Nach Doppelmord: Trauer um ermordete Soldaten aus Ukraine in Murnau
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Bluttat in Murnau: Trauer um ermordete ukrainische Soldaten – politisches Motiv nicht ausgeschlossen

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Zusammenstehen in einer schwierigen Zeit: Am Tatort beim Tengelmann-Einkaufsmarkt in Murnau wurden deutsche und ukrainische Fahnen aufgestellt.
Zusammenstehen in einer schwierigen Zeit: Am Tatort beim Tengelmann-Einkaufsmarkt in Murnau wurden deutsche und ukrainische Fahnen aufgestellt. © Reindl

Nach dem Doppelmord an zwei Soldaten aus der Ukraine herrscht große Trauer in Murnau. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt zum möglichen Tatmotiv.

Murnau – Großes Schweigen am Tatort nahe dem Tengelmann-Center in Murnau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. Tränen fließen, Kerzen brennen, deutsche und ukrainische Fahnen flankieren die Bilder der zwei ermordeten Soldaten aus der Ukraine, die sich zur Reha in Bayern aufhielten. Ein seit 1991 in Murnau lebender Russe soll die grausame Bluttat am vergangenen Samstag begangen haben. Die Generalstaatsanwaltschaft ermittelt, weil ein politisches Tatmotiv nicht ausgeschlossen werden kann.

Nach Bluttat in Murnau: Große Trauer um ermordete ukrainische Soldaten – Politisches Motiv nicht ausgeschlossen

Die beiden Soldaten, die zur Behandlung ihrer Kriegsverletzungen in der Unfallklinik in Murnau waren, sind an dem Einkaufscenter erstochen worden. Im Zuge der Fahndung konnte die Polizei kurze Zeit nach der Tat einen tatverdächtigen Russen festnehmen.

Wie das Polizeipräsidium Oberbayern Süd und die Generalstaatsanwaltschaft München in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklärten, kann bei dem Tötungsdelikt ein politisches Tatmotiv nicht ausgeschlossen werden. Deshalb hat die Generalstaatsanwaltschaft, Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus, die Ermittlungen übernommen.

Ereignet hat sich die Bluttat am vergangenen Samstag kurz nach 17 Uhr bei laufenden Geschäften im Einkaufsmarkt. Wie das Polizeipräsidiums Oberbayern Süd mitteilte, fanden die alarmierten Rettungskräfte vor Ort einen der Männer bereits tot vor. Der zweite Mann lebte noch und wurde ins Krankenhaus gebracht, verstarb jedoch ebenfalls, trotz sofort eingeleiteter Reanimationsmaßnahmen.

Unter der Leitung der Staatsanwaltschaft München II nahm die Kriminalpolizei die Ermittlungen wegen des Verdachts des zweifachen Mordes auf. Im Rahmen der sofort eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen konnte noch am selben Abend ein 57-jähriger dringend Tatverdächtiger an dessen Wohnanschrift unweit des Tatortes angetroffen und festgenommen werden.

Laut Behörden handelt es sich bei dem Mann um einen russischen Staatsangehörigen, der 1991 wohl über einen Asylantrag nach Deutschland kam und seit 2015 in einer Mietwohnung der Marktgemeinde lebte. Der getötete 36-jährige Ukrainer hielt sich laut Landratsamt seit Oktober 2023 und der Jüngere seit Februar dieses Jahres in Murnau auf. Beide Männer waren zur Tatzeit in der Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Hotel Ludwig am Seidl­park untergebracht. Wohl, um nach der abgeschlossenen Behandlung Nachbehandlungen durchführen zu lassen, so Pressesprecher Wolfgang Rotzsche vom Landratsamt GAP.

Der genaue Tathergang, Hintergründe und Motiv sind nun Gegenstand der kriminalpolizeilichen Ermittlungen.
Der genaue Tathergang, Hintergründe und Motiv sind nun Gegenstand der kriminalpolizeilichen Ermittlungen. © Bartl

Dem „kriminalistischen Spürsinn“ der eingesetzten Kollegen sei es zu verdanken, dass der Täter „sehr rasch“ gefunden werden konnte, erklärte Pressesprecher Polizeihauptkommissar Stefan Sonntag vom Polizeipräsidium Oberbayern dem Kreisboten. Es habe Zeugen gegeben und es seien Dutzende Beamte von Schutz- und Kriminalpolizei bei der Suche nach dem Täter und in die Ermittlungen eingebunden gewesen. Nun würden die Untersuchungen und Zeugenaussagen zu einem Gesamtbild zusammengeführt.

Mit Obduktion Todesursache der ukrainischen Soldaten in Murnau geklärt

Generalstaatsanwaltschaft und Polizei informierten darüber, dass zwischen den Opfern und dem Beschuldigten nach ersten Erkenntnissen eine „Vorbeziehung“ bestanden habe, was heißt, dass sich die drei Männer kannten.

Bei beiden Opfern seien am Tag nach dem Tod im Institut für Rechtsmedizin in München Obduktionen zur Klärung der Todesursache durchgeführt worden. Dabei hätten sich Anhaltspunkte ergeben, dass die schweren Stichverletzungen „todesursächlich“ waren. Manches deute auf eine Auseinandersetzung unter Alkohol­einfluss hin, sagte Sonntag dem Kreisboten. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann spricht das bei BR 24 an: „Es gibt Hinweise darauf, dass sehr viel Alkohol im Spiel war bei allen Beteiligten. Das muss alles geklärt werden. Wir haben im Moment noch keinen zwingenden Hinweis, dass das sozusagen eine Widerspieglung der Auseinandersetzung zwischen Russland und Ukraine wäre“, informierte er nach der Tat.

Murnaus Bürgermeister spricht Beileid nach Bluttat aus

„Ich bin bestürzt über das, was hier passiert ist“, äußert sich Murnaus Bürgermeister Rolf Beuting (ödp/Bürgerforum Murnau) zum Doppelmord. In einer Pressemitteilung sprach er den Angehörigen sein Beileid aus und suchte auch den persönlichen Kontakt mit den Landsleuten der Getöteten in Murnau. „In dieser ohnehin für sie schweren Zeit haben sie geliebte Familienmitglieder verloren“, so Beuting. Er ordnete aus diesem Grund Trauerflor am Rathaus an.

Um Familienangehörigen, Freunden sowie Bürgern aus Murnau die Möglichkeit eines angemessenen Abschieds zu geben, hatte die Marktgemeinde am vergangenen Donnerstag (nach Redaktionsschluss) einen ukrainisch-orthodoxen Gottesdienst in St. Nikolaus organisiert.

Zugleich wandte sich Beuting in der Pressemitteilung an Polizei und Zeugen: „Allen, die zur schnellen Festnahme des mutmaßlichen Täters beigetragen haben, möchte ich meinen großen Dank aussprechen.“ Es sei wichtig zu sehen, wie extrem gut Polizei und alle anderen Beteiligten hier zusammenarbeiteten. „Wir können uns auf unseren Rechtsstaat verlassen“, so der Bürgermeister. Zu dem mutmaßlichen Alkohol­einfluss, unter dem der Täter stand, sagt er, Alkohol erhöhe „leider immer das Risiko von Straf- oder Gewalttaten deutlich“, er machte zudem deutlich, dass das „vollkommen unabhängig von der Nationalität der Konsumenten“ der Fall sei.

Trotz des Vorfalls seien Murnau und das Blaue Land eine „sehr sichere Region“. Beuting ist der Meinung, dass es sich „um eine sehr schlimme Einzeltat“ handelt, die nicht für irgendwelche anderen Zwecke instrumentalisiert werden dürfe.

Der mutmaßliche Täter wurde laut Polizeipräsidium Oberbayern Süd am Sonntag der zuständigen Ermittlungsrichterin vorgeführt. Diese erließ Haftbefehl wegen Mordes. Der Beschuldigte wurde von der Polizei unmittelbar danach in eine bayerische Justizvollzugsanstalt gebracht, wo er im Moment in Untersuchungshaft einsitzt.

Genauer Tathergang, Hintergründe und Motiv sind nun Gegenstand der kriminalpolizeilichen Ermittlungen. Weil auch ein politisches Tatmotiv nicht ausgeschlossen werden kann, zieht der Fall große Kreise. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sprach von einem „besorgniserregenden Vorfall, der aufgeklärt werden müsse“.

Derzeit leben laut Angaben des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen 172 (Stand 27. April) Ukrainerinnen und Ukrainer in Murnau und ganze 1.603 (Stand 22. April) im Landkreis Garmisch-Partenkirchen.

Die beiden getöteten Kriegs­teilnehmer aus der Ukraine seien nicht die ersten gewesen, die in der Unfallklinik Murnau behandelt worden seien, einer Einrichtung, die Leistungen erbringen könne, die andere Krankenhäuser nicht ohne Weiteres anbieten könnten, so Landratsamtssprecher Wolfgang Rotzsche.

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