Schlüsselwörter

1 Einleitung

Die Filmkomödie zählt zu den ältesten und beständigsten Genres des Kinos. Seit den Anfängen des Films genießt sie bei einem breiten Publikum große Beliebtheit und stellt aufgrund geringer Produktionskosten ein sicheres Geschäft dar. Trotz der vermeintlichen Einfachheit ist die Filmkomödie jedoch ein komplexes Genre. Jede Theorie, die eine umfassende Definition der Komödie abgeben will, scheitert an der immensen Variationsfülle des Genres. Als unscharfer Sammelbegriff (Eco 1984, S. 1) fasst man unter „Komödie“ eine Vielzahl an heterogenen Spielarten, Prinzipien und Darstellungsweisen: Slapstick, Gesellschaftskomödie, Farce, Romantic Comedy, Parodie, Teeniekomödie, Screwball, Charakterkomödie, Lustspiel, etc. Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Wesen der Filmkomödie zu bestimmen. Ein erster Ansatz wäre, sich dem Genre über seine Wirkung zu nähern (King 2002, S. 2). Filmkomödien wollen den Zuschauer zum Lachen bringen. Sie verfügen über bestimmte komische Elemente, die Gelächter evozieren, von Witzen, Gags und Routinen über exzentrische Charaktere bis hin zu lustigen Situationen und unmöglichen Handlungsverläufen Diese Betrachtung der Komödie bleibt jedoch nur an der Oberfläche. Die Emotionen, die von Komödien ausgelöst werden, sind weitaus komplexer, wie u. a. Tragikomödien oder Satiren zeigen. Zudem kann das Rezeptionsverhalten nicht kontrolliert werden. Gelächter bleibt aus, wenn die Komik des Films misslingt oder ereignet sich ungewollt an falscher Stelle. Daneben erscheint Komisches etwa in Form des Comic Relief auch in Filmen, die primär nicht der Komödie zugerechnet werden. Komik ist der dominante Ton der Komödie, allerdings nicht ihre Essenz. Eine andere Herangehensweise betrachtet die Komödie im Kontext ihrer Konventionen und Traditionen, die sich seit der Bühnenkomödie etabliert haben (u. a. Seeßlen 1982; Brandlmeier 1983; Neale und Krutnik 1990). Der typische Aufbau einer Komödienhandlung basiert auf dem Kampf stereotyper Figuren mit den Alltäglichkeiten des Lebens. Im karnevalesken Treiben steht die Ordnung der Dinge für kurze Zeit auf dem Kopf, bevor sie im obligatorischen Happy End wiederhergestellt wird. In Abgrenzung zur Tragödie gilt der glückliche Ausgang seit Aristoteles als das wesentliche Merkmal der Komödie (Neale und Krutnik 1990, S. 26–33). In der Adaption auf die Leinwand entwickelte sich dieses dem komischen Genre vorbehaltene Charakteristikum zum Standard des Erzählkinos: Ein Film muss keine Komödie sein, um über ein Happy End zu verfügen, ebenso wie viele Komödien kein gutes Ende nehmen. Die Filmkomödie lässt sich daher nur bedingt an Konventionen festmachen. Sie verfügt über keine geschlossene Struktur, sondern ist offen und dynamisch gestaltet. Sie versteht sich mehr als eine spezielle Darstellungsweise denn als formal abgestecktes Genre, in der sich alles ausdrücken lässt. In der Komödie steht die tonale Qualität über der strukturellen. Gerald Mast spricht von einem komischen Klima, das maßgeblich einen Film als Komödie ausweist und an Markern auszumachen ist wie Filmtitel, Charakteren, Dialogen, Musik, Filmplakaten, etc. (Mast 1979, S. 9–13; siehe Abb. 1).

Abb. 1
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Danny Kayes Eröffnungnummer in The Court Jester (USA 1955, R: Norman Panama und Melvin Frank) markiert das komische Klima des Films (© Paramount Pictures, DVD-Screenshot, erstellt vom Autor)

Die Filmkomödie hinterfragt unsere herkömmliche Weltsicht, sie suspendiert den herrschenden Modus der Ernsthaftigkeit und nimmt sich der Welt auf besonders spielerische Weise an (Weitz 2010, S. 18). Wie kaum ein anderes Genre stellt sie den Unterhaltungswert des Films aus – und wird deshalb meist als trivial abgetan. Die ersten Arbeiten zur Filmkomödie sahen sich unter dem Zwang, ihre Beschäftigung mit diesem „minderwertigen“ Genre rechtfertigen zu müssen. Sie waren geprägt von einer idealisierenden Filmgeschichtsschreibung im Geiste der masterpiece-Tradition (Allen und Gomery 1985, S. 67–76), in der das Genre durch einen Kanon auserwählter Meisterwerke aufgezogen wurde. Kritiker wie James Agee (1958), Donald McCaffrey (1973), Walter Kerr (1975) oder Gerald Mast (1979) unterteilten die Geschichte des Genres in die Wirkungsphasen großer Komikgenies: Die Stummfilmzeit war das goldene Zeitalter der Filmclowns der Slapstick-Komödie, während im Tonfilm die Regisseure eloquenter Gesellschafts- und Liebeskomödien als komische Talente hervortraten. Ab den 1980er-Jahren kam es zu einer Wende in der Komödienforschung. Nicht mehr das Werk weniger, sondern die gesamte Bandbreite der Komödienproduktion stand im Fokus der Aufmerksamkeit, die neben ästhetischen Kriterien nun vor allem nach semiotischen, narratologischen, psychoanalytischen und kulturtheoretischen Aspekten untersucht wurden (u. a. Palmer 1987; Neale und Krutnik 1990; Horton 1991; Karnick und Jenkins 1995). Ideologiekritische Auseinandersetzungen warfen die Frage nach der Repräsentation auf: Welche Vorurteile gegenüber sozialen Minoritäten werden für komische Zwecke missbraucht? Welche Vorstellungen von Sexualität und Geschlechterrollen werden in dem stark männerdominierten Genre entworfen? In aktuellen Betrachtungen wird der Versuch einer allgemeinen Genredefinition zugunsten exemplarischer Einzelstudien aufgegeben. Zahlreiche Untersuchungen zu Subgenres wie der Romantic Comedy oder bestimmten Filmzyklen innerhalb der Komödie schließen vom Speziellen auf das Allgemeine, während in Komödien-Readern interdisziplinäre Ansätze zu einem multilateralen Gesamtbild des Genres vereint werden (Horton 1991; Horton und Rapf 2015; Rickman 2002; Glasenapp und Lillge 2008, etc.). In diesem Sinne wird auch im Folgenden von einem fluidalen Begriff der Komödie ausgegangen, der sich den Spannungen und Widersprüchlichkeiten des Genres bewusst ist. Nach einer Begriffserklärung der Komödie und der Komik werden die grundlegenden Bausteine der Filmkomik in ihren Grundzügen skizziert und anschließend in Einzelbetrachtungen ihrer wichtigsten Spielarten veranschaulicht.

2 Die Komödie und das Komische

In der Beschäftigung mit der Komödie sind terminologische Unterscheidungen unumgänglich. So sind Humor, Lachen und Komik bzw. das Komische drei zusammenhängende Themenkomplexe, die in den vergangenen Jahrhunderten ausgiebig theoretisch erforscht wurden und einer Differenzierung bedürfen. Lachen wird als Körperreaktion verstanden, die meist durch Komik, ebenso aber auch nicht-komische Reize (Kitzeln, Verzweiflung, Angst, etc.) hervorgerufen werden kann. Mit Humor ist die grundsätzliche Fähigkeit gemeint, Eigenschaften des Komischen wahrnehmen und verstehen zu können (Berger 1998, S. 4). Das Komische umfasst alles, was das Potenzial in sich trägt, Lachen zu generieren – egal ob beabsichtigt oder ungewollt, künstlerisch oder real. In dieser Funktion ist es von der Komödie abzuheben, die als ästhetischer Begriff das Genre in seiner Ganzheit beschreibt und jede einzelne seiner unterschiedlichen Ausprägungen, Formkriterien und zugehörigen Werke explizit wie implizit miteinschließt (Neale und Krutnik 1990, S. 15–18). In der abendländischen Tradition hat das Komische eine lange Begriffsgeschichte. Im Laufe der Zeit haben sich drei große Erklärungsmodelle des Komischen kanonisiert – die Überlegenheitstheorien (sozialer Ansatz), die Entlastungstheorien (psychoanalytischer Ansatz) und die Inkongruenztheorien (kognitiver Ansatz). Die Überlegenheitstheorien gehen von einem angriffslustigen Impetus der Komik aus: Lachen gilt als zivilisierte Form der Aggression, in der die eigene Überlegenheit durch das Ver- bzw. Auslachen des Schwächeren bekräftigt wird. Ausgangspunkt der Überlegenheitstheorien sind die vielzitierten Gedanken des neuzeitlichen Philosophen Thomas Hobbes: „Allgemein ist das Lachen das plötzliche Gefühl der eigenen Überlegenheit angesichts fremder Fehler.“ (Hobbes 1966, S. 33) Bereits in der Poetik beschreibt Aristoteles die Komödie als „Nachahmung schlechterer Menschen“, deren sichtbare Makel der Lächerlichkeit preisgegeben werden (Aristoteles 1982, S. 17). Die Entlastungstheorien bauen wesentlich auf den Erkenntnissen der Psychoanalyse auf (Herbert Spencer, Sigmund Freud), wobei Freuds Aufsatz Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten (1905) eine Schlüsselrolle einnimmt. Für Freud ist der Witz ein Merkmal der Erwachsenenwelt und steht ähnlich dem Traum in direkter Beziehung zum Unbewussten. Der Witz erlaubt es, sich für einen Moment von den soziokulturellen Zwängen zu befreien und aggressive, oft sexuelle Triebe auszuagieren. Gerade im tendenziösen Witz offenbart sich daher das wahre Wesen des Witzes: Er ist ein Ventil für unterdrücktes Verlangen. Unter der Maske des Witzes ist möglich, was unter normalen Umständen verboten ist – das Gegenüber offensiv zu attackieren, Autoritäten ins Lächerliche zu ziehen oder sexuelle Tabus zu brechen. Im Witz wird der Zwang zur Sinnstiftung einer verständigen Kritik für einen Moment beiseitegelegt, um sich in den verlorenen Spielmodus der frühen Kindheit zurückzuversetzen (Freud 2006, S. 235–240). Die Inkongruenztheorien schließlich verschieben den Fokus auf die Logik des Witzes und die Voraussetzungen einer komischen Situation. Komik entsteht durch das Aufeinanderprallen zweier inkompatibler Bezugsrahmen, der Kollision von Erwartungshaltungen und der Kombination von zwei oder mehreren unvereinbaren Elementen. Dabei ist wichtig, dass sich die entstandene Ambivalenz im Kopf des Rezipienten nicht auflöst, die Gegensätze nebeneinander bestehen bleiben. Neben Arthur Schopenhauer zählt vor allem Immanuel Kant zu den wichtigen Vorreitern der Inkongruenztheorien. In seinem Werk Kritik der Urteilskraft (1878) begreift er das Lachen als einen „Affekt aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts“ (Kant 1995, S. 276). Arthur Koestler beschreibt die komische Inkongruenz als bisociation, als duale Assoziation. Er versinnbildlicht es in dem Zusammenstoß zweier unzusammenhängender Assoziationszüge: Der Erzähler eines Witzes verfolgt den ersten Assoziationszug bis zu einem bestimmten Punkt A und lässt ihn auf den Schienen der automatischen Erwartung im Kopf des Zuhörers weiterfahren. Dann startet er den zweiten Zug von einem Punkt B aus und lässt beide Züge im Punkt J kollidieren, um in einer plötzlichen Entladung die Anspannung des Hörers aufzulösen (Koestler 1949, S. 30–31; siehe Abb. 2).

Abb. 2
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Das bisociation-Modell von Arthur Koestler (Grafik erstellt vom Autor)

Trotz seines allgemeingültigen Anspruchs erklärt jedes dieser Theoriemodelle doch nur eine Facette des Komischen. Für jedes Beispiel, mit dem sich eine Theorie untermauern lässt, finden sich zwei Gegenbeispiele, die ihm widersprechen. Schließlich liegt jeder Theorie nicht nur ein bestimmter Ansatz von Komik zugrunde, sondern auch eine bestimmte Art von Komödie, die dem Theoretiker als Ausgangsmaterial diente. Komiktheorien sind daher nicht als konträr, sondern als komplementär anzusehen (Davis 1993, S. 6–7). Erst in Relation zueinander eröffnen sie eine Perspektive auf das Komische, welches dem komplexen Spannungsfeld des Gegenstands gerecht wird. Für die Untersuchung der Filmkomödie birgt jeder dieser Ansätze seine Vor- und Nachteile: Mithilfe der Überlegenheitstheorien dringt man in der Beschreibung des schadenfrohen Lachens über die Missgeschicke der „niederen“ Komödienfiguren zu einer Kernproblematik des Genres vor: Die Frage nach der Distanzierung zu bzw. Identifikation mit der komischen Figur. Ist die emotionale Distanz des Lachenden zum komischen Opfer unabdingbar für das Funktionieren der Komik? Die feindselige Komikauffassung der Überlegenheitstheorien übersieht die Komponente des sympathisierenden, mitleidenden Lachens. Der Zuschauer kann ebenso mit der komischen Figur solidarisieren, indem er Ähnlichkeiten zur eigenen Lebenserfahrung wiederfindet oder im Lachen über fremde Fehler die eigene Unzulänglichkeit erkennt. Unter den Entlastungstheorien bietet Freuds Auffassung des Komischen als wiedergewonnenes „verlorenes Kinderlachen“ einen interessanten Interpretationsansatz für das schrullige, oft kindliche Verhalten des Filmkomikers. Die verrückte Andersartigkeit, mit der Leinwandexzentriker wie Buster Keaton, Jerry Lewis oder Robin Williams gegen die konformistische Gesellschaft rebellieren, liest sich als Spannung zwischen präödipaler und ödipaler Phase. Das Ausleben kindlicher Wunscherfüllung in Reibung zur kompromittierenden Integration in die Erwachsenengesellschaft lässt den Komiker zwischen Transgression und Regression changieren (Horton 1991, S. 10–12; King 2002, S. 77–92). Doch sind die Entlastungstheorien zu eng gedacht – der harmlose Witz beispielsweise bleibt größtenteils außen vor. Zudem hat nicht jeder Witz eine Spannung, die es zu entladen gilt. Der Nachteil der Inkongruenztheorien ist die Tatsache, dass nicht jede Inkongruenz zwangsläufig komisch ist. Allerdings erweist sich dieses Erklärungsmodell als sehr nützlich, wenn es darum geht, die strukturellen und formalen Eigenschaften der Komödie zu analysieren. Jegliches komische Prinzip lässt sich nämlich als Abweichung von der Norm verstehen, als Aufbrechen gewöhnlicher Erwartungs- und Denkstrukturen und Konfrontation mit dem Unerwarteten. Wichtige Werkzeuge zur Erzeugung komischer Effekte wie Übertreibung, Understatement, Verkehrung, Kontrastierung oder unangemessenes Verhalten folgen alle dem simplen Gesetz der Inkongruenz. Es artikuliert sich in einem komischen Kostüm ebenso wie in der klassischen Vaudevilleroutine des double act, der komischen Paarung aus ernstem straight man und Witze erzählendem comic.

3 Die Komödie als Theaterbegriff

Die Komödie lässt sich sehr gut als Theaterbegriff fassen. Volker Klotz macht die Verwandtschaft zwischen dem Komischen und dem Bühnenspiel allein an der Etymologie des Wortes „komisch“ aus der Seherfahrung des Theaters deutlich: „Ein komisches Vorkommnis auf der Straße, im Wirtshaus oder im Kaufladen wäre somit eines, das jenen gleicht, die in der Komödie gang und gäbe sind.“ (Klotz et al. 2013, S. 13) Die Komödie ist nicht der Literatur entsprungen, sondern dem Theater. Gemeinsamer, institutioneller Geburtsort ist das antike Athen, in dem aus rituellen Festgesängen und Prozessionen zu Ehren des Gottes Dionysos heraus ein jährlicher Theaterwettkampf entstand, der an einer bestimmten Schaustätte (theatrón) aufgeführt wurde. Das Wort „Komödie“ leitet sich von den Sängern des ausschweifenden Festzuges (komos) der Dionysosfeier ab, den komodoi, die wild tanzend durch die Straßen zogen. Die Wurzeln des Theaters in Volksriten der Fruchtbarkeit wirken besonders in der Komödie nach: Francis M. Cornford liest das Happy End der Komödie, die komische Auflösung des Handlungskonfliktes in der Hochzeit oder einem großen Fest, als symbolischen Akt der Wiedergeburt, Erneuerung oder Bekräftigung (Cornford 1961, S. 64–77). Northrop Frye betrachtet die Komödie als Mythos des Frühlings, der eine dreiteilige Form annimmt: Ein junger Held lehnt sich gegen die Gesellschaft der Alten auf, triumphiert über sie und erschafft am Ende eine neue Gesellschaft, welche die sozialen Normen verkehrt und ein vorzeitliches, goldenes Zeitalter wiederaufleben lässt (Frye 1973, S. 171). Komödie und Theater zeichnen sich durch eine ausgeprägte Form der Lebendigkeit aus. Beide wirken unmittelbar auf den Rezipienten ein: Im Theater entsteht das Kunstwerk unter der leiblichen Kopräsenz zwischen Darsteller und Zuschauer (Fischer-Lichte 2004, S. 58–126) und verflüchtigt sich in dem Augenblick seiner Hervorbringung. Der Zuschauer ist an der Erschaffung des Kunstereignisses unmittelbar beteiligt. Die Gags, Witze und komischen Situationen in einer Komödie sind lokal, spezifisch und an den Moment gebunden. Komödien leben maßgeblich von ihrem Bezug zur Alltagswelt des Zuschauers, sei es nun das gesellschaftspolitische Zeitgeschehen oder die kleinen Nichtigkeiten des Privatlebens. Sie betonen die Flüchtigkeit des Augenblicks, indem es in den Geschichten allzu oft um unvorhergesehene Zufälle, haarsträubende Wendungen und günstige Gelegenheiten geht, die es zu ergreifen gilt. Im Gegensatz zum weitsichtigen Helden der Tragödie leben die Figuren der Komödie im Hier und Jetzt; sie legen eine reaktionsschnelle Geistes- wie auch Körpergegenwart an den Tag. Theater und Komödie setzen auf Veranschaulichung. Ihr wichtigstes Werkzeug dazu ist der Körper. Ursprung des Theatralen ist die öffentliche Zur-Schau-Stellung bestimmter Körperpraktiken in einem kulturellen Kontext, etwa im sportlichen Wettkampf, in religiösen Prozessionen, Tanzriten und Festen. Zwei der bedeutendsten Lachtheorien entzünden sich am Gegenstand des Körpers: In seinem Essay Über das Lachen (1900) weist Henri Bergson dem Lachen eine korrektive, soziale Funktion zu. Das Kollektiv verlacht jegliche Abweichung von der natürlichen Beweglichkeit des Seins, die sich als Steifheit vor allem in einem starren, zur Maschine automatisierten Körper niederschlägt (Bergson 1991). In der Untersuchung mittelalterlicher Volkskultur sieht Michael Bachtin im Lachen dagegen eine befreiende Wirkung. Im ausgelassenen Feiern des Karnevals werden hierarchische Strukturen verkehrt, gesellschaftliche Zwänge enthemmt und den natürlichen Trieben freier Lauf gelassen. Die subversive Kraft der Lachkultur versinnlicht sich in der grotesken Leiblichkeit eines offenen, verdrehten und abjekten Körpers, der auf seine einfachen Funktionen des Essens, Trinkens, Ausscheidens und Geschlechtsverkehrs reduziert ist, Öffnungen, Höhlungen und Extremitäten hervorhebt und die Grenzen zum Tierhaften auflöst (Bachtin 1990, S. 15–23).

Betrachtet man die Komödie als Theaterbegriff, bietet das reiche Erbe der Theaterkomödie einen Fundus an komischen Prinzipien, Spielformen und wiederkehrenden Mustern, mit der sich die Filmkomödie besser beschreiben lässt. So finden Satire und Parodie ihre Wurzeln in der Alten Komödie des Aristophanes, der mit seinen bissigen Kommentaren und derben Zoten öffentliche Personen und Institutionen direkt attackierte. Dem gegenüber steht die gemäßigtere Neue Komödie von Menander über Terenz und Plautus bis hin zu Shakespeare, die mit ihren Verwicklungen und Liebeserzählungen als Vorbild der Romantic Comedy gilt. In einem Repertoire aus Charakter-, Situations- und Verwechslungskomödien wird das Wesen des Menschlichen durch feine Alltagsbeobachtungen verhandelt, dargestellt in typisierten Figuren, die nach universellen Charaktereigenschaften modelliert wurden. Die Betonung des Komikers und die Kunstfertigkeit, mit der er seine Gags, Routinen und Kunststücke vorführt, setzen Slapstick und Comedian Comedy wiederum in den Kontext der Commedia dell’arte, dem improvisierten Maskentheater professioneller Wandertruppen aus Italien zur Zeit der Renaissance. Der Begriff „Slapstick“ leitet sich sogar direkt aus der Commedia ab: Er bezieht sich auf die Narrenpritsche, mit der auf der Bühne geräuschvoll Prügel verteilt wurden (Madden 1968, S. 16). In der Gegenüberstellung dieser Spieltraditionen lassen sich Antagonismen erkennen, die sich durch die Geschichte der Bühnen- wie auch Filmkomödie ziehen: Etwa die Dynamik zwischen thematischer/kontextgebundener sowie typischer/allgemeiner Komik, zwischen mimetischem und anti-illusionärem Spiel, literarischen und nicht-literarischen Einflüssen, gesittetem Geisteswitz und obszöner Körperkomik, Fantasie und Realismus, Attraktion und Narration. Will man das Wesen der Filmkomödie beschreiben, ist ein Rückgriff auf diese alten Theatertraditionen von großem Nutzen.

4 Bausteine der Filmkomik: Gag, Situation und Performance

Die Komik der Filmkomödie artikuliert sich auf drei unterschiedlichen Ebenen: Als Minimaleinheit im Gag, in übergeordneten Zusammenhängen als narrative Situation und grundsätzlich in Form der Performance der Darsteller. Ausgangslage des Komischen in der Komödie bildet der Gag. Unter ihm lassen sich zunächst alle Elemente einer intentionellen Komik fassen – Momente im Film also, die das Publikum gezielt zum Lachen bringen sollen. Diese Momente können alles sein, vom komischen Ausdruck einer Grimasse oder einer lachhaften Pose über einen lustigen Spruch bis hin zur komischen Aktion oder ausgearbeiteten Routine, an der ein oder mehrere Darsteller beteiligt sind. So unterschiedlich die Ausformungen eines Gags auch sind, haben sie doch eine in sich geschlossene Struktur gemein, die mal stärker, mal schwächer ausgeprägt sein kann. Diese Struktur lässt sich in ihren primitivsten Zügen als zweistufiger Verlauf aus Vorbereitung und Kulmination beschreiben. Witztheorien und Humorhandbücher bezeichnen diese beiden Phasen als „set-up“ und „punchline“ bzw. „pay-off“ (Voytilla und Petri 2003, S. 23–24), oder einfach „Spannung“ und „Auflösung“ (Vorhaus 2010, S. 89–92). Das Prinzip ist das gleiche: In der Vorbereitungsphase werden Erwartungen aufgebaut. Der Zuschauer antizipiert eine bestimmte Entwicklung der vorgestellten Situation, wird jedoch in der Auflösung durch eine komische Überraschung eines Besseren belehrt. Erinnerungen an die Inkongruenztheorien werden wach, insbesondere an die bisociation von Arthur Koestler. Jerry Palmer verfolgt einen ähnlichen semiotischen Ansatz: Durch eine unerwartete Wendung im Verlauf des Gags entstehen im Kopf des Rezipienten spontan zwei Logikketten (Syllogismen), die zu zwei konträren Ergebnissen führen. Er nennt dies die Logik des Absurden: Die Entstehung von Komik in der Intersektion des Plausiblen mit dem Unplausiblen. Er erläutert sein Konzept am Beispiel des finalen Gags im Stummfilm Liberty (USA 1929, R: Leo McCarey). Stan Laurel und Oliver Hardy landen mit dem Baustoffaufzug direkt auf einem darunter befindlichen Polizisten, der unter der Last zusammengedrückt wird. Als die beiden aussteigen und der Aufzug wieder nach oben geht, verlässt ein Kleinwüchsiger in Polizeiuniform den Schacht. Die äußere Logik der Wirklichkeit beurteilt die Kulmination als unplausibel, da der vom Aufzug zerdrückte Polizist tot sein müsste. Die innere Logik des Gags räumt der Auflösung dagegen eine gewisse Plausibilität zu (wird man zerdrückt, hat es eine Reduzierung der Größe zur Folge), die jedoch der unplausiblen Beurteilung untergeordnet ist (Palmer 1987, S. 39–58). Neben diesem abstrakten Muster lässt sich das Wesen des Gags etwas griffiger über seine Herkunft aus der Bühnenpraxis fassen. Ursprünglich beschrieb der Gag einen improvisierten Einschub, aus dem im Laufe der Zeit eine vorbereitete komische Aktion wurde (Nastvogel und Schatzdorfer 1982, S. 30). In dieser Hinsicht ist er mit den lazzi aus der Commedia dell’arte zu vergleichen. Lazzi waren komische Einlagen, meist akrobatisch-physischer, oft aber auch sprachlicher Natur, die von den Figuren in die Handlung eingeflochten wurden. Sie dienten als einstudiertes Improvisationsmaterial, um ungeplante Pausen zu füllen oder die Aufmerksamkeit des Publikums zu erhalten (Gordon 1983, S. 5). Die grundlegende Unterscheidung zwischen visuellen und sprachbasierten lazzi lässt sich auf die Gags übertragen. Visuelle Gags basieren meist auf physischer Komik, die sich dem Körper der Darsteller und seiner Beziehung zu sich selbst, zu anderen Körpern, zu Gegenständen oder seiner Umwelt bedient. Visuelle Komik kann aber auch mit den Mitteln des Films selbst erzeugt werden: Die enthüllende Blickführung der Kamera, ein kontrastierender Schnitt, der Gesagtes oder Gesehenes unterwandert, eine dynamische Bildkomposition, die komische Gegensätze in Szene setzt, oder das freudige Staunen über die Wunder filmischer Trickeffekte. Unter verbale Gags fallen lustige Dialogzeilen und one-liner, Witze, Wortspiele und geistreiche Bemerkungen. Sie alle bedingen eine Kontrolle bzw. Manipulation der Sprache, ein Spiel mit ihren Aspekten der Kommunikation, des Verstehens, des logischen Denkens, der Etikette und sozialen Interaktion (Neale und Krutnik 1990, S. 47–51). Über den Sprachwitz artikulieren die Figuren ihren Esprit (wit) oder machen sich lächerlich in unfreiwillig komischen Äußerungen aufgrund von Ignoranz, Missverständnis oder Unfähigkeit. Ähnlich den lazzi können Gags artikuliert oder weniger artikuliert sein. Artikulierte Gags besitzen eine elaborierte Struktur, bedürfen oft einer ausführlicheren Vorbereitung oder verbinden eine Reihe von Gags zu einer Gagsequenz. Diese Sequenzen stellen häufig die Wiederholung und Variation einer komischen Situation dar. So sind Laurel und Hardy Meister des triple gags, der dreifachen Repetition eines Gags, die dem Muster folgt: Gag – erste Erneuerung – zweite Erneuerung (Barr 1968, S. 33–36). Eine ebenfalls häufige Art des Gags ist der Running Gag, der sich als Element struktureller Komik durch den gesamten Film zieht (siehe Abb. 3). Gags lassen sich endlos weiter klassifizieren; so vielseitig wie das Spektrum der lazzi gestalten sich auch die verschiedenen Gagtypen im Film. Ihr wichtigstes gemeinsames Merkmal besteht in ihrem Verhältnis zur übergeordneten Handlung. In vielen Untersuchungen steht die Relation zwischen Gag und Narration im Mittelpunkt des Diskurses. Einen guten Überblick der verschiedenen Positionen geben Kristine Karnick und Henry Jenkins (Karnick und Jenkins 1995, S. 79–86). Autoren wie Jerry Palmer, Kristine Karnick oder Donald Crafton sehen den Gag als disruptives Element der Filmkomödie, der die Narration zersetzt, ihre Logik unterwandert und ihr als eigenständige, in sich geschlossene Minierzählung gegenübersteht. In der Betrachtung von Buster Keatons Our Hospitality (USA 1923, R: John G. Blystone, Buster Keaton) als Musterbeispiel der Erzählökonomie Hollywoods gehen David Bordwell und Kristin Thompson dagegen von der kompletten Integration des Gags in die Narration aus (Bordwell und Thompson 2008, S. 153–157). Steve Neale und Frank Krutnik nehmen eine Mittlerposition ein, indem sie von narrativen wie auch anti-narrativen Tendenzen des Komischen im Film ausgehen. Für sie existiert der Gag außerhalb der narrativen Struktur des Films, lenkt von der eigentlichen Handlung ab und könnte somit auch in einem anderen Rahmen, etwa einer Varietévorführung, zum Einsatz kommen. Dem gegenüber steht das komische Ereignis, das aus dem Voranschreiten der Handlung bzw. Verhalten der Charaktere selbst entsteht und situativ bedingt ist (Neale und Krutnik 1990, S. 43–61).

Abb. 3
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„Hey McFly!“ – Wiederkehrende Sprüche und Verhaltensweisen sorgen in der Back to the Future-Trilogie (USA 1985/1989/1990, R: Robert Zemeckis) durch die verschiedenen Zeitebenen hinweg für zusätzliche Kohärenz und Kontinuität © Universal Studios, DVD-Screenshot, erstellt vom Autor)

Neben dem eigenständigen Gag ereignet sich die Komik in der Komödie ebenso aus dem Kontext narrativer Situationen. Dabei handelt es sich weniger um feste komische Plots, die das Wesen einer Komödie ausmachen (Mast 1979, S. 4–9), sondern um Grundsituationen, die nach dem Prinzip der Inkongruenz gebaut komisches Potenzial in sich tragen und ebenso als Aufhänger für Gags dienen können. Ihre Komik entfaltet sich aus dem Handlungsverlauf der Erzählung, der durch Schneeballeffekte, Wiederholungen, plötzliche Wendungen und ironische Entwicklungen geprägt ist. Komische Situationen haben oft eine soziale Komponente. Peinlichkeiten, Missverständnisse und Tabubrüche entstehen aus Situationen, in denen die Figur nicht mit dem Verhaltenscodex ihres Umfeldes vertraut ist. Oder es ist die Konfrontation verschiedener Kulturen, das Aufeinandertreffen von unterschiedlichen sozialen Sphären und Mentalitäten, die eine komische soziale Situation ausmachen. Die erfolgreichsten Filmkomödien aus Westeuropa um die Jahrtausendwende funktionieren nach diesem Prinzip des Culture Clash: Vorurteile, die etwa regionalen (Bienvenue chez les Ch’tis, FR 2008, R: Dany Boon) oder klassenspezifischen Unterschieden (The Full Monty, GB 1997, R: Peter Cattaneo) entsprungen sind, werden in ihrer Starrheit lächerlich gemacht. Integrationskomödien wie East Is East (GB 1999, R: Damien O’Donnell) oder Almanya – Willkommen in Deutschland (DE 2011, R: Yasemin Şamdereli) verhandeln den Konflikt zwischen Anpassungszwang und dem Verlust der eigenen kulturellen Identität (Stadler und Hobsch 2015, S. 48–49). Komische Situationen können die Komik einer Szene vorgeben wie auch als komische Prämisse die Ausgangslage des ganzen Films bestimmen. Buster Keaton in Frauenkleidern sorgt in einer Szene aus Sherlock Jr. (USA 1924, R: Buster Keaton) für kurze Lacher, während das Cross-Dressing-Motiv die gesamte Handlung von Travestiekomödien wie Some Like It Hot (USA 1959, R: Billy Wilder) oder Tootsie (USA 1982, R: Sydney Pollack) vorgibt. Eine typische komische Prämisse ist die fish-out-of-water-Erzählung: Eine Figur wird aus ihrer vertrauten Umgebung gerissen und landet in einer völlig anderen Welt. In Mr. Deeds Goes to Town (USA 1936, R: Frank Capra) wird ein Landei zum Millionär der Großstadt, in Les Visiteurs (FR 1993, R: Jean-Marie Poiré) werden zwei Ritter per Zeitreise aus dem Mittelalter in die 1990er-Jahre katapultiert. Situationskomödien bedienen sich der zwei fundamentalen Erzählstrategien der Komödie: Überraschung und Suspense. Beide sind für die unterschiedliche Verteilung von narrativem Wissen zwischen Charakteren und Zuschauern zuständig, wie auch für die Entfaltung der Handlungsereignisse selbst, die entweder vorhersehbar oder unvorhersehbar sein kann (Neale und Krutnik 1990, S. 33). Sie spielen mit den Erwartungen des Zuschauers, die sich sowohl auf die Geschichte beziehen können, wie auch auf sein vorgeprägtes, kulturelles Wissen. Viele der wiederkehrenden Handlungsschemata der Filmkomödie basieren auf dem Prinzip des Suspense. Suspense beschreibt die Erwartung vom Eintreffen eines Ereignisses, die sich beim Zuschauer aufgrund eines Wissensvorsprungs gegenüber den Figuren der Erzähldiegese einstellt. Protagonisten schmieden Pläne, um andere Figuren hereinzulegen, wahren ein Geheimnis oder sind Opfer eines Missverständnisses. In Fack ju Göhte (DE 2013, R: Bora Dagtekin) gibt sich Bankräuber Zecki Müller (Elyas M’Barek) als Lehrer aus, um an seine unter der Turnhalle vergrabene Beute zu gelangen. In The Great Dictator (USA 1940, R: Charlie Chaplin) wird ein jüdischer Friseur mit dem antisemitischen Despoten Adenoid Hynkel verwechselt (Chaplin in einer Doppelrolle). Während die meisten Figuren bis zur Auflösung ahnungslos bleiben, ist der Zuschauer von Anfang an eingeweiht. Er weiß, dass die Scharade ab einem gewissen Punkt auffliegen wird und ist gespannt, wie lange die Figuren ihre Maskerade aufrechterhalten können. Suspense-Plots werden meist von Überraschungen durchbrochen. Momente des Unvorhergesehenen, die nicht nur die Figuren, sondern auch den Zuschauer verblüffen. Der Überraschungseffekt ist wesentlich für das Funktionieren der Komik. Er sprengt die Narration auf und lässt das Fantastische und Absurde in das Handlungsgeschehen hereinbrechen. Handlungsmotivation und kausale Logik des klassischen Erzählkinos werden ausgehebelt, das Unwahrscheinliche zur bestimmenden Größe. In der Filmkomödie ist nichts unmöglich: Tote Objekte erwachen zum Leben, der Körper wird über seine Grenzen hinaus strapaziert. Unwahrscheinlichkeiten und Zufälle bestimmen das Geschick der Figuren. Das Aushebeln der suspension of disbelief und der Bruch mit der Illusion wird in der Filmkomödie nicht nur geduldet, sondern erwartet.

Ein letzter, wesentlicher Aspekt der Filmkomik ist die schauspielerische Ausführung. Gags und komische Situationen sind keine festen Formen, die einen komischen Effekt garantieren. Ein gut gebauter Witz kann trotzdem scheitern, wenn er schlecht erzählt wird. Andererseits wird selbst die schwächste Pointe durch die richtige Performance zum Lacher: „[T]he principle is beyond doubt: all jokes, and much humour, are dependent upon performance skills.“ (Palmer 1994, S. 161) Das performative Talent eines Komödiendarstellers beschreibt dabei weniger sein schauspielerisches Können, einen in seiner Entwicklung und Handlungsmotivation glaubwürdigen Charakter zu verkörpern. Es ist vielmehr sein Handwerk als Schausteller, das neben dem Schauspiel auch Akrobatik, Tanz, musikalische Darbietung, Improvisation, Magie und Slapstick umfasst und seine Wurzeln in der nicht-literarischen Varietéunterhaltung hat (Karnick und Jenkins 1995, S. 150). Hier kommt das theatrale Verständnis von Komödie zum Vorschein: Wie kaum ein anderes Genre lebt die Komödie von der unmittelbaren Beziehung zwischen Komiker und Publikum. Die meisten Filmkomiker starteten ihre Karriere in dem Vaudeville, der Music Hall, dem Radio oder als Stand-up-Comedian im Nachtclub, wo sie in direkter Kommunikation mit dem Zuschauer ihr komisches Spiel sowie ihre komische Persona entwickeln konnten. Aus dieser Erfahrung haben sie ein Gespür dafür gewonnen, eine komische Situation auszuspielen, ihr zusätzliche Lacher abzugewinnen, ohne sie dabei zu überreizen. So führten die Marx Brothers die Gags zu ihren ersten beiden MGM-Filmen A Night at the Opera (USA 1935, R: Sam Wood) und A Day at the Races (USA 1937, R: Sam Wood) in Vaudevillezusammenschnitten vor einem Live-Publikum auf, um in akribischer Auswertung der Zuschauerreaktionen eine größtmögliche Wirksamkeit auf der Leinwand zu generieren (Adamson 1973, S. 274–278). Die Professionalität des Komikers liegt in der Art, wie er sein komisches Material möglichst wirksam darbietet. Seine wichtigsten Werkzeuge sind hierzu Rhythmus und Timing:

Comedy works in time (duration), and timing is the high art of controlling the passage of time, either speeding it up or slowing it down for some calculated purpose. […] With a perfect sense of timing, the joke-teller can instinctively feel the right rhythm for the delivery, and whether to give more or less at any particular moment. (Charney 1991, S. 45).

Dem Filmkomiker der Comedian Comedy, der sein Spiel aus dem Varieté heraus entwickelt hat, steht der komische Darsteller einer Romantic Comedy gegenüber, der in der Tradition der ernsten Bühnenkomödie sein komisches Spiel primär dem Fortgang und Erhalt einer kohärenten Erzählung unterordnet. Er porträtiert runde, gemischte Figuren mit ernsten Charakterzügen, die jedoch ins Komische übersteigert sind. In der Auseinandersetzung zwischen Narration und Attraktion sind Filmkomiker und komischer Darsteller keine unvereinbaren Gegenpole, sondern ergänzende Kräfte. Ihr Unterschied liegt nicht im Gegenüber expressiver und unterdrückter Performativität, sondern in der Art, wie sich das virtuose Spiel in der jeweiligen Facette von Komödie gestaltet (Karnick und Jenkins 1995, S. 151).

