F�r die Liebe konvertieren ist ein h�ufiges Motiv in Multikulti-Kom�dien. Den Helden, noch dazu einen, f�r den keine Religion eine echte Herzenssache ist, in einen doppelten Glaubens-Wechsel zwischen Moslem und Christ zu verstricken – das ist das Besondere an „Herrgott f�r Anf�nger“ (ORF, BR / Lotus-Film), einer Wiener Gro�stadt-Kom�die, die Sascha Bigler nach dem Drehbuch von Berith Schistek & Karl Benedikter temporeich inszeniert hat. Trotz vieler� am�santer Momente, darunter ein paar Wiener Schm�h-Einlagen und einer �berzeugenden Besetzung fehlt dem Film ein narrativer und moralischer Kern. Die etwas oberfl�chliche Erz�hlweise spiegelt das Wesen der Hauptfigur, was zwar konsequent ist, die Rezeption – auch des Themas Vorurteile gegen Moslems – aber keinesfalls nachhaltiger macht.
Foto: ORFTaxler Musa (Deniz Cooper) ist nicht nur religionstechnisch mehrspurig unterwegs.
Musa (Deniz Cooper), Anfang 30, sieht sich als „Wiener T�rke“, weil „t�rkischer Wiener“ wie ein W�rschtl klingt – und das geht ihm dann doch gegen die T�rken-Ehre. Der Taxifahrer liebt seinen Job, die unterschiedlichen Menschen, die ihm dabei begegnen, besonders die Frauen. Mit Religion wei� er nichts anzufangen. Alles wird anders, als er Aisha (Zeynep Bozbay) begegnet. F�r ihn ist es Liebe auf den ersten Blick. Jetzt wei� er, was sein bester Freund Yussuf (Tim Seyfi) meint mit „dem Leben Sinn geben“. Der Haken an der Sache ist nur, dass die Sch�ne die Tochter seines strenggl�ubigen Chefs (Ercan Durmaz) ist. Was bleibt ihm also anderes �brig, als ein musterg�ltiger Moslem zu werden! Das geht schneller als gedacht. Doch dann bringt ihn ein seltsames Testament in arge Gewissensn�te. Seine b�rbei�ige Stammkundin, die Weininger (Erni Mangold), hatte offensichtlich doch ein gutes Herz. Ihr pl�tzlicher Tod stellt ihm in Aussicht, Besitzer ihres Heurigen-Lokals samt dazugeh�rigen Weinbergs zu werden. Vorausgesetzt, er konvertiert binnen eines Jahres zum Christentum. F�r einen wendigen Taxifahrer m�sste so ein religi�ses Doppelleben durchaus m�glich sein. Allerdings ist es f�r einen „Osmanen“ – trotz eines r�hrenden „Vaters“ (Tho-mas Mraz) als F�rsprecher – gar nicht so leicht, als Sch�fchen in die katholische Herde aufgenommen zu werden. Was werden im �brigen die t�rkischen „Br�der“ sagen? Und dann ist da ja auch noch die Heurigen-Wirtin Miri (Katharina Strasser), die der alten Weininger zehn Jahre ihre Wirtschaft gef�hrt hat. Wenn Musa das Lokal erbt, es wom�glich verscherbelt, um bei seinem verschuldeten Chef als Br�utigam besser dazustehen, was wird dann aus ihr?!
TV-Spielfilm findet die �sterreichische Kom�die richtig klasse:
"... liefert einen �berspitzten Clash der Religionen und l�sst mithilfe des wienerisch-derben Humors so gut wie kein Vorurteil aus. Gen�sslich findet er in einfachen Metaphern genau den richtigen Mix aus Komik und Gesellschaftskritik."
Foto: ORFCooler Typ, launige Momente, doch zum gro�en �si-Kom�dienwurf reicht es nicht.
F�r die Liebe konvertieren ist ein h�ufiges Motiv in Multikulti-Kom�dien. Den Helden, noch dazu einen, f�r den keine der beiden Religionen eine echte Herzenssache ist, in einen doppelten Glaubenswechsel zu verstricken – diese Wendung ist das Besondere an „Herrgott f�r Anf�nger“, einer Wiener Gro�stadt-Kom�die, die Sascha Bigler („Kommissar Pascha“) nach dem Drehbuch von Berith Schistek und Karl Benedikter (beide „SOKO Kitzb�hel“-erfahren) temporeich inszeniert hat. Temporeich auch deshalb: weil die von Deniz Cooper sympathisch gespielte Hauptfigur ja die beiden Welten unter einen Hut bringen muss, die t�rkische in Wien und die katholische vor den Toren der Stadt, wo sich auch das Heurigen-Lokal befindet. Und so wechseln vor allem in der zweiten H�lfte des Films immer rasanter die Schaupl�tze. Dass Musa dabei seine Herzensdame immer mehr zu entgleiten droht, d�rfte dabei kaum einem Zuschauer entgehen. Noch dazu, weil der verliebte Taxler nimmerm�de wird, seine Geschichte gelegentlich mit am�santen, meist aber mit ziemlich �berfl�ssigen Einw�rfen aus dem Off zu kommentieren und dabei auch einiges von seiner Beziehung, die noch gar keine Beziehung ist, fr�hzeitig zu verraten. Und wer ein kleines Bisschen Erfahrung mit romantischen Kom�dien hat, wird sich denken k�nnen, dass die herzliche Abneigung, mit der sich Musa und Miri (schon die Namen schreien nach einer amour�sen Verbindung) begegnen, die perfekte Voraussetzung zumindest f�r eine hei�e Liebesnacht ist. Mit dieser Szene, vorweggenommen & kurz angespielt, beginnt der Film dann auch vielversprechend: n�chtliches Schlammcatchen – dazu die Worte: „Eigentlich ist das eine Liebesgeschichte“.
Immer wenn die Macher die M�glichkeiten des Genres nutzen, von der verspielten Montage �ber den Einsatz von Johnny Cashs „Personal Jesus“ bis hin zu einem ersten Happy End, das der ironische Ich-Erz�hler wieder zur�cknimmt, dann entwickelt „Herrgott f�r Anf�nger“ einen f�r sich einnehmenden Charme. Wenn dann noch – motiviert durch den Drogen-Einfluss des Helden – eine n�chtliche Autoabschleppaktion unter Wiener-Walzer-Kl�ngen als gro�angelegtes Ballett choreographiert wird, dann haben Bigler & Co zwischenzeitlich die Sympathien ganz auf ihrer Seite. K�stlich auch eine Cola-Bomben-Szene, in der der Held einigen kleinen Hosenschei�ern („Kannst du Bomben basteln? Mein Papa sagt, alle Musis basteln Bomben“) das Islamisten-Klischee um die Ohren knallt. Auch die Szenen zwischen Cooper und Miri-Darstellerin Katharina Strasser, ein echtes Pfund, besitzen eine Physis und Hinterfotzigkeit (was auch an der �sterreichischen Mundart liegt), die so typisch ist f�r �si-Kom�dien. Und Thomas Mraz, der Kommissar aus „Vorstadtweiber“, best�tigt einmal mehr sein kom�diantisches Ausnahmetalent; ein Hochgenuss an Wiener Schm�h ist eine Beicht-Szene mit ihm und Strasser. Und auch die Rolle der Polizei und des Verfassungsschutzes, die um Musa eine konspirative Zelle wittern, ist dramaturgisch geschickt in die Handlung� integriert (aber ein Tick zu viel). Trotz solcher am�santer Momente, der guten Besetzung (auch des T�rken-Clans mit Tim Seyfi & Ercan Durmaz) und der inszenatorischen Rasanz k�nnen einem die 90 Minuten lang werden. Dem Ganzen fehlt ein narrativer und moralischer Kern. Und das ausgerechnet bei einer Geschichte um Glauben und Spiritualit�t. „Herrgott f�r Anf�nger“ spiegelt also letztlich in seiner oberfl�chlichen Erz�hlweise das Wesen seiner Hauptfigur, was zwar konsequent ist, die Rezeption – auch des Themas Vorurteile gegen Moslems – deshalb aber keineswegs nachhaltiger macht. (Text-Stand: 6.12.2017)
Foto: ORFHinterfotzig, physisch und dann diese Mundart – echt pfundig: Katharina Strasser
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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