J.I. Packer (1926-2020) | Evangelium21

J.I. Packer (1926-2020)

Artikel von Justin Taylor
23. Juli 2020 — 25 Min Lesedauer

Gott rief James Innell Packer am 17. Juli 2020 zu sich. Packer starb im Alter von 93 Jahren.

Zeitlebens war Packer anglikanischer Geistlicher. Die erste Lebenshälfte verbrachte er in England, die zweite in Kanada, war aber wohl am bekanntesten in den USA. Er gilt weithin als einer der einflussreichsten und populärsten Theologen des zwanzigsten Jahrhunderts.

Während seines nahezu 70-jährigen Dienstes und Schreibens betonte er besonders die Wichtigkeit, den dreieinigen Gott zu kennen, zu ihm zu beten und Gemeinschaft mit ihm zu pflegen. Er ermahnte die Gläubigen, Heiligkeit und Buße ernst zu nehmen und dies durch ein Leben unter der Leitung des Geistes und den Kampf gegen die innewohnende Sünde zu unterstreichen. Er verteidigte die Autorität der Bibel und setzte sich für Jüngerschaftsschulung ein. Viele Generationen machte er mit seinen geliebten Puritanischen Vorfahren bekannt, die er als „Mammutbäume“ des christlichen Glaubens verstand.

Sich selbst verstand Packer als „Stimme, welche die Menschen zurück auf die alten Pfade der Wahrheit und Weisheit rief“. Sein ganzes Leben galt dem Widerstand gegen die Vorstellung, dass „neuer wahrer ist, nur was aktuell salonfähig ist, jeder Meinungswechsel Fortschritt bedeute und dass das Neueste zum Thema als letztes Wort dazu gefeiert wird.“

Obwohl er sich dafür engagierte, die Kontroversen seiner Zeit aufzugreifen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, schrieb er: „Ich möchte gerne, dass man sich an mich als jemanden erinnert, der den Weg zum Weideland aufzeigte.“

Packers Jugendjahre

James Innell Packer wurde am 22. Juli 1926 in Twyning, einem Dorf nördlich von Gloucestershire, England, als erstes Kind von James und Dorothy Packer geboren. Einziges Geschwisterteil war seine 1929 geborene Schwester Margaret.

Die Packers, eine Familie der unteren Mittelklasse, lebten einen eher formellen anglikanischen Glauben. Sie besuchten zwar regelmäßig die nahegelegene St. Catharine’s Church, sprachen aber nie persönlich über Gott oder beteten gar vor dem Essen.

Im September 1933 wurde der 7-jährige Packer in der Schule von einem Rüpel auf die Straße gejagt – direkt in einen vorbeifahrenden Brot-Lastwagen. Mit heftigen Folgen: Gehirnoperation, ein dreiwöchiger Krankenhausaufenthalt und eine sechsmonatige Erholung zu Hause bzw. Schulabsenz. Die Verletzung – eine offene Fraktur des Stirnbeins auf der rechten Stirnseite – verglich Packer später mit einer eingeschlagenen Eierschale, wenn man mit dem Löffel oben aufs Ei klopft. Ein erfahrener Chirurg des örtlichen Krankenhauses entfernte die Bruchstücke des gebrochenen Knochens. Der Arzt verschrieb ihm, über seiner Verletzung eine schwarze, schützende Aluminiumplatte zu tragen, die von einem Gummiband gehalten wurde. Sport war verboten, und so musste sich der junge Einzelgänger weiter auf Dinge wie Lesen und Schreiben beschränken. Die Schutzplatte trug er noch weitere acht Jahre bevor er sich als 15-Jähriger weigerte, sie weiterhin zu tragen.

Am Morgen seines elften Geburtstages (1937) hoffte Packer auf ein Fahrrad – ein traditionelles Geschenk an der Schwelle zum Erwachsenwerden. Er hatte mehrfach darauf angespielt. Stattdessen schenkten ihm seine Eltern eine zwar alte, schwere Oliver Schreibmaschine, die aber in tadellosem Zustand war. „Das hatte Packer sich nicht gewünscht. Aber es entsprach dem, was er benötigte ... sein bestes Geschenk und wertvollster Besitz seiner Jugendzeit“, wie Packers Biograf Alister McGrath festhält.

Im Herbst 1937 wechselte Packer von der Grundschule zur Crypt School, wo er als einziger Schüler seines Jahrgangs Altphilologie studierte. Leland Ryken schreibt dazu:

„Die Geschichte dieser prestigeträchtigen Schule geht bis 1539 zurück. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt vollzog Heinrich VIII den Bruch mit der Katholischen Kirche und gründete die Kirche von England. Den Namen verdankt das Gymnasium seinem Gründungsort, der Krypta eines Pfarrkirchengebäudes. Der Zusammenhang mag ironisch wirken, bedenkt man Packers damaligen formalen Glauben, ist aber durchaus prophetisch, wenn man seine Zukunft ansieht: An der Crypt School hatte schon der englische Prediger und Evangelist George Whitefield studiert.“

Packer spielte Schach mit einem Schulkollegen, dessen Vater unitarischer Pfarrer war. Als sein Schulkollege ihn vom Unitarismus überzeugen wollte, wunderte sich Packer, weshalb man gewisse Teile des Neuen Testaments annehmen, aber die Göttlichkeit von Jesus Christus ablehnen sollte. Dann las er in seinen Teenage-Jahren Dienstanweisung für einen Unterteufel und Pardon, ich bin Christ von C.S. Lewis und nahm sich auch die King James Bibel seiner Großmutter vor. All diese Lektüre verlieh ihm bereits einen soliden Rahmen christlicher Weltanschauung, auch wenn ihm der persönlich-rettende Glaube noch fehlte. Zu dem er aber unterwegs war, wie Packer es später beschrieb.

Mit vierzehn Jahren wurde Packer in der St. Catherine’s Church konfirmiert, obwohl er nie etwas von Bekehrung oder rettendem Glauben gehört hatte.

Bekehrung

Mit achtzehn Jahren erhielt Packer ein Stipendium für Altphilologie am Corpus Christi College der Oxford University. Als er mit seinem einzigen Koffer in Oxford ankam, war er nach eigener Beschreibung ein unbeholfener, scheuer und intellektueller Kauz. Dank seinem Vater, einem Büroangestellten der Great Western Railway, kam Packer in den Genuss eines Gratis-Tickets für die einstündige Zugfahrt.

Drei Wochen später, nämlich am 22. Oktober 1944, hörte Packer sich einen evangelistischen Vortrag in der St. Aldate Kirche an. Die biblische Auslegung des älteren Pfarrers langweilte ihn. Doch dann erzählte der Pfarrer in der zweiten Hälfte, wie er in einem Jugendlager mit der Frage herausgefordert wurde, ob er tatsächlich Christ war. In dieser Geschichte fand sich auch Packer wieder und musste erkennen, dass er Jesus Christus nicht kannte. Und so folgte er, begleitet vom Lied „So wie ich bin“, dem Aufruf, sein Leben Jesus zu übergeben. Das geschah nur wenige Meter vom Ort entfernt, wo der Evangelist George Whitefield 1735 zum Glauben gefunden hatte.

Die Puritaner

Ebenfalls 1944 spendete ein pensionierter Anglikanischer Pfarrer aufgrund seiner schwindenden Sehkraft seine umfangreiche Bibliothek der Oxford Inter-Collegiate Christian Union (OICCU). Die Verantwortlichen der christlichen Studentenvereinigung fragten den Bücherwurm Packer, ob er die Werke – darunter Klassiker aus dem sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert – ordnen wolle.

„Wenn Christen unter sich sind, sprechen sie über ihre christliche Arbeit, christliche Interessen, christliche Persönlichkeiten, den Zustand der Gemeinden und theologische Probleme – aber selten sprechen sie über ihre alltäglichen Erfahrungen mit Gott.“

 

Schon bald entdeckte Packer eine ungekürzte Textsammlung des Puritaners John Owen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Besonders interessierte ihn der Band über Verführung und Sünde, den er förmlich verschlang. Später schrieb Packer: „Ich glaube, ich schulde John Owen mehr als jedem alten oder modernen Theologen, und seinem Buch über das Abtöten der Sünde verdanke ich mehr als allem anderen, was er sonst noch geschrieben hat.“

Packer wollte als Puritaner der Gegenwart verstanden werden, „der wie die großen Vorbilder des siebzehnten Jahrhunderts auf beiden Seiten des Atlantiks die Rolle des Gelehrten, Predigers und Pastors verkörpert und so zu den Leuten spricht.“

