Walter Matthau ist tot Wir trauern mit Jack Lemmon

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Walter Matthau ist tot

Wir trauern mit Jack Lemmon

Der amerikanische Schauspieler Walter Matthau ist gestern fr�h um 1 Uhr 42 im St. John's Health Center in Santa Monica an einem Herzanfall gestorben. Er wurde 79 Jahre alt. Der Mime war noch vor kurzem als sterbenskranker Vater in der Tragikom�die "Aufgelegt" von und mit Diane Keaton zu sehen, was sein letzter Leinwandauftritt sein sollte. Matthau wurde am 1. Oktober 1920 als Sohn armer russischer Einwanderer in New York geboren. Sein Vater, der die Familie verlie�, als Walter drei Jahre alt war, war Hausierer in Kiew gewesen, die Mutter arbeitete als N�herin. Zusammen mit seinem �lteren Bruder Harry und seiner Mutter lebten sie in �rmlichen Verh�ltnissen in der Lower East Side. Der kleine Walter zeigte schon fr�h seine schauspielerische Begabung und sein Interesse am Theater. Mit sieben Jahren las er bereits Shakespeare-St�cke und sagte mit acht Jahren Gedichte auf Schulveranstaltungen auf. Mit elf Jahren arbeitete er im Jiddischen Theater an der Second Avenue, wo er in den Pausen Getr�nke verkaufte. Bald schon spielte er selbst f�r 50 Cents kleine Rollen auf der B�hne. Nach seinem High School-Abschlu�, bei dem er in den F�chern Drama und Sport herausragende Leistungen brachte, nahm er w�hrend der Wirtschaftskrise der Drei�iger verschiedene Jobs an. So schleppte er Zements�cke, putze Fu�b�den, arbeitete als F�rster in Montana, als Gymnastik- und als Boxlehrer. F�r Kinder organisierte er auch f�r 23 Dollar die Woche Basketballspiele und Gymnastik.

Im Zweiten Weltkrieg meldete er sich zur Luftwaffe, und versah seinen Dienst als Funkentschl�sseler bei einem Bombengeschwader in Europa. Dort begegnete er dem damals schon ber�hmten James Stewart, der ebenfalls in der Luftwaffe diente, und beschloss, selber Schauspieler zu werden. Als Sergeant und mit sechs Sternen dekoriert kam er aus dem Krieg zur�ck. Im Oktober 1945 wurde er aus der Armee entlassen und schrieb sich in der Theaterwerkstatt der New School in New York ein. Unter den Mitstudierenden waren auch Rod Steiger und Tony Curtis. Matthau studierte drei Jahre, lebte von seinem Armeesold und spielte w�hrend des Sommers in kleinen Theatern. Mit 28 Jahren trat er erstmals am Broadway auf. Als Zweitbesetzung f�r das St�ck "Anne of the Thousand Days" engagiert, musste er einspringen und stellte einen 83j�hrigen Bischof dar. Da er ohne vorherige Probe auftrat, soll Hauptdarsteller Rex Harrison ihn laut Matthau auf der B�hne mit den Worten "Oh, Schei�e!" empfangen haben. Langsam arbeitete sich Walter von Kleinstrollen in Nebenrollen herauf und hatte bald einen Ruf als vielseitiger und hochtalentierter Akteur.

Hollywood klopfte Mitte der F�nfziger an, so dass der Mime bald zwischen den Filmen in Los Angeles und der B�hne in New York pendelte. Aufgrund seines Bulldoggengesichts und der rauhen Stimme wurde er oft als B�sewicht besetzt, so zum Beispiel gleich in seinem Filmdebut "Der Mann aus Kentucky" von und mit Burt Lancaster im Jahre 1955. Weitere gr��ere Rollen waren 1957 "Das Gesicht in der Menge", "Mein Leben ist der Rhythmus" mit Elvis Presley von 1958, "Einsam sind die Tapferen" mit Kirk Douglas von 1961, "Angriffsziel Moskau" mit Henry Fonda von 1963, "Charade" mit Audrey Hepburn von 1963 und "Die 27. Etage" mit Gregory Peck von 1965. 1960 f�hrte er selbst Regie bei dem kleinen Kriminalfilm "Gangster Story". Wahrscheinlich w�re Matthau noch l�nger auf Nebenrollen abonniert geblieben, h�tte er 1965 nicht einen Triumph in der Broadway-Kom�die "Ein seltsames Paar" gefeiert. Autor Neil Simon hatte Walter seinen Part praktisch auf den Leib geschrieben: Den des unordentlichen, Poker spielenden Sportreporters Oscar, dessen Leben aus den Fugen ger�t, als sein pingeliger Freund Felix zu ihm zieht, nachdem dieser von seiner Frau verlassen worden ist. "Jeder Schauspieler sucht sein ganzes Leben lang nach einer Rolle, die seine F�higkeiten mit seinem Talent verbindet. Ein seltsames Paar war dieser Part. Das war das Plutonium, das ich brauchte. Danach ging es richtig los."

Regisseur Billy Wilder gab Matthau 1966 daraufhin eine Chance als Hauptdarsteller in der Kom�die "Der Gl�ckspilz" als verschlagener Anwalt Willie Gingrich an der Seite Jack Lemmons. Obwohl der Film kein allzu gro�er Kassenerfolg wurde, bewirkte er doch zweierlei: Matthau erhielt den "Oscar" als "Bester Nebendarsteller" (was von der Kategorie unsinnig ist, denn es handelt sich eindeutig um eine Hauptrolle) und wurde dadurch zum Star, und das Paar Lemmon-Matthau war geboren. Die beiden festigten ihren Ruhm 1968 mit der Spielfilmversion von "Ein seltsames Paar", in welcher Lemmon die Rolle von Felix �bernahm, die Art Carney auf der B�hne verk�rpert hatte. Danach wurde Matthau oft als Komiker betrachtet, was ihm gar nicht passte: "Wenn Leute zu mir sagen: Sind Sie nicht dieser Komiker, der in Filmen mitspielt?, m�chte ich mich am liebsten �bergeben." Er versuchte, seine Rollen breit zu streuen, spielte 1969 in dem Musical "Hello Dolly!" an der Seite Barbra Streisands oder in den Thrillern "Der gro�e Coup" von 1973 und "Die Todesfahrt der U-123" von 1974. Noch zwei Mal wurde er f�r einen "Oscar" nominiert: 1971 spielte er einen Gro�vater in der Tragikom�die "Opa kann's nicht lassen", bei der sein Freund Jack Lemmon Regie f�hrte, und 1975 hatte ihm Neil Simon f�r "Die Sunnyboys" wieder einen Part auf den Leib geschrieben. 1994 verk�rperte er Albert Einstein in "I.Q.". Mit Jack Lemmon spielte Matthau noch 1974 in "Extrablatt", 1981 in "Buddy Buddy", 1993 in dem �berraschungshit "Ein verr�cktes Paar", in dessen Fortsetzung "Der dritte Fr�hling" 1995, zwei Jahre darauf in "Tango gef�llig?" und zuletzt im selben Jahr in der Fortsetzung zu ihrem Klassiker "Ein seltsames Paar" unter dem Titel "Immer noch ein seltsames Paar". In "JFK" und "Die Grasharfe" spielten die Beiden zwar auch mit, aber nicht als Tandem. Lemmon betrauerte seinen Freund gestern in einer Mitteilung als jemanden, den er wie einen Bruder geliebt habe, der sein engster Freund gewesen sei und ein "au�ergew�hnlicher Mensch. Wir haben auch einen der verflixt besten Schauspieler verloren, die wir je zu sehen bekommen haben."

Privat war Matthau ein Spa�vogel, der sich einen Scherz daraus machte, in Interviews so viel Bl�dsinn wie m�glich zu erz�hlen. "Das ist mein Abwehrmechanismus gegen wichtigtuerische und l�cherliche Fragen", behauptete er. Einen Namen machte er sich auch durch seine Spiel- und Wettleidenschaft, die ihn laut eigenen Angaben Millionen Dollar gekostet haben soll. "Wenn ich auf der B�hne stand", erz�hlte er mal, "hatte ich ein Ohr immer hinter der B�hne und lauschte auf den Anruf meines Buchmachers". Laut Regisseur Don Siegel war dies Matthaus gro�es Laster: "Er war ein chronischer Spieler bis zu dem Punkt, dass er Filme drehte, von denen er wusste, dass sie mittelm��ig waren, weil er den Lohn brauchte, da er all sein Geld beim Pferderennen verloren hatte."
Gesundheitlich hatte der Mime schon lange Probleme. Als starker Raucher, der drei P�ckchen pro Tag verqualmte, musste er nach einem Herzanfall w�hrend der Dreharbeiten zu "Der Gl�ckspilz" das Rauchen aufgeben. 1976 wurde ihm ein Bypass gelegt. W�hrend der Dreharbeiten zu "Ein verr�cktes Paar" im Schneewinter von Minnesota holte er sich eine doppelseitige Lungenentz�ndung. Im Mai 1999 musste er erneut f�r mehr als zwei Monate wegen einer solchen Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden. Im Dezember 1995 war ihm ein gutartiger Darmtumor entfernt worden. Walter suchte die Schuld f�r seine angegriffene Gesundheit bei seinen Essgewohnheiten: "Wenn man nur Sellerie und Kopfsalat isst, wird man nicht krank. Ich mag Sellerie und Kopfsalat - aber ich mag es mit Gurken, Gew�rzen, gep�keltem Rindfleisch, Kartoffeln, Bohnen. Und ich mag Vanilleeis mit Schokoladenso�e."
Walter Matthau war zweimal verheiratet: Von 1948 bis zur Scheidung zehn Jahre darauf mit Grace Johnson, mit der er zwei Kinder zeugte: David und Jenny. 1959 heiratete er Carol Marcus, mit der er einen Sohn hatte. Der 1964 geborene Charles ist Regisseur und leitete 1996 sogar seinen Vater in "Die Grasharfe".
Der Schauspieler wurde mal gefragt, wie sich die Menschen nach seinem Tode an ihn erinnern sollten: "Die Leute sollen das sagen, was sie mir heute schon sagen: Mr Matthau, vielen Dank f�r ihre Arbeit! Sie haben vielen Leuten viel Freude gemacht."


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