Nürburgring: Grand-Prix-Strecke wird 40 Jahre alt | AUTO MOTOR UND SPORT

Grand-Prix-Strecke feiert 40. Geburtstag
Alles Gute Nürburgring!

Am 12. Mai 1984 wurde der neue Grand-Prix-Kurs des Nürburgrings eröffnet. Als erster Sieger ließ sich das neue Wunderkind Ayrton Senna eintragen. Es folgten bis heute viele weitere große Rennen.

Michael Schumacher - Benetton - Nürburgring - GP Europa 1995 - Formel 1
Foto: Motorsport Images

Selten zuvor war eine solche Promi-Dichte bei einem Motorsport-Event in Deutschland zu bestaunen. Anlässlich des Eröffnungsrennens am 12. Mai 1984 karrte Mercedes nicht nur 20 modifizierte 190E 2.3-16 in die Eifel, sondern sorgte auch noch für eine Top-Besetzung dieser.

Nicht weniger als neun – teils erst spätere – F1-Weltmeister versammelten sich im Feld des sogenannten "Race of Champions". Dazu kamen deutschsprachige Stars wie Klaus Ludwig, Manfred Schurti und Udo Schütz, die allesamt schon das 1000-km-Rennen am Nürburgring gewonnen hatten.

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Der Event an sich wurde zur großen Show. Einige wollten nur ohne Kratzer durchkommen, andere – wie James Hunt – testeten die Offroad-Fähigkeiten des Mercedes und gleichzeitig die Abkürz-Möglichkeiten auf dem neuen Kurs. Und wieder andere konnten nicht aus ihrer Racer-Haut, wie Alain Prost, Niki Lauda oder der junge Ayrton Senna.

Ayrton Senna - Mercedes - Nürburgring - 1984
Mercedes

Ayrton Senna brillierte beim Mercedes-Einladungsrennen 1984 auf dem Nürburgring, als die neue GP-Strecke eingeweiht wurde. 

Prost gewinnt ersten GP

F1-Rookie Senna schubste in der ersten Kurve gleich mal Pole-Mann Prost neben die Strecke und übernahm die Führung, die er nicht mehr abgab. Er gewann vor Lauda und Carlos Reutemann. Prost geriet noch mit Elio de Angelis zusammen und landete letztlich nur auf Platz 15.

Als man knapp fünf Monate später zum ersten F1-Rennen auf dem neuen Kurs antrat, sahen die Schicksale ganz anders aus: Senna crashte schon in Kurve 1 mit Keke Rosberg, was ein Chaos auslöste und insgesamt fünf Fahrer inklusive Senna und Rosberg aus dem Rennen riss. Prost schnappte sich am Start die Spitze von Pole-Mann Nelson Piquet und gewann den Grand Prix.

Dass überhaupt ein Neubau nötig war, lag an dem immer größeren Sicherheitsbewusstsein. Beim letzten Nordschleife-Rennen der Formel 1 1976 rüttelte der schwere Feuerunfall von Niki Lauda auch die letzten Hardliner wach und man blieb der Eifel für die nächsten Jahre fern.

DTM - Nürburgring - 1994
Wilhelm

Der Nürburgring ist ein beliebter Austragungsort der DTM. Im Jahr 1994 gab es zwei Rennwochenenden der Tourenwagenserie in der Eifel.

Nürburgring als Wirtschaftstreiber

Weil die 1927 eröffnete Rennstrecke aber der wichtigste Wirtschaftsmotor der Region war und bis heute ist, war guter Rat teuer. Die Lösung war eine neue Strecke, die im Bereich der alten Start-Ziel-Schleife sowie der zu diesem Zeitpunkt schon stillgelegten Südschleife errichtet werden sollte. Ein früher Entwurf einer 6,6 Kilometer langen "Großer-Preis-Strecke", die man in zwei separate Strecken samt Boxenanlagen hätte aufteilen wollen, scheiterte an den Kosten.

Der finale Plan sah dann eine 4,5 Kilometer lange, 80 Millionen D-Mark teure Version vor. Der Spatenstich fand im November 1981 durch den damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Dr. Bernhard Vogel statt. Dass hämische Kritik kein neuzeitliches Phänomen ist, zeigte sich schon damals. Der neue Kurs sei des Namens "Nürburgring" und seiner Historie gar nicht würdig. Man sprach vom Eifelring oder einem Ersatzring.

Doch die Rückkehr der Formel 1 nach acht Jahren Abwesenheit war ein großes Pfund, so legten sich die kritischen Stimmen schnell. Zumal sich im Zuge des Neubaus noch ganz andere Möglichkeiten ergaben. 1986 fand so zum ersten Mal der Truck Grand-Prix statt, der sich parallel zum 24h-Rennen – wo Nordschleife und Grand-Prix-Kurs kombiniert werden – zu einem der großen motorsportlichen Highlights in Nürburg entwickelte. Neue Großveranstaltungen wie ab 1985 das Musikfestival "Rock am Ring" zeigten aber, dass man in der Eifel nicht nur Rennsport kann.

Michael Schumacher - Ferrari - Nürburgring - GP Europa 2006 - Formel 1
xpb

Michael Schumacher lockte hunderttausende Fans an den Nürburgring. Der Liebling der Massen siegte insgesamt fünf Mal auf dem Grand-Prix-Kurs.

