Stoffe Werning schließt seine Filiale in Lüdenscheid
  1. come-on.de
  2. Lüdenscheid

Stoffe Werning schließt seine Filiale in Lüdenscheid 

KommentareDrucken

Endspurt am Knapp: Stoffe Wernings Suche nach einem neuen Standort war bislang nicht erfolgreich.
Endspurt am Knapp: Stoffe Wernings Suche nach einem neuen Standort war bislang nicht erfolgreich. © nougrigat

Lüdenscheid – Zum Jahresende wird Stoffe Werning seine Filiale in Lüdenscheid am Knapp schließen. „Für uns hat es mehrere Aspekte“, sagt Geschäftsführer Dirk Werning auf Nachfrage – und zeichnet ein düsteres Bild des Standorts Lüdenscheid. Seit er 2016 eine Filiale in der Bergstadt auf rund 400 Quadratmetern eröffnete, hat sich die Welt verändert und die Stadt auch. 27 weitere Filialen betreibt das 1981 gegründete Familienunternehmen mit Sitz in Nordhorn zwischen Bielefeld und Gummersbach, Münster und Hagen. „Das ist die erste Filiale, die wir jetzt schließen werden. Für uns rentiert sich der Standort nicht.“

Und das hat, seiner Analyse zufolge, mehrere Gründe. „Wir verkaufen Hobby, das ist immer etwas schwierig“, sagt er. Die Krisen der Zeit sind nicht dienlich, die Stimmung sei im Keller, wohin man blicke. Während Corona hat das Nähen einen Boom erfahren. Die Leute hatten Zeit, entdeckten die Nähmaschine wieder, und die Stoffmasken-Fertigung war auch für Anfänger geeignet. Der Schnitt kam mit medizinischen Masken. Nach Corona hörten die Sorgen nicht auf.

Dazu kam die spezielle Lüdenscheider Situation: „Wir haben uns die Kaufkraft von Lüdenscheid angeguckt und die Bevölkerungsänderung. Das geht in die falsche Richtung“, findet Dirk Werning: „Die gesunde Mittelschicht schrumpft.“ Am Knapp stimme auch das Umfeld nicht mehr. Dazu kämen die übergeordneten Themen wie Corona-Folgen und Kriege: „Die Leute halten das Geld zusammen.“ Es seien also drei, vier, fünf Aspekte zusammengekommen. Am Ende habe man sich gefragt: „Warum tun wir uns das an?“

Solche Analysen sind natürlich nicht nur auf Lüdenscheid beschränkt. Auch andere Standorte seien auf dem absteigenden Ast, stellt Dirk Werning demnach fest, während das Geschäft woanders durchaus funktioniere. Siegen, Gießen, Lippstadt, Soest – diese Standorte seien zum Beispiel komplett gefestigt, dort gebe es sie noch, „die gesunde Mittelschicht“. Ob das so bleibt? „Ich weiß nicht, was das nächste Jahr bringt.“ Die Verunsicherung im Einzelhandel ist spürbar: „Es werden auch in anderen Bereichen noch mehr Geschäfte schließen, wenn der Mindestlohn hochgeht.“

Bunte Vielfalt: Seit Juli 2016 sind die Stoffe und Kurzwaren des Filialisten aus Nordhorn am Knapp zu finden. Die Suche nach einem kleineren Ladenlokal ist schwierig. Im Geschäft liegen gleichwohl Unterschriftenlisten aus, um breite Unterstützung für den Erhalt des Standorts Lüdenscheid zu bekommen.
Bunte Vielfalt: Seit Juli 2016 sind die Stoffe und Kurzwaren des Filialisten aus Nordhorn am Knapp zu finden. Die Suche nach einem kleineren Ladenlokal ist schwierig. Im Geschäft liegen gleichwohl Unterschriftenlisten aus, um breite Unterstützung für den Erhalt des Standorts Lüdenscheid zu bekommen. © Cedric Nougrigat

Zwar setzt der Händler selbst auf das Online-Geschäft, will den Mix. Doch sieht er ausufernde Effekte durchaus kritisch: „Die sollten mal die kostenlosen Retouren verbieten.“ Denn wenn jede Sendung etwas koste, lasse man sich nicht mal eben alles zur Auswahl schicken. Dann, so glaubt er, sagten die Leute wieder: „Da gehe ich lieber in die Stadt.“

Es ist nicht so, dass er nicht versuchen würde, am Ort zu bleiben. Zunächst fiel die Entscheidung, die Fläche zu verkleinern und Kosten zu reduzieren. Die Suche nach einem Ladenlokal mit nur noch 180 bis 200 Quadratmetern begann. Lüdenscheid, sagt er, sei eben nicht Hannover oder Leipzig, wo 400 Quadratmeter noch funktionierten. Geeignete Standorte an der Bräuckenstraße oder an der Heedfelder Straße seien jedoch an der Innenstadtrelevanz des Sortiments gescheitert, da habe die Stadt klare Vorgaben gemacht. Er könne sogar durchaus verstehen, dass man die Innenstädte so schützen möchte. Denn jeder Kunde, der zu einem Zweck in die Innenstadt kommt, erledigt dort womöglich auch noch andere Besorgungen.

Ein Stadtrand-Standort wäre allenfalls übergangsweise genehmigt worden. Doch auf eine begrenzte Nutzungszeit wollte Dirk Werning sich nicht einlassen. Man plane langfristig, sagt er, wolle nicht alle paar Jahre umziehen. „Wir haben Ladenlokale, da sind wir 40 Jahre drin und alle können damit vernünftig leben.“

Die Suche ging also weiter, die Stadt habe nach Kräften dabei geholfen, sagt der Unternehmer. Es sehe vielleicht so aus, als sei die Stadtverwaltung schuld, das treffe aber nicht zu, betont Werning, es sei „die ganze Entwicklung“. Es habe Vorschläge gegeben, doch die hätten nicht gepasst. Vier von fünf zentralen Ladenlokalen erstreckten sich über zwei Etagen. „Da spart man keine Fixkosten“, sagt Werning, und die Miete sei auch noch entsprechend höher. Im Stern-Center, da habe er gar nicht erst gefragt.

Also werden sechs, sieben Jobs verloren gehen und für die hiesige Kundschaft ein breites Angebot. Eine Angestellte gehe in eine andere Filiale, eine sei Rentnerin. Um die anderen ist ihm nicht bange: „Unsere Damen sind Verkäuferinnen. Das sollte nicht das Problem sein.“

Aber noch ist er nicht weg aus Lüdenscheid. Sollte sich etwas finden, ist der Standort „noch nicht ganz vom Tisch“, sagt er: „Das hängt aber von mehreren Aspekten ab, die vorher geprüft werden müssten.“ Vielleicht fließt das am Montag vorgestellte jüngste Kaufkraft-Ranking des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in die Analyse mit ein: Mit dem Preisindex lassen sich laut IW „die Preise in allen 400 Kreisen und kreisfreien Städten ermitteln und vergleichen“. Der Märkische Kreis schneidet dabei gar nicht schlecht ab: Mit 26 644 Euro Kaufkraft (preisbereinigtes Einkommen) pro Kopf liegt er bei + 9,3 Prozent zum Bundesdurchschnitt. Damit belegt der MK den 39. Platz unter den Kreisen mit der höchsten Kaufkraft. » iwkoeln.de.

Auch interessant

Kommentare