Ingeborg Bachmann und Max Frisch waren fast vier Jahre lang ein Paar. Regisseurin Margarethe von Trotta erzählt in ihrem neuen Film die toxische Beziehung der beiden Schriftsteller in Rückblenden. Dabei grast sie sämtliche erstarrte Legenden über die Beziehung ab, was „Ingeborg Bachmann: Reise in die Wüste“ zu einem ermüdenden und langweiligen Film werden lässt.
Toxische Beziehung zweier Autoren
Ingeborg Bachmann und Max Frisch waren fast vier Jahre zusammen – eine Zeit, die Bachmann im Nachhinein als „Verwüstung“ bezeichnen wird oder als „jahrelange Todesgefahr“. Das Lachen zurückgebracht hat ihr nach eigenen Aussagen damals eine Reise nach Ägypten, die sie 1964 nach der Trennung von Frisch mit ihrem Freund Adolf Opel unternahm. Margarethe von Trotta erzählt in „Reise in die Wüste“ die toxische Beziehung der beiden Schriftsteller in Rückblenden.
Aneinandergereihte Klischees einer gescheiterten Liebe
Dabei grast sie sämtliche erstarrte Legenden über die Beziehung ab, die Literaturdetektive aus beider Werke dazu herausgelesen haben wollen. Das spontane Kennenlernen in Paris, Bachmanns Umzug nach Zürich, seine hämmernde Schreibmaschine, ihre Schreibblockade, sein bürgerliches Frauenbild. Steif gespielte Szenen einer Ehe, wie sich die Regisseurin einen Autorenhaushalt anscheinend vorstellt.
Ermüdender und langweiliger Film
Auch die zerstörerische Eifersucht von Max Frisch wird immer wieder aufgegriffen, wenn er wissen will, von wem die Blumen auf dem Tisch sind, wenn Bachmann stundenlang telefoniert oder auf Lesungen mit ihm unbekannten Männern spricht. „Ingeborg Bachmann: Reise in die Wüste“ ist ein ermüdender, ein langweiliger Film, der nichts Besseres zu tun hat, als sich von einer Schriftstelleranekdote zur nächsten zu schleppen.
Ingeborg Bachmann als Opfer
Vor allem die beiden Hauptdarsteller Vicky Krieps und Ronald Zehrfeld wanken unbestimmt durchs Bild, hauchen sich durch die Dialoge. Zehrfeld als im Grunde gutmütiger Bär, dessen toxische Eifersucht immer noch liebevolle Seiten hat. Ingeborg Bachmann verkommt zu einem sensiblen Modepüppchen, die in jeder Szene ein neues Kleid trägt, dekorativ auf Sofas liegt, nachdenklich über die Wüste schaut oder träumerisch auf ihre Lieblingsstadt Rom blickt.
In langen Einstellungen schleicht sich die Kamera, mit Gustav Mahler unterlegt, in langen Fahrten bewundernd an sie heran. Ingeborg Bachmann wird zur leidendenden, empfindsamen Frau, zum Opfer eines Mannes.
Trailer „Ingeborg Bachmann: Reise in die Wüste“, ab 19.10. im Kino
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Das Feature verwebt Christine Koschels Erinnerungen, ergänzt und relativiert durch andere Quellen, mit der Stimme Bachmanns zu einem Bild der Dichterin an der Schwelle des Todes. Sie starb am 17.Oktober 1973. (Produktion ORF 2022)
Gespräch Heinz Bachmann – Ingeborg Bachmann, meine Schwester
Zum 50. Todestag der Dichterin Ingeborg Bachmann hat ihr Bruder ein persönliches Erinnerungsbuch geschrieben – und im Familienalbum geblättert. Schwarz-weiß Fotos zeigen Ingeborg Bachmann als junges Mädchen am Klavier, rasant auf Skiern und zupackend beim Wäsche waschen. Heinz Bachmann zeichnet die berühmte Dichterin als heiteren Familienmenschen, erzählt Anekdoten und erwähnt familiäre Einflüsse auf ihr Werk. Und er erinnert sich an die letzten Tage Ingeborg Bachmanns im Krankenhaus in Rom, wo sie am 17. Oktober 1973 nach einem Brandunfall starb.
Anja Brockert im Gespräch mit Frank Hertweck.
Piper Verlag, 128 Seiten, 24 Euro
EAN 978-3-492-07250-2
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Margarethe von Trotta ist die vielfach ausgezeichnete Regisseurin zahlreicher Filme und hat auch als Drehbuchautorin und Schauspielerin gewirkt. Thema ihrer Werke sind oft die deutsche Geschichte und Politik, prägend sind dabei Frauen in starken Rollen, etwa in den biografischen Filmen „Hannah Arendt“ (2012) oder „Rosa Luxemburg“ (1988). Von Trotta, 1942 in Berlin geboren, gewann 1981 als erste Frau den Goldenen Löwen der Filmfestspiele von Venedig mit dem RAF-Drama „Die Bleierne Zeit“. Bei der Berlinale 2023 feierte ihr neuester Film Premiere: „Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste“.