Schumacher sorgt für Boom

Der GP-Kurs schrieb die schönsten Geschichten jedoch natürlich mit seinen Rennen. Allein von den 19 Rennen, die die Formel 1 – mit Pausen – seit 1984 absolvierte, könnte man ganze Bücher füllen. Der historischste Moment war wohl 1995, als die F1 im Zuge des Booms um Michael Schumacher nach zehn Jahren Pause an den Ring zurückkehrte und der Lokalmatador auch direkt gewinnen konnte. Es war der erste von fünf Siegen des Kerpeners auf seiner Heimstrecke. Bruder Ralf durfte 2003 ebenfalls dort triumphieren.

Nach Michael Schumachers erstem Rücktritt 2007 wurde sogar ein Streckenabschnitt nach ihm benannt. Das "Audi-S", durch das Schumacher im Aufmacher-Bild dieser Geschichte pfeilt, wurde zum "Michael-Schumacher-S", das er nach seinem Comeback im Jahr 2011 sogar noch mal im F1-Renntempo erleben durfte.

1999 ging als das Rennen in die F1-Annalen ein, das niemand gewinnen wollte. Am Ende fand sich mit Johnny Herbert doch noch einer für die oberste Stufe des Podests. Er bescherte damit Jackie Stewart seinen einzigen F1-Sieg als Teamchef – ausgerechnet an dem Ort, an dem Stewart einst die Nordschleife als "Grüne Hölle" bezeichnete und wo er selbst dreimal gewann.

Kimi Räikkönen - Jenson Button - McLaren - Renault - GP Europa 2002 - Nürburgring - Formel 1
Wilhelm

2002 musste das Castrol-S der kurvigeren Mercedes-Arena weichen. Die Zuschauer können die F1-Autos an der Stelle länger verfolgen.

Mercedes-Arena statt Castrol-S

2002 wurde die Strecke im Bereich der ersten Schikane, bekannt als Castrol-S, umgebaut und um die Mercedes-Arena erweitert. Die erste, nun sehr enge, Kurve wurde daraufhin in Anlehnung an den damaligen Mercedes-Motorsportboss scherzhaft in "Haug-Haken" umgetauft.

Ausgerechnet in der Anfahrt auf diesen erlebten Norbert Haug und die Silberpfeile 2005 einen Schreckmoment. Weil Reifenwechsel in diesem Jahr verboten waren und Kimi Räikkönen sich einen Bremsplatten eingefahren hatte, flog dem Führenden in der letzten Runde just an dieser Stelle die rechte Vorderradaufhängung um die Ohren.

Zwei Jahre später schlidderte Lewis Hamilton, wie viele andere, an derselben Stelle im legendären Regenchaos ins Kiesbett. Historisch: Genau in diesem ganzen Durcheinander sammelte Markus Winkelhock im Spyker bei seinem einzigen F1-Start direkt einige Führungskilometer.

Nachdem man sich zuvor mit dem Hockenheimring bei der Austragung des Deutschland-GP abgewechselt hatte, war nach 2013 erst mal F1-Ruhe in der Eifel. Erst 2020 fand das erste und bis heute einzige Rennen der Hybrid-Ära am Nürburgring statt – Pandemie sei Dank. Nach dem GP von Europa, Deutschland und Luxemburg bekam das Rennen im Schatten der Nürburg in diesem Jahr noch eine weitere Bezeichnung: Eifel-Grand-Prix.

Impressionen - GP Eifel 2020 - Nürburgring - Formel 1
xpb

Die Ende der 2000er-Jahre geplante Erlebniswelt entwickelte sich für die Betreiber zum Millionengrab. 

Kritik am Umbau 2009

Übrigens: Nicht nur die Vierrad-Elite wie Formel 1, WEC oder natürlich die DTM haben eine Geschichte auf dem GP-Kurs, sondern auch die Zweirad-Könner. Zwischen 1984 und 1997 gastierte die Motorrad-WM insgesamt sieben Mal am Nürburgring (und zuvor schon einige Male auf Nord- und Südschleife).

Mit Ralf Waldmann bekamen die Fans sogar 1996 einen deutschen Sieger in der 250er-Klasse. Letzter WM-Sieger wurde Mick Doohan beim 500er-Rennen 1997. Die Superbike-WM gastierte sogar letztmals 2013 am Nürburgring, seither sind nur mehr nationale Motorrad-Serien in der Eifel zu Gast gewesen.

Einen großen Aufschrei rund um den GP-Kurs gab es 2007. Damals wurde die alte Haupttribüne abgerissen und der Bereich gegenüber der Boxengasse zu einem riesigen Event-Komplex umgebaut – mit Boulevard, Kino, Eifeldorf, Hotel und einer nicht nutzbaren Achterbahn. Größter Kritikpunkt waren die horrenden Kosten bei fehlenden bzw. falschen Investoren. Am Ende blieben so rund 330 Millionen Euro an den Steuerzahlern hängen.

Doch die Zeit hat dem Projekt zumindest bedingt Recht gegeben. Seit dem Umbau zum "Disneyland", wie einige Kritiker damals spotteten, ist der Nürburgring als ganzjährige Sport- und Eventstätte nutzbar. Parallel wächst der Gewerbepark in Meuspath prächtig. Festzuhalten bleibt: Ohne den Neubau der GP-Strecke 1984 wären der Wirtschaftsmotor und die Legende Nürburgring wohl längst tot.