Zusammengefasst lässt sich die Filmkomödie strukturell fassen als Interaktion zwischen ihren drei wichtigsten Bausteinen Gag, narrativer Situation und Performance. Diese Betrachtung ist jedoch ungenau und lässt die Variationsfülle der Komödie außen vor. Schließlich gibt es nicht die Filmkomödie, sondern nur Komödien. Was Alexander Leggatt über die englische Bühnenkomödie festhält, lässt sich auf den Film übertragen:

To think of comedy as an organism, a single living entity, is in a literal sense misleading. There is no such thing as comedy, an abstract transhistorical form; there are only comedies. But they accumulate to create a body of case law, a set of expectations within which writers and audiences operate. (Leggatt 1998, S. 1).

Die Filmkomödie existiert nicht als einheitliches Genre, sondern setzt sich aus verschiedenen Spielarten zusammen, die aufgrund divergenter Humoransätze über eigene Motive, Zyklen und wiederkehrende Muster verfügen. Erst in der Einzelbetrachtung der wichtigsten Spielarten lässt sich ein Gesamtbild der Filmkomik gewinnen.

5 Spielarten der Filmkomödie: Slapstick

Slapstick ist die erste und ureigenste Form der Filmkomik, die sich in den Anfängen des Kinos herausbildete. Essenz des Slapsticks ist der Körper in Schwierigkeiten. Er besticht durch eine rein visuelle, physische Komik, in der die zugrundeliegenden Gags in einem Spiel aus Tempo, Bewegung und der Körperlichkeit der Performer genuin filmisch dargestellt werden. Slapstick kann daher als Epochalstil des frühen Kinos gesehen werden wie auch als übergeordnetes Spielprinzip. In der filmhistorischen Auseinandersetzung mit den ersten Slapstick-Kurzfilmen konfrontiert die Komödie das Kino mit seiner verdrängten Herkunft aus dem Reich der „verruchten“ Unterhaltungsindustrie:

Nirgends zeigt sich die Entstehung des Kinos aus dem Ensemble der populären szenischen Massenunterhaltung deutlicher als in der Komik. Zirkus, Vaudeville, Music Hall, Caf’conc‘, Varieté: Nicht nur rekrutiert der frühe komische Film […] sein Personal aus dem Milieu der Zirkusclowns, Artisten, Illusionisten und Bühnenkomiker; auch haben sich deren Prinzipien der sinnlichen Repräsentation dem frühen Film nachhaltig eingeschrieben. (Heller und Steinle 2005, S. 14–15).

Diese Prinzipien waren nach den formalen Strukturmerkmalen eines Vaudevilleprogramms gestaltet, in dem der Film zunächst als Nummer vorgeführt wurde. Tom Gunning bezeichnet die frühen Filme als „Kino der Attraktionen“, das von Hervorhebung des Spektakulären statt einer kohärenten Narration geprägt ist sowie einer revueartigen Aneinanderreihung heterogener Materialien, einer unmittelbaren, emotionalen Wirksamkeit und dem selbstreflexiven Umgang mit dem eigenen Schaustellercharakter (Gunning 1990). In dieser Zeit war die Slapstick-Komödie das mit Abstand beliebteste Genre; bis 1908 machte sie mehr als 70 % der fiktionalen Filme im amerikanischen Kino aus (Bowser 1994, S. 179). Ursprünglich ist der Slapstick in Frankreich entstanden. Die Filmburlesken von Max Linder und Co. gaben die Formeln vor, die jenseits des Atlantiks in den konkurrierenden Komödienschmieden von Mack Sennett und Hal Roach weiterentwickelt wurden. Ein wichtiger Meilenstein der Komödien- wie auch Filmgeschichte ist der französische Kurzfilm L ’arroseur arrosé (FR 1895) von den Gebrüdern Lumière. Als eine der ersten fiktionalen Filmhandlungen überhaupt zeigt der Film einen Jungen, der einen Gärtner mit Wasser bespritzt, indem er dessen Wasserschlauch heimlich mit dem Fuß abklemmt, den Gärtner in den Schlauch hineingucken lässt und dann mit dem Fuß wieder heruntergeht. In diesem kurzen Szenario liegen wesentliche Elemente des Slapsticks verborgen. Die Struktur der frühen Filmkomödien richtet sich weniger nach einer übergeordneten Narration, als vielmehr der Präsentation eines oder mehrerer Gags. Dabei arbeiteten die Filmteams zunächst ohne Skript; selbst in den ersten Langfilmen folgte man grob ausformulierten Handlungsskizzen. Wichtiger war der prozessuale Ideenaustausch während der Filmproduktion. In diesem Zusammenhang betont Geoff King die zentrale Funktion des gag man in Abgrenzung zum Regisseur oder Autor als kreativem Ideenlieferanten innerhalb der Stumm- und ersten Tonfilmkomödien (King 2002, S. 31). Ausgangslage des Gags in L’arroseur arrosé ist die Tücke des Objekts. In der Slapstick-Komödie steht der Mensch im Kampf mit den Dingen, die ihr Eigenleben führen. Der Mensch ist jedoch nicht nur Feind, sondern auch Teil der Dingwelt. Als filmische Umsetzung des Bergsonschen Lachens über den mechanisierten Körper werden im Rhythmus der Bewegung Mensch und Maschine eins, wie Charlie am Laufband in Modern Times (USA 1936, R: Charlie Chaplin) beweist. Slapstick weckt die Freude am Unfug als plötzliche Störung der Ordnung. Der dekonstruktive Spieltrieb des Komikers steigert sich zu regelrechten Zerstörungsorgien und wilden Materialschlachten, die sein Umfeld in ein karnevaleskes Chaos reißt. Die Errungenschaften des spießbürgerlichen Lebens werden degradiert in der wüsten Zertrümmerung von Haus und Mobiliar, dem Werfen von Torten und der Entwürdigung von Autoritätsfiguren und Ordnungshütern. Dies konnte in voller Absicht passieren, wie in den anarchistischen Filmen der Marx Brothers, oder auch aufgrund von akrobatisch vorgeführter Tollpatschigkeit. Dominante Prinzipien der Slapstick-Komödie sind Normverletzung und Grenzüberschreitung: Slapstick ist die Herabsetzung des Erhabenen. In der meist derben Körperkomik aus groben Prügeleien und rasanten Verfolgungsjagden verlagert sich die Aufmerksamkeit auf das Niedere, etwa im Tritt in das Gesäß. Volkstümliche Elemente der von Bachtin beschriebenen Lachkultur kommen zum Tragen, die in der Betonung des Leiblichen und seinen irdischen Funktionen die Grenze zum guten Geschmack überschreiten. Von dem frühen Slapstick der Three Stooges oder auch einigen Chaplin-Filmen findet diese Tradition ihre schärfste Ausprägung in der gross-out comedy. Seit den 1970er-Jahren wird in bestimmten US-Komödien von Animal House (1978, R: John Landis) bis hin zu American Pie (1999, R: Paul Weitz) im grotesken Spiel zwischen Ekel und komischem Vergnügen gezielt mit Tabus gebrochen. Ihr obszöner Analhumor und Fäkalwitz setzt die festliche Tradition der Alten Komödie fort (Paul 1994, S. 85–112). Die Relativierung des Ideellen durch das Materielle artikuliert sich jedoch bereits im „Basismodell“ des Slapsticks – dem Fall eines Mannes, der auf einer Bananenschale ausrutscht. Der Sturz als plötzliche Wende aus der Vertikalen in die Horizontale verkehrt den Stolz des aufrechten Menschen in klägliche Hilflosigkeit: „Ins Metaphorische gewendet könnte man auch sagen, die Idee humaner Würde und Selbstbestimmung kollidiere mit der Schwerkraft des Irdischen.“ (Maintz 2005, S. 39) Schließlich werden im Slapstick die Grenzen der Wirklichkeit überwunden, Imagination und Unmöglichkeit treten an die Stelle von Ratio und Empirie. Simple Kausalzusammenhänge werden im Nonsense aufgelöst. Selbst die letzte Gewissheit der Komödie, das Gesetz von set-up und punchline, ist davon bedroht, wie die Anti-Gags der Monty-Python-Truppe beweisen. Über die zumal kindlich-assoziative Logik des Slapsticks offenbaren sich Familienähnlichkeiten zum Comic-Strip und Zeichentrickfilm. In der Welt des Cartoons stehen die Dinge und Körper in ständiger Transformation, Konsequenzen der Naturgesetze werden ausgespart, drastische Gewalt bleibt ohne Folgen. Die Verrücktheit des Slapsticks steigert sich ins Extreme, seine transgressive Qualität wird durch die selbstreflexive Medialität des Zeichentricks verstärkt (Siebert 2005).