Oft verglich er die Spiritualität der Puritaner mit den Evangelikalen der Gegenwart, wobei er diese aufforderte, den Puritanern nachzueifern, besonders wenn es darum geht, Gemeinschaft mit Gott zu pflegen:

„Wenn Christen unter sich sind, sprechen sie über ihre christliche Arbeit, christliche Interessen, christliche Persönlichkeiten, den Zustand der Gemeinden und theologische Probleme – aber selten sprechen sie über ihre alltäglichen Erfahrungen mit Gott.
Heutige christliche Bücher und Magazine berichten viel über christliche Lehre, Maßstäbe, Probleme christlichen Verhaltens, Techniken christlicher Gottesdienste – aber wenig über die innere Wirklichkeit der Gemeinschaft mit Gott.
Unsere Predigten enthalten viel gesunde Lehre – aber wenig über die Zwiesprache zwischen unserer Seele und unserem Retter.
Wir verbringen nicht viel Zeit damit, gemeinsam oder allein über das Wunder nachzudenken, dass Gott und Sünder miteinander Gemeinschaft haben; wir erachten dies als selbstverständlich und denken über anderes nach.
Demzufolge zeigen wir, wie wenig uns die Gemeinschaft mit Gott wirklich bedeutet.“

Frühe Publikationen und Positionen

Packer publizierte seinen ersten Artikel 1952 mit dem Titel „The Puritan Treatment of Justification by Faith“ (dt. Die Puritanische Betrachtung der Rechtfertigung durch den Glauben, Evangelical Quarterly 24, Nr. 3 [1952], S. 131–43).

Nach seinem Bachelor-Abschluss 1948 am Corpus Christi College der Oxford University nahm er am Oak Hill Theological College in London seinen ersten Lehrauftrag für Griechisch und Latein bzw. Philosophie an. Während des Schuljahrs 1948/49 besuchte der 22-jährige Packer jeden Sonntagabend die Westminster Chapel, wo der 50-jährige Dr. Martyn Lloyd-Jones predigte. Eine solche Verkündigung hatte Packer noch nie zuvor gehört. Sie wirkte auf ihn „wie ein Stromstoß, der mindestens einem der Zuhörer tiefere Gotteserkenntis vermittelte als jedem anderen Menschen.“ „Er war der großartigste Mann, den ich je kennengelernt habe“, schrieb Packer, „und ich bin sicher, dass ich mehr von ihm gelernt habe als von irgendeinem anderen Lehrer.“ Als die beiden Männer einander kennenlernten, schlug Packer Lloyd-Jones vor, regelmäßige Treffen ins Leben zu rufen, um den Menschen die Einsichten der Puritaner nahezubringen und zu helfen, sie anzuwenden. So wurden sie Mitbegründer der Puritaner-Konferenz, die sie fast zwei Jahrzehnte lang gemeinsam durchführten.

In den folgenden drei Jahren studierte Packer an der Wycliffe Hall in Oxford, um sich ordinieren zu lassen und anschließend zu promovieren. 1952 wurde er zum Diakon in der Kirche von England geweiht und 1953 zum Priester in der Kathedrale von Birmingham.

Von 1952 bis 1954 diente er als Kurat (Hilfspastor) an der St. John’s Church in Harborne, einem Vorort von Birmingham. In dieser Zeit schloss er seine 400-seitige Doktorarbeit über den Puritaner Richard Baxter an der Universität Oxford ab. 1954 erhielt Packer den Master of Arts und den Doktor-Titel.

Am 17. Juli 1954 heiratete Packer die Waliserin Kit Mullett, eine junge Krankenschwester, die er nach einem Vortrag in Surrey im späten Frühling 1952 kennengelernt hatte. Später adoptierten sie drei Kinder: Ruth, Naomi und Martin.

Die Packers zogen 1955 nach Bristol, wo Packer in den folgenden sechs Jahren in der Tyndale Hall dozierte. Aus dieser Amtszeit gingen zwei bedeutende Arbeiten hervor.

Die erste war eine Abhandlung mit dem Titel „Keswick“ and the Reformed Doctrine of Sanctification (dt. „‚Keswick‘ und die reformierte Heiligungslehre“, Evangelical Quarterly 27 [1955], S. 153–67), in der Packer die Lehre von der zweiten Erfahrung (engl. „Higher Life) unzweifelhaft als Pelagianismus aufdeckte. Das war Packer in seiner streitbarsten Haltung, teilweise begründet in seiner persönlichen Erfahrung, aber auch in seiner pastoralen Herzenseinstellung für andere, damit diese nicht dem „pietistischen Blödsinn“ aufsitzen würden, der ihn als Student fast zur Verzweiflung getrieben hatte. Später schrieb er:

„Es ist nicht gerade eine Empfehlung, wenn man nur sagen kann, dass diese Lehre einem helfen kann, wenn man ihre Details nicht allzu ernst nimmt.
Es ist absolut vernichtend, sagen zu müssen – und ich meine, in diesem Fall müssen wir es wirklich so formulieren –, dass diese Lehre eher zerstört als hilft, wenn man ihre Details ernst nimmt.“

Im Rückblick auf die Wirkung dieses Artikels schrieb sein Biograf Alister McGrath:

„Es gab ... keine Antwort von der Keswick-Bewegung, die die Kritik Packers zurückwies. Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass Packers Beurteilung die Dominanz des Keswick-Ansatzes unter den jüngeren Evangelikalen beendete ... Das theologische Gewicht von Packers Kritik schien für viele nicht zu beantworten zu sein.“

Als zweite Arbeit veröffentlichte der 33-jährige Packer im März 1958 sein erstes Buch „Fundamentalism“ and the Word of God (veröffentlicht bei IVP in Großbritannien und Eerdmans in den USA), eine Verteidigung der historischen protestantischen Position zur Autorität der Schrift.

Dazu schreibt Michael Reeves:

„Das Buch diente den Evangelikalen, die eine hohe Sicht der Bibel hatten, als Schlachtruf und moralischer Auftrieb; es hob den Grad an Gewandtheit und Nuanciertheit an, mit dem sie über die Schrift nachdenken konnten, und es etablierte Packer als theologischen Führer der Bewegung.“

1961 zogen die Packers zurück nach Oxford. Hier diente Packer die nächsten neun Jahre als Bibliothekar und später als Aufseher im Latimer House – einem evangelischen Forschungszentrum, das er zusammen mit John Stott gegründet hatte, um die Kirche von England theologisch zu stärken.

In den 1960er-Jahren lud die Herausgeberin Elizabeth Braund ihn ein, eine Reihe von Artikeln als Leitfaden für die Grundlagen des Christentums für ihr kleines zweimonatlich erscheinendes Evangelical Magazine zu schreiben. Packer schrieb fünf Jahre lang jeden zweiten Monat fast zwei Dutzend Artikel.

1970 kehrte Packer als Rektor nach Tyndale Hall zurück. Im folgenden Jahr wurde Tyndale Hall in das neue Trinity College in Bristol eingegliedert, wo Alec Motyer zum Rektor und Packer zum stellvertretenden Rektor ernannt wurde. Diese Änderung verschaffte Packer jedoch mehr Zeit zum Schreiben.

Gott erkennen

Anfang der 1970er-Jahre wandte sich Packer an Inter-Varsity Press, um die Artikelserie des Evangelical Magazine als Buch zu veröffentlichen. Der Verleger antwortete jedoch, sie bräuchten ihn, um über die charismatische Bewegung zu schreiben, die Großbritannien durchzog, bevor sie ein Buch von ihm zu einem anderen Thema in Erwägung ziehen würden.

Also brachte er es stattdessen zu Hodder & Stoughton, die es gerne zur Veröffentlichung annahmen. Inter-Varsity Press in den Vereinigten Staaten übernahm die nordamerikanischen Rechte. Das Buch wurde 1973 unter dem Titel Knowing God (dt. Gott erkennen) veröffentlicht. Es begründete Packers internationale Bekanntheit und verkaufte sich über eineinhalb Millionen Mal. „Die Überzeugung hinter dem Buch“, so schrieb er, „ist, dass ein Großteil der heutigen Schwäche der Kirche in ihrer Unkenntnis von Gott begründet liegt.“

Irrtumslosigkeit

Im Februar 1977 traf Packer mit R.C. Sproul, John Gerstner, Norman Geisler und Greg Bahnsen zu einer Konferenz über die Autorität der Schrift in Mount Hermon, Kalifornien, zusammen. Später im selben Jahr wurde der International Council of Biblical Inerrancy gegründet, der ein Jahr später das „Chicago Statement of Biblical Inerrancy“ (dt. „Chicagoer Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Bibel“) mit Sproul als Hauptautor herausgab.

Regent College in Vancouver, Kanada

1979 lud James Houston, der mit Packer seit ihrem Studium in Oxford befreundet war, ihn ein, der Fakultät des Regent College in Vancouver beizutreten. Packer nahm die Stelle schließlich an und seine Familie nahm den transatlantischen Umzug nach Kanada vor. Die Stelle ermöglichte ihm, ohne Verwaltungsaufgaben zu unterrichten. Er behielt bis zu seinem Lebensende eine Stelle an der Universität, zog sich 1996 aus der vollzeitlichen Tätigkeit zurück, lehrte danach jedoch weiterhin in Teilzeit.

Kontroversen und Trennungen

Packers Leben verlief nicht ohne lehrmäßige Kontroversen und Beziehungsbrüche.

Im Oktober 1966, während der Nationalen Versammlung der Evangelikalen, rief Lloyd-Jones die Evangelikalen dazu auf, lehrmäßig gemischte Konfessionen (wie die Church of England) zu verlassen und sich stattdessen einer Vereinigung unabhängiger evangelikaler Kirchen anzuschliessen. John Stott, der die Sitzung leitete, verstieß gegen die ungeschriebenen Regeln, indem er sich öffentlich gegen den Vorschlag aussprach, nachdem Lloyd-Jones fertig gesprochen hatte. Packer war bei der Veranstaltung nicht anwesend, erfuhr jedoch am Abend telefonisch davon, und nahm die Position von Stott ein. Der Riss wurde 1970 zum Graben, als Packer sich mit seinem anglikanischen evangelikalen Glaubensbruder Colin Buchanan und zwei Anglo-Katholiken zusammentat, um Growing into Union: Proposals for Forming a United Church of England zu veröffentlichen. Das Buch veranlasste Lloyd-Jones, sich von Packer zu trennen, ihn aus dem Vorstand des Evangelical Magazine zu entlassen und die von ihnen gegründete Puritaner-Konferenz abzusagen.

Im März 1994 verursachten Packers ökumenische Neigungen erneut Probleme. Er schloss sich mit mehreren Evangelikalen und Römisch-Katholiken zusammen, um eine gemeinsame Erklärung mit dem Titel „Evangelicals and Catholics together“ (dt. „Evangelikale und Katholiken gemeinsam“) zu unterzeichnen, die von Charles Colson und Richard John Neuhaus mitverfasst worden war. R.C. Sproul hatte früher gesagt: „Wenn die Schlacht blutig wird, will ich Jim Packer in meinem Schützengraben haben.“ Doch Packers Unterzeichnung des Dokuments verblüffte Sproul und andere, die in der Formulierung, die eine Zustimmung zum Evangelium implizierte, eine beabsichtigte Mehrdeutigkeit sahen, während andere theologische Unterschiede bestehen blieben. Beide Männer stimmten lehrmäßig in der Rechtfertigung überein, aber Sproul bestand darauf, dass die Lehre „wesentlich“ sei, während Packer es vorzog zu sagen, sie sei „zentral“. Packer erklärte später, warum er die Erklärung unterschrieben hatte.

Die dritte schmerzhafte Trennung fand 2002 statt, als die Synode der Anglikanischen Diözese New Westminster in Vancouver ihren Bischof ermächtigte, Gottesdienste zur Segnung gleichgeschlechtlicher Paare durchzuführen. Packer gehörte zu den Mitglieder der Synode, die aus Protest die Synode verließen. Er erklärte, warum:

„Denn diese Entscheidung, in diesem Kontext getroffen, verfälscht das Evangelium Christi, gibt die Autorität der Schrift auf, gefährdet die Errettung der Mitmenschen und verrät die Kirche in ihrer von Gott bestimmten Rolle als Bastion und Bollwerk der göttlichen Wahrheit.“

2008 stimmte Packers Kirche (St. John's Shaughnessy, die grösste Kirche der Anglikanischen Kirche Kanadas, ACC) dafür, die ACC zu verlassen und sich einer orthodoxeren Gemeinschaft in Argentinien anzuschließen. Als Folge davon wurden Packer und die anderen Geistlichen suspendiert, d.h. ihre Autorität als Geistliche für Wort und Sakrament, die ihnen bei ihren Ordinationen verliehen worden war, wurde ihnen entzogen, weil sie (1) öffentlich der Lehre und den Ordnungen der Anglikanischen Kirche von Kanada entsagten und (2) die Aufnahme in eine andere religiöse Körperschaft außerhalb der Anglikanischen Kirche von Kanada angestrebt hatten oder dies zu tun beabsichtigten.

Packer hatte in seiner ursprünglichen Entscheidung erklärt, dass er die Kirche verlassen wollte:

„Seit vielen Jahrzehnten frage ich mich auf meinem theologischen Weg bei jedem Schritt: Würde Paulus mich dabei unterstützen? Was würde er sagen, wenn er an meiner Stelle wäre? Ich habe es nie gewagt, eine Meinung über etwas zu äußern, von der ich nicht guten Grund zu der Annahme hatte, dass er sie unterstützen würde.“

Packer – der Autor und Leser

Der Biograf Leland Ryken stellt fest, dass es praktisch unmöglich ist, eine umfassende Bibliografie von Packers Schriften zu erstellen:

„Packer verfolgte sowohl in seinen Vorträgen als auch in seinem Schreiben den Grundsatz, durch nahezu jede Tür zu treten, die sich vor ihm öffnete. Die Liste seiner Publikationen entzieht sich einer Sortierung, zum Teil wegen der großen Anzahl von Artikeln; zum Teil wegen der großen Bandbreite an Textgattungen, die eine Unterscheidung zwischen einer Publikation und einem privat gedruckten Dokument erschweren; zum Teil, weil Packer oft dasselbe Buch sowohl in den USA als auch in Großbritannien unter verschiedenen Titeln auflegte; und zum Teil, weil viele seiner Schriften wiederveröffentlicht wurden, manchmal mit neuen Titeln.“

Neben Gott erkennen müssten seine meistgelesenen und einflussreichsten Werke die Bücher Evangelism and the Sovereignty of God (1971, auf deutsch unter dem Titel Prädestination und Verantwortung: Gott und Mensch in der Verkündigung erschienen) und The Quest for Godliness: The Puritan Vision of the Christian Life (im britischen Markt: Among God’s Giants, 1990, dt. Das Streben nach Frömmigkeit: Eine puritanische Vision des christlichen Lebens) sein, zusammen mit den Essays „Saved by His Precious Blood: An Introduction to John Owen’s The Death of Death in the Death of Christ“ (1958, auf deutsch als Vorwort in dem Buch Leben durch seinen Tod. Das Sühneopfer Christi im Licht der Bibel von John Owen erschienen) und „What Did the Cross Achieve? The Logic of Penal Substitution“ (1974, dt. Was hat das Kreuz bewirkt? Die Logik der stellvertretenden Sühne).

Zusätzlich zu seiner Publikations- und Lehrtätigkeit war Packer als theologischer Berater, Gutachter und Förderer von Büchern tätig. Seit Anfang der 1980er-Jahre, als der Herausgeber und Theologe Kenneth Kantzer in die Lehrtätigkeit an der Trinity Evangelical Divinity School zurückkehrte, wurde Packer von Christianity Today in Carol Stream, Illinois, als leitender Redakteur eingestellt. Er stattete dem Büro regelmäßig Besuche ab, lieferte theologische Besprechungen und prüfte jede Ausgabe aus dem Blickwinkel guter Theologie, Soziologie und gutem Journalismus, einschliesslich dessen, was sich grafisch und konzeptionell gut umsetzen ließ .

Packers Bereitschaft, Bücher zu empfehlen, war ein Werk der Liebe und Hilfestellung für Laienleser. Er war oft großzügig, vielleicht zu sehr, aber jede Person, die eine bestimmte Entscheidung in Frage stellte, verwies er darauf, die Buchempfehlung sorgfältig zu lesen und nicht nur auf das Gesagte zu achten, sondern auch auf das Nicht-Gesagte und darauf, wie er es sagte! Seine Empfehlungen waren oft prägnante Klassiker schlechthin.

Packer wurde oft gefragt, welche Bücher ihn am meisten beeinflusst hätten, und gewöhnlich gab er Variationen der folgenden Liste an:

Packers Lieblingsroman war Fjodor M. Dostojewskis Die Brüder Karamasow. Sein Lieblingsgenre für das Lesevergnügen waren Kriminal- und Detektivromane. Im Alter von sieben Jahren verschlang er bereits seine erste Serie von Agatha-Christie-Büchern („Was ich genieße, ist die verblüffende Irritation des Rätsels, die überlegene Kopfarbeit des Detektivs und die Gerechtigkeit, die Unschuldige entlastet und Schuldige entlarvt.“).

Sein absolutes Lieblingsbuch hingegen blieb Die Pilgerreise, das er jedes Jahr seines christlichen Lebens las, bis die Verschlechterung seiner Sehkraft ihn am Lesen hinderte.

Ein weiteres persönliches Interesse Packers galt dem frühen Jazz. Im Alter von dreizehn Jahren machte Packer eines Abends zu Hause seine Hausaufgaben, während er Radio hörte, und der Moderator Jazz aus den 1920er-Jahren auflegte: „Steamboat Stomp“ von Jelly Roll Morton. „Ich erinnere mich, wie ich aufstand und zum Radio ging, mein Ohr an den Lautsprecher hielt und es einfach in mich aufsaugte. Ich musste nach Luft schnappen, der Atem wurde mir buchstäblich geraubt.“ In Oxford spielte er Klarinette in einer Jazzband namens „The Bandits“, bis er sein Band-Engagement aufgab, weil es das Samstags-Treffen der Inter-Varsity-Gruppe störte und man ihm sagte, Jazz sei teuflisch. Später erklärte er jedoch, dass er „nach christlichen Massstäben“ glaube, dass „der frühe Jazz zu den wertvollsten Kulturprodukten des zwanzigsten Jahrhunderts gehört.“

In einem Brief an Packer aus dem Jahr 1970, in dem er seine Beteiligung an der Puritaner-Konferenz beendete, schrieb Lloyd-Jones:

„Du hast im Laufe der Jahre nicht nur meine Bewunderung für deine große geistige und intellektuelle Begabung erworben, sondern auch meine tiefe Achtung vor dir persönlich. Ich hatte erwartet, dass du schon längst ein bedeutendes Werk in der Größenordnung eines Warfield geschaffen hättest, aber du fühltest dich zu kirchlichen Angelegenheiten berufen. Das ist für mich nichts weniger als eine große Tragödie und ein echter Verlust für die Kirche.“

Was Packers Schreiben einer systematischen Theologie am nächsten kam, war seine Concise Theology, in der er 94 Lehren in jeweils etwa 600 Worten skizzierte (Crossway plant eine gebundene Ausgabe zu Packers 94. Geburtstag). In einem typischen „Packerschen“ Satz – dicht und ausführlich – erläuterte er das Projekt:

„Theologie ist ein Netz ineinander verflochtener, aber unterschiedlicher Disziplinen: Texte zu erhellen (Exegese); zusammenzuführen, was sie über die Dinge sagen, mit denen sie sich beschäftigen (Biblische Theologie); darzustellen, wie der Glaube in der Vergangenheit formuliert wurde (Historische Theologie) und für heute beschrieben werden kann (Systematische Theologie); die theologische Bedeutung für unser Verhalten zu finden (Ethik); sie als Wahrheit und Weisheit hochzuhalten und zu verteidigen (Apologetik); den christlichen Auftrag in der Welt zu definieren (Missiologie); Ressourcen für das Leben in Christus (Spiritualität) und den gemeinsamen Gottesdienst (Liturgie) bereitzustellen und den Dienst zu erforschen (Praktische Theologie).“

Gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts bot sich Packer ein vielversprechendes Projekt an, mit welchem er seiner Ansicht nach die bedeutendste Investition für die globale Kirche machen konnte. Dr. Lane Dennis, der Firmenchef von Crossway Books in Wheaton, Illinois, bot Packer die Chefredaktion für eine neue Bibelübersetzung an. Packer nahm an und schlug auch den Namen vor: The English Standard Version.

Nachdem die neue Bibel 2001 publiziert wurde, blickte Packer zurück:

„Ich hatte das Privileg, als Chefredakteur der ‚English Standard Version‘ zu wirken, und im Rückblick auf unsere Arbeit habe ich den starken Verdacht, dass dies die wichtigste Aufgabe für das Reich Gottes war, die ich je getan habe.“

In seinem „letzten Feldzug“ unterstützte Packer die Kirche bei der Wiederherstellung der Katechese. Seine letzten Jahre widmete er der Aufgabe, die nordamerikanische Kirche davon zu überzeugen, die Katechese (Unterweisung im christlichen Glauben) zu erneuern. Diese Arbeit resultierte in To Be a Christian: An Anglican Catechism – der Katechismus der Anglikanischen Kirche in Nordamerika (ACNA).

Das letzte Werk, das er in diesem Leben vollenden konnte, war eine mündliche Abschlussredaktion. Zuhause las ihm seine Frau den endgültigen Entwurf seines Manuskripts für The Heritage of Anglican Theology vor, das auf seiner jahrelangen Lehrtätigkeit aufbaute und im Mai 2021 bei Crossway veröffentlicht werden soll.

Packer als Mensch

Packer fragte sich manchmal, ob die Kommentatoren seiner theologischen und geistlichen Laufbahn seine persönliche Seite übersehen hatten, einschließlich den Sinn für Humor und sein Augenzwinkern. Er wollte nicht als Verstand in einem Gefäß oder als bloßer Ideenlieferant dargestellt werden.

Sein langjähriger Freund Timothy George beobachtete Packer als Mann in Aktion:

„Sein Lächeln ist unbezwingbar und sein Lachen kann selbst die düstersten Sitzungen aufhellen.
Seine Liebe zu allem Menschlichen scheint überall durch.
Seine Ideen- und Wortgewalt zur Beschreibung seiner Ideen ist unerreicht.
Stets für Schelmereien aller Art zu haben, ist sein heiliger Charakter und seine Spiritualität tief verwurzelt.“

Auf persönlicher Ebene kann ich nur hinzufügen, dass ich bei jeder einzelnen Begegnung, die ich privilegierterweise mit Packer hatte, ihn nicht einfach als großen Mann wahrnahm, sondern als einen Mann, der persönlich einem großen Erlöser begegnet war. Das weckte jedes Mal die tiefe Sehnsucht in mir, nicht mehr wie Packer, sondern mehr wie Christus zu werden.

In seinem Buch Gott erkennen schrieb Packer:

„Wenn Sie beurteilen wollen, wie gut ein Mensch das Christentum versteht, finden Sie heraus, wie viel er von dem Gedanken hält, Gottes Kind zu sein und Gott als seinen Vater zu haben.
Wenn dieser Hauptgedanke nicht seine Anbetung, Gebete und ganze Lebensauffassung durchzieht, versteht er das Christentum nicht wirklich.“

Obwohl Packer in seinem Denken eine maximale geistliche Reife bewies (1Kor 14,20), bewahrte er sein ganzes Leben lang eine kindliche Demut und Gottvertrauen (Mt 18,12), und er kam nie daüber hinaus, über das Wunder zu staunen, von seinem himmlischen Vater erkannt und angenommen, mit Christus vereint und durch den Geist geleitet zu sein.

Als ich 2015 für Crossway einen kurzen Dokumentarfilm über Packer drehte, hatte ich die Gelegenheit, eine letzte Frage zu stellen. Die Kamera war ausgeschaltet, und ich fragte, wie man sich eines Tages an ihn erinnern soll, wenn er nicht mehr da ist.

Typischerweise antwortete Packer auf Fragen – auch Standardfragen –, indem er erst einmal innehielt:

„Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, möchte ich als eine Stimme in Erinnerung bleiben, die stets die Autorität der Bibel, die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus und das Wunder seines stellvertretenden Opfers und der Sühne für unsere Sünden ins Zentrum rückte.
Ich möchte als eine Stimme in Erinnerung bleiben, die Christen zur Heiligkeit aufruft und Abweichungen in christlichen Moralvorstellungen hinterfragte.
Ich möchte als jemand in Erinnerung bleiben, der in Kontroversen immer höflich, aber kompromisslos blieb.
Ich bitte dich, Gott mit mir für die Art und Weise zu danken, wie er mich geführt hat, und ich wünsche, hoffe und bete, dass du bei der Erfüllung deiner von Gott gestellten Aufgaben dieselbe klare Führung und Hilfe erhältst, wie sie mir zuteil wurde.“
 
 

Weiterführende Literatur

Alister McGrath, J.I. Packer: A Biography

Leland Ryken, J.I. Packer: An Evangelical Life

Sam Storms, Packer on the Christian Life

Mike Reeves, “The Puritan Theologizer: J. I. Packer,” in Theologians You Should Know

Timothy George (Hrsg.), J. I. Packer and the Evangelical Future: The Impact of His Life and Thought