OFDb - Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen (2003) - Eine Kritik von McClane
Review

„Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“, abgekürzt LXG (vom Originaltitel „The League of Extraordinary Gentlemen“ kommend), verschenkt leider viel Potential.
1899: Ein maskierter Superschurke, genannt Das Phantom, überfällt mit seinen Leuten und neuester Waffentechnologie Ziele in England und Deutschland, was die Welt an den Rand eines Krieges der Großmächte bringt. Der Anfang kommt überraschend derbe für einen Film daher, der für ein jugendliches Publikum gedacht ist, ist aber ziemlich gut gemacht.
Als Reaktion versucht ein Agent des britischen Empire in Afrika nach dem Abenteurer Allan Quatermain (Sean Connery) und wird auch bald fündig. Quatermain denkt allerdings nicht daran, den Europäern gegen des Phantom beizustehen. Erst als dessen Schergen ihn überfallen, seine Lieblingskneipe in die Luft jagen und dabei auch noch seine Freunde töten, ist er bereit zu helfen. Der Überfall auf Quatermain ist eine sehr schicke Actionsequenz, in der Connery sich trotz fortgeschrittenen Alters immer noch als überzeugender Actionheld präsentiert.

Von dem Geheimdienstchef M (Richard Roxburgh) wird Quatermain in die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen aufgenommen. Dazu gehören auch noch der unsichtbare Rodney Skinner (Tony Curran), die Vampirin Mina Harker (Peta Wilson) und Captain Nemo (Naseeruddin Shah). Ungefragt stößt noch der US-Agent Tom Sawyer (Shane West) hinzu, rekrutiert werden noch der unsterbliche Dorian Gray (Stuart Townsend) und Dr. Jekyll inklusive Mr. Hyde (Jason Flemyng). In Venedig sollen sie das Phantom aufhalten...
Bei LXG handelt es sich um eine knallbunte Comicverfilmung, daher werden historische wie literarische Genauigkeit direkt zu Beginn über Bord geworfen, aber das erwartet ja auch niemand. Das Gerangel der literarischen Helden der damaligen Zeit besitzt auch einen Schuss Humor, den das Geschehen auch braucht um nicht unfreiwillig komisch zu sein. Vor allem die trockenen Kommentare Quatermains und die Anspielungen auf andere Romane und Filme (z.B. M als Bond-Verweis oder die Frage nach Jack the Ripper) regen zum Schmunzeln an.

Die Handlung ist ein ganz nettes Gerüst, hat aber eine entscheidende Schwäche: Der Film ist viel zu kurz. Kaum ist man richtig im Film drin, kommt eine besondere Plotwendung und ruckzuck wird zum Sturm auf das Quartier des Bösen geblasen. So wirkt der Plot leider etwas gehetzt und zu schnell abgehandelt, was leider auf Kosten der Atmosphäre geht, auch wenn die Spannung ein solides Niveau erreicht.
Inhaltlich teilt sich der Film qualitativ. Vor allem das erste Drittel ist sehr gelungen: Mehrere handgemachte und dennoch spektakuläre Actionszenen und schickes Flair. Die Atmosphäre ist ähnlich „From Hell“, aber weniger düster und mit einem dicken Schuss Jules Verne durchsetzt. Außerdem agiert die Liga im Verborgenen und so kommt z.B. die klasse Szene heraus, in der sie in Dorian Grays Haus überfallen werden und sich wehren müssen.
Danach kommt erst mal eine lange Charaktervertiefung auf der Nautilus, die allerdings etwas zu lang ausfällt, ehe es zum schlechtesten Teil des Films kommt: Venedig. Hier verfällt der Film in eine seelenlose Effekte-Schauerei, die zudem viele Logikfehler hat (die Kettenreaktion mit den Häusern dürfte physikalisch ebenso unmöglich zu begründen sein wie die Gegenmaßnahme der Liga). Außerdem turnt das bunte Kabinett vor den Augen von halb Venedig herum, was auch dem Superheldenaspekt der Geschichte deutlich Abbruch tut.

Schließlich kommt es dann auch schon recht bald danach zum Showdown, weshalb der Film auch so gehetzt wirkt. Die Plotwendungen gehen allerdings in Ordnung und machen durchaus Sinn. Das Finale ist wieder besser und bietet ganz nette Action, aber auch wieder extrem viele PC-Effekte. Hier wäre etwas handfestere Action besser gewesen (vor allem von Nemos Martial Arts Fähigkeiten sieht man abgesehen von der Szene in Grays Haus kaum etwas). Das Ende ist zwar dramatisch, aber lässt dennoch Raum für eine Fortsetzung.
Sean Connery als altgedienter Actionheld beherrscht den Film schauspielerisch ganz klar. Auch seine ironische Darstellung der Altersprobleme eines Helden kann sehr überzeugen. Doch auch die Nebendarsteller machen ihre Sache allesamt gut, auch wenn einige sehr unter den Effekten verloren gehen. Die Effekte sind allerdings auch klasse; der Unsichtbare hat z.B. „Hollow Man“ Qualität. Lediglich US-Grinseboy Shane West wirkt zwischen den restlichen Schauspielern sehr blass.

Ganz nettes, aber effektüberladenes Fantasyspektakel mit einem schwachen Mittelteil. Wäre der komplette Film so wie sein erstes Drittel, hätte es für die Liga der außergewöhnlichen Comicverfilmungen gereicht, aber leider scheitert LXG.

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