Nat�rlich darf man nicht an britische Sozialkom�dien wie „Ganz oder gar nicht“ denken, eher schon an die Hollywood-Produktion „Magic Mike“; trotzdem ist „Unsere Jungs“ (Sat 1 /� Producers at work) sehenswert, und das durchaus auch f�r heterosexuelle M�nner. Der Film basiert auf einer in Holland �beraus erfolgreichen Kinokom�die und erz�hlt die Geschichte von Bauarbeiter und Ex-Model Jonas, der als Stripper entdeckt wird und zusammen mit seinen Freunden eine Showtanzgruppe gr�ndet. Zum Gl�ck beschr�nkt sich das Drehbuch nicht auf diese Handlungsebene, auch wenn die Auftritte des Quartetts eindrucksvoll choreografiert und dank entsprechender Popmusik angemessen mitrei�end sind. Jonas verliebt sich zwar, muss aber erst erwachsen werden, bevor die sch�ne Katja ihm er Herz schenkt. Hauptdarsteller Eugen Bauder ist die �berraschung des Films, Janina Uhse eine ebenb�rtige Partnerin.
Foto: Sat 1 / Christiane PauschMit seinen Jungs vom Bau gr�ndet Jonas (Eugen Bauder) die Strip-Gruppe "Unsere Jungs": Richie (Nyamandi Adrian), Micha (Matthias Ludwig) & Cem (Bousdoukos)
Sat 1 verweist in seiner Ank�ndigung dieser unterhaltsamen Kom�die zwar selbst auf „Magic Mike“, aber „Unsere Jungs“ erz�hlt eine v�llig andere Geschichte; auch wenn es in beiden Filmen M�nner sind, die sich ausziehen. Der Titelzusatz „Auch Strippen will gelernt sein“ setzt allerdings einen eher plumpen Impuls, der au�erdem wom�glich falsche Erwartungen weckt, selbst wenn er inhaltlich nicht falsch ist: Jonas (Eugen Bauder), um die drei�ig, hat sich halbwegs erfolgreich als Model f�r Unterw�sche versucht, kehrt nun in sein brandenburgisches Heimatdorf zur�ck, wo auch sein achtj�hriger Sohn lebt, und verdingt sich als Bauarbeiter in der Firma seines v�terlichen Freundes Cem (Adam Bousdoukos). Als er auf dem Ger�st eine Show im Stil des Cola-Light-Werbespots abzieht, entdeckt der zuf�llig anwesende Stripclub-Besitzer Victor (Laufstegtrainer Jorge Gonz�lez) das Potenzial des attraktiven Mannes. Jonas schl�gt das gro�z�gige Angebot aber aus: Er will nur gemeinsam mit seinen nicht weniger gut gebauten Kollegen Richi und Micha (Nyamandi Adrian, Mathias Ludwig) auftreten. Weil sich das Trio bei den Proben recht ungeschickt anstellt, zeigt ihnen Cem, wie’s geht. Der Boss hat zwar keinen Chippendale-Body, aber ein begnadetes K�rpergef�hl, weshalb die drei ihn kurzerhand zum Mitmachen �berreden.
Foto: Sat 1 / Christiane PauschAuf dem Junggesellinnenabschied hat Katja (Janina Uhse) alles andere als Spa�, bis...
Zum Gl�ck beschr�nkt sich das Drehbuch nicht auf den Showtanz. Die Auftritte des Quartetts sind zwar richtig gut choreografiert und dank entsprechender Popmusik angemessen mitrei�end, aber ohne die weiteren Handlungsebenen w�re „Unsere Jungs“ – der Titel bezieht sich auf den Namen von Cems Firma – blo� ein Film f�r Menschen, die sich gern M�nnerk�rper anschauen. Damit andere Zielgruppen ebenfalls auf ihre Kosten kommen, verliebt sich Jonas in die sch�ne Bar-Bekanntschaft Katja (Janina Uhse). Als sich rausstellt, dass die angehende Sportmedizinerin die Fu�balltrainerin seines Sohns Tim ist, beendet sie die Beziehung jedoch, bevor sie �berhaupt richtig begonnen hat; sie will vermeiden, dass bei den anderen Kindern der Eindruck entsteht, sie k�nne den Jungen bevorzugen. Au�erdem ist Jonas im Grunde selbst noch ein Kind und muss erst mal erwachsen werden, um bereit f�r die gro�e Liebe zu sein. Der Reifeprozess, und das ist die dritte Ebene, vollzieht sich in seiner Beziehung zu Tim, mit dem er zun�chst �berhaupt nichts anzufangen wei�.
Foto: Sat 1 / Christiane PauschStripclubbesitzer Victor Varona (Jorge Gonz�lez) stellt Jonas (Eugen Bauder) und Cem (Adam Bousdoukos) in seinem Club dem Choreographen Sid (Dressler) vor.
„Unsere Jungs“ basiert auf einem gleichnamigen holl�ndischen Film („Onze Jongens“), der 2017 immerhin Platz zwei in den niederl�ndischen Kinocharts belegte. Die deutsche Adaption hat die Serienautorin Tamara Sanio („Unter uns“, „Verbotene Liebe“) besorgt, Regie f�hrte Florian G�rtner, der f�r Sat 1 „Die Mongolettes“ und Teile der Serie „Frauenherzen“ sowie f�r die ARD-Tochter Degeto zuletzt die sehenswerte Tragikom�die „Schwarzbrot in Thailand“ gedreht hat. Seine Inszenierung lebt vor allem von den schwungvollen Showtanzeinlagen und den Blickfangk�rpern der drei M�nner, aber der Film ist mehr als blo� eine Nummernrevue. Sehr sympathisch ist zum Beispiel der Tonfall. Wenn sich Jonas und seine Kumpane als Bauarbeiter, Feuerwehrleute oder Polizisten den johlenden Frauen pr�sentieren, wirkt das wegen der heiteren Elemente nur dann anz�glich, wenn jemand ausgesprochen pr�de ist; abgesehen davon lassen die T�nzer nicht alle H�llen fallen. Wider Erwarten ist „Unsere Jungs“ auch darstellerisch sehenswert. Eugen Bauder, bislang vorwiegend in kleineren Rollen zu sehen (etwa als Nebenbuhler in der RTL-Serie „Der Lehrer“), ist eine echte �berraschung. Anfangs scheint G�rtner ihn tats�chlich auf seinen trainierten K�rper zu reduzieren, aber mit zunehmender Handlung entwickelt die Figur eine Tiefe, der Bauder auch schauspielerisch gerecht wird. Nicht minder sehenswert ist Janina Uhse, die nach ihrem Abschied von „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ schon letztes Jahr in einer Nebenrolle der Sat-1-Kom�die „Leg dich nicht mit Klara an“ gezeigt hat, dass die erste Hauptrolle nur eine Frage der Zeit ist.
Foto: Sat 1 / Christiane PauschStrippen macht's m�glich. Wieder Sinn im Leben. Der junge Vater Jonas (Bauder)
Beide, Bauder wie Uhse, haben auch gro�en Anteil am ironischen Unterton des Films; das entsch�digt daf�r, dass „Unsere Jungs“ gar nicht erst versucht, seine Geschichte im Stil der thematisch immerhin verwandten britischen Sozialkom�die „Ganz oder gar nicht“ zu erz�hlen. Die ersten erotischen Entkleidungsversuche des Quartetts sind ein am�santes Scheitern am Rande des Slapsticks, das Kreischen der weiblichen Bewunderinnen ist fast schon satirisch �berh�ht. H�hepunkt der Beziehungsanbahnung ist ein gemeinsamer Tanz von Jonas und Katja, mit dem sich das Paar bei einer Hochzeitsfeier vor allem �ber die weiblichen G�ste lustig macht. Wenige Tage zuvor waren die Frauen beim Junggesellinnenabschied noch von Jonas begeistert, nun erkennen sie ihn nicht wieder, weil den M�nnern, wie er wei�, bei solchen Gelegenheiten eher selten ins Gesicht geschaut wird. Auf der anderen Seite behandeln Buch und Regie die ernsten Seiten der Geschichte seri�s: R�ckhaltlose Sympathie verdient sich Jonas erst, als er seinen Sohn nicht l�nger als l�stige Pflicht betrachtet; Tim-Darsteller Maximilian Sprengler hat ein paar Probleme mit seinen Dialogen, aber das f�llt nicht weiter ins Gewicht. Dass Jonas als Figur immer wieder geerdet wird, besorgen allerdings vor allem die Frauen, auch wenn sich Tims Mutter (Livia Matthes) als moralische Instanz disqualifiziert, weil sie den Jungen blo� loswerden will, um Zeit f�r ihren neuen Freund (Gerdy Zint) zu haben. Stimme der Vernunft ist daher Moni, Cems Frau. Die Rolle ist eigentlich zu klein f�r Julia Brendler, erf�hrt durch die Besetzung aber nat�rlich eine deutliche Aufwertung, sodass Monis erzieherische Ma�nahmen gegen�ber Jonas gleich ein ganz anderes Gewicht bekommen. Als sie rausfindet, welcher Art die Auftr�ge sind, die ihr Gatte und seine Mitarbeiter nebenbei erledigen, h�ngt der Haussegen entsprechend schief; und auch Katja will kein Leben an der Seite eines Mannes f�hren, der sich f�r andere Frauen auszieht. Um zu erkennen, was wirklich z�hlt im Leben, muss Jonas Abstand gewinnen. Mit seinem Ausflug nach Miami und einem inneren Monolog beginnt der Film auch, womit sich die Verantwortlichen allerdings trotz der eindrucksvollen Nachtbilder keinen Gefallen tun, denn Bauder ist kein guter Off-Sprecher, und was Jonas von sich gibt, ist ohnehin maskuliner Quark: „M�nner sind J�ger. Und wer jagt, muss auch schie�en.“ Als der Film den Prolog wieder eingeholt hat, vermittelt G�rtner ganz ohne Worte, wie hohl sich das ausschweifende Leben in Miami f�r den Helden anf�hlt. (Text-Stand: 30.9.2018)
Foto: Sat 1 / Christiane PauschBei Jonas (Eugen Bauder) und Katja (Janina Uhse) ist es Liebe auf den ersten Blick.
Tilmann P. Gangloff ist seit 1985 freiberuflicher Fernseh- und Filmkritiker f�r Tageszeitungen und Fachzeitschriften, seit 1990 regelm��iges Mitglied der Jury f�r den Grimme-Preis sowie Mitglied diverser anderer Fernsehpreisjurys.