filmrezension.de: Filmkritik Kleine Haie
 
21.02.2014

Kleine Haie

Zu Beginn tritt in Gelsenkirchen der Knappenchor des Bergwerks Consolidation auf und singt programmatisch: "Einmal schafft's jeder". Und wenn dann die Flamencogruppe "Los ni�os del sol" auftritt, ist dieser Name auch symbolisch: Die Filmhelden streben zur Sonne des Erfolgs.

Der erste, Johannes Scheffler (Kai Wiesinger), m�chte Theaterschauspieler werden und bemerkt gleich zu Beginn, dass der Weg dahin steinig ist. An der Folkwang-Schule in Essen rasselt er gnadenlos durch, aber er trampt mit dem frustrierten Tellerw�scher Ingo Hermann (J�rgen Vogel) � der, k�stliche Szene, unbewusst in eine Schauspielpr�fung ger�t, als er einen im Restaurant vergessenen Stuhl zur�ckbringen will � weiter nach M�nchen, um dort an der Falckenberg-Schule sein Gl�ck noch einmal zu versuchen. Zu den beiden st��t an einer Autobahnrastst�tte noch der l�ssig-elegante Albrecht von Korweiler, genannt "Ali" (Gedeon Burkhard), der auch zur Aufnahmepr�fung nach M�nchen will. Er kommt bei den Frauen sehr gut an und hat deshalb in M�nchen keine M�he, �bernachtungsm�glichkeiten zu finden. Das sind die drei Helden in dieser Kom�die, dem Zweitwerk von S�nke Wortmann (nach "Allein unter Frauen"). Drei "kleine Haie", die sich in der Weltstadt mit Herz durchbei�en m�ssen. Der Titel ist eine Anspielung auf das Schauspielerlehrbuch "Der kleine Hey: Die Kunst des Sprechens". (Johannes zitiert daraus treffend: "ohn' Klagen, ohn' Zagen, lern Ungunst k�hn tragen".) In M�nchen verdient man sich ein bisschen Geld durch Blutspenden und Posieren als Aktmodell an der Kunstakademie. Johannes verliebt sich in Herta, die Stra�enmusikantin mit der singenden S�ge (Meret Becker). Schlie�lich st�rzen sich alle drei in die Aufnahmepr�fung. Ali wird von der Falkenberg-Schule angenommen. Johannes f�llt leider wieder durch und nimmt sich vor, es erneut in Berlin zu versuchen. Der reiche Ali l�dt seine Freunde zum Essen ein und verabschiedet sich. Johannes f�hrt mit Herta nach Norden, und Ingo wird wieder ins Ruhrgebiet mitgenommen, von Ulf, der das Trio nach M�nchen gefahren hatte. Der Kreis schlie�t sich.

Dies ist ein herrliches Lustspiel mit jungen, damals kaum bekannten Schauspielern, deren Spielfreude absolut mitrei�end ist. B�hnenprofis wie Armin Rohde und Hedi Kriegeskotte mischen mit: Rohde ist Ulf (Kampfname: "Bierchen"), der prollige Rocker mit Schnauzbart, der die Jungs in seinem Camaro mit nach M�nchen nimmt ("Bier find' ich OK"), Kriegeskotte spielt die mitf�hlende Sekret�rin an der Falckenberg-Schule. Die Schaupl�tze sind authentisch, die Dialoge gescheit und witzig, die Szenen originell. So fahren etwa die drei Freunde in der Morgend�mmerung nach M�nchen hinein an futuristisch wirkenden Hochh�usern entlang, derweil h�rt man aus dem Off einen Ausschnitt aus Ingos Science-Fiction-Roman: "Als wir in jener Nacht in meinem �berschnellen Lichtkreuzer zusammenkamen, hatten wir noch keine Ahnung, was uns erwartete..." Wenn Johannes w�hrend der Pr�fung seinen Monolog aus der "Glasmenagerie" h�lt, herrscht atemlose Spannung. Die Bretter, die die Welt bedeuten, reichen in diesem Film weit �ber das Theater hinaus.

Kameramann Gernot Roll hat traumhafte Bilder eingefangen: Der Kohlenpott bei Nacht, Ingo mit Hocker auf gl�nzender Stra�e vor Stra�enbahnen; die Schneelandschaft am Isarufer, in der die Schauspielsch�ler �bernachten, mit Sonnenaufgang im Zeitraffer; das Lokal, in dem Herta, von warmem Licht angestrahlt, ein Lied von Marlene Dietrich vortr�gt.

Die "Botschaft" des Films ist optimistisch: Man kann seine Ziele erreichen: "Einmal schafft's jeder". Man braucht allerdings Talent dazu und Gl�ck und Freunde, die einem helfen. Auch Johannes wird noch Schauspieler. Das erf�hrt man aus dem Abspann, in dem � typisch Wortmann (vgl. "Der Campus") � ein Ausblick darauf gegeben wird, was aus den Protagonisten geworden ist. Happy End rundum: Ingo hat seine Ex-Freundin geheiratet, Patenonkel der zwei kleinen T�chter ist Bierchen! So verl�sst man das Kino heiter und aufger�umt.

Regisseur S�nke Wortmann zeigt in diesem kleinen, aber gro�artigen Film bereits seine Meisterschaft und bekam zu Recht den Bundesfilmpreis.  

Manfred Lauffs / Wertung: * * * * * (5 von 5)



Filmdaten

Kleine Haie


Deutschland 1992
Regie: S�nke Wortmann;
Darsteller: J�rgen Vogel (Ingo), Kai Wiesinger (Johannes), Gedeon Burkhard (Ali), Meret Becker (Herta), Armin Rohde (Bierchen), Hedi Kriegeskotte (Falckenberg-Sekret�rin), Magdalene Artelt (Margot), Werner Hansch (Conferencier), Willi Thomczyk (Koch), Michael Mendl, Michael Kessler, Rufus Beck, Sebastian Schipper, G�tz Otto, Heinrich Schafmeister, Jennifer Nitsch, Carin C. Tietze u.a.;
Drehbuch: J�rgen Egger, S�nke Wortmann; Produktion: Harald K�gler, Molly von F�rstenberg f�r Olga-Film/GAP/WDR/BR/SWF; Kamera: Gernot Roll; Musik: Torsten Breuer; Schnitt: Ueli Christen;

Länge: 87 Minuten; FSK: ab 6 Jahren; Kinostart: 3. September 1992



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Schauspieler und Komiker Karl Valentin

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