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Länge Unterhaltung Spannung Action Musik Erotik Anspruch Eindruck Gesamt
***** * **** * ***** *** ***** ***** 86%
 

 
"Dolphins" - eine besonders gelungene Komposition aus Bild und Klang, die auf schillernde Weise den Wahnsinn als Weg zum Ursprung darstellt. A Girl. A Prison. A Dream of Freedom.

Dolphins (45 Min)


Der Theologe Paul Tillich hat einst gesagt: "Neurose ist eine Methode, das Nicht-Sein zu meiden, indem man das Sein meidet" (1962)

Ob Farhad Yawari, der Regisseur, Autor und Produzent von "Dolphins", dieses Zitat vor Augen hatte, kann man beim besten Willen nur mutma�en, es l�ge aber auf Grund der klaren Eindr�cke und Bilder nahe:

Blau. K�hles Nass blendender Reinheit, das sich brechende Licht, welches schillernd von der Oberfl�che die Tiefen illuminiert und ein sanftes Farbenspiel innerer Wellen auf die K�rper zweier Wesen legt. Tanzend in den Wassermassen, spielend beieinander, ein Delphin mit einem Menschen. Eine junge, nackte Frau umkreist den K�rper des friedlichen S�ugers an ihrer Seite, tanzt mit ihm voller Anmut und kr�mmt sich geborgen in Embryohaltung in des Meeres Arme. Der Klang von Frieden und Ruhe. Ein Goldfisch umspielt den K�rper der badender Lara (Julia Brendler), die sich aus ihrem Traum in die kalte Realit�t steriler, wei�er Krankenhauskacheln entrei�en l�sst. Hier gibt es keinen Frieden.

Dolphins (45 Min)

Abtauchen zum Beginn allen Lebens, sich fangen in den blauen Wogen des Meeres, umsp�lt von den Wassern der Freiheit mit einem Freund an der Seite: So oder so �hnlich k�nnte man wohl die ersten Bilder des extrem anspruchsvollen Werkes "Dolphins" begleitend formulieren. Die �beraus gelungene Mischung aus Ton und Bild, insbesondere von Ger�uschen und Melodien, als Metaphern genutzt, in Harmonie vereint, k�nnte von jedermann verstanden werden, versuchte man nur die Wirkung zu erfahren. Die fehlenden Dialoge, die in der Stille zugleich Tiefe und simplifizierte Gedanken ausdr�cken, sind jedoch nicht jedermanns Sache.

"Dolphins" erz�hlt die Geschichte eines traumatisierten M�dchens; gefangen in einer Psychiatrischen Klinik und mehr noch in ihrer eigenen Welt, versucht Lara einen Weg in die Welt um sich herum zu finden. Dabei hilft vor allem ihre unglaubliche Gabe, Bilder und Situationen zu imaginieren. Ihr Alltag ber�hrt sie, wie f�r extrem traumatisierte Personen �blich, kaum. Die Ger�usche aus der Au�enwelt dringen nicht an sie heran, die Aktionen in ihrem Umfeld bleiben, sofern es sie nicht selbst betrifft, ungeachtet. Das Einzige, was sie am Leben h�lt, sind die Freiheit in ihrem Geist und ein Goldfisch in einem Glas. Der Fisch steht in gewisser Weise f�r sie selbst, f�r ihre Situation und ist ebenso die Verbindung zu ihrem gedanklichen Bild von einem Delphin im Meer, mit dem sie schwimmen und unbefangen existieren kann. Gefangen in einem Glas, in einer ihr fremden und kontrollierten Welt, in gehemmten Bewegungen und einer aparten Abh�ngigkeit, spiegelt er zweifelsohne die Trauer in ihrem Inneren, ihr eigenes gebrochenes Herz wieder.

