"Visionär der Bankenwelt"
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"Visionär der Bankenwelt"

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Traudl Herrhausen spricht am Kaiserin-Friedrich-Gymnasium über ihren Mann.
Traudl Herrhausen spricht am Kaiserin-Friedrich-Gymnasium über ihren Mann. © FR/Müller

Traudl Herrhausen und ein Weggefährte des ehemaligen Deutsche-Bank-Chefs empfehlen Schülern Alfred Herrhausen als Vorbild. Von Viktor Fritzenkötter

Von Viktor Fritzenkötter

Sichtlich gerührt nimmt Traudl Herrhausen ihre Begrüßung in der Aula des Kaiserin-Friedrich-Gymnasiums (KFG) auf. "Von allen Veranstaltungen zu Ehren meines Mannes hätte ihm diese am besten gefallen", erklärt sie am Freitag vorsichtig lächelnd und mit tränenbelegter Stimme in der ehemaligen Schule ihrer Tochter. Dort, wenige Meter von dem Ort entfernt, an dem Alfred Herrhausen am 30. November 1989 durch ein Bombenattentat getötet wurde, will sie über sein Leben und seine Ideen sprechen. Der damalige Vorstandssprecher der Deutschen Bank wäre am 30. Januar 80 Jahre alt geworden.

"Welche Ideale kann Alfred Herrhausen der heutigen Jugend mit auf den Weg geben?", fragt Schulleiterin Heike Zinke in ihrer Begrüßungsrede und gibt damit den Tenor der folgenden Podiumsdiskussion vor. Dazu sitzen neben Traudl Herrhausen Karl-Heinz Dammer, Professor für Erziehungswissenschaften in Heidelberg, und Daniel Hoster, der "nur wegen Herrhausen zur Deutschen Bank ging". Moderiert wird die Veranstaltung durch die schulinterne Geschichts-AG unter Leitung von Karl-Heinz Jörgens.

In der voll besetzten Aula berichtet Traudl Herrhausen den andächtig lauschenden Zuhörern vom Werdegang ihres Mannes, der eine NS-Eliteschule besucht habe, deren Zeugnis ihm jedoch "aufmüpfiges intellektuelles Verhalten" bescheinigt habe. Er stammte aus einfachen Verhältnissen und habe sein Studium teilweise "unter Tage" finanzieren müssen. Offen und bodenständig sei er auch wegen solcher Erfahrungen seinen Mitarbeitern gegenüber aufgetreten. "Er war der anständigste Mensch, dem ich je begegnet bin", sagt seine Witwe, die immer "seine charakterliche Klarheit" bewundert habe. Auch Daniel Hoster beteuert, Herrhausen sei "gegen den Mainstream" geschwommen. Seine Vorschläge zum Schuldenerlass für die Dritte Welt kennzeichneten ihn als einen Visionär in der Bankenwelt.

Herrhausen habe stets die Verantwortung des Einzelnen in der Gesellschaft betont, moralische Integrität zu wahren und seine Vorzüge einzubringen. Daher legte er in seinen Publikationen großen Wert darauf, den in der NS-Zeit missbrauchten Begriff der Elite von diesem Stigma zu befreien. "Elite bezeichnet die Überzeugung, etwas zu können, wohin die innere Kraft einen treibt", sagt Dammer. Und fügt hinzu: "Das Angebot der Schule kann immer nur ein Anfang für die persönliche Entwicklung" sein.

Traudl Herrhausen fordert ihre Zuhörer auf, "nicht blind der Mehrheit zu folgen". Der "Trial-and-Error-Methode" von Karl Popper - einem der Lieblingsphilosophen ihres Mannes - folgend empfiehlt sie: "Geht euren Überzeugungen nach und habt keine Angst zu scheitern."

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