Petra Roth wird 80 Jahre alt: Immer noch im Einsatz für Frankfurt
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Petra Roth wird 80 Jahre alt: Immer noch im Einsatz für Frankfurt

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„Es geht mir gut.“ Petra Roth, kurz vor ihrem 80. Geburtstag beim Pressetermin in der Villa Bonn.
„Es geht mir gut.“ Petra Roth, kurz vor ihrem 80. Geburtstag beim Pressetermin in der Villa Bonn. © Monika Müller

Petra Roth war von 1995 bis 2012 Frankfurter Oberbürgermeisterin. In ihre Amtszeit fielen der Wiederaufbau der Altstadt und eine Reform der Drogenpolitik.

Vor ein paar Wochen hat sich Petra Roth mit dem Taxi vom Hauptbahnhof zur Oper fahren lassen. Sie ging davon aus, der Fahrer würde den Weg „außen herum wählen“, also über Baseler Platz, Wilhelm-Leuschner-Straße und Hofstraße. Doch der Mann steuerte sein Taxi mitten durchs Bahnhofsviertel. „Er wollte mir wohl etwas zeigen“, sagt Roth. Vermutlich das Elend und die Armut in dem Stadtteil. Roth hat dazu ihre eigenen Gedanken, dazu später mehr. Sie sind viel zu komplex für eine Taxifahrt von noch nicht einmal zehn Minuten.

Vor ein paar Tagen ist Petra Roth mit der U-Bahn gefahren. Von der Hauptwache in den Norden der Stadt, wo sie immer noch wohnt. Der Waggon war voll mit Eintracht-Fans, deren Team gerade 1:5 verloren hatte. Und doch reagierten die Herrschaften freundlich, als sie Roth erkannten. „Sie fahren U-Bahn?“, fragte ein Fan staunend. Und viele andere werden sich erinnert haben an den 29. Mai 1999, als die Eintracht in einem sensationellen Finale den Klassenerhalt sicherte und Stürmer Jan-Aage Fjörtoft die damalige Oberbürgermeisterin auf der Haupttribüne des Waldstadions zum Tanz aufforderte.

Die beiden kleinen Anekdoten zeigen vor allem eines: Petra Roth, die am morgigen Donnerstag 80 Jahre alt wird, ist in Frankfurt noch immer extrem prominent - auch zwölf Jahre nach ihrem Rücktritt als Stadtoberhaupt.

Wahlkampf 2001: Petra Roth mit Achim Vandreike (SPD), gegen den sie knapp gewann.
Wahlkampf 2001: Petra Roth mit Achim Vandreike (SPD), gegen den sie knapp gewann. © FRFOTO

Wo fängt man an, wo hört man auf zu erzählen in einem Porträt über Petra Roth? Zumindest die zweite Frage ist leicht zu beantworten. Eine Geschichte über Roth endet in der Gegenwart. Denn die CDU-Politikerin hat mit ihrem freiwillig gewählten Rückzug aus dem Römer nicht aufgehört, sich für Frankfurt zu engagierten.

In zahlreichen Stiftungen und Einrichtungen ist Roth aktiv. Zuletzt berief die gemeinnützige Hertie-Stiftung sie in den Fachbeirat des Programms „Jugend entscheidet“. Petra Roth sagte sofort zu. Jugendlichen die Demokratie näher zu bringen – es gibt kaum etwas, das ihr in diesen Tagen wichtiger wäre.

Petra Roth: Ständig auf Achse

Dass sie ständig auf Achse sein, jeden Tag mehrere Termine in dichter Folge wahrnehmen kann, das ist im Alter von 80 Jahren keine Selbstverständlichkeit. Petra Roth weiß das. „Es geht mir gut“, sagt sie und betont, dass sie „demütig“ sei. Sie ist froh und dankbar, so alt geworden zu sein und immer noch voller Hingabe diskutieren zu können. Mit größter Genauigkeit, was die Fakten betrifft, versteht sich. Wer sich mit Petra Roth unterhalten will, sollte die Geschichte Frankfurts in den vergangenen Jahrzehnten gut kennen, denn Roth ist immer bestens vorbereitet. So soll es bleiben in den nächsten Jahren, in denen sie noch viel tun will für diese Stadt, die ihre Stadt ist, seit die gebürtige Bremerin im Jahr 1964 der Liebe wegen an den Main zog.

Und wie beginnt man eine Geschichte über diese umtriebige Frau, die Frankfurt geprägt hat? Am besten, indem man erst einmal über Männer schreibt. Über Walter Wallmann, einen ihrer Vorgänger als Stadtoberhaupt. Über den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl, der sie immer ungefragt duzte. Über ihren Mentor Ernst Gerhardt, den früheren Stadtkämmerer, der im vergangenen September 102 Jahre alt geworden ist. Sie alle – und noch einige andere Männer aus den vorderen Reihen der CDU – förderten die gelernte Arzthelferin Petra Roth. Vermutlich, das sagt sie selbst, wäre sie ohne die Männer nicht Stadtverordnetenvorsteherin, Landtagsabgeordnete und im Jahr 1995 schließlich Oberbürgermeisterin geworden.

Gute Taten: Petra Roth verteilt im Dezember 2002 Stollen und sammelt Spenden für die FR-Altenhilfe.
Gute Taten: Petra Roth verteilt im Dezember 2002 Stollen und sammelt Spenden für die FR-Altenhilfe. © FRFOTO

Feministinnen warfen ihr oft vor, sie sei „von Männern gemacht“. Roth lächelt heute darüber. „Das politische Ergebnis war wohl nicht das schlechteste“, sagt sie. Und überhaupt, sie müsse sich bestimmt nicht vorwerfen lassen, keine Politik für Frauen gemacht zu haben. Wer setzte denn in der Frankfurter CDU erstmals eine Frauenquote durch? Der Anteil der weiblichen Mitglieder musste sich fortan auch in den Mandaten im Römer widerspiegeln. Wer führte denn von 1989 bis 1992 die Frauenunion an, wer war denn die erste Kreisvorsitzende in der Geschichte der Frankfurter CDU, wer arbeitete denn mit Rita Süssmuth an einer Reform des Paragrafen 218? Nein, wenn es um Geschlechtergerechtigkeit gehe, müsse sie sich nichts erzählen lassen.

Petra Roth legte Grundstein für schwarz-grünes Bündnis

Es gibt eine Menge Ereignisse in der Amtszeit von Petra Roth, die in jeder Frankfurter Stadtchronik auftauchen: Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank für ihr Doppel-Hochhaus im Ostend, die Frankfurt veränderte. Der Bau der Nordwest-Landebahn, der heftig umstritten war. Noch bei Petra Roths Abschied in der Paulskirche gab es massive Proteste von Fluglärmgegnern. Die Gründung der ersten schwarz-grünen Koalition in einer Großstadt, die Petra Roth vor allem aus pragmatischen Gründen vorangetrieben hatte. Mit den Grünen, so sagte sie damals, gebe es zwar immer mal wieder ideologische Grabenkämpfe (Stichwort: Ausbau des Flughafens). Doch mit dem damaligen Grünen-Fraktionschef Lutz Sikorski, der einige Jahre zuvor bei der Wahl zum Verkehrsdezernenten wegen fehlender Stimmen in der rot-grünen Koalition durchgefallen war, mit diesem von ihr hoch geschätzten Lutz Sikorski lasse sich für Frankfurt viel erreichen. Roth sollte recht behalten.

Für sie selbst waren zwei Entscheidungen in den 17 Jahren im Römer prägend. Zum einen der Wiederaufbau der Frankfurter Altstadt. Ein verrücktes Projekt, hieß es zunächst, warum sollte man das erst 1974 eröffnete Technische Rathaus wieder abreißen? Später, als die ersten Pläne öffentlich wurden, war die Rede vom „Disneyland“. Und heute? Besagtes Areal zwischen Dom und Römer ist zum einen ein Besuchermagnet. Und zum anderen aus Sicht von namhaften Architekt:innen stadtplanerisch sehr gelungen.

Neue Drogenpolitik mit Petra Roth

Zum zweiten hat ihre Entscheidung für den Frankfurter Weg in der Drogenpolitik die Amtszeit von Petra Roth geprägt. Was die Oberbürgermeisterin – nach langen Gesprächen mit Ärzt:innen, Sucht-Fachleuten und Wissenschaftler:innen – in den 90er Jahren anging, klang völlig unglaublich. Eine Politikerin, noch dazu eine Christdemokratin, setzt mit ihrem Magistrat die kontrollierte Abgabe von Heroin durch. Süchtige gelten plötzlich nicht mehr als Straftäter, sondern als kranke Menschen, denen man helfen muss. Doch wieder gab der Erfolg ihr Recht. Die Zahl der Drogentoten in Frankfurt ging deutlich zurück.

Dass der Frankfurter Weg jetzt weiterentwickelt wird, weil Heroin nicht mehr die beherrschende Droge im Bahnhofsviertel ist, findet sie richtig. Und sie unterstützt den amtierenden Oberbürgermeister Mike Josef (SPD), über den sie mit großem Respekt spricht, in seinen ordnungspolitischen Ansätzen. Die Einführung der Waffenverbotszone sei eine richtige Entscheidung gewesen.

Petra Roth hat nie eine Wahl verloren

Petra Roth ist niemand, die mit ihren Erfolgen hinter dem Berg hält. Dass sie „nie eine Wahl verloren hat“, dass sie bei den Direktwahlen ums Amt des Stadtoberhaupts erst gegen Andreas von Schoeler, dann gegen Achim Vandreike und schließlich (im ersten Wahlgang) gegen Franz Frey gewonnen hat, das macht sie durchaus stolz.

Aber Petra Roth lebt nicht in der Vergangenheit. Heute gebe es andere Herausforderungen als in ihrer Amtszeit, sagt sie. Das Erstarken der Rechten, beängstigt sie, die Demokratie sei in Gefahr. Bei den großen Demos gegen rechts war sie dabei, sie stand mit Mike Josef vor Zehntausenden auf der Bühne am Römerberg. Doch das reiche nicht. Auch bei Gesprächen im privaten Rahmen müsse man wieder und wieder darauf hinweisen, wie wichtig der Kampf für die Freiheit sei, fordert sie.

Am morgigen Donnerstag lädt die Stadt Frankfurt zu Petra Roths Ehren in den Kaisersaal ein. Wie es ihr dabei geht? „Ich bin schon nervös“, sagt sie. Auch diese Ehrlichkeit zeichnete sie all die Jahre aus.

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