DOlphins

Der aufmerksame Betrachter wird eine F�lle von subtilen Informationen feststellen k�nnen, die zum Verstehen von Laras Charakter wie ihrer Situation beitragen. Der gesamte Film wird im eigentlichen Sinne aus Laras Sicht geschildert. Aufgel�st in drei wesentliche Farbformen, werden ihre abgeschirmten Eindr�cke zum Ausdruck gebracht. Die n�chterne Welt der Klinik, in welcher sie sich klein, verlassen, einsam und hilflos vorkommt, in der alle Menschen gegen sie sind, diese Welt wird durch klinisch steriles Wei� dargestellt. Die �brigen Patienten ber�hren sie kaum. Und dennoch, in ihrer Welt der Farben, des Wassers und der Wellen, bezieht sie jeden anderen mit ein. Ihre Tr�ume flie�en zwischen der Menschenwelt, in warmem sonnigen Goldgelb und dem tiefem Blau der grenzenlosen Freiheit der Meere hin und her. Kaum sieht Lara Wasser, und sei es nur ein Tropfen des lebenspendenden Elixiers, so besch�ftigt sie sich nur noch mit ihren auf diesem beruhenden, inneren Eindr�cken, tanzt um dieses Symbol und bezieht ihre Au�enwelt mit ein. Selbst die vermeintlich so gemeine und harte Oberschwester (Annette Kreft), kann sich dem Bann ihrer Imaginationen nicht entziehen und l�sst sich - hingerissen von dem Moment - selbst zu einem Objekt der geschaffenen Realit�t machen.

In faszinierender Detailtiefe skizziert "Dolphin" die einzelnen Ebenen von Laras Imagination: D�mmern unter der Wirkung der Beruhigungsmittel, lichte Momente, sich Aufgeben in einen Traum, sich Verlieren in Gedanken, um den Gefahren zu entfliehen.

Dolphins (45 Min)

Die Pfleger sehen in Laras Verhalten, der Verweigerung von Nahrungsaufnahme und jeglicher Kommunikation mit Pflegern und dem behandelnden Arzt, eine ernsthafte Gefahr f�r sich sowie f�r die anderen Patienten der Klinik. Einzig und allein der junge Pfleger Jakob (Marco Hofschneider) l�sst sich - freien Willens - auf die Gedanken der jungen Frau ein, ist fasziniert von ihrer kleinen heilen Welt. Er gibt sich M�he, Lara zu verstehen, er erkennt ihre W�nsche und hilft ihr, ihre Welt noch realer zu gestalten, als ihre Phantasie es so schon zul�sst. Jakob baut ein Vertrauensverh�ltnis zu Lara auf, ohne Zwang und Druck, einzig und allein �ber Verst�ndnis, das ihr von keiner anderen Seite zugestanden wird. Mit so einfachen Dingen wie einer Zeichnung vom Meer, einer Muschel, in der das Rauschen des Meeres zu h�ren ist, baut er eine Beziehung zu ihr auf, in der stumme Blicke mehr sagen als tausend Worte. Langsam verl�sst sie ihre katatonische Abgeschiedenheit und nimmt ihre Umgebung mit graduell zunehmender St�rke wahr (zum ersten Mal erfasst Lara den Klang eines Wassertropfens).

Dolphins

Interessante Ans�tze sind die Einfl�sse von Laras Person und Gedanken auf die sie umgebenden Patienten, die jede von ihr aufgebrachte Assoziation am eigenen Leibe mitbekommen. Sie h�ren die in Laras Geist entstandenen Melodien genau so wie das Rauschen des Meeres. Bis zum Ende, ihrer imaginisierten Flucht aus der Anstalt, formt Lara ihre �ngste um und transportiert den Schmerz von sich weg. Farhad Yawari spielte auch mit Sprichworten wie "�ber den eigenen Schatten springen" und setzte diese in einer gelungenen Weise filmisch um. Es ist au�ergew�hnlich, wie viel Emotionen von den Darstellern allein durch Gestik, Mimik und Blickkontakte vermittelt werden. F�r die Realisten und vermeintlich Kultivierten stellt dieser Film sicherlich nichts weiter als einen trockenen Beitrag auf teurem Zelluloid dar. F�r jeden phantasiebestrichenen Betrachter jedoch er�ffnet sich mit "Dolphins" eine wahre Explosion von Eindr�cken und Gedanken.

Dolphins (45 Min)

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Fakten
Originaltitel:
Dolphins
 
deutscher Kinostart am:
31.08.2000
 
Genre:
Drama
 
Regie:
Farhad Yawari
 
Dieser Film wurde bewertet von:
DJMK (86%), RS (85%)
 
Texte:
DJMK
 
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