Erich Kästner (1899-1974) war ein deutscher Schriftsteller und Journalist. Berühmt wurde er vor allem für seine humorvollen und scharfsichtigen Kinderbücher, die für die damalige Zeit revolutionär waren. Sie liegen in zahlreichen Übersetzungen vor; allein der Roman »Emil und die Detektive« (1929) wurde in 40 Sprachen übersetzt. Bei der Bücherverbrennung der Nazis landeten auch Kästners Bücher im Feuer. Nach dem Krieg gelang es Kästner nicht, an die Erfolge von früher anzuknüpfen.
Dresden und Leipzig (1899-1927)
Erich Kästner wurde am 23. Februar 1899 in Dresden geboren. Er sagte von sich selbst, dass er »aus ganz kleinen Verhältnissen« stammte. Zu seiner Mutter Ida, dem »Muttchen«, hatte er auch als Erwachsener noch ein auffallend enges Verhältnis. Seiner Herkunft zum Trotz machte er 1919 sein Abitur und schrieb sich mit einem Stipendium der Stadt Dresden an der Universität Leipzig ein, unter anderem für Germanistik und Geschichte. Schon während des Studiums publizierte Kästner Gedichte in Zeitungen und Zeitschriften. Ab 1924 arbeitete er als Redakteur für das Feuilleton der »Neuen Leipziger Zeitung«. 1925 beendete er sein Studium mit einer Promotion.
Berlin (1927-1945)
1927 ging Kästner nach Berlin. Dort schrieb er für verschiedene renommierte Zeitungen, darunter die »Vossische Zeitung« und die »Weltbühne«. 1929 erschien »Emil und die Detektive«. Es war das erste von Kästners unkonventionellen Kinderbüchern, die ihn weltberühmt machten. Zu seinen Klassikern für Kinder zählen auch »Das fliegende Klassenzimmer« (1933) oder »Das doppelte Lottchen« (1949).
1931 veröffentliche Kästner seinen Roman »Fabian – Geschichte eines Moralisten«, eine Warnung vor den damaligen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Bei der öffentlichen Bücherverbrennung durch die Nazis auf dem Berliner Bebelplatz im Mai 1933 war Erich Kästner unter den Zuschauern. Auch seine eigenen Bücher wurden dort verbrannt. In den folgenden Jahren wurde er mit Veröffentlichungs- und Schreibverboten belegt und mehrmals verhaftet.
Der Unterhaltungsroman »Drei Männer im Schnee« wurde 1934 zuerst in der Schweiz veröffentlicht, ebenso wie die sogenannte Gebrauchslyrik »Doktor Erich Kästners lyrische Hausapotheke«: liebevoll ironische oder zeitkritische Gedichte. Dennoch gelang es Kästner, sich im faschistischen Deutschland zu arrangieren. Er verstand es, sich geschickt in unterschiedlichen Gattungen zu bewegen und mit Pseudonymen zu jonglieren.
Kästners politische Haltung zum nationalsozialistischen Regime ist in Fachkreisen bis heute jedoch umstritten, da er sich in der Öffentlichkeit nie klar dazu geäußert hat. Es steht jedoch fest, dass er nicht mit den Nationalsozialisten paktierte. Sein literarisches Schaffen beschränkte sich in dieser Zeit auf unverfänglich Unterhaltsames.
Der Propagandaminister Joseph Goebbels wollte ihn für einen Film gewinnen, und Kästner verstand es, die einzelnen Ministerien geschickt gegeneinander auszuspielen. Schließlich schrieb er unter dem Synonym Berthold Bürger das Drehbuch für den UFA-Jubiläumsfilm »Münchhausen«, das zahlreiche subversive Dialoge enthielt. Danach erhielt Kästner 1943 endgültig ein Schreibverbot.
In dieser Zeit riss auch Kästners Kontakt zur Mutter ab, sodass er vollkommen isoliert war. 1944 wurde seine Berliner Wohnung bei einem Luftangriff der Alliierten zerstört.
Durch ein fingiertes Filmprojekt mit Namen »Das verlorene Gesicht« gelang es Kästner schließlich, mit einem UFA-Filmteam nach Mayrhofen in Tirol zu reisen, sodass er 1945 dort in Sicherheit das Kriegsende erleben konnte.
München (1945-1974)
Nach dem Krieg ging Kästner nach München, wo er seine journalistische und schriftstellerische Arbeit fortsetzte. Bei den Nürnberger Prozessen gegen Kriegsverbrecher war er Prozessbeobachter. In der Literatur im Nachkriegsdeutschland spielte er allerdings keine wesentliche Rolle mehr. Nach seiner letzten Veröffentlichung »Der kleine Mann und die kleine Miss« (1967) zog Kästner sich 1969 aus dem Literaturbetrieb zurück. Er starb 1974 in München.
Kästners Biografen
Sven Hanuschek hat 1999 unter dem Titel »Keiner blickt dir hinter das Gesicht« eine Biografie des beliebten Schriftstellers veröffentlicht. Darin versucht er unter anderem, Kästners widersprüchliche Charakterzüge auszuloten: Die fehlende Eindeutigkeit seines politisches Handeln findet sich auch in seinen Liebesbeziehungen zu Frauen wieder. Die erste ernstzunehmende Biografie hatte bereits 1998 der Herausgeber der Kästner-Werkausgabe Josef Görtz zusammen mit Hans Sarkowicz publiziert. Görtz war der erste, der Einsicht in Kästners Nachlass hatte.