Kabarett: Luise Kinseher und ihr neues Programm „Wände streichen, Segel setzen“
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B(e)reit zur Attacke: So ist Luise Kinsehers neues Programm

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Um die Kündigung ihrer Wohnung geht’s in Luise Kinsehers neuem Programm „Wände streichen, Segel setzen“. Höhepunkte sind die Auftritte der Kabarettistin als schräge „Mary from Bavary“.
Um die Kündigung ihrer Wohnung geht’s in Luise Kinsehers neuem Programm „Wände streichen, Segel setzen“. Höhepunkte sind die Auftritte der Kabarettistin als angeschickerte „Mary from Bavary“. © Rudolf Ogiermann

Luise Kinseher wurde die Wohnung gekündigt - zum Glück nur in ihrem neuen Kabarettprogramm. In „Wände streichen, Segel setzen“ geht es um einen Seerosenteich im Wohnzimmer, einen Anwalt, einen Hausmeister, die CSU und die Kuh als neues bayerisches Wappentier. Und „Mary from Bavary“ singt dazu.

Alles bewegt sich, auch der Boden unter den Füßen. Dann tut sich im edlen Parkett ein Loch auf, das immer größer wird und sich mit Wasser füllt. Nichts ist mehr sicher, das ist wohl die Botschaft hinter diesem Bild, aber man muss das Beste daraus machen. Schließlich kann man sich auch an einem Seerosenteich im Wohnzimmer samt darauf umherschwirrenden Libellen erfreuen. Im eigenen, bedrohten Zuhause spielt sich Luise Kinsehers neues Programm ab, das den Titel „Wände streichen, Segel setzen“ trägt. Doch die Wände bleiben stehen, auch wenn sie manchmal wackeln, der Durchbruch, der Umsturz gar bleibt aus.

Mit der Figur der reichen, kühlen Frau Frese geht die Geschichte los. Die verkauft nach dem Tod ihres nur noch per Möwenschrei präsenten Ehemanns Heinz alles, was sie hat – auch das Haus, in dem Luise wohnt. Fortan ist die Noch-Mieterin, nun wieder ganz sie selbst, damit beschäftigt, mit der neuen Situation klarzukommen. Der obligatorische Anwalt spielt nun eine Rolle, eine Immobilienfirma, ein Hausmeister und ein geheimnisvoller Schließfachschlüssel

Die Kabarettistin nutzt dieses Szenario, um sozusagen von Zimmer zu Zimmer zu gehen und die Statik nicht nur des alten Gemäuers, sondern Bayerns und Deutschlands zu untersuchen. Kleine Exkursionen in die große Politik, mit dem Befund, dass auch die CSU, diese „bayerische Altmännerpartei“, ein „Sanierungsfall“ sei. Spannende Spaziergänge durch die Neubausiedlungen des Zeitgeists, vom SUV-Fahrer, seiner Frau und seinen Problemen bis zur Kita, die längst eine „Zwergerlakademie“ ist und eine „Neigungsgruppe Molekularküche“ anbietet.

Auch die Schwammerl, die sich in der feuchten Wohnung ansiedeln, dienen der 53-Jährigen als Metapher – für ein geglücktes Zusammenleben („Einer allein ist nichts, alle zusammen sind alles“). Den Löwen als Wappentier der Bayern – so viel Presslufthammereinsatz immerhin darf sein – würde die Kinseherin durch die Kuh ersetzen, denn die sei schließlich weiblich und Veganerin, außerdem wirke sie, als würde sie sprechen, „verstört aber nicht durch Inhalte“.

Das ist alles schön erzählt, viele Pointen sind auf den Punkt (Regie: Beatrix Doderer) – doch die Schärfe einer Mama Bavaria erreicht die Kabarettistin nur hier und da. Wie gut, dass es die dauerbeschwipste Mary from Bavary noch gibt (Lieblingsvögel: „Schluckspecht, Schnapsdrossel, Reiher“). Die schräge Diva im Morgenmantel sorgt für die Attacken aufs Zwerchfell, die im besten Sinne des Wortes richtig weh tun. „Raus aus der Komfortzone – rein ins Opernfach“ lautet ihre Devise, und am Ende zeigt die Mary auf beeindruckende Weise, was sie gelernt hat. Die Verwandlungskunst ist und bleibt die große Stärke von Luise Kinseher, sie lässt das Programm erstrahlen wie frisch geweißelte vier Wände.

Termine unter www.luise-kinseher.de

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