Aufgrund des körperbetonten und oftmals kruden Humors steht der Slapstick im Gegensatz zum künstlerischen Selbstanspruch einer subtilen, ernsthaften Unterhaltung. Die Neigung der gehobenen Komödie, die desintegrativen Qualitäten dieser „niederen“ Form von Komik in ordnungsstiftende Integration zu überführen, zieht sich als roter Faden durch die Theater- wie auch Filmegeschichte. So entsprach im Übergang vom Attraktionskino zum Erzählkino die Slapstick-Komödie nicht mehr dem Geschmack der Zeit. Zwar hielten Mack Sennett und Hal Roach die Slapstick-Tradition aufrecht, doch wanderten ihre Stars in die Studios ab und drehten ihre ersten Langfilme. Um das Ansehen der Filmkomödie zu heben, marginalisierten Chaplin und Co. den Slapstick in diesen anständigen Komödien und ordneten ihn einem meist romantischen Plot unter. In seiner Autobiografie berichtet Buster Keaton, wie sich die unmöglichen Cartoon-Gags der Kurzfilme für den Langfilm als ungeeignet erwiesen (Keaton und Samuels 1960, S. 179–180). Formal wie auch inhaltlich dürfen die frühesten Ein- und Zweiakter daher als die radikalsten Ausgestaltungen der Slapstick-Komödie gelten. Dem am nächsten kommt die Tradition komischer Episodenfilme von Kentucky Fried Movie (USA 1977, R: John Landis) bis Movie 43 (USA 2013, R: Brett Ratner et al), in denen statt einer Handlung diverse Sketche und Gagsituationen als Nummern aneinandergereiht werden. Ansonsten tritt der Slapstick vor allem als komisches Prinzip in anderen Komödienarten auf. Aufgrund seines Hangs zur Normverletzung, Degradierung und abstrakter Figurenzeichnung findet der Slapstick in der Farce, der schwarzen Komödie sowie in Satire und Parodie regelmäßige Verwendung. Tatsächlich stellten viele der frühen Slapstick-Filme bereits Parodien auf beliebte Filme und Genres dar (Agee 1958, S. 107). Auch die Screwball Comedy macht großen Gebrauch von Slapstick-Einlagen. Die anhaltende Disharmonie des romantischen Paares in lustvoll ausgeführten Beleidigungen und Gewaltakten sieht Tamar Jeffers McDonald als ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal der Screwball zur Romantic Comedy (Jeffers McDonald 2007, S. 20). Das übermäßige Tempo der Dialogwitze und der Exzess an verbalen Gags in Komödien der Tonfilmära beschreiben einige Filmwissenschaftler zudem mit dem synergetischen Begriff der verbal slapstick (Dale 2000, S. 5–7, Clayton 2007, S. 138–140).

6 Spielarten der Filmkomödie: Comedian Comedy

Ab den späten 1910er-Jahren stand der Komiker in den frühen Slapstick-Filmen nicht nur im Mittelpunkt der Geschichten, sondern auch der Produktion. Diese akteurszentrierte Spielart der Komödie beschreibt Steve Seidman in seiner einflussreichen Monografie als Comedian Comedy. Filme also, in denen die Performance eines oder mehrerer Comedians im Vordergrund steht und eine gewisse Konsistenz in Stil und Form aufweisen. Grundlegendes Merkmal der Comedian Comedy ist die präexistente Popularität der Comedians, die sie vor ihrer Filmkarriere bereits als Unterhaltungskünstler in einem anderen Medium erworben haben. So waren Buster Keaton, Charlie Chaplin, die Marx Brothers, W. C. Fields, Mae West, Bob Hope, Jerry Lewis und Woody Allen bereits vor ihren Filmerfolgen einem großen Publikum aus anderen Formen der Massenunterhaltung bekannt. Dort entwickelten sie einen unmittelbar wiedererkennbaren persönlichen Stil, eine einzigartige Bühnenfigur, die ganz der Persönlichkeit des Performers entsprungen war. Dabei wird auf die naturalistische Darstellung eines runden Charakters zugunsten eines konventionellen Spiels mit überzeichneten Stereotypen verzichtet. Ähnlich der Maske in der Commedia dell’arte ist die Bühnenfigur des Comedians im Spannungsfeld zwischen persona und Persönlichkeit Ausdruck einer Allgemeingültigkeit sowie künstlerischer Individualität. So ist der Vagabund ein wiederkehrender komischer Typ der Komödie, unter dessen Darstellungen Charlie Chaplin mit seiner einzigartigen Ausarbeitung des Tramps hervorsticht. Die ersten Comedian Comedys entstammen dem frühen französischen und italienischen Kino, in dem bereits ab 1907 kleine Filmserien um komische Persönlichkeiten gedreht wurden. Ein wesentlicher Vorreiter war der französische Komiker Max Linder, der seine Spielfigur Max als Ausformulierung eines unverwechselbaren Sozialtypus auf der Leinwand mit den Gestaltungsmitteln des neuen Mediums Films synthetisierte (Heller 2005, S. 29–36). Seit Beginn ist die Comedian Comedy also ein internationales Phänomen. Seidmans Beispiele aus dem amerikanischen Kino lassen sich mühelos ergänzen (Vgl. King 2002, S. 37; Fullwood 2014). Aufgrund des charakterbasierten Materials, das die Comedians um ihre festgelegten, komischen Typen herum aufbauen, ist ihr Repertoire sehr flexibel. Viele der Komiker verfügen über ein Arsenal an eigenen Routinen, Gags und Sprüchen, wie schon die Masken der Commedia über figurentypische lazzi verfügten. Stoisch reagiert Buster Keaton mit seinem berühmten „Stoneface“ auf sämtliche Missgeschicke, Stan Laurel muss im double take immer zweimal hinsehen, bis er etwas begriffen hat. Zusammen mit Oliver Hardy hat er den slow burn verfeinert: Die Kunst, mit ausdrucksloser Fassung selbst den größten Schaden hinzunehmen, den einem der Gegner zufügt, bis man selbst am Zug ist. In Rückgriff auf seine extrafiktionale Popularität „belohnt“ der Comedian das wissende Publikum durch die Wiederverwendung beliebter Materialien und würdigt somit seine Anwesenheit. In der Comedian Comedy behält der Performer wesentliche Merkmale seiner Auftritte bei, wird jedoch in den fiktionalen Kontext einer bestimmten Situation eingebettet. Im Konflikt zwischen der extrafiktionalen Persönlichkeit des Performers und seiner Situierung innerhalb des fiktionalen Erzählgefüges des Films kollidiert der präsentative Modus der Varietéunterhaltung mit dem repräsentativen Modus des klassischen Hollywoods (Krutnik 1995, S. 17). Der hermeneutischen Hollywoodnarration steht die offene Erzählstruktur der Comedian Comedy gegenüber: In der direkten Kommunikation wird der Zuschauer als Adressat wahrgenommen und die Illusion der Erzählung durch das Heraustreten des Schauspielers aus seiner Rolle gebrochen – ähnlich dem Brechtschen Gestus des Zeigens. Darin liegt ihr subversives Potential. In der Comedian Comedy werden die versteckten Mechanismen der Filmproduktion selbst zu Tage gefördert und der Hollywood-Realismus als Künstlichkeit entlarvt (Seidman 1981, S. 54–58). Groucho Marx, Bob Hope oder Woody Allen durchbrechen regelmäßig die vierte Wand, indem sie direkt in die Kamera sprechen. Andere Comedians stellen selbstreflexiv die fiktionale Natur des Films aus, in dem sie spielen, oder zitieren andere Filme und verweisen auf die extrafiktionale Welt des Showgeschäfts. Innerhalb der fiktionalen Qualitäten der Comedian Comedy ist der Status der Comedian-Figur als nonkonformistischer Außenseiter ein wesentliches, genrekonstituierendes Element. In der Tradition des ungebildeten, aber bauernschlauen Schelms aus dem pikaresken Roman schlägt er sich als „kleiner Mann“ durch das Leben, dessen Herausforderungen er auf seine Weise bestreitet. Die Figur des Comedians ist ein liebenswürdiger Einzelgänger, der durch seine Außenseiterperspektive die Grundsätze der Ordnung herausfordert. Als Rebell steht er häufig einer unsympathischen, verkrusteten Institution gegenüber. Nach Seidman ist die Comedian Comedy ein dialektisches Genre, in dem sich kulturelle Werte in konstanter Auseinandersetzung mit gegenkulturellen Bewegungen befinden. Situiert in einem fiktionalen Kontext, dienen Genres als Vermittler dieser grundlegenden Opposition, indem sie zeigen, wie das Individuum seine gegenkulturellen Tendenzen abstreifen muss, um sich in die Kultur eingliedern zu können (Seidman 1981, S. 60–63). In der Erzählung der Comedian Comedy konkretisiert sich diese Opposition in der Konfrontation des exzentrischen Verhaltens des Comedians zur sozialen Konformität seiner Umwelt. Darin verbirgt sich seine individuelle Kreativität, die sich in seiner Fähigkeit zur Maskerade und verbalen Verstellung sowie seiner physischen Geschicklichkeit ausdrückt – die fiktionale Übersetzung der performativen Talente des Comedians als spezifische Charaktermerkmale seiner filmischen Figur. Diese Kreativität ist wesentlich für die Unterhaltung in den Filmen verantwortlich. Doch wird sie gleichzeitig als abnormales Verhalten präsentiert, das von der Gesellschaft abgelehnt wird, etwa in Form einer Neurose auf Basis einer Identitätsirritation oder den regressiven Tendenzen, die sich aus der Bewahrung der Kindlichkeit beim Comedian ergeben. Das Wirrspiel um die Identität als wiederkehrendes Element der Comedian Comedy äußert sich in den wechselnden Verkleidungen des Comedians. Die Verkleidung löst eine Reihe von komischen Situationen aus, in denen die Figur des Comedian ihr darstellerisches Geschick und ihre Improvisationsfähigkeit an den Tag legt. Auf der Flucht vor Gangstern verkleidet sich Louis de Funes Figur in Les aventures de Rabbi Jacob (FR 1973, R: Gérard Oury) als Rabbi und passt sich schnell der fremden Kultur an. In Mrs. Doubtfire (USA 1993, R: Chris Columbus) spielt Robin Williams den geschiedenen Stimmenimitator Daniel Hillard, der sein Sprachtalent benutzt, um in der Maskerade eines englischen Hausmädchens seinen Kindern nahe zu sein. Die Kunst des Comedians zur Verstellung steht in Beziehung zur gestaltwandlerischen Komponente des mythologischen Archetyps des Tricksters. Trickstergeschichten gehören zu den Ur-Erzählungen der Menschheit und sind in jeder Kultur vertreten. Grundlegend beschreibt der Trickster eine antisoziale Figur, die mithilfe von Tricks die (göttliche) Ordnung auf den Kopf stellt, Grenzen auflöst und das Ambivalente und Vielseitige verkörpert. Seinem widersprüchlichen Doppelwesen folgend legt der Trickster andere Figuren für seine egoistischen Ziele herein und ist selbst das Opfer von Streichen: „Trickster is at one and the same time creator and destroyer, giver and negator, he who dupes others and who is always duped himself.“ (Radin 1988, S. xxiii) In indianischen Mythenzyklen oft als Fuchs oder Kojote dargestellt, steht der Trickster im direkten Verhältnis zur Tierwelt. Seine unbändige Natur hallt im animalischen Verhalten des Comedians nach. Die Ambivalenz des Tricksters korreliert schließlich mit dem sprunghaften Schauspieler des „Comödien-Stils“, der als Akteur und Kunstfigur zwischen der Realitätsebene und der Fiktionsebene hin und her wechselt (Baumbach 2012, S. 246–257). Ebenso schließt die Einschiebung der Comedian-Persönlichkeit in der Comedian Comedy eine Identifikation zwischen Darsteller und Rolle aus und entwirft so ein alternatives Konzept von Identität, in dem das mit sich selbst identische Individuum als Konstrukt entlarvt wird.

7 Spielarten der Filmkomödie: Romantic Comedy/Screwball Comedy

Bereits in der Stummfilmzeit wurden bedeutende Romantic Comedys gedreht. Doch erlangte das Subgenre mit dem Aufkommen des Tonfilms in den 1930er- bis 1940er-Jahren eine explosive Hochphase. Die neue Dimension des Tons erhob den Sprach- und Dialogwitz zur wesentlichen komischen Qualität der Romantic Comedy. Im Verlauf der 1950er- bis 1980er-Jahre differenzierte sich die Romantic Comedy in verschiedenen Zyklen aus, bevor sie seit Mitte der 1980er-Jahre in neuer alter Form als dominante Komödienform des Hollywoodkinos zurückkehrte. Romantic Comedys handeln von den komischen Umständen des Sich-Findens zweier Liebender, die äußeren wie inneren Widerständen zum Trotz ein Paar werden. Ihre Themen drehen sich um das Wesen der Liebe, um Hochzeit und Liebeswerben, Befreiung und Transformation sowie das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft (Glitre 2006, S. 18). Romantic Comedys stehen in enger Verwandtschaft zum Melodram. Der Unterschied der beiden Genres liegt zunächst im konstitutiven Happy End für die Liebesgeschichte in der Romantic Comedy, das den Liebenden im Melodram versagt bleibt. Auch die Art, wie sich die Romanze auf der Leinwand entfaltet, ist eine andere: Im Wechsel extremer Affekte erzählen Melodramen von verhängnisvollen Leidensgeschichten und unerfüllten Sehnsüchten. Dagegen stehen die unbekümmerten Freuden des Verliebtseins im Vordergrund der Romantic Comedy (Koebner und Felix 2007, S. 10). Schwungvolle Musik, eine helle Ausleuchtung und das schwerelose Spiel der Darsteller signalisieren eine sorgenfreie, leicht entrückte Welt. Die ungebrochen heitere Stimmung ist das Ergebnis der Verschränkung des romantischen Modus des Liebesfilms mit dem komischen Modus der Komödie. Dabei wird die Liebesgeschichte nicht nur ausgelassen und verspielt erzählt, sie bedingt sogar die komischen Momente des Films. Es sind nicht nur die Nebenfiguren, sondern die verliebten Hauptfiguren selbst, die als komische Charaktere für die Lacher des Films verantwortlich sind. Ihre Komik ist geprägt von dem Spiel mit Situationen und Charakteren in Tradition der Neuen Komödie. In Auseinandersetzung mit den Wirren der Liebe sehen sich die Protagonisten diversen Verwechslungen, geheimen Intrigen, Kostümierungen und Peinlichkeiten ausgesetzt. Unter den vielen Einflüssen auf die Romantic Comedy sind die Komödien von William Shakespeare hervorzuheben, in denen die weiblichen Figuren ihren männlichen Konterparts als gleichberechtigte Kombattantinnen im Kampf der Geschlechter gegenübertreten. In rasanten Wortwechseln werfen sich Mann und Frau ausgefeilte Bonmots an den Kopf, mit der Absicht, die Pointe des anderen zu übertreffen. Versteckte Anspielungen (innuendos) und mehrdeutige Aussagen (double entendres) geben den Dialogen zusätzliche Würze. Aufgrund zensorischer Restriktionen im elisabethanischen Theater wie auch in Hollywood zur Zeit des Production Code drückt sich die sexuelle Spannung der Verliebten in ihrer Sprache aus: „What stands between sexual desire and its fulfillment is language. In romantic comedy language is the medium in which all things occur, arise and are discharged or not.“ (Henderson 1978, S. 22) Ein Großteil der Romantic Comedys siedelt sich im urbanen Setting der Gegenwart an, dem bourgeoisen Milieu einer gehobenen Mittelklasse. Überschneidungen mit der Sitten- und Gesellschaftskomödie (Comedy of Manners) sind daher nicht selten; vor dem Hintergrund der Liebesgeschichte werden die Manierismen der Gesellschaft entlarvt und menschliche Schwächen vorgeführt. Romantic Comedys verfügen über feste Konventionen, Standardsituationen und Erzähltropen, die von Film zu Film neu ausgehandelt werden – eine Variation des Immergleichen. Der schematische Handlungsverlauf einer Romantic Comedy lässt sich in der Formel zusammenfassen: „Boy meets girl; boy loses girl; boy gets girl“ (Mast 1979, S. 4). Im magischen meet cute trifft das zukünftige Paar unter besonderen Umständen zum ersten Mal aufeinander. Nicht immer ist es Liebe auf den ersten Blick, doch wird in jedem Fall suggeriert, dass es sich um das ideale Paar handelt. Ein Indikator dessen ist die Exzentrik der Verliebten, mit der sie sich von den anderen Figuren abheben. Sie beschreibt die Individualität der Protagonisten und die Besonderheit ihrer Liebe. Das exzentrische Verhalten des Paares löst die komischen Ereignisse im Film aus; gleichzeitig bringt der gemeinsame Spaß die Figuren näher (Neale 1992, S. 290–292; siehe Abb. 4). Der Verspieltheit des Paares steht die steife Konventionalität des falschen Partners strukturell wie auch ideologisch gegenüber. Oft befindet sich mindestens einer der beiden Protagonisten in einer Beziehung mit einer als ungeeignet dargestellten Figur, die das Zusammenkommen des Paares verzögert. Neben dem falschen Partner können auch andere Hindernisse den Liebenden den Weg zum Glück blockieren: Vaterfiguren und Autoritäten, Klassen- oder Kulturgegensätze, vergangene Erfahrungen, Karriereziele, eine falsche Auffassung/Motivation oder eine anfängliche Feindschaft. Dagegen stehen Helferfiguren und Mentoren dem Liebespaar mit Rat und Tat zur Seite. Die gemeinsame Zeit zu zweit löst in den Protagonisten einen Lernprozess aus: Erkenntnisse werden gesammelt über das Selbst und das Gegenüber, über Liebe und Partnerschaft, die eine Transformation auslösen. Als retardierendes Moment trennt kurz vor Schluss eine Krise die Protagonisten, ehe das Happy End sie vereint. In einer Variation zu diesem Masterplot sind die Protagonisten bereits zu Beginn des Films ein Paar, das sich bald trennt. Neue Liebschaften werden eingegangen, die jedoch wichtige Aspekte der alten Partnerschaft vermissen lassen. Am Ende findet das Paar wieder zusammen, indem es die ursprünglichen Differenzen durch einen Kompromiss löst. Stanley Cavell beschreibt diese Unterart der Romantic Comedy anhand ausgewählter Filme als Comedy of Remarriage (Cavell 1981).

Abb. 4
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In der berühmten Orgasmus-Szene aus When Harry Met Sally (USA 1989, R: Rob Reiner) beglückt Sally (Meg Ryan) ihren Gesprächspartner Harry (Billy Crystal) mit einer Darbietung der besonderen Art © Twentieth Century Fox, DVD-Screenshot, erstellt vom Autor)

Ein beliebter Ansatz in der Forschung zur Romantic Comedy besteht darin, den historischen Verlauf des Subgenres in Zyklen wiederzugeben (Grindon 2011, S. 25–66). Sehr häufig löst der Erfolg eines Films eine Welle an ähnlichen Filmen aus, die aufgrund ihrer speziellen produktionstechnischen wie auch soziokulturellen Hintergründe als Zyklus zusammengefasst werden. Zu den bekanntesten Zyklen der Romantic Comedy zählt die Screwball Comedy (1934–1942). Im Jahr 1934 entdeckte die Filmkritik in amerikanischen Filmen wie It Happened One Night (R: Frank Capra), Twentieth Century (R: Howard Hawks) und The Thin Man (R: W. S. Van Dyke) eine neue Form der Komödie. Diese Neuartigkeit bestand in der Herangehensweise, Altbekanntes neu zu kombinieren. In der Screwball Comedy trifft das europäisch geprägte Muster der intelligenten Sophisticated Comedy im Stil Ernst Lubitschs auf die raue amerikanische Slapstick-Komödie. Im Mittelpunkt der Filme steht die Anziehungskraft zwischen Mann und Frau, die sich jedoch in der Emphase von Chaos durch verbale wie auch physische Aggression ausdrückt. Schnell gefeuerte Dialoge sowie farcenhafte Körperkomik verleihen den Filmen eine ungeheure Dynamik. Screwball Comedys stellen die boy-meets-girl-Formel auf den Kopf, sodass einige Kritiker bereits von einer Satire der Romantic Comedy ausgehen. Ein Großteil der Filme präsentiert eine Verkehrung der Rollen im Werben um das andere Geschlecht. Ausgangspunkt vieler Geschichten ist eine willensstarke, verschrobene Frau der Upper Class, die gelangweilt von Reichtum und Freizeit es sich in den Kopf gesetzt hat, ihr ungelenkes männliches Gegenüber, ein Musterbeispiel des frustrierten Antihelden des American Humors (Gehring 1986, S. 13–36), für sich zu erobern. Eine andere Variante folgt der Comedy-of-Remarriage-Erzählung, in der ein Teil des getrennten Paares versucht, seine verlorene zweite Hälfte unter allen Umständen zurückzugewinnen. Der Slang-Ausdruck „Screwball“, ursprünglich im Baseball die Bezeichnung eines unberechenbar geworfenen Balles, beschreibt umgangssprachlich eine schrullige Person und bezieht sich nicht auf die Filme, sondern deren Figuren. Das exzentrische Verhalten des romantischen Paares wird übersteigert, seine Vitalität und befreiende Spontanität richtet sich gegen die Regelhaftigkeit der vornehmen Gesellschaft. Das Komische bekommt dem Romantischen gegenüber den Vortritt und verleiht den Darstellern eine ungewohnte Wichtigkeit. Screwball-Stars wie Cary Grant, Carole Lombard, Melvyn Douglas oder Claudette Colbert bekamen von den Regisseuren freie Hand, den von ihnen entwickelten Typus mit jedem Film auszubauen und zu variieren (Byrge und Miller 2001, S. 5–20). In der Betonung der gemeinsamen Verspieltheit verweigern sich die Protagonisten der Screwball Comedy den Konventionen der Romanze. Ihre naiv-harmlose Zweisamkeit lässt keinen Raum für Anzüglichkeiten; im spielerischen Wechsel der Identitäten und Maskeraden werden Vorstellungen von adäquatem Geschlechter- und Klassenverhalten karikiert (Glitre 2006, S. 26). Screwball Comedys sind ein Produkt der New-Deal-Ära; bei aller Verrücktheit sind sie zugleich Ausdruck von Hoffnung und Optimismus angesichts der desaströsen Auswirkungen der Großen Depression auf das amerikanische Leben. Die utopische Welt der Liebenden, in der das triste Zeitgeschehen außen vor bleibt, ist allerdings zu hell, und zu wild, um als unreflektierter Eskapismus abgetan zu werden. Zudem tragen einige der Filme sozialkritische Untertöne. So ist der Klassenunterschied zwischen den Protagonisten in der Screwball Comedy ein wiederkehrendes Motiv. Mit den sich verändernden sozialen Umständen sowie dem Kriegseintritt der USA Anfang der 1940er-Jahre war der Bedarf an leichten Screwball Comedys gedeckt. Das Ende des Zyklus wird mit dem Jahr 1942 datiert. Spätere Filme griffen Elemente der Screwball Comedy auf oder verfilmten die Stoffe neu; zu einer Wiederbelebung ist es jedoch nie gekommen.

In aktuellen Betrachtungen zur Romantic Comedy steht das Verhältnis zwischen Genre und Ideologie im Fokus. Die Romantic Comedy wird als besonders geeignetes Vehikel zur Vermittlung von Ideologien gesehen. Man legt ihr zu Last, ein verklärtes Weltbild zu entwerfen, indem sie die wahre Liebe zur ewigen und unveränderbaren Macht erhöht. Zudem bekräftigt sie als zutiefst affirmatives Genre konservative Werte von Ehe, Monogamie und Heterosexualität. Gerade in der starren Konvention des Happy Ends wird die Tendenz zur Integration deutlich: Die Vereinigung des Liebespaares gegen Ende des Films markiert die Rückkehr zu einer patriarchalen Ordnung. Doch sollte man dem Happy End als Träger von Ideologie keine zu große Bedeutung beimessen. Anders als in anderen Filmen ist das Happy End der Liebeskomödie nicht durch narrative Logik bestimmt, sondern ereignet sich allein als Konvention des Genres. Dem Rezipienten ist die Fiktion des glücklichen Ausgangs durchaus bewusst: „Happy endings do not impress us as true, but as desirable, and they are brought about by manipulation.“ (Frye 1973, S. 170) Celesto Deleyto argumentiert, dass ein Genre als Ganzes über keine feste Ideologie verfügt: „[R]omantic comedy articulates ideological discourses in the field of affective and sexual relationships but it does not, as a genre, tell us what to think or how to behave, even if some of the individual films may do.“ (Deleyto 2009, S. 19) Gerade die verschiedenen Zyklen der Romantic Comedy machen deutlich, wie sehr die dem Genre inhärenten Diskurse über Liebe, Partnerschaft, Sexualität und Geschlechterrollen in ständigem Wandel vor dem Hintergrund der sich verschiebenden kulturhistorischen Kontexte stehen. So wird der emanzipatorische Ansatz der Screwball Comedy durch eine Rückkehr zu konservativen Geschlechterbildern in den prüden Sex Comedys der 1950er-Jahre abgelöst. Filme wie Pillow Talk (USA 1959, R: Michael Gordon), in denen reiche Playboys unschuldig-naive Blondinen verführen. Ausgehend von Woody Allens Liebeskomödie Annie Hall (USA 1977) ist in den skeptischen Nervous Romances der 1970er-Jahre eine stabile, glückliche Beziehung dagegen nicht mehr möglich. Die New Romance seit den 1980er-Jahren stellt schließlich eine Renaissance der klassischen Romantic Comedy dar, jedoch mit deutlich selbstreflexiven Untertönen. Auch das Happy End ist kein Muss; oft tritt am Schluss Freundschaft an Stelle der Liebesbeziehung. Ob sich dabei die Romantic Comedy kritisch mit dem Genre-Erbe auseinandersetzt oder traditionelle Werte bestätigt, entscheidet sich von Film zu Film.

8 Spielarten der Filmkomödie: Satire/Parodie

Aufgrund ihrer Eigenheit wird die Satire oft als selbstständige Form von der Komödie abgehoben (Nelson 1990, S. 23–25). Neben dem Film artikuliert sich die Satire als rhetorische Figur auch in anderen medialen Formaten, etwa als Spottdichtung, Roman, Bühnenstück, Lied, Magazin, Karikatur, Glosse, Fernsehprogramm oder Website. Der Ansatz der Satire ist didaktisch, sie benutzt Humor, um signifikante Inhalte zu verhandeln. Über eine komische Analyse des Zeitgeschehens werden Narrheit und Laster entlarvt und mit Lachen sanktioniert. Als Gesellschaftskritiker offenbart der Satiriker eine moralische Haltung. Seine Intentionen sind eindeutig. Durch beißenden Spott will er eine Reform der aufgedeckten Missstände bewirken: „Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an.“ (Tucholsky 1919) Für Northrop Frye sind zwei Dinge essenziell für die Satire: „[O]ne is wit or humor founded on fantasy or a sense of the grotesque or absurd, the other is an object to attack.“ (Frye 1973, S. 224) Die Schärfe der Satire richtet sich stets auf eine konkrete Zielscheibe. Dabei handelt es sich meist um reale Personen wie Politiker oder Würdenträger, soziale, politische oder ideelle Institutionen (Staat, Bürokratie, Medien, Familie, Religion, usw.) sowie alltägliche Verhaltensmuster und Mentalitäten. In der Gesellschaftssatire Le charme discret de la bourgeoisie (FR/ES 1972) steigert Regisseur Luis Buñuel die leeren Rituale der High Society ins Absurde, indem er das Gesellschaftsdinner, zu dem sich die Figuren wiederholt einladen, nicht stattfinden lässt. Aufgrund äußerer Restriktionen formuliert der Satiriker seine Kritik implizit und indirekt. Um der Zensur und staatlicher Intervention zu entkommen, benutzten Satiriker im Ostblock der 1960er-Jahre unter anderem die vermeintliche Harmlosigkeit des Animationsfilms, um ihre Regimekritik zu verhüllen (King 2002, S. 97–99). Das wichtigste Werkzeug zur indirekten Kritikäußerung ist die Ironie. Ironie ist in der Satire die zentrale Technik und artikuliert die reflexive, skeptische Haltung des Satirikers. In Prozessen der Differenzierung und Verneinung wird dem wörtlich Gesagten eine zusätzliche, abgeleitete Botschaft entnommen (Nilsson 2013, S. 9–10). Die ironische Doppelcodierung setzt auf das Vorwissen des Zuschauers – Erkennt er die außerfiktionalen Referenzen nicht, bleibt die Kritik unentdeckt. Satire ist ein abstraktes Gedankenspiel. Das Publikum baut eine kritische Distanz zu der Geschichte und ihren Figuren auf: „The satirical mode requires observation and judgment rather than identification; the conventions of psychological realism and character motivation are removed because they have no place in the genre.“ (Kolker 2000, S. 127) Die Figuren der Satire sind oft negativ gezeichnete Antihelden, die keine Sympathie zulassen. Ähnlich den Charakteren aus der Farce repräsentieren sie menschliche Untugenden wie Selbstsucht, Lust, Gier oder Feigheit und setzen durch ihr Fehlverhalten eine fatale Kettenreaktion in Gang. Oder sie sind komische Rebellen, die als letzte Bastion der Menschlichkeit im vergeblichen Kampf gegen die Widrigkeiten ihrer Umwelt stehen. Das Spektrum satirischer Komik reicht vom subtilen Seitenhieb bis zur grotesken Übersteigerung. Wichtige komische Prinzipien sind Kontrastierung, Perspektivverschiebung, Verfremdung und Übertreibung. