Dr. Hope Bridges war die erste Frau, die in Deutschland ein medizinisches Staatsexamen ablegen durfte. "Dr. Hope" erz�hlt �ber mehr als 40 Jahre vom Kampf einer von Idealen beseelten Frau gegen die M�nnergesellschaft, von einer liberalen Streiterin f�r die lebenspraktischen Belange ihrer Geschlechtsgenossinnen gegen die Verh�ltnisse des Kaiserreichs. Liebevoll im Detail, dramaturgisch �berdeutlich und gef�llig im Spiel.
„Was wirklich z�hlt, das muss man sich erk�mpfen.“ Diesen Leitsatz gibt der Vater auf dem Sterbebett seiner Tochter mit auf den Lebensweg. Hope Bridges Adams zieht nach dem Tod ihres vom Sozialismus �berzeugten Vaters in die Heimat ihrer Mutter: in Leipzig aber gehen die Uhren anders als in London. Hope m�chte Medizin studieren. Gegen alle Widerst�nde erk�mpft sie sich nicht nur den Zugang zum Studium, sondern 1880 auch das Recht zum Examen. Sie war damit die erste Frau in Deutschland, die ein medizinisches Staatsexamen ablegen durfte. Auch wenn sie nicht „weggeheiratet“ werden m�che, gibt sie wenig sp�ter dem Werben ihres Kommilitonen Otto Walther nach. Gemeinsam praktizieren sie in Frankfurt, bevor sie ein Sanatorium f�r Tuberkulosekranke er�ffnen. Der Hintergrund: Hope selbst war an TBC erkrankt und ist im Licht und in der H�henluft des Schwarzwaldes gesund geworden. F�r die Frau, die ihre Behandlungsmethoden stets gern aus der eigenen Erfahrung statt nur aus �berholten Theorien abgeleitet hat, war dies ein Zeichen.
Foto: ZDFHope braucht keinen
Mann. Heike Makatsch
Foto: ZDFDen schon! Martin
Feifel & Heike Makatsch
Hope – der Name ist ein Versprechen. Die au�ergew�hnliche Frau, eine Pionierin der Frauenbewegung, l�ste es ein. Das Wohl der Frauen lag ihr ein Leben lang am Herzen. Sie wagte sich zur Visite in die Armenviertel, sie schrieb B�cher, in denen sie Hygiene, Sexualit�t, Verh�tung und Kinderpflege thematisierte und mit gesellschaftspolitischen Themen wie Ehe und Familie, Armut und Ern�hrung kurz schloss. Dabei verstieg sie sich nicht ins politisch Polemische, dem Pragmatischen, der Lebenshilfe f�r die weitgehend rechtlosen Frauen, gab sie den Vorrang. Stark machte sie sich auch f�r eine Liberalisierung des Abtreibungsverbots, was ihr 1914 eine Klage wegen illegaler Schwangerschaftsabbr�che einbrachte. Ihr letzter Traum war ein Frauen- und Geburtshaus. Wegen des Krieges und ihrer angeschlagenen Gesundheit blieb dieser Traum unerf�llt.
„Dr. Hope – Eine Frau gibt nicht auf“ klingt nach gro�em Schicksals-TV-Roman. Und auch dieses Versprechen l�st der Film ein. Es reicht bei einem Zweiteiler nicht, eine Vita – und mag sie noch so reich sein – in eine chronologische Abfolge spannender Lebenssituationen zu �berf�hren; der gro�e Bogen will gespannt sein. Und was bietet sich als Band zwischen den Stationen eines Lebens Geeigneteres an als der Kampf einer Frau gegen die M�nnergesellschaft, einer liberalen Streiterin f�r die lebenspraktischen Belange ihrer Geschlechtsgenossinnen gegen die �berkommenen Verh�ltnisse des Kaiserreichs? So nachvollziehbar die �berlegungen der Produzenten, Redakteure und der Autoren auch sind – die seifige Dramatisierung eines Lebens hat eine Kehrseite: So wird jede Aktion zur sozialen Herausforderung; jede gute Tat steht f�r das gro�e Ganze. Eine schwere B�rde f�r die, die gegen diese dramaturgischen Widrigkeiten Leben in die durcheilten 44 Jahre pumpen sollen.
Nichtsdestotrotz gelingt es Heike Makatsch, einen mit auf die dreist�ndige Reise zu nehmen. Es ist ein wohlfeiles Ritual vieler Fernsehkritiker, gebetsm�hlenhaft die Schauspieler zu loben. Bei „Dr. Hope“ liegt der Fall anders: die Hauptdarstellerin kann nicht genug gepriesen werden. Sicher, in diesem historischen Bilderbogen, schl�gt einmal mehr die Stunde der Ausstatter, der Requisiteure und der Kost�mbildner. Doch ohne dieses Gesicht, das einen durch die Jahrzehnte f�hrt, ohne das eigenwillige Aussehen dieser Frau, die nicht dem aktuellen Sch�nheitsideal entspricht und deren spannende Biographie man beim Zuschauen unbewusst mit abruft, ohne diese ausdrucksstarke Schauspielerin w�re „Dr. Hope“ grandios gescheitert. Gut, dass Dr. Hope Lehmann, wie sie sich nach ihrer zweiten (!) Heirat nannte, in Deutschland keine Ber�hmtheit ist und sie in einer Zeit lebte, in der die (fotografische) Medienpr�senz noch keine Rolle spielte. So kommt der Betrachter nicht in Verlegenheit, Vergleiche mit der realen Pers�nlichkeit anzustellen. Und so d�rfte „Dr. Hope“ – �hnlich wie einst „Margarethe Steiff“ – nicht dasselbe Schicksal bei der Kritik erleiden wie „Hilde“.
Ohne Heike Makatsch w�rde einem wohl immer nur die gediegene Machart des ZDF-Zweiteilers ins Auge stechen. Oder dieser „leicht pudrige Tonfall der Figuren“ (Autor Torsten Dewi) in den Ohren liegen? Was nicht ausschlie�t, dass die zweifelsohne bemerkenswerte Lebensgeschichte f�r den geneigten Zuschauer ein guter Grund sein kann, sich zwei Abende freizuhalten. Was die Inszenierung im Detail angeht, wechseln hier Licht und Schatten im doppelten Sinne. Zwischen Stil und Kunsthandwerk pendelt der Oldtime-Look. Visuell konsequent stellt „Frauen-Regisseur“ Martin Enlen seine Heldin immer wieder in ein �berhelles, warmes Licht. Er macht sie zur Ikone der Frauenbewegung, zu einer Lichtgestalt, die immer wieder von den dunklen, reaktion�ren Kr�ften im Kaiserreich angegangen wird. Konfrontiert wird sie aber auch mit Krankheit und sozialer Not. Da fallen dann lange Schatten auf die sonnige Seele einer Unverzagten.
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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