Paula Beer Interview:Das treibt den „Bad Banks“-Star an
Paula Beer
© Peter Rigaud
Film

Paula Beer: „Mein erstes Gefühl ist fast immer richtig“

„Bad Banks“-Star Paula Beer erklärt, warum ihr wahrhaftige Erlebnisse Selbstvertrauen geben und weshalb das Begreifenwollen ihr größter Antrieb als  Schauspielerin ist.
Autor: Rüdiger Sturm
6 min readveröffentlicht am
Die ZDF-Serie „Bad Banks“, in der sie eine Investmentbankerin spielt, hat sie schlagartig bekannt gemacht, aber Kritiker hatten Paula Beer schon lange vorher gefeiert. Die 25-jährige Schauspielerin gilt als eine der ­großen deutschen Nachwuchs­hoffnungen. Sie drehte mit Florian Henckel von Donnersmarck den Film „Werk ohne Autor“, der für einen Oscar nominiert wurde; in Frankreich spielte sie für Star­regisseur François Ozon in dem ­Drama „Frantz“ und wurde prompt mit Romy Schneider ver­glichen.
Egal ob Paula Beer eine ehrgeizige Bankerin, einen verstörten Teenager oder eine mörderische Nymphe ­verkörpert wie in ihrem neuen Film „Undine“ – ihre Figuren haben oft eine ganz besondere Aura. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich Paula Beer nicht nur auf ihre Rollen mit Haut und Haar einlässt, sondern auch auf die Welt. Auf Instagram, ­Facebook oder in ­anderen sozialen Netzwerken wird man sie daher nicht finden, sie sucht ihre Inspiration lieber in unmittelbaren Erlebnissen.
The Red Bulletin: In Ihrem neuen Film „Undine“ mussten Sie sprichwörtlich in Ihre Rolle eintauchen, weil es viele Unterwasseraufnahmen gab. Mögen Sie solche Herausforderungen?
Paula Beer: Es ist schon hilfreich, wenn man in einer Rolle auch körperlich gefordert wird, wenn man zum Beispiel reiten oder fechten muss. So eine körperliche Erfahrung hilft, die Figur besser zu verstehen. Wenn man beim Tauchen spürt, wie es in acht Meter Tiefe ist, wie langsam man sich dort nur bewegen kann – das verändert einen.
Was hat das Tauchen mit Ihnen gemacht?
Ich hatte für ein anderes Projekt schon einen Tauchschein gemacht, damals hatte ich erst mal total Angst. Ich wusste, ich darf unter Wasser nicht atmen, und hatte Probleme, dem Atemgerät zu vertrauen. Aber sobald ich das geschafft und den Körper entspannt hatte, fand ich es völlig abgefahren, fast schwerelos durch den Raum zu schweben.
Wie haben Sie damals Ihre Angst überwunden?
Ich wollte mich ihr stellen. Ich dachte mir: Es kann ja nicht sein, dass andere Leute das hinkriegen und ich nicht. Deshalb bin ich immer wieder ins Wasser, und irgendwann war klar, dass nichts passiert.
Das Jahr in Paris hat mir gezeigt wie ich funktioniere
Lässt sich die Erfahrung beim Tauchen mit der Schauspielerei vergleichen, wo Sie sich auch in einer komplett anderen Welt bewegen?
Total. Und deshalb bereite ich mich sehr penibel vor. Ich mache mir zu meinen Figuren ausführliche ­Notizen, um sie zu verstehen – fast wie ein Tagebuch. Das ist mein Gerüst. Wenn ich mich vor die Kamera stelle, dann stehen 70 Leute drumherum, es kann Störmomente geben, oder der Regisseur hat neue Ideen. Mit dieser gedanklichen Basis kann ich besser darauf reagieren.
Geht es bei Ihrem Beruf auch darum, eigene Ängste zu besiegen?
Die Schauspielerei ist ein Rätsel. Keiner kann dir wirklich sagen, wie man es macht, denn jeder ist anders, und jede Figur ist anders. Vor jedem ersten Drehtag sagt man sich: „Wie soll ich das machen?“ Ich versuche deshalb für mich herauszufinden, was alles dazugehört. Wobei ich nach zehn Jahren nicht das Gefühl habe, einen Schritt weiter zu sein. Andererseits ist genau dieses Be­greifenwollen auch der Motor, der mich antreibt.
Wie war das bei „Undine“?
Regisseur Christian Petzold dreht viele Szenen nur einmal. Das kann furchterregend sein, denn du weißt, dass viel auf dem Spiel steht. Wenn du mit dieser einen Einstellung nicht zufrieden bist, kann es trotzdem sein, dass es die letzte war.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Manchmal hat es mir nichts aus­gemacht, aber grundsätzlich geht man an so etwas mit einer enormen Konzentration heran. Vor komplexen Szenen war ich manchmal auf­geregt. Aber dann habe ich mir ­gesagt: „Es ist gut und richtig, dass ich mich so fühle.“ Wenn es so ­extrem wurde, dass ich nicht mehr richtig denken konnte, versuchte ich zu überlegen, ob sich die Figur auch so fühlen würde, und diese Emotion dann zu benutzen. Ein Fehler wäre es, zu sagen, man ist nicht aufgeregt. Das macht es nur schlimmer.
Keiner kann dir wirklich sagen, wie man es macht
Funktioniert das im Alltag auch?
Es ist jedenfalls für mich elementar, auf mein Gefühl zu hören und mir bewusst zu machen: Was will ich mit meinem Leben? Was ist mir in diesem Moment gerade wichtig? Ich will keine Dinge tun, nur weil andere denken, dass ich sie tun sollte.
Aber in Ihrem Beruf werden Sie ständig mit Erwartungen kon­frontiert. Wie sehr nehmen Sie das wahr?
Natürlich kriegt man das mit. Es wird einem auch manchmal sehr ­direkt gesagt. Aber ich gucke schon, worauf ich Lust habe. Denn nur so habe ich auch Spaß daran, das gut zu machen. Wenn ich nur denke: „Sollte man vielleicht machen, aber ich habe keinen Bock“, dann habe ich keine Motivation.
Und woher wissen Sie, dass Sie mit Ihrem Gefühl auch richtigliegen?
Ich war ja schon mit zwölf am ­Theater. Und ich habe oft gemerkt, dass mein erstes Gefühl richtig ist. Sei es, ob ich jetzt mit Menschen klarkommen muss oder mir eine Meinung zu einem Projekt bilden will. Das entscheidet sich bei mir häufig in den ­ersten Sekunden. Klar denke ich manchmal: „Vielleicht sollte ich noch eine Nacht drüber schlafen.“ Dadurch hat sich meine Meinung aber noch nie geändert.
Das setzt auch eine gewisse innere Reife voraus. Was sind die Erfahrungen, die Sie geprägt haben?
Ich bin nach dem Abitur für ein Jahr nach Paris gegangen. Daran bin ich sehr gewachsen und habe viel Selbständigkeit gewonnen. Ich habe in der Zeit verstanden, wie ich funktioniere, was mir schwerfällt und wie ich damit umgehen kann. Im Ausland kann man sich ausprobieren. Man ist nicht so an ein festes Umfeld gekoppelt, das einen seit Jahren kennt und vielleicht komisch guckt, wenn man Dinge anders macht. Es war nicht immer leicht in Paris, aber mir hat das sehr, sehr viel gebracht.
Was war am schwierigsten?
Wenn du die Sprache und ihre Feinheiten noch nicht so richtig kannst, ist es sehr schwer, sich ein soziales Umfeld aufzubauen. Das war für mich die größte Herausforderung. Dabei habe ich gemerkt, wie wichtig mir ein stabiles Umfeld ist.
Viele pflegen heute ihre Freundschaften über soziale Netzwerke …
Das ist nicht mein Fall. Wenn man dauernd sieht, wer was wo macht, dann beschäftigt man sich zu sehr mit anderen – statt sich darauf zu konzentrieren, wie man es vielleicht selbst machen wollen würde. Alles, was analog passiert, erfordert mehr Aufwand und deshalb mehr Besinnung. Wenn man nur eine Nachricht schickt, statt anzurufen, geht etwas verloren. Ich bin daran interessiert, mit Leuten wirklich in Kontakt zu sein. Vielleicht passiert das nur ein, zwei Mal die Woche, aber da kriege ich mehr mit, als wenn ständig eine Nachricht aufpoppt.
Moderner Wassergeist

Moderner Wassergeist

© Christian Schulz

Moderner Wassergeist

Die Historikerin Undine (Paula Beer) wird von ­einem Fluch geplagt: Sie muss jeden Mann töten, der sie betrügt oder verlässt. Doch sie bekommt eine Chance, ihr Schicksal zu ändern, als sie sich in einen Taucher (Franz Rogowski) verliebt. Christian Petzold, einer der wichtigsten deutschen ­Regisseure, verlegt die klassische Sage über die todbringende Nymphe in das heutige Berlin. Kinostart: 26. März