Petra Pau warnt vor der AfD: „Man muss allen sagen, wen sie da wählen“
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Petra Pau warnt vor der AfD: „Man muss allen sagen, wen sie da wählen“

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Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) warnt vor Resignation im Kampf gegen Rechtsextreme. Einige scheinen schon aufgegeben zu haben. Eine Analyse.

Berlin – Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Petra Pau, hat die demokratischen Parteien zu Beginn des Wahljahres aufgefordert, offensiver gegen die AfD Stellung zu beziehen. „Ich halte die AfD für eine gefährliche Partei, die selbst keinen Hehl daraus macht, dass sie mit den Mitteln der Demokratie genau diese abschaffen will“, sagte die Die-Linke-Politikerin der Frankfurter Rundschau am Dienstag (2. Januar). Ein Parteienverbot sieht sie allerdings skeptisch: „Man muss die AfD politisch stellen und allen sagen, wen sie da wählen.“

Die Partei sei bei der Bundestagswahl 2017, als sie zum ersten Mal Mandate errang, „nicht vom Himmel gefallen“, so Pau. „Es hat schon Jahre vorher Studien gegeben, wonach etwa die gruppenbezogene Fremdenfeindlichkeit in Deutschland zunimmt – und auch die Akzeptanz gegenüber von Gewalt als Mittel von Problemlösung.“

Abstiegsängste ernst nehmen – Sozialpolitik gegen die AfD?

Umso wichtiger sei es daher, dass die demokratischen Kräfte nicht auf die AfD schauten, sondern den Menschen mit realen Abstiegsängsten Mut machten und Alternativen aufzeigten. „Ich halte es im Wortsinne für brandgefährlich, wenn ausgerechnet der Arbeitsminister Ressentiments gegenüber Bürgergeldempfängern schürt“, so die Bundestagsvizepräsidentin. Laut Medienberichten plant Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), dass Menschen, die Bürgergeld beziehen und sich mehrfach weigern, einen Job anzunehmen, eine gewisse Zeit überhaupt keine Leistungen mehr erhalten.

Plakat „Stoppt die AfD“ von Aufstehen gegen Rassismus.
Plakat „Stoppt die AfD“ von Aufstehen gegen Rassismus. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Peter Gercke

In diesem Jahr werden das Europaparlament und drei Landtage im Osten Deutschlands neu gewählt. Dabei wird allgemein mit einem Rechtsruck gerechnet. Eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Civey im Auftrag der Sächsischen Zeitung sorgte am Dienstag für Aufsehen. Danach liegt die AfD in Sachsen mit 37 Prozent deutlich an der Spitze. Die CDU kommt auf 33 Prozent. Vor einem Monat lagen beide Parteien noch gleichauf.

Hohe Umfragewerte der AfD: SPD-Kandidatin reagiert mit Ratlosigkeit

Schockierend für die Partei des amtierenden Bundeskanzlers: Die SPD käme in Sachsen laut Civey aktuell nicht einmal über die Fünf-Prozent-Hürde. Sie liegt aktuell bei nur drei Prozent. Die SPD-Spitzenkandidatin Petra Köpping reagierte auf dieses niederschmetternde Ergebnis eher ratlos. Die Umfragewerte seien nicht landespolitisch zu begründen, erklärte sie der Deutschen Presse-Agentur. „Sie spiegeln die Stimmung hier in Sachsen gegenüber der Ampel wider.“

Die Bundesregierung habe die Erwartungen vieler Menschen enttäuscht – gerade im Osten. „Viele haben das Gefühl, dass nicht an sie gedacht wird, wenn es um die vielen Veränderungen geht. Nach vielen Jahren des Umbruchs haben die Leute sehr feine Antennen dafür. Ihnen müssen wir Sicherheit geben“, so Köpping.

Nicht nur die AfD selbst hält Wahlerfolge für eine ausgemachte Sache

Für die FDP sieht es in Sachsen derzeit sogar noch schlimmer aus. Sie bekäme laut Civey derzeit gerade mal ein Prozent der Stimmen, die Grünen sieben Prozent und die Linke immerhin acht Prozent. In Sachsen wird der Landtag am 1. September gewählt, ebenso wie in Thüringen. Brandenburg wählt am 22. September. Auch bei der Europawahl am 9. Juni wird mit einem deutlichen Zuwachs der rechten Parteien in vielen Ländern der EU gerechnet.

Das rechte Wir-Gefühl: Landesparteitag an der Saar im Dezember.
Das rechte Wir-Gefühl: Landesparteitag an der Saar im Dezember. © IMAGO/BeckerBredel

Die Wahlerfolge für die AfD hält offenbar nicht nur die Partei selbst für eine ausgemachte Sache. Politiker:innen und Prominente äußerten sich gerade zum Jahreswechsel pessimistisch bis panisch, was die Zukunft der Demokratie angeht. So sieht der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Andreas Voßkuhle, Deutschland vor einer grundsätzlichen Systemveränderung: „Die AfD als stärkste Fraktion in einem oder mehreren Landtagen würde die politische Landschaft Deutschlands umkrempeln“, sagte er dem Berliner Tagesspiegel.

Voßkuhle hält sogar den Fortbestand der Demokratie in Deutschland nicht für gesichert. So heißt es in dem Interview weiter: „Es kann durchaus sein, dass sich unsere westliche Demokratie nur als eine kurze Phase in der Geschichte der Menschheit erweist – ähnlich wie die attische Demokratie – und danach wieder die dunkle Zeit des Totalitarismus zurückkehrt.“

Streit, Hilflosigkeit und Pessimismus: Thüringens Verfassung „nicht wetterfest“ gegen AfD

Ähnlich pessimistisch hatte sich vor einigen Tagen Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) geäußert: „Wir schlafwandeln in ein Desaster“, erklärte er im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Dabei ging es unter anderem darum, dass die Verfassung seines Bundeslandes laut Maier „nicht wetterfest“ gegen eine politische Übernahme durch die AfD sei.

Seine Aussagen mündeten direkt in einen Streit innerhalb der Thüringer Landesregierung. Streit unter Koalitionspartnern wie in der Ampel-Regierung im Bund oder eben in Thüringen oder schlichte Hilflosigkeit, das sind bisher die vorherrschenden Reaktionen auf das anhaltende Hoch der AfD bei den Umfragen.

Umfragewerte der AfD: Stringente Strategie gegen rechts fehlt

In der SPD will man es damit versuchen, „die Alltagssorgen der Menschen“ ernster zu nehmen, wie es Parteichef Lars Klingbeil ähnlich wie Petra Köpping jüngst im Interview formulierte. Die CDU betont derweil die „Brandmauer“ zur AfD, die nach wie vor stehe. Das versichert der Generalsekretär der CDU, Carsten Linnemann, immer wieder. Trotzdem beschließt die CDU in Thüringen Steuersenkungen gemeinsam mit der AfD.

Für viele Bürgerinnen und Bürger sieht das eher nach Konfusion als nach einer stringenten Strategie gegen rechts aus. Das bemängelt auch Petra Pau. Die Politikerin, die für die Linke ins Bundestagspräsidium gewählt wurde, ist den Attacken der AfD-Fraktion im besonderen Maße ausgesetzt, die auch über das Parlament hinaus gut organisiert ist. Nach jedem Ordnungsruf gegen Abgeordnete der AfD wird ihr Büro mit Protestmails überschwemmt. Dennoch ist sie der Meinung, dass nur eines hilft: dagegenhalten.

Christine Dankbar

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