Nachruf auf Andreas Schmidt : Der bescheidene Schlaks

Nachruf auf Andreas Schmidt : Der bescheidene Schlaks

Als Gänse-Schlunzke erlebten ihn Millionen Fernsehzuschauer alle zwei Jahre in den populären Krause-Komödien der ARD. Andreas Schmidt spielte hier einen liebenswerten Spinner, der sich stets in aussichtslose Projekte und Affären verrannte. Der Schlaks war das pure Gegenteil des beleibten und gesetzten Horst Krause.

Andreas Schmidt ist gern wegen seines Äußeren besetzt worden. Wer einen besonders verschlagenen Berliner Ganoven, einen besonders gemeinen Stasi-Kerl oder einen besonders cholerischen Kripochef suchte, wie zuletzt in den „Wolfsland“-Krimis der ARD, der fand ihn oft im 1,86 großen Andreas Schmidt.

Freude am Spielen

Dabei hatte der Berliner Schauspieler so viel mehr zu bieten als nur schräge Typen. In Interviews erwies er sich als sehr reflektierter, ruhiger und bescheidener Künstler, der sich gleichzeitig immer noch wie ein Kind am Spielen erfreute. Aufgewachsen ist Schmidt im Märkischen Viertel, das für ihn nie ein Ghetto, sondern ein kleinbürgerliches Viertel war. Mit Hilfe von Büchern, Filmen und der Musik befreite er sich. Er verschlang Dostojewski, saß im Kino „Manhattan“ und spielte als Jugendlicher in einer Band namens „Lillies große Liebe“ deutschen Country. Nach seiner Schauspielausbildung kam er viele Jahre lang in Nebenrollen in Film und Fernsehen unter und widmete sich dem Theater – vor allem als Regisseur. 

Seine Inszenierung von „Shakespeares sämtlichen Werken in neunzig Minuten“ lief über 20 Jahre in der Vagantenbühne. Im Theater am Kurfürstendamm war er gleich mit seiner ersten Regiearbeit überaus erfolgreich – auf „Männerhort“ folgten Stücke wie „Die süßesten Früchte“, „4 nach 40“ und zuletzt „Eine ganz normale Familie“. Für die „Die sieben Todsünden“ hatte er das Buch geschrieben, in den Stücken „Fettes Schwein“ und „Mittendrin“ stand er selbst auf der Bühne.

Schläger, Teufelshelferin und Ratte

Zu ersten Hauptrollen im Film verhalf ihm Regisseur Eoin Moore. In „Pigs Will Fly“ spielte Andreas Schmidt einen Polizisten, der seine Frau krankenhausreif schlägt. Der Film erzählt die Geschichte nicht etwa aus der Sicht des Opfers, sondern zwang dem Zuschauer die Perspektive des Schlägers Laxe auf. So wurde aus schroffer Ablehnung eine ambivalente Haltung – und Schmidt bekam eine erste Nominierung für den deutschen Filmpreis. Populär wurde er in einer ähnlich ambivalenten, aber viel komischeren Rolle – als Lkw-Fahrer Roland in Andreas Dresens „Sommer vorm Balkon“.

Andreas Dresen wagte es kürzlich sogar, Andreas Schmidt als Dame zu besetzen, in Chanel-Kostüm, Perlenkette und Stöckelschuhen, die von einem orthopädischen Schumacher angefertigt werden mussten. In der Neuverfilmung von „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“ spielte Schmidt eine teuflische Helferin namens Belial, die nur koptisch redete und obendrein in eine Ratte verwandelt wurde – die Ratte besaß seine charakteristischen Segelohren.
Am Donnerstag ist Andreas Schmidt nach schwerer Krankheit im Alter von 53 Jahren gestorben. Er hinterlässt Frau und Sohn.