Eine Schauspielerin spielt eine Rolle. Ist klar. Aber Eine Schauspielerin spielt eine Rolle. Ist klar. Aber dass Ina Weisse, die auf extrem beherrschte, unnahbare Frauenfiguren abonniert ist, sich im wahren Leben als besonders entspannt und freundlich herausstellt, ist trotzdem eine angenehme Überraschung.

Doppelinterviews und besonders gemeinsame Fotos haben sie und ihr Mann Matti Geschonneck bisher grundsätzlich abgelehnt. Für TV SPIELFILM hat das Paar mit dieser Regel gebrochen. Noch mal angenehm. Im Interview sprechen die beiden über ihren brillanten Film "Das Ende einer Nacht", über Spannung, Wahrheit und das Filmen als Paar.

TV SPIELFILM: Eine Frau sagt, ihr Mann habe sie vergewaltigt. Er bestreitet das. Die Wahrheitsfindung ist schwierig, eigentlich unmöglich. Haben Sie den Film zum Fall Kachelmann gemacht?

MATTI GESCHONNECK: Nein, unsere Geschichte stand schon drei Monate, bevor Kachelmann Thema wurde. Ich wollte einfach einen Film machen mit Ina Weisse und Barbara Auer in einer Duellsituation. Einen Gerichtsfilm. Ich hatte die Bücher von Ferdinand von Schirach gelesen...

...dem Strafverteidiger und Bestsellerautor...

MATTI GESCHONNECK: Er sagte in einem Interview: Ein Verteidiger will die Wahrheit nicht wissen. Dieser Satz hat mich beschäftigt. Ich fand ihn aber einleuchtend.

Zwei Frauen, Richterin und Strafverteidigerin, tun trotzdem alles, um die Wahrheit herauszufinden...

INA WEISSE: Es geht der Verteidigerin aber nicht darum, ob ihr Mandant die Wahrheit sagt, sondern ob die Beweise ausreichen, um ihn vor Gericht zu verurteilen. Es geht also um die Wahrheit, die mit Mitteln des Strafprozessrechts erkannt werden kann. Würde sie sich mit der Wahrheit des Mandanten beschäftigen, käme sie in einen moralischen Konflikt.

MATTI GESCHONNECK: Dieses Dilemma der Rechtssprechung wollen wir zeigen. Es gibt eine juristische und eine gefühlte, eine emotionale Wahrheit. Man ist automatisch auf der Seite des Opfers.

Die juristische Wahrheit ist im wahren Leben oftmals unbefriedigend...

MATTI GESCHONNECK: Das Gericht ist Bestandteil unserer Demokratie. Es muss eine Entscheidung gefällt werden. Sonst würde unser System auseinanderbrechen. Wir würden in der Anarchie landen.

Mancher Schauspieler führt auch mal Regie. Sie, Frau Weisse, haben das vorher studiert.

INA WEISSE: Ich wollte das schon nach der Schauspielschule machen, habe dann aber erst einmal Theater gespielt. Es gibt Regisseure, die nie studiert haben und großartig sind. Mir hat das Regiestudium sehr geholfen.

Was muss ein Film für Sie leisten, damit Sie zufrieden aus dem Kino gehen?

INA WEISSE: Er muss mir nachgehen. Ambivalent sein. Keine einfachen Lösungen haben.

MATTI GESCHONNECK: Wenn der Film spannend war, nicht langweilig.

Das ist alles? Klingt trivial.

MATTI GESCHONNECK: Ist es aber nicht. Spannung ist für mich eine Form von Qualität, die nur sehr schwierig zu erreichen ist. Das muss man können.

Eine Geschichte interessant erzählen - ist das nicht einfach filmisches Handwerk?

MATTI GESCHONNECK: Nein, wenn sich der Zuschauer angezogen fühlt, er fasziniert ist, dann ist es spannend. Das hat nicht nur etwas mit Handwerk zu tun, sondern auch mit der Fähigkeit, Dinge sichtbar zu machen, die man nicht sehen kann. Hinter die Fassade blicken, den doppelten Boden ausleuchten, das ist Spannung.

Sie kennen durch Ihre Arbeit viele Regisseure. Wie führt Ihr Mann Regie, Frau Weisse?

INA WEISSE: Es herrscht eine große, konzentrierte Ruhe am Set. Man fühlt sich immer beobachtet, aber immer im Guten. Man spürt die Liebe zu seinen Leuten, zum gesamten Team. In so einer Atmosphäre fühlt man sich aufgehoben.

Klingt sehr harmonisch. Geschonneck wird nie wütend?

MATTI GESCHONNECK: Doch! Natürlich werde ich wütend. Ich habe nur eine sehr knapp bemessene Zeit, um mit einem 40-köpfigen Team etwas herzustellen, das die Zuschauer berührt. Und in dieser knappen Zeit muss ich versuchen, mit meinen Mitteln alle auf die Einstellung zu konzentrieren.

Ist es schwieriger oder leichter, wenn die Hauptdarstellerin die eigene Frau ist?

MATTI GESCHONNECK: Das spielt eigentlich keine Rolle.

INA WEISSE: Wir haben eine ähnliche Sprache. Das erleichtert die Arbeit ein bisschen.

Frage zum Schluss: Wer ist in "Ende einer Nacht" denn nun der Täter - Mann oder Frau?

INA WEISSE: (lacht) Ich kann es Ihnen nicht sagen, weil ich es nicht weiß. Sie müssen selbst entscheiden. Keine einfachen Lösungen!

Frank Aures

Das Ende einer Nacht
MO 26.3. ZDF 20.15 Uhr
MATTI GESCHONNECK (59). Der Sohn des DDR-Schauspielstars Erwin Geschonneck ist einer der renommiertesten deutschen TV-Regisseure.
INA WEISSE (43) glänzt als unterkühlt-gebrochene Schönheit in TV-Filmen wie "Im Dschungel" oder "Amigo". "Der Architekt" (2008) ist ihr Regiedebüt.