John Grant - Love is magic • Plattentests.de-Rezension

Listen




Banner, 120 x 600, mit Claim


John Grant - Love is magic

John Grant- Love is magic

Bella Union / [PIAS] Cooperative / Rough Trade
V�: 12.10.2018

Unsere Bewertung: 6/10

Eure Ø-Bewertung: 8/10

Allüren und Falltüren

Das Thema Liebe hat in 2018 wieder Hochkonjunktur. Sie ist tot, obgleich ein Grundbed�rfnis, sie liegt im Schatten, ist verdorben, aber nun mal human. Und sowieso ist eh alles Liebe. Da fehlte noch die ironisch-distanzierte N�herung von John Grant im Reigen, der bereits "Grey tickles, black pressure" mit dem biblischen Hohelied der Liebe einrahmte. "Love is magic", verk�ndet sein viertes Album nun, wobei diese Feststellung im lakonischen Kontext des famosen Titeltracks deutlich besser gew�rdigt wird: "Love is magic / Whether you like it or not." Achtziger-MOR-Synths werden in ein deutlich melancholischeres Setting �berf�hrt, w�hrend Grant den Tropfen Gift in den Zucker tr�ufelt. "There's no milk in the refrigerator / And you'll be hearing all about when you get home tonight." Damit kann sich jeder identifizieren, der die Alltagsfrotzeleien in einer Beziehung kennt.

W�hrend dieser Vorbote noch in gewohntes Klangterrain f�llt, gibt sich zuvor der Opener "Metamorphosis" kantiger und zickiger. Die drei markanten, wiederkehrenden Synthesizer-Sch�be sind die ersten der vielen H�rden von "Love is magic", sie entpuppen sich aber als effektiver Widerhaken des �berdrehten Er�ffnungsst�cks, das Grant im divahaft schr�gen Falsett �ber Todesf�lle, Sexhunger und Zahnpasta r�sonieren l�sst. Wer die schrille Inszenierung als Singvogel auf dem Cover betrachtet, hat wenigstens eine ungef�hre Ahnung, wie das klingt. Wenn sp�ter der dritte Song "Tempest" seine unheimlichen, schwebenden Soundfl�chen wie die isl�ndische Landschaft vorbeigeschickt hat, in der Grant mittlerweile lebt, ist eigentlich alles klar: Der geb�rtige US-Amerikaner hat es wieder geschafft, sich zu entwickeln und ein Meisterwerk abzuliefern. Oder?

Das hibbelige Keyboard von "Preppy boy" schl�gt pl�tzlich unangenehm ins Gesicht, der tanzbare Refrain vers�hnt zwar wieder, die schwammige lyrische Absage an einen allzu beliebten Typen, der weder Zeit noch Interesse f�r sein Gegen�ber aufbringt, bleibt aber irritierend. Gew�hnungsbed�rftig ist das, aber es kommt noch dicker. "Smug cunt" h�tte man sich nicht nur rund zwei Minuten k�rzer gew�nscht, sondern auch ausschlie�lich aus dem wirklich sehr h�bschen Instrumentalpart zusammengebaut. Bei der unfein besungenen Person handelt es sich im �brigen um Donald Trump. Aber bitte, was ist das f�r ein Niveau? "They just let you win / Cause you won't shut up / You're still acting like a little boy / Masturbating with expensive toys." Grant ist normalerweise ein Meister der Spitzz�ngigkeit, aber hier schafft er es nicht �ber platte Kritik und Allgemeinpl�tze hinaus.

Der angeschr�gte Disco-H�pfer "He's got his mother's hips" schwankt erfolgreich zwischen sexy Basspumpen und Cheese-Refrain, dagegen ist das siebenmin�tige, schier endlose "Diet gum" wohl Grants bislang schw�chste Komposition �berhaupt, erneut holpern au�erdem die Worte. "I manipulate / That's just what I do / I manipulate / That's why you just took a poo." Die St�rke des fr�heren S�ngers von The Czars war stets die Verk�rperung eigentlich unsympathischer Charaktere, in denen man sich dennoch wiederfinden konnte. Der alternde, sitzengelassene Lustgeier aus "Queen of Denmark" beispielsweise, oder der v�llig �berdrehte Ex in "You and him", der dem Verflossenen niemand geringeren als Hitler h�chstpers�nlich als Lover an die Seite stellen wollte. Das �berschritt schwarzhumorige Geschmacksgrenzen, war aber trotzdem oder wohl eher gerade deshalb unterhaltsam. Im kargen Roboter-Elektro von "Diet gum" fragt man sich dagegen nur, wie viele der m�de trollenden Spoken-Word-Strophen man noch �berstehen muss.

Die Platte ist ein Hin und Her der Extreme: Mit den letzten drei Songs kann "Love is magic" wieder viel Boden gutmachen. "Is he strange" orientiert sich erfolgreich am orchestralen Soft Rock des Deb�ts "Queen of Denmark", "The common snipe" ruft mit desorientierenden Keyboards die K�hle von "Pale green ghosts" auf den Plan. Der Closer "Touch and go", eine kleine, verhaltene Ode an die transsexuelle Whistleblowerin Chelsea Manning, ist gar eine Herzmassage, ein toller Abschluss. "Chelsea is a butterfly, she metamorphosized / You can't catch her net 'cause she is free inside." Letztlich ist das meist elektronische und beatlastige "Love is magic" die logische Metamorphose, die Konsequenz der Sounds seiner Vorg�nger. Nur: "Pale green ghosts" hatte zum Beispiel auch lange Songs mit karg und synthetisch instrumentierten Passagen, gestaltete diese aber unterm Strich faszinierender. Und die vereinzelten textlichen Plattheiten kamen ihm bis einschlie�lich "Grey tickles, black pressure" so nicht �ber die Lippen. Nicht nur Liebe ist Magie, Musik ist es ebenfalls. Hier stehen fulminante Feuerwerke neben Tricks, die nach hinten losgehen.

(Felix Heinecker)

Bei Amazon bestellen / Preis pr�fen f�r CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis pr�fen f�r CD und Vinyl

Bestellen bei Amazon / JPC

Highlights

  • Metamorphosis
  • Love is magic
  • Touch and go

Tracklist

  1. Metamorphosis
  2. Love is magic
  3. Tempest
  4. Preppy boy
  5. Smug cunt
  6. He's got his mother's hips
  7. Diet gum
  8. Is he strange
  9. The common snipe
  10. Touch and go

Gesamtspielzeit: 57:46 min.

Album/Rezension im Forum kommentieren (auch ohne Anmeldung m�glich)

Einmal am Tag per Mail benachrichtigt werden �ber neue Beitr�ge in diesem Thread

Um Nachrichten zu posten, musst Du Dich hier einloggen.

Du bist noch nicht registriert? Das kannst Du hier schnell erledigen. Oder noch einfacher:

Du kannst auch hier eine Nachricht erfassen und erh�ltst dann in einem weiteren Schritt direkt die M�glichkeit, Dich zu registrieren.
Benutzername:
Deine Nachricht:
Forums-Thread ausklappen
(Neueste f�nf Beitr�ge)
User Beitrag

kapomuk

Postings: 72

Registriert seit 25.08.2014

2018-11-19 16:23:55 Uhr
Klingt oft wie ein frühes Computerspiel � und das meine ich positiv: Kreativer Einsatz von Synthesizern, dazu cooles Songwriting [https://www.peter-hamburger.de/blog/john-grant-love-is-magic]

Armin

Plattentests.de-Chef

Postings: 26170

Registriert seit 08.01.2012

2018-10-04 21:26:42 Uhr - Newsbeitrag
Frisch rezensiert.

Meinungen?
Loppi
2018-09-24 22:23:20 Uhr
Touch And Go ist doch toll.
�h
2018-09-24 22:05:39 Uhr
...gewöhnungsbedürftig? love is magic (der song) ist gut...sonst werde ich noch nicht warm mit.

Felix H

Mitglied der Plattentests.de-Chefredaktion

Postings: 9277

Registriert seit 26.02.2016

2018-09-24 21:54:03 Uhr - Newsbeitrag


Zum kompletten Thread

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden m�chtest.

Bestellen bei Amazon

Threads im Plattentests.de-Forum

Anh�ren bei Spotify