Hercules
Der Film basiert auf einer Comicserie aus dem Hause Radical, geschrieben von Steve Moore. Der Halbgott wendet sich in der Geschichte von den Göttern ab
Originaltitel
Hercules: The Thracian Wars
Regie
Dauer
98 Min.
Kinostart
04.09.2014
Genre
FSK
12
Produktionsland
Cast & Crew
Hercules
Amphiaraus
Autolycus
Tydeus
Atalanta
Iolaus
Tobias Santelmann
Rhesus
König Eurystheus
Sitacles
Lord Cotys
Ergenia
Megara
Antimache
Redaktionskritik
Dwayne Johnson schwingt in der Wiedergeburt der Kinosaga um den griechischen Halbgott einen schweren Knüppel und zertrümmert ganz nebenbei überkommene Klischees und Konventionen des klassischen Sandalenfilms.
Am Anfang des Films raunt eine Stimme: „Ihr denkt, ihr wisst die Wahrheit über ihn? Ihr wisst überhaupt nichts.“ In den Auftaktminuten zeigt uns der Film, was wir zu wissen glauben: Herkules, geboren als Sohn des Zeus und einer sterblichen Frau, aber gehasst von der eifersüchtigen Hera, die das Kind mit Giftschlangen zu töten versucht. Herangewachsen zum stattlichen Mann muss er zwölf Prüfungen bestehen, von denen eine schwerer ist als die andere. Das alles kennen wir aus vielen alten Filmen mit Steve Reeves, Reg Park und Lou Ferrigno oder den vielen anderen Muskelmännern, die bislang den Herkules verkörperten. Doch jetzt tritt die Legende zurück – und aus dem Halbgott wird ein Mensch aus Fleisch und Blut in Gestalt von Dwayne Johnson. Der neue Herkules: ein Fantasywesen, das der Fabelwelt entsteigt. Dieses Konzept könnte einige Verwirrung stiften, aber es bietet zumindest einen neuen Zugang zu einer Figur, die zu Ende erzählt schien — und zuletzt in Renny Harlins „The Legend of Hercules“ schier der Lächerlichkeit preisgegeben wurde. Übernommen wurde die Idee des „realen“ Herkules von den Graphic Novels des Steve Moore, die den Titelhelden massiv umdeuten und ihm sogar bisexuelle Ausschweifungen andichten. So etwas kommt in der familienfreundlichen Version des zweifachen „Rush Hour“-Regisseurs natürlich nicht vor. Der Film spielt trotzdem in einer ungewohnten Zwischenwelt, in der Zentauren zwar aussehen wie in der Fantasie, aber nicht, wenn man ihnen näher kommt. Herkules ist immer noch ein starker Mann, aber er zieht mit einer Gruppe von Söldnern durch die Gegend, die für Geld Probleme lösen. Zu seinen Getreuen zählen sein alter Freund Autolycus (Rufus Sewell), Neffe Iolaus (Reece Ritchie), der schweigsame Krieger Tydeus (Aksel Hennie), die schöne Bogenschützin Atalanta (sieht aus wie eine Nicole Kidman aus Norwegen: Ingrid Bolsø Berdal) und der grimmige Amphiaraus (Ian McShane). Der Trupp ist ein verschworener Haufen, und eigentlich könnte der Film auch heißen: „Herkules und seine fünf Samurai“.
Im Auftrag der Königstochter Ergenia (Rebecca Ferguson) zieht die Sechserbande an den Hof des thrakischen Königs Cotys (John Hurt), der von der überlegenen Streitmacht des bösen Rhesus (Tobias Santelmann) bedroht wird, den viele für einen Zauberer halten und der über eine Armee von Dämonen und Zentauren verfügt. Herkules und seine Freunde wissen, dass das nicht stimmt. Bevor die feindlichen Invasoren eintreffen, gilt es, das kriegsunerfahrene Volk des thrakischen Königs für den Kampf zu schulen. Eine Aufgabe, die vom Team Herkules viel Geduld erfordert. Bis der Feind schließlich anrückt und die Thraker prompt in einen Hinterhalt lockt.
Es gibt drei große Schlachten in „Hercules“, von denen die erste die beste ist. Regisseur Brett Ratner, der zuletzt Eddie Murphy durch das Caper-Movie „Aushilfsgangster“ scheuchte, legt bemerkenswerte Qualitäten als Actionchoreograf an den Tag, zeigt das Kampfgeschehen häufig aus der Vogelperspektive und macht ausführlich Gebrauch von in die 3D-Kameras gereckten Säbeln oder Spießen. Nicht weniger klotzt er mit epischen Landschaftspanoramen, die auf einen Hauch von „Der Herr der Ringe“-Romantik spekulieren, aber dem Film zu einer majestätischen Kinooptik verhelfen. Zwischendurch ist sogar Platz für ironische Untertöne, die auf die Anti-Legenden-Konstruktion des mit 98 Minuten vergleichsweise kurz geratenen „Epos“ anspielen. Einmal wird Herkules gefragt, woher er sein unzerstörbares Brustvlies habe. Es sei aus den Häuten des unbesiegbaren Erymanthischen Ebers gefertigt, lautet die Antwort. „Wenn der Eber unbesiegbar ist“, fragt darauf einer der Soldaten spitzfindig, „wie ist er dann an sein Fell gekommen?“ Die Action-Samurai schmunzeln sich vieldeutig an. Negativ ins Gewicht fallen die schlechten CGI-Effekte (obwohl Ratner schon so wenig wie möglich Computertricks einsetzt) und das etwas enttäuschende Finale, das außer einer Feuersbrunst und einer von Herkules umgeworfenen Riesenstatue nicht viel zu bieten hat. Insgesamt aber gelingt Brett Ratner buchstäblich starkes Action-Entertainment, das dank seiner guten Darsteller und eines Dwayne Johnson in der Rolle seines Lebens ein altes Genre aus der Mottenkiste in die Gegenwart rettet. „Bist du die Legende oder der Mann hinter der Legende?“, wird der gefangene Herkules am Ende gefragt. Dann platzen Ketten aus festem Mauerwerk, und ein wütender Schrei hallt durch einen Tempel, in dem es gleich nicht mehr viel zu beten geben wird. Fühlt sich eindeutig an wie Herkules. Nur das zählt. Wie lange haben wir ihn vermisst. Egal ob mit falschen Ebern oder Zentauren, die gar keine sind.
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