Joseph Anton Koch - Das Künstlerleben in Rom
um Joseph Anton Koch

Überblick Joseph Anton Koch (Ausführliches hier)

Geburtshaus von Joseph Anton Koch in Obergibeln

Geburtshaus von Joseph Anton Koch in Obergibeln

Joseph Anton Koch wurde am 27. Juli 1768 in Obergiblen, eine Gemeinde in der Pfarre Elbigenalp, im mittleren Lechtal geboren. Seine Vorfahren stammten aus Lermoos und dem nahe gelegenen Weiler Untergarten im Außerfern. (siehe “Herkunft und Abstammung”)

Seine jüngste Schwester Anna Maria (* 19. September 1775) heiratete Aloys Knittel aus Oberbach, deren Enkelin Maria Anna Rosa Knittel an der Kunstakademie München bei Muhr vor allem Porträtieren und Kopieren studierte. In Innsbruck eröffnete sie eine Zeichenschule für Mädchen und war selbst vor allem als Porträtistin, Blumen- und Landschaftsmalerin tätig. 1873 war sie auf der Wiener Weltausstellung mit dem Ölbild „Alpenblumenkranz“ vertreten. Bekannt wurde Maria Anna Knittel-Stainer auch durch zwei Mutproben, als sie sich über eine fast senkrechte Felswand abseilte, um ein Adlernest auszunehmen.Mit Heidemarie Hatheyer und Sepp Rist wurde diese Geschichte der „Geierwally“ 1940 verfilmt.

Während seines Aufenthalts in Rom von 1795 bis 1839 war Joseph Anton Koch über mehr als 40 Jahren zu einer Institution geworden. Sein Leben und sein Werk verkörperten ein Kontinuum deutsch-römischer Kunst, das die Brücke bildete zwischen der klassizistischen Richtung von Carstens, Reinhart und Wächter um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert – der nazarenischen um Cornelius, Overbeck und Veit um 1810 – und der romantischen, die mit dem zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts einsetzte. Mit Reinhart und Thorvaldsen war er das bleibende Element der deutschen Kunst in Rom geworden, das allen Wechsel zahllos Zu- und Abreisender überdauerte.

Mit seiner Landschaftskunst, die Naturerfahrung wiedergab ohne nur deren Abbild zu sein, beeinflusste er die Landschafter mehr als einer Generation – über Fohr und Horny bis Ludwig Richter.

Landschaft mit heiligem St. Martin von j. A. Koch

Landschaft mit heiligem St. Martin von j. A. Koch

Mit seiner Sicht der Natur ging er über das Urbild der Natur hinaus; er vereinigte Gesehenes mit historischen Gegenständen, um sein eigentliches Ziel, die historische oder dichterische Landschaft wiederzugeben. Landschaft und Staffage erläuterten sich in seinen Werken gegenseitig.

Sein Credo lautete :

„Das Schöne und das Erhabene sind die Vorwürfe der bildenden Kunst; aus der Natur wird die grobe Materie genommen und wird in ein Kunstwerk umgebildet. Bloße Nachahmung der Natur ist tief unter der Kunst; auch wo die Natur natürlich erscheint, soll dieß im hohen Stile des Kunstgenius sein, welcher die Natur gleichsam umarbeitet. Die bloße Nachäffung bleibt auch immer unter dem Original, ist also zwecklos. Die Kunst muß geben, was die Natur nicht hat, alsdann nur ist sie schöpferisch.“ (1)

Er gestaltete gegen den Zeitstrom eine Bilderwelt, die ihren Charakter nur aus seinen künstlerischen Zielen, nicht aus tradierten Sehgewohnheiten ableitete. Dadurch blieb ihm über die Jahre nur ein relativ kleiner Sammlerkreis, der ihn unterstützte.

Ludwig Richter hatte ihn 1824 als sehr belesenen und geistreichen Gast geschildert, wenn sich die Künstler bei Flor zur 14-tägigen Allegria trafen. Das Erhabene, Gewaltige, Große sei sein Element gewesen, deshalb Sophokles, Äschylus und das Buch Hiob seine Lieblinge.

Bereits um 1800 befasste sich Joseph Anton Koch ausserdem mit Homer, Ovid, Shakespeare, Euripides, verschiedenen Szenen aus den Büchern Mose, dann auch mit Wieland, Ossian und schließlich Dante, der ihn zum bedeutendsten künstlerischen Interpreten der Göttlichen Komödie seiner Zeit werden ließ (2).

Mit den Fresken zu Dantes Göttlicher Komödie in der Villa Massimo hatte er sich schließlich ein Denkmal gesetzt. 1828 schrieb er an seinen Landsmann Josef v. Giovanelli :

In der Villa Massimi bin ich zuende . . . und habe meiner Leidenschaft für das Freskomalen Genüge geleistet, habe in Rom ein Monument meiner Phantasie gestiftet (…). (3)

Von 1812 bis 1815 verbrachte Koch drei Jahre in Wien. Die Hinreise mit seiner Familie hatte ihm Uexküll-Gyllenband ermöglicht. Seine Hoffnung, sich in Wien als Künstler durchsetzen zu können, um sein Leben nicht mehr so kläglich fristen zu müssen, erfüllte sich nicht.

Die hiesigen Künstler finden meine Landschaften aus Italien nicht natürlich, dieweil meine Fernen so schön blau und die Luft so rein seien; ist auch kein Wunder ! Denn diese Leute sehen die Natur niemals außer ihrem staubigen kotigen und windigen Wien“ (4),

berichtete er 1814 an Uexküll.

Hospiz am Grimselpaß

Hospiz am Grimselpaß

Ein Großauftrag von drei Gemälden nach freier Wahl (Das Hospiz am Grimselpass, Die Aarelandschaft mit Mönch und Jungfrau, Der Blick über Olevano auf die Campagna) für Magdalena von Remich in Bozen, die ihm sein Landsmann und späterer Briefpartner Josef v. Giovanelli vermittelte, half die ärgste Not zu überbrücken. Die Neufassung des Dankopfers Noahs brachte ihm 1814 den Preis der Münchner Akademie und der Ankauf der Heroischen Landschaft mit dem Regenbogen ein Jahr später endlich die finanzielle Möglichkeit der Rückkehr nach Rom.

Seine Wirkung auf die jüngere Künstlergeneration setzte mit der Ankunft der Lukasbrüder – der Lukasvögel, wie er sie nannte – in Rom 1810 ein und verstärkte sich während seiner Wiener Jahre. Nach seiner Rückkehr aus Wien begann er, gelegentlich andere Künstler nach seinem Entwurf bei der Ausführung von Gemälden mitwirken zu lassen. So Peter Cornelius, Buonaventura Genelli, Anton Dräger und Ludwig Richter. Enger wurde seine Wirkung auf Carl Philipp Fohr und Franz Horny, die er in seinem Atelier ausbildete.

Die künstlerische Beeinflussung war durchaus gegenseitig und nicht immer kritiklos. Über romantische Bildinhalte hinaus nahm Koch auch von der mit viel Feingefühl ausgeführten Zeichentechnik der Jüngeren an, während das Zeichnen nach der Natur, der Versuch der Romantiker, akribisch das Gesehene festzuhalten, sich mitunter mit der Komposition der idealen, der heroischen Landschaft stieß.

Friedrich Müller kennzeichnete den stenografischen Zeichenstil der Skizzen Kochs als leicht und flüchtig, mehr die Wirkung des Ganzen erfassend, als bei Details aufmerksam verweilen zu wollen. Details entsprangen bei der Ausführung seiner Erinnerung und seiner lebendigen Phantasie. Unter dem Einfluss der jungen Romantiker änderte er seinen flüchtigen Stil. Seine Zeichnungen bestachen durch Genauigkeit der Beobachtung, Detailtreue, er verzichtete zu ihren Gunsten sogar auf seine sonst übliche Helldunkelgliederung zur Entwicklung räumlicher Tiefe.

Portrait von Joseph Anton Koch

Portrait von Joseph Anton Koch

Für die Jüngeren war Joseph Anton Koch nicht nur als Künstler ein Vorbild. Er war zugleich eine faszinierende Gestalt, einer, „der Ideen der Aufklärung, Erfahrungen aus der Revolutionszeit weiterzugeben wußte, ein Zeuge großer Zeit, ein Mann beachtlicher Bildung und geistiger Unabhängigkeit.“ (5)

Ludwig Richter (* 28. September 1803 in Dresden; † 19. Juni 1884 in Loschwitz bei Dresden) schrieb in seinen Lebenserinnerungen auch über seine vielen Besuche bei Joseph Anton Koch, den er ob dessen immer heiterer, überlustiger Laune, dessen grandiosesten Phantasien und heiteren, üppigen Lebens trotz der oft sehr bedrängten Lage bewunderte. (siehe “Zeitzeugen”)

Zwischen Richter und Koch war ein herzlicher Verkehr entstanden und während eines Besuches im Herbst 1824, als J.A. Koch an einem Bild einer Schweizerlandschaft, der Scheidegg, malte, bat er Richter, ihm doch für sein Bild den Vordergrund zu malen.

Ich kann die Pflänzle nit male“, sagte er, „hab eine verdammt plumpe Pfote, und hier muß was Leichtes, Zierliches hin.

Also malte Richter die Pflänzle. Ihm vertraute Koch seine Jugendgeschichte an, wie er daheim hoch oben im Gebirge die Geißen gehütet habe, und wie er mit Kohle, die er von seinem Hirtenfeuerchen genommen, große Geschichten und Landschaften an die glatten Felswände gezeichnet habe, besonders aus der Offenbarung Johannis. Er erzählte weiter, dass er sich immer gar schwer habe durcharbeiten müssen und dass er recht glücklich wäre, wenn er nur mehr Verdienst hätte. Dann hätte er auch früher heiraten können und manche Schnurrpfeifereien und lose Gesellschaften wären unterblieben.

Bei ihm, den Richter wiederholt den „alten, lieben Meister Koch“ nannte, sah er während dreier Jahre eine große, schöne Komposition von Tivoli, sowie den Schmadribach (2. Fassung in der Neuen Pinakothek in München) stehen, ohne dort einen Käufer zu finden, während die leichter verständlichen Veduten Catels auf Abnehmer nicht zu warten brauchten (7).

Joseph Führich und Joseph Anton Koch arbeiteten zusammen an den Fresken in der Villa Massimo. Die Arbeiten an den Fresken zogen sich über elf Jahre, von 1818 bis 1829 hin. Der Dante-Saal wurde zuerst von Peter Cornelius, dann von Philipp Veit ausgestaltet, und schließlich von Joseph Anton Koch fertig gestellt. Joseph von Führich vollendete den von Overbeck begonnenen Ariost-Saal. Julius Schnorr von Carolsfeld entwarf und vollendete die Fresken im Tasso-Saal allein (8). Zwischen Joseph Führich (* 9. Februar 1800 in Kratzau in Böhmen, † 13. März 1876 in Wien), später Professor für geschichtliche Komposition in Wien und von Kaiser Franz Joseph I. in den erblichen Adelsstand erhoben, und Koch entwickelte sich trotz des Altersunterschiedes von gut 30 Jahren eine intensive Freundschaft.

Zwischen 1827 und 1829 entstanden von Führich ein Porträt J. A. Kochs sowie eine Ölstudie der drei (?) Joseph Antons – Dräger, Führich und Koch – die den Pifferari lauschten (9). Von Führich ist nur der Vorname Joseph bekannt. Auf einer Bildniszeichnung Joseph Ernst Tunners (* 24. September 1792 in Obergraden bei Köflach; † 10. Oktober 1877 in Graz; dort ab 1840 Direktor der Zeichenakademie und Bildergalerie) stand seltsamerweise „Antonio Führich pittore die Vienna“. Es wäre daher möglich, dass Führich nicht nur drei Freunde, sondern auch drei Joseph Antons auf dieser Ölstudie verewigt hat.

Seine Nähe zu J.A. Koch erlaubte Führich auch eine sehr detaillierte Beschreibung der Persönlichkeit Kochs :

Ich fand an ihm ganz den eigentümlichen Mann, als welchen der Ruf ihn mir schon bezeichnet hatte, eines jener geborenen nicht affektierten Originale, denen man alles verzeiht, was man von andern als verletzend oder beleidigend aufnehmen würde. Hinter der herben Form, in welchen er seine, in der Regel richtigen Ansichten aussprach, schimmerte immer eine gewisse aufrichtige und treuherzige Gutmütigkeit hervor, die seinem Zorne über gewisse Übelstände, besonders in Bezug auf moderne Kunstverhältnisse, mitunter etwas Komisches gab. Geistreich, poetisch, durch und durch Künstler, und in Rom, wo nur sehr gewöhnliche Naturen die verblasenen und abgegriffenen Manieren unserer deutschen Salonkonversation vermissen, war er in Betracht seines äußeren Erscheinens und Sichgebens ein Naturgewächs mit allem Schroffen, Eckigen und Spitzigen und allen Schönheiten eines solchen (10)

 


  1. Holst 1989. S. 57.
  2. Holst 1989. S. 48.
  3. Carl Philipp Fohr und seine Künstlerfreunde in Rom. 1995. S. 97.
  4. Holst. 1989. S. 73.
  5. Holst. 1989. S. 92.
  6. Richter, Ludwig. 1909. S. 196, 526.
  7. Richter, Ludwig. 1909. S. 157.
  8. Vgl. Ausstellungskatalog „Von Füssli bis Menzel“. 197. S. 26.
  9. Vgl. Geller, Hans. 1947. S. 35 zur Arbeit in der Villa Massimo sowie S. 43 zu den drei Joseph Antons. Sowie Künstlerleben in Rom. 1991. S. 425
  10. Vgl. dazu Ausstellungskatalog „Von Füssli bis Menzel“. 1997. S. 90.