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Kopf des Tages Kattes Tod

Als der sensible preußische Kronprinz mit seinem Freund nach England fliehen wollte

Um seinem königlichen Vater zu entfliehen, wagte der preußische Kronprinz Friedrich 1730 zusammen mit seinem Freund Katte die Flucht. Sie wurden festgenommen. Bis heute kreisen um Kattes Hinrichtung zahlreiche Annahmen.
Freier Autor Geschichte
Hinrichtung Kattes / Kupferstich Katte, Hans Hermann von Jugendfreund Friedrichs des Grossen 1704-1730. - "Die Hinrichtung Katt's in Kuestrin." - (Kuestrin, 6.Nov.1730; Katte wird als Mitwisser der Fluchtplaene des Kronprin- zen vor dessen Augen hingerichtet). - Kupferstich, um 1790. Hinrichtung Kattes / Kupferstich Katte, Hans Hermann von Jugendfreund Friedrichs des Grossen 1704-1730. - "Die Hinrichtung Katt's in Kuestrin." - (Kuestrin, 6.Nov.1730; Katte wird als Mitwisser der Fluchtplaene des Kronprin- zen vor dessen Augen hingerichtet). - Kupferstich, um 1790.
6. November 1730: Der preußische Kronprinz Friedrich soll die Hinrichtung seines Freundes Katte mitangesehen haben
Quelle: picture-alliance / akg-images
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Zu den großen Erinnerungsorten der preußischen Geschichte zählt die Festung Küstrin (Kostrzyn) auf dem Ostufer der Oder. Das verdankte sie jedoch weniger diversen militärischen Ereignissen, sondern einer Hinrichtung und dem Zeugen, der sie zu beobachten gezwungen war. Am 6. November 1730 wurde der Premierleutnant Hans Hermann von Katte auf Befehl König Friedrich Wilhelms I. mit dem Schwert hingerichtet. Der Nervenzusammenbruch, den sein Freund, Kronprinz Friedrich, der spätere Große, dabei erlitten haben soll, gilt als entscheidende Weichenstellung in dessen Leben.

Die gut 40 Seiten, die Theodor Fontane in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ der „Katte-Tragödie“ gewidmet hat, sind nur die Spitze der gelehrten Studien, die seitdem dieser Episode gewidmet wurden. Dabei ist der Vorgang im Grunde schnell erzählt.

Hans Hermann von Katte (1704–1730)
Hans Hermann von Katte (1704–1730)
Quelle: Wikipedia/Public Domain
1-F40-E1730-2 Friedrich d.Gr. in Steinfurth / Burger Friedrich II. (der Grosse), Koenig von Preussen, (1740-86), 1712-1786. - Die vereiltelte Flucht des Kronprinzen am Morgen des 4. August 1730 in Stein- furth - Holzstich nach Zeichnung von Ludwig Burger (1825-1884). Aus: F.Schmidt, Preussens Geschichte, Berlin 1862.
Am 4. August 1730 wurde Friedrich bei Steinsfurt (heute Sinsheim) gefangengenommen
Quelle: picture alliance / akg-images

Um den drakonischen Erziehungsanstrengungen seines Vaters zu entfliehen, der aus dem sensiblen, musisch interessierten Kronprinzen einen disziplinierten Militär und Verwaltungsfachmann machen wollte und dafür auch vor öffentlichen Demütigungen und Misshandlungen nicht zurückschreckte, plante Friedrich im Sommer 1730 seine Flucht nach England. Zu den wichtigsten Helfern gehörten Katte und Peter Karl Christoph von Keith.

Das dilettantisch durchgeführte Unternehmen endete bei Sinsheim. Während Keith fliehen konnte, wurde Friedrich und Katte der Prozess wegen Hochverrats und Desertion gemacht. Die Richter erkannten für Katte auf Lebenslänglich, während sie sich für Friedrich als nicht zuständig erklärten. Der König setzte für Katte jedoch das Todesurteil durch. Ob er seinen Sohn aus Vaterliebe verschonte, weil der Kaiser zu seinen Gunsten intervenierte oder weil er eine Chance sah, ihn endgültig zu brechen, gehört zu den zahlreichen Spekulationen um den Fall.

Der ehemalige Direktor des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin, Jürgen Kloosterhuis, hat in diesem Zusammenhang auf einen wichtigen Aspekt hingewiesen. Katte hatte als Offizier der Garde, Keith hatte als Page in der Umgebung des Königs gedient. Die Garden waren nicht einfach nur Elite-Einheiten der Armee, sondern ihnen oblag in einer Zeit, in der der Monarch auch ganz real das Zentrum des Staates darstellte, auch dessen existenzieller Schutz gegen Aufstände und Usurpationen. Nicht umsonst gehörten Erbgänge zu den heikelsten Staatsaktionen im Absolutismus.

Vor Friedrichs Flucht hatten Desertionen von Garde-Soldaten gezeigt, dass es mit deren Loyalität nicht zum Besten bestellt war. Dagegen wollte Friedrich Wilhelm offenbar ein Exempel statuieren. Dabei standen ihm und allen anderen Beteiligten ein brutales Beispiel vor Augen. Zwölf Jahre zuvor hatte Zar Peter der Große seinen Sohn Alexei eingekerkert, weil er sich – unterstützt von hochadligen Gegnern seines politischen Kurses – zur Flucht entschlossen hatte. Die Folterungen überlebte der Zarewitsch nicht. Friedrich wusste darum und appellierte an den Vater, „Se. Königl. Maj. würden so sehr ungnädig nicht auf ihn werden“. Dass er am Leben bleiben würde, verriet man ihm zunächst nicht.

1-K101-E1730-1 (193710) 'Katts Hinrichtung' (Küstrin, 6.Nov.1730; Katte wird als Mitwisser der Fluchtpläne des Kronprinzen vor dessen Augen hingerich- tet). - / Lithographie, altkoloriert, unbez. Aus: Friedrich Förster, Leben und ThatenFriedrich's des Großen, Meißen (F.W.Goedsche) 1840, Bd.1, vor S.41. h
So wird Kattes Hinrichtung gemeinhin dargestellt
Quelle: picture alliance / akg-images

Katte bekam die ganze Wut Friedrich Wilhelms zu spüren. Das Gnadengesuch des Großvaters, eines Feldmarschalls, wies er mit den Worten zurück, es sei besser, dass ein Einzelner sterbe, als „dass die Welt oder das Reich zu Grunde gehe“. Für den britischen Friedrich-Biografen Tim Blanning trieb auch der Hass auf eine mutmaßlich homosexuelle Beziehung zwischen den Angeklagten den König an. Der verstand sich schließlich zu dem Gnadenakt, Katte nicht mit glühenden Zangen in Stücke reißen, sondern mit dem Schwert enthaupten zu lassen.

Die endlose Debatte, wo und wie die Hinrichtung erfolgte – Fontane braucht sechs Seiten, um den Ort einzugrenzen, an dem Friedrich den Tod seines Freundes mitansehen musste – , beendet Kloosterhuis mit dem quellenkritischen Hinweis, dass der Richtplatz wohl hundert Meter entfernt von der Zelle des Kronprinzen gelegen hat und von Friedrichs Fenster gar nicht einzusehen war. Die weitverbreiteten Darstellungen des Dramas erscheinen demnach erst als Produkte der späteren Friedrich-Apotheose.

1-F40-E1730-21 Friedrich d.Gr. in Kuestrin / Roechling Friedrich II. (der Grosse), Koenig von Preussen (1740-86), 1712-1786. 'Kronprinz Friedrich in der Gefangen- schaft zu Kuestrin. Herbst 1730' (Nach der gescheiterten Flucht vom 5. August 1730). Farbdruck nach Carl Roechling (1855- 1920). Aus: Der alte Fritz in fuenfzig Bildern, Berlin (Paul Kittel) 1895.
Friedrich als gefangener Kronprinz in Küstrin
Quelle: picture alliance / akg-images

Der Garnisonsprediger Besser hat über den letzten Gang Kattes einen detaillierten Bericht verfasst. Danach verabschiedete sich dieser von den anwesenden Offizieren, „bedeckte sich mit einer weißen Mütze ... kniete nieder auf den Sandhaufen und rief: ,Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!’ Und als er solchergestalt seine Seele in die Hände seines Vaters befohlen, ward das erlösete Haupt mit einem glücklich geratenen Streich durch die Hand und Schwert des Scharfrichters Coblentz vom Leibe abgesondert; ein Viertel auf acht Uhr, den 6. November 1730.“

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Dieser Artikel wurde ursprünglich im November 2021 veröffentlicht.

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