Diakonie-Chef will AfD-Wähler rauswerfen und wird angezeigt – was ein Arbeitsrechtler dazu sagt

Diakonie-Chef will AfD-Wähler rauswerfen und wird angezeigt – das sagen Arbeitsrechtler

Diakonie-Chef Rüdiger Schuch will keine AfD-Anhänger beschäftigen. Das könnte bald Gegenstand eines Gerichtsverfahrens werden.

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch will keine AfD-Anhänger beschäftigen. Nun gibt es eine Anzeige.
Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch will keine AfD-Anhänger beschäftigen. Nun gibt es eine Anzeige.epd

Die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch hat Strafanzeige gegen den Diakonie-Präsidenten Rüdiger Schuch gestellt. Der Pfarrer hatte vor kurzem gesagt, wer die AfD aus Überzeugung wähle, könne nicht in der Diakonie arbeiten. Er fügte hinzu: „Wer sich für die AfD einsetzt, muss gehen.“ Gegen diese Aussagen will die AfD-Bundestagsabgeordnete nun juristisch vorgehen, wie sie auf dem Kurznachrichtendienst X mitteilte. In einem Video, das sie auf X veröffentlichte, sagte sie, es sei „so eindeutig“, dass Schuch sich strafbar gemacht habe, dass die Staatsanwaltschaft nicht anders können werde, „als den Mann anzuklagen“.

Von Storch beruft sich dabei auf Paragraf 108 des Strafgesetzbuchs. Derjenige betreibe Wählernötigung, heißt es dort, wer „rechtswidrig mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel, durch Missbrauch eines beruflichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnisses oder durch sonstigen wirtschaftlichen Druck einen anderen nötigt oder hindert, zu wählen oder sein Wahlrecht in einem bestimmten Sinne auszuüben“. Dies kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft werden. Selbst der Versuch kann strafbar sein.

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Diakonie-Chef löste am Dienstag einen Eklat aus

Am Dienstag hatte Schuch nur vier Monate nach Amtsantritt seinen ersten großen Eklat ausgelöst. Wer sich als überzeugter AfD-Wähler bei der Diakonie oute oder als solcher „enttarnt“ werde, solle erst einmal zum Rapport, erklärte der Diakonie-Chef. Diese Mitarbeiter sollten prüfen, sagte er, ob sie „mit solch einem menschenfeindlichen Bild in den Einrichtungen noch richtig sind“. Dabei setzte er AfD-Anhänger mit Islamisten und anderen Feinden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gleich.

Offen ließ der Diakonie-Präsident, wie solch ein Rausschmiss arbeitsrechtlich laufen kann, denn eine Gesinnung ist nicht strafbar und auch kein Kündigungsgrund. Laut Schuch soll es zukünftig selbstverständlich „keine Gesinnungstests“ geben. Aber es solle mit betroffenen Mitarbeitern, die beispielsweise durch antisemitische oder fremdenfeindliche Bemerkungen auffällig geworden sind, gesprochen werden. Sollte sich der Mitarbeiter nicht von der AfD lossagen, müssten, so Schuch, „arbeitsrechtliche Konsequenzen geprüft werden“.

Arbeitsrechtler: Abmahnung wegen Parteimitgliedschaft nicht möglich

Doch alleine das dürfte schon schwierig werden, sagen Arbeitsrechtler. Das Arbeitsrecht setze dem Arbeitgeber enge Grenzen vor. Der Jurist Arnd Diringer sagt etwa, dass die Diakonie, wie jeder Arbeitgeber, arbeitsrechtliche Maßnahmen ergreifen könne, „wenn Beschäftigte gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen, etwa wenn ein Pfleger ihm anvertraute behinderte Menschen schlecht behandelt.“

Als kirchliche Einrichtung könne sie auch strenge Anforderungen an diejenigen stellen, die nach außen hin als Repräsentanten der Kirche wahrgenommen werden. Der Arbeitsrechtler sagt aber auch: „Sie kann aber nicht einfach Mitarbeitern kündigen, weil ihr deren politische Meinung nicht gefällt. Das wäre grob rechtswidrig. Solche Ansichten sind mit der durch das Grundgesetz statuierten Rechts- und Werteordnung nicht vereinbar, die sich im Arbeitsrecht als dem Schutzrecht der Arbeitnehmer widerspiegelt.“

Professor Jacob Joussen von der Ruhr-Uni Bochum etwa erklärt gegenüber der Berliner Zeitung, vorstellbar wäre eine Abmahnung in dem Fall, dass ein Mitarbeiter„ mit rechtsextremen Sprüchen“ auffällt oder beispielsweise „behinderte Menschen in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen“ diskriminiert.

Dann könne es „bei einem Träger der Behindertenhilfe, auch einem kirchlichen“, zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen kommen. Allein eine Mitgliedschaft in einer Partei, geschweige denn das Wählen einer bestimmten Partei, sei dazu „aber nicht ausreichend“. Erst recht nicht, „wenn sie nicht verboten ist“. Dann müsse man sich als Arbeitnehmer „auch nicht distanzieren“. Derzeit arbeiten in der Diakonie 630.000 Mitarbeiter, sie ist damit einer der größten Arbeitgeber im Land. Die Diakonie wollte sich am Donnerstag nicht zur Strafanzeige der AfD-Abgeordneten äußern.