Brandenburg: Britta Ernst, Ehefrau von Olaf Scholz, tritt als Ministerin zurück

Brandenburg: Britta Ernst, Ehefrau von Olaf Scholz, tritt als Ministerin zurück

Die Hamburgerin wurde seit Monaten heftig kritisiert. Am Montag nahm Regierungschef Woidke ihren Rücktritt an. Ihr fehlte die Geschlossenheit in der Fraktion.  

Ministerin Britta Ernst (SPD) erklärt am Montag bei einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei in Potsdam ihren sofortigen Rücktritt.
Ministerin Britta Ernst (SPD) erklärt am Montag bei einer Pressekonferenz in der Staatskanzlei in Potsdam ihren sofortigen Rücktritt.Michael Bahlo/dpa

Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) ist am Montag überraschend von ihrem Amt zurückgetreten, ihr Staatssekretär wird die Nachfolge übernehmen. Die Gründe klingen wie die Probleme, mit denen ihre Amtskollegen in anderen Bundesländern ebenfalls zu kämpfen haben: zu wenige Lehrkräfte, zu viel Unterrichtsausfall, zu wenige Kita-Erzieherinnen. Warum also der Rücktritt? 

Die gebürtige Hamburgerin arbeitete seit 2017 in Brandenburg als Ministerin. Doch seit Monaten wurde die Frau von Bundeskanzler Olaf Scholz massiv kritisiert – wegen Maßnahmen in der Corona-Zeit, auch wegen der schlechten Kommunikation ihrer Pläne. Kritik kam nicht nur von der Opposition, sondern auch aus den Reihen der SPD. In der Landtagsfraktion hat sie den nötigen Rückhalt verloren. 

Das fehlende Vertrauen in den eigenen Reihen sei der Hauptgrund für den Rücktritt. 
Britta Ernst zählte am Montag ihre Pläne gegen den Lehrermangel auf und stellte fest: „Diese Pläne haben leider nicht die Unterstützung der SPD-Landtagsfraktion gefunden. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass wir die anstehenden Herausforderungen nur mit maximaler Geschlossenheit bewältigen werden. Diese Geschlossenheit ist nicht mehr gegeben.“ Viel mehr Kritik an der eigenen Partei ist kaum möglich. Die Fraktion reagierte recht kühl: Man habe den Rücktritt „mit Bedauern zur Kenntnis genommen“.

Mehr Kritik an der Fraktion geht fast nicht

Doch die Kritik an ihr ist breit gestreut: Der Grundschulverband beklagte, dass ihr Fünf-Punkte-Programm zur Verbesserung der Grundkompetenzen im Lesen und Schreiben seine Wirkung verfehlt habe. Anfang des Monats schickten Eltern einen Brandbrief mit dem Titel „Es ist Ernst“ an die Ministerin – wegen des Personalmangels in den Kitas. Sie forderten bessere Personalschlüssel und eine Ausbildungsinitiative: „Wir wollen, dass die Politik bei der Kindertagesbetreuung handelt und nicht wie beim Lehrermangel die Zeit verschläft.“

Zudem gab es an der Personalie Britta Ernst von Anfang an Kritik. Vor allem Frauen in der SPD-Fraktion waren 2017 darüber nicht glücklich, dass keine aus ihren Reihen für das Amt ausgewählt wurde, sondern die Hamburgerin – wohl auch, weil sie die Ehefrau von Olaf Scholz ist, der damals Erster Bürgermeister von Hamburg war.

Erfahren in der Politik: Olaf Scholz und seine Frau Britta Ernst 2018 in Berlin.
Erfahren in der Politik: Olaf Scholz und seine Frau Britta Ernst 2018 in Berlin.Britta Pedersen/dpa

Britta Ernst war lange Jahre als Politikerin in Nordwestdeutschland aktiv: von 1997 bis 2011 als Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, ab 2014 als Schulministerin in Schleswig-Holstein. Doch dort verlor die SPD 2017 die Wahl gegen die CDU, und Britta Ernst verlor mit dem Regierungswechsel ihr Amt. Da holte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sie nach Potsdam. Sie blieb auch im Amt, als ihr Mann 2021 zum Kanzler wurde und sie zur First Lady.

Britta Ernst, die mit Scholz seit Jahren in Potsdam wohnt, wurde oft gelobt, oft aber auch kritisiert. Auf der einen Seite werden ihre fachliche Kompetenz und ihr Ehrgeiz hervorgehoben. Manche loben ihren „Aktenhunger“ und ihre Detailkenntnis. Kritiker sagen, dass ihr Führungsstil manchmal etwas schwierig sei. Da wird gern ihre hanseatische Kühle ins Spiel gebracht.

Nachfolger kommt auch aus dem Norden

Woidke bedauerte den Rücktritt am Montag und erinnerte an die schweren Zeiten für die Schulen in der Corona-Pandemie. Woidke lobte Britta Ernst für „ihren Weitblick, ihren Mut und den nötigen Durchsetzungswillen“.  Er sagte, dass im Bildungsbereich fast immer nur kritisiert werde. „Es wird selten Danke gesagt. Das will ich hiermit tun.“

Woidke hielt es auch bei den vergangenen Rücktritten in der Potsdamer Landesregierung meist so, dass die Nachfolge bereits geregelt war, bevor ein Abgang bekannt gegeben wurde: Staatssekretär Steffen Freiberg, ebenfalls SPD, soll nun das Amt übernehmen. Er kommt, wie seine Vorgängerin, nicht aus Brandenburg, sondern ebenfalls aus dem Norden. Der gebürtige Rostocker ist 41 Jahre alt, verheiratet und Vater eines Kindes. Er ist erst seit Januar 2022 Bildungsstaatssekretär in Potsdam. Die gleiche Position hatte er davor in Mecklenburg-Vorpommern inne.

Nachfolger ist erst seit einem Jahr in Potsdam

Über ihn sagte Woidke: „Steffen Freiberg hat sich im Bildungsministerium schnell etabliert.“ Der neue Minister sagte: „Das Ressort befindet sich in einer schwierigen Lage. Während und nach Corona sind viele Dinge liegen geblieben, die einer Klärung bedürfen.“

Schnelle Karriere in Brandenburg: Der gebürtige Rostocker Steffen Freiberg arbeitet erst seit Januar 2022 in Potsdam als Bildungsstaatssekretär.
Schnelle Karriere in Brandenburg: Der gebürtige Rostocker Steffen Freiberg arbeitet erst seit Januar 2022 in Potsdam als Bildungsstaatssekretär.Michael Bahlo/dpa

Von den beiden Koalitionspartnern CDU und Grüne kam wenig Kritik an der Personalpolitik der SPD. CDU-Fraktionschef Jan Redmann zollte Britta Ernst „Respekt“ für den Rücktritt. Sie habe „einige Zöpfe sozialdemokratischer Bildungspolitik abgeschnitten“, sagte Redmann und meint Ideen wie die, dass Schüler nach Gehör schreiben lernen sollen. Die Grünen freuen sich vor allem auf den Nachfolger.

Dafür ist die Kritik außerhalb der Koalitionsparteien recht heftig: Birgit Bessin, Chefin der größten Oppositionspartei AfD, teilte mit: „So viel Planlosigkeit und Unverstand waren selbst für die Potsdamer Koalition der Wahlverlierer zu viel.“ Sie warf Britta Ernst „Corona-Hysterie zum Nachteil unserer Kinder“ vor, bemängelte das Fehlen Tausender Lehrkräfte und sagte, dass die SPD auch ihr Wahlversprechen der kostenfreien Kita beerdigen musste.

Kathrin Dannenberg von der Linken sagte: „Dieser Rücktritt hat seine Gründe in einer verfehlten Bildungspolitik.“ Die Kitareform stehe vor dem Scheitern, Stellenkürzungen seien angekündigt und dem Fachkräftemangel werde nicht konsequent begegnet. „Die Liste wurde immer länger und der Scherbenhaufen größer.“


Empfehlungen aus dem Ticketshop: