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„Ich hatte mein Coming-out schon in der Steinzeit“

Redakteurin
Bei der diesjährigen Verleihung der Golden Globes hielt Preisträgerin Jodie Foster eine bewegende Rede über Homosexualität. „Ihr erstes Coming-out“, verkündeten viele Medien – das stimmt nicht ganz.

Nein, das war nicht ihr Coming-out. Jodie Foster hatte sich schon im Dezember 2007 bei der Verleihung des Preises Sherry Lansing Leadership, der Auszeichnung des US-Verbundes der in der Unterhaltungsbranche tätigen Frauen, zu Cydney Bernard bekannt. Zu ihrer langjährigen Lebensgefährtin.

"Meine wunderbare Cydney", schwärmte sie bei der Gala von der Filmproduzentin, "die mich durch die schlechten und die guten Zeiten begleitet."

Jetzt hat sie es wieder getan. Bei der Verleihung der Golden Globes am Sonntag in Beverly Hills, wo die Schauspielerin und Regisseurin für ihr Lebenswerk geehrt wurde. Sie, die im November erst 50 Jahre alt geworden ist und schon seit 47 Jahren vor der Kamera steht, seit sie für Werbespots ihr niedliches Gesicht zeigte.

Sie, die als 13-Jährige an der Seite von Robert de Niro in "Taxi Driver" ihren internationalen Durchbruch erlebte und heute zweifache Oscar-Gewinnerin ist. Sie, die sich immer nur ungern über ihr Privatleben geäußert hat. Sie hat sich in ihrer Dankesrede wieder an jene Frau gewandt, die ihr offenbar mehr bedeutet als jede andere, obwohl sie schon lange nicht mehr liiert sind.

14 Jahre mit Cydney Bernard zusammen

"Mein heldenhaftes Mit-Elternteil", nannte sie Cydney Bernard voll Zärtlichkeit. "Meine Ex-Partnerin in der Liebe, aber aufrichtige Seelenschwester im Leben."

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Schon 2007, nach der ersten öffentlichen Liebeserklärung an Cydney Bernard, hatte der "Guardian" gewitzelt. Nicht über Fosters Bekenntnis, sondern darüber, dass sie von den Medien als Sensation verkauft wurde. Fosters Coming-out, so die britische Tageszeitung, wäre so spektakulär wie die Nachricht, dass Rudolph das Rentier eine glänzende Nase habe.

Dass die Schauspielerin zu dem Zeitpunkt schon rund 14 Jahre mit Cydney Bernard zusammenlebte und mit ihr Fosters Söhne Bernard Charlie und Kit aufzog, deren Vater bis heute unbekannt ist, war kein Geheimnis. Um so erstaunlicher, dass jetzt die Medien Fosters Auftritt bei der Verleihung der Golden Globe als Coming-out der Schauspielerin feiern.

Das hat möglicherweise auch damit zu tun, dass Foster in ihrer Dankesrede ihre Homosexualität so ausdrücklich thematisierte. Dass sie erklärte, keine große Rede über ihre sexuelle Orientierung halten zu wollen. Auch wenn von Prominenten erwartet werde, ihre Homosexualität "mit einer Pressekonferenz, einem eigenen Duft und einer Reality Show zur besten Sendezeit" bekannt zu geben.

Foster wuchs bei einem lesbischen Paar auf

"Ich hatte mein Coming-out schon vor tausend Jahren", sagte sie, "in der Steinzeit." Sie meine damit eine Zeit, "in der sich eine junge Frau zunächst ihren Freunden, ihrer Familie, ihren Kollegen und schließlich, Schritt für Schritt, allen Menschen, die sie kannte oder denen sie begegnete, anvertraut hat". Dabei war es für Jodie Foster sicher noch weitaus einfacher als für manch andere lesbische Frau.

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Jodie Foster wuchs selbst in der Obhut eines homosexuellen Paares auf. Ihre Mutter Brandy, die sich kurz vor ihrer Geburt von Jodies Vater getrennt hatte, zog mit den vier Kindern zu ihrer Lebensgefährtin. Tante Jo, wie sie von den Geschwistern genannt wurde, sorgte zum großen Teil für den Lebensunterhalt der Familie. Bis 1976 war sie mit Brandy Foster liiert.

Jodie Foster hatte sich 2008 von ihrer Freundin Cydney Bernard getrennt. Nur wenige Monate nach ihrem ersten öffentlichen Bekenntnis zu ihrer Lebensgefährtin. Hollywood war entsetzt. Niemand, der das Paar kannte, hätte gedacht, dass sie sich entzweien könnten.

Cydney Bernard und Jodie Foster waren schon Jahre ein Paar, als 1998 Fosters Sohn Charlie auf die Welt kam. Drei Jahre später wurde Kit geboren. Cindy war bei den Geburten dabei, beide Frauen teilten sich das Sorgerecht. Zu ihrem Haushalt in Hollywood gehörten Hunde, mit denen sie durch den Park spazierten. Sie galten als perfektes Team.

Niemand schützt so vehement seine Privatsphäre

Und dann musste Cydney Bernard plötzlich ausziehen. Die Schauspielerin hatte sich in eine andere Frau verliebt: In die Drehbuchautorin und Filmproduzentin Cindy Mort. Alles fing so schön an, Cindy brachte ebenfalls zwei Kinder in die Beziehung. Doch es hielt nicht lange. Cindy Mort ging nach einem Jahr zu ihrer Ex-Freundin Amanda Demme zurück. Jodie Foster soll zum ersten Mal in ihrem Leben richtig schwer unter Liebeskummer gelitten haben.

Derzeit lebt sie allein. "Ich sag das jetzt einfach, laut und stolz: Ich bin, ähm, … Single", erklärte sie bei der Verleihung der Golden Globes am Sonntagabend. Und eigentlich war schon dieser Satz erstaunlich. Erstaunlicher als das, was sie über Cydney Bernard sagte. Weil dieser Satz so persönlich war.

Jodie Foster verteidigt wie kein anderer Hollywoodstar ihr Recht auf Privatsphäre. Worüber sie nicht sprechen will, darüber schweigt sie konsequent. Dass das Attentat, das John Hinckley 1981 auf den damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan verübt hat, weil er Jodie Fosters Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte, sie nachhaltig traumatisiert hat, daraus macht sie kein Geheimnis.

Aber über das, was dieses Ereignis tatsächlich bei ihr ausgelöst hat, redet sie nicht. Sobald das Thema in Interviews angesprochen wird, bricht sie ab.

"Ich wollte sagen, was mir am meisten am Herzen liegt"

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Um so erstaunlicher, dass ihr Innenleben das Thema ihrer Dankesrede war. In ihr versuchte sie, den Grund für ihre generelle Diskretion zu erklären. Dabei war sie von erstaunlicher Offenheit. Sie legte dar, was sie bisweilen so scheu machte, wie sehr sie all die Jahre darum kämpfen musste, sich zu schützen.

"Wenn Sie von klein auf eine öffentliche Person gewesen wären, wenn Sie hätten kämpfen müssen für ein Leben, das sich trotz alldem echt und ehrlich und normal anfühlt, dann wäre Ihnen vielleicht auch eine Privatsphäre mehr wert als alles andere", sagte sie.

Erst hinter der Bühne erklärte sie, warum sie sich ausgerechnet jetzt so offen über ihr Privatleben geäußert hat. Das wäre ein großer Moment gewesen. "Ich wollte das sagen, was mir am meisten am Herzen liegt."

Das ist das Erstaunliche an ihrer Ansprache in Beverly Hills. Nicht ihr Bekenntnis zu ihrer Homosexualität, sondern ihr Bekenntnis zu ihrer Verletzlichkeit. Und dass sie sich dabei auch zu der Frau bekannt hat, mit der sie ihr Leben nicht mehr teilt, der sie aber dennoch mehr als allen anderen Menschen dankbar ist, das zeugt von einer ganz besonderen Größe – und Liebe.

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