten Teil lernt Danny Christinas Frau „Nicola“ kennen, im dritten die Barkeeperin „Maia“. Anschließend trifft er auf seinen Exkollegen „Jaisal“, der unehrenhaft aus dem Polizeidienst entlassen wurde und sich nun als Clubbetreiber und Dealer verdingt.

Während der Ermittlungen stoßen wir auf eine Reihe interessanter Details, die nicht nur das zwielichtige Leben Christinas, sondern auch das ihres Vaters offenbaren. Der Casus Knacksus liegt dabei in der Dialogführung, weil sich die Serie fast vollständig auf das gesprochene Wort verlässt und ansonsten wenig geschieht. So erfährt man zwar viel, muss aber auch mit dem von Baker gewählten Schneckentempo leben.

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Ereignisarm

Einerseits lässt sich deshalb resümieren, dass die ersten 80 der insgesamt 160 Minuten relativ ereignisarm vor sich hinplätschern, andererseits erregen die Informationen, die Danny von den Protagonisten erhält, auch Interesse. Wir erfahren beispielsweise, dass Danny mit der Homosexualität seiner Tochter nicht zurechtkam, dass er ein mieser Vater war und zudem eine korrupte Ader hat. Christina lebte hingegen ein selbstzerstörerisches Leben, dealte, trank, feierte exzessiv und nahm Drogen.

Im Verlauf der ersten Staffelhälfte stellt sich entsprechend heraus, dass sich die beiden weder kannten noch im eigentlichen Sinne nahestanden. Trotzdem wird sehr deutlich, dass Danny sie auf seine verdrehte Art über alles liebte. Das ist ein starker Ansatz, auf den man sich indes aufgrund der dialoggetriebenen Erzählweise ohne große Höhepunkte erst einmal einlassen können muss...

Fazit

„Suspect“ eine „schlechte Serie“ zu nennen, wäre unfair. „Geschmackssache“ trifft es wohl eher. Wer es mag, die Hauptfiguren Stück für Stück zu entdecken und lange Dialogsequenzen liebt, wird mit der britischen Adaption der dänischen Thrillerserie „Forhøret“ sicherlich seine Freude haben. Wer es aber spannungsgeladener liebt, sollte vielleicht lieber ein Auge auf das Original werfen, das seine Sache in vielen Belangen schlicht besser macht. Dreieinhalb von fünf Verdächtigen.

Hier abschließend noch der aktuelle Trailer zur britischen Serie „Suspect“:

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