Fontane, Theodor, Erz�hlungen, Unterm Birnbaum, 7. Kapitel - Zeno.org

Siebentes Kapitel

[237] Um vier Uhr stieg der Knecht die Stiege hinauf, um Szulski zu wecken. Er fand aber die Stube verschlossen, weshalb er sich begn�gte, zu klopfen und durch das Schl�sselloch hineinzurufen: �Is vier, Herr Szulski; steihn S' upp.� Er horchte noch eine Weile hinein, und als alles ruhig blieb, ri� er an der klapprigen T�rklinke hin und her und wiederholte: �Steihn S' upp, Herr Szulski, is Tied; ick spann nu an.� Und danach ging er wieder treppab und durch den Laden in die K�che, wo die Hradschecksche Magd, eine gutm�tige Person mit krausem Haar und vielen Sommersprossen, noch halb verschlafen am Herde stand und Feuer machte.

�Na, Maleken, ook all rut? Wat seggst du dato? Klock vieren. Is doch Menschenschinnerei. Wor�mm nich um s�ss? Um s�ss wihr ook noch Tied. Na, nu koch uns man en beten wat mit.�

Und damit wollt er von der K�che her in den Hof hinaus. Aber der Wind ri� ihm die T�r aus der Hand und schlug sie mit Gekrach wieder zu.

�Jott, Jakob, ick hebb mi so verfiert. Dat k�nn joa 'nen Doden uppwecken.�

�Sall ook, Male. He hett joa 'nen Dodensloap. Nu wahrd he woll uppstoahn.�

Eine halbe Stunde sp�ter hielt der Einsp�nner vor der Haust�r, und Jakob, dem die H�nde vom Leinehalten schon ganz klamm waren, sah ungeduldig in den Flur hinein, ob der Reisende noch nicht komme.

Der aber war immer noch nicht zu sehen, und statt seiner erschien nur Hradscheck und sagte: �Geh hinauf, Jakob, und sieh nach, was es ist. Er ist am Ende wieder eingeschlafen. Und sag ihm auch, sein Kaffee w�rde kalt... Aber nein, la� nur; bleib. Er wird schon kommen.�

Und richtig, er kam auch und stieg, w�hrend Hradscheck so sprach, gerade die nicht allzu hohe Treppe hinunter. Diese lag noch in Dunkel, aber ein Lichtschimmer vom Laden her lie� die[237] Gestalt des Fremden doch einigerma�en deutlich erkennen. Er hielt sich am Gel�nder fest und ging mit besonderer Langsamkeit und Vorsicht, als ob ihm der gro�e Pelz unbequem und beschwerlich sei. Nun aber war er unten, und Jakob, der alles neugierig verfolgte, was vorging, sah, wie Hradscheck auf ihn zuschritt und ihn mit vieler Artigkeit vom Flur her in die Wohnstube hineinkomplimentierte, wo der Kaffee schon seit einer Viertelstunde wartete.

�Na, nu wahrd et joa woll wihr'n�, tr�stete sich der drau�en immer ungeduldiger Werdende. �K�mmt Tied, k�mmt Roat.� Und wirklich, ehe f�nf Minuten um waren, erschien das Paar wieder auf dem Flur und trat von diesem her auf die Stra�e, wo der verbindliche Hradscheck nunmehr rasch auf den Wagen zuschritt und den Tritt herunterlie�, w�hrend der Reisende, trotzdem ihm die Pelzm�tze tief genug im Gesicht sa�, auch noch den Kragen seiner Wolfsschur in die H�he klappte.

�Das ist recht�, sagte Hradscheck. �Besser bewahrt als beklagt. Und nun mach flink, Jakob, und hole den Koffer.�

Dieser tat auch, wie befohlen, und als er mit dem Mantelsack wieder unten war, sa� der Reisende schon im Wagen und hatte den von ihm als Trinkgeld bestimmten Gulden vor sich auf das Spritzleder gelegt. Ohne was zu sagen, wies er darauf hin und nickte nur, als Jakob sich bedankte. Dann nahm er die Leine ziemlich ungeschickt in die Hand, woran wohl die gro�en Pelzhandschuhe schuld sein mochten, und fuhr auf das Orthsche Geh�ft und die schattenhaft am Dorfausgange stehende M�hle zu. Diese ging nicht; der Wind wehte zu heftig.

Hradscheck sah dem auf dem schlechten Wege langsam sich fortbewegenden Fuhrwerk eine Weile nach, sein Kopf war unbedeckt, und sein sp�rlich blondes Haar flog ihm um die Stirn. Es war aber, als ob die K�hlung ihn erquicke. Als er wieder in den Flur trat, fand er Jakob, der sich das Guldenst�ck ansah.

�Gef�llt dir wohl? Einen Gulden gibt nicht jeder. Ein feiner Herr!�[238]

�Dat sall woll sien. Awers wor�mm he man so still wihr? He seggte joa keen Wuhrt nich.�

�Nein, er hatte wohl noch nicht ausgeschlafen�, lachte Hradscheck. �Is ja erst f�nf.�

�Versteiht sich. Klock feiv red ick ook nich veel.�

Quelle:
Theodor Fontane: Romane und Erz�hlungen in acht B�nden. Band 4, Berlin und Weimar 21973, S. 237-239.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgew�hlte Ausgaben von
Unterm Birnbaum
Unterm Birnbaum
Theodor Fontane
Unterm Birnbaum
Unterm Birnbaum: Roman
Klassische Schullekt�re, Unterm Birnbaum