Mary & George: Kritik zum neuen Historiendrama mit Julianne Moore
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Mary & George: Kritik zum neuen Historiendrama mit Julianne Moore

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Julianne Moore und Nicholas Galitzine in der Serie „Mary & George“
Julianne Moore und Nicholas Galitzine in der Serie „Mary & George“ © Starz/Sky

Die historische Miniserie „Mary & George“ mit Oscarpreisträgerin Julianne Moore und „Royal-Blue“-Star Nicholas Galitzine startet grandios. Die Koproduktion von Starz und Sky betrachtet die Rolle der Frau mit feinem Zynismus.

Spoilerwarnung - diese Meldung kann Hinweise auf die Fortführung der Handlung enthalten!

George: „Are you pleased with me?“

Mary: „As the snake as Eve ate her dark fruit.“

Das noch junge Serienjahr 2024 hat schon so manche Neuerscheinung mitgebracht, bei der die Erwartungen vielleicht etwas zu hoch waren. Erst kürzlich hat uns zum Beispiel die HBO-Politsatire „The Regime“ mit Kate Winslet desillusioniert, was natürlich nicht für jede:n so gewesen sein muss (ähnlich war es bei Death and Other Details, Masters of the Air, The New Look oder Netflix' Avatar: The Last Airbender). Doch es gibt auch die positive Kehrseite mit Formaten, die mit Ansage ins Schwarze treffen. Zum Beispiel Shogun, Mr. and Mrs. Smith und nun mit dem nächsten Traumstart: Mary & George.

Wenn man sich wenig vom Vorschaumaterial angesehen hat, wird einen die Auftaktepisode des von Starz und Sky Atlantic koproduzierten Siebenteilers kalt erwischen. Wer hätte gedacht, dass man bei dem Historiendrama mit Oscarpreisträgerin Julianne Moore („Still Alice“, Lisey's Story) und Nicholas Galitzine („Red, White & Royal Blue“) schon nach 20 Minuten dreimal lauthals lachen musste. Die Dialoge, Moores Deadpan-Darbietung und vor allem der Schnitt sind messerscharf und machen früh deutlich: Es geht nicht um geschichtliche Akkuratesse, sondern um eine zynische Zuspitzung.

Zu verdanken haben wir diesen mutigen Take dem britischen Bühnenautor D. C. Moore, der zuletzt auch bei Killing Eve mitgewirkt hat, wo ein ähnlicher Humor herrscht. Seine Aufarbeitung der Affäre rund um den schottisch-englischen Monarchen James (hier gespielt von Tony Curran) und das titelgebende Mutter-Sohn-Gespann (Moore und Galitzine) basiert auf dem Sachbuch „The King's Assassin“ von Benjamin Woolley. Die Regie der ersten Folge, The Second Son, übernahm derweil der Südafrikaner Oliver Hermanus („Living - Einmal wirklich leben“).

Während es in den USA beim Premium-Kabelsender Starz erst Anfang April zur Premiere kommt, können deutsche Zuschauer:innen bereits am heutigen Donnerstag, den 7. März 2024 einen Blick riskieren - und sollten das auch wirklich tun! Zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr geht es beim Pay-TV-Sender Sky Atlantic los. Bei den hauseigenen Streamingdiensten WOW, Sky Q und Sky Go erwarten uns „Mary & George“ aber ebenfalls...

So beginnt die Miniserie „Mary & George“

Die Geschichte beginnt 1592 mit der Geburt des englischen Adligen George Villiers, der sich als Zweitgeborener in der damaligen Zeit nicht viel vom Leben versprechen kann. Das bläut ihm seine Mutter Mary gleich als Erstes ein und kokettiert sogar damit, seiner traurigen Existenz am besten gleich ein Ende zu bereiten. Gleich in der nächsten Szene - George ist nun erwachsen - versucht er das dann selbst. Der Grund: George hat sich unsterblich in seine Dienerin verliebt, aber darf sie nicht heiraten. Seine Mutter will ihn viel lieber nach Frankreich schicken, um ihn für den Hof ausbilden zu lassen.

George erwidert: Sein Vater würde es nicht zulassen, dass er weggeschickt werde. Wieder ein plötzlicher Cut und der Vater ist tot - so perfektes Editing beherrscht aktuell sonst nur die vielfach preisgekrönte Dramedy The Bear! Den nächsten Lacher holt sich „Mary & George“ mit den Abschiedsworten der Villiers-Geschwister an den verhassten Patriarchen ab: „Werft ihn auf den Müll, er stinkt!“ Damit drängt sich noch ein weiterer, sehr schmeichelhafter Vergleich auf: Die schamlosen Dialoge der Serie lassen teils Succession-Niveau erkennen...

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Tony Curran (2. v. l.) in „Mary and George“
Tony Curran (2. v. l.) in „Mary and George“ © Starz/Sky

Was die Miniserie auch sehr gut kann, ist gesellschaftliche Kritik zu üben, ohne zu wenig subtil oder allzu angefasst zu wirken. Der Moore'sche Charakter Mary hat einen glasklaren Blick dafür, wie bescheiden die Situation für sie als verarmte Witwe aus dem Adel ist und ergreift daher schnell Konsequenzen. Zwei Wochen vorgespielte Trauer müssen reichen, bis sie sich den nächsten Gatten nimmt, um die Ausbildung Georges zu finanzieren. Dieser tut sich auf dem europäischen Festland zunächst schwer, entdeckt aber neue Seiten an sich - was eindeutig dem französischen Einfluss geschuldet sein muss.

Das bisexuelle Erwachen ihres Sohnes spielt Mary perfekt in die Karten, denn sie hat in der Zwischenzeit die wenig charmante Bekanntschaft des Königs gemacht. Da sie den hedonistischen Monarchen aufgrund zu vieler Brüste und zu weniger Penisse nicht selbst verführen kann, schickt sie ihren George ins Gefecht. Könnte sich ihr vermeintlich nutzloser Zweitgeborener vielleicht als wahres Ass im Ärmel erweisen, um sich in die Herzkammer der Macht reinzuschleichen? Ist George überhaupt bereit dafür, am intriganten Hofstaat mit den Schlangen zu tanzen?

Darum ist der Auftakt von „Mary & George“ so gut

Die besten Dramaserien erkennt man meist an ihrem Humor: Das gilt für alle großen Klassiker, sei es The Sopranos, Breaking Bad oder Mad Men. Dass „Mary & George“ uns gleich mehrfach zum Lachen bringen konnten - was selbst viele Comedyserien nicht schaffen -, ist also ein optimistisch stimmendes Zeichen. Insgesamt gibt die erste Episode einen ziemlich perfekten Piloten ab, weil in relativ prägnanter Laufzeit (49 Minuten) alles unter einen schön verzierten Hut gebracht wurde: Figureneinführungen, Handlungsaufbau und die Etablierung des erfrischenden Stils.

Viele Serien denken heutzutage an alles, außer an das Wichtigste: das Drehbuch. Der Autor von „George & Mary“, D. C. Moore, hat nichts Erwartbares zu Papier gebracht, sondern eine historische Betrachtung mit einzigartiger Perspektive. Das Historiendrama will uns zeigen, wie hart das Leben damals war, lässt die Charaktere dabei aber nicht verzagen, sondern triumphieren durch Cleverness und Ruchlosigkeit. Historiendramen mit Vision müssen nicht faktentreue Historiker:innen glücklich machen, sie müssen Spaß machen und überraschen (ein „Napoleon“ hat in beidem versagt).

Tolle Kostüme, lebensechte Sets und fantastisches Schauspiel sind nur die auch nicht ganz unwichtige Dekoration für das, was eigentlich zählt. Und „Mary & George“ scheint uns wirklich alles bieten zu können. Daher geben wir dem Neustart die volle Punktzahl - in der Hoffnung, dass der Traumstart kein Ausrutscher war: Fünf von fünf Krönchen!

Hier abschließend noch der Trailer zur Serie „Mary & George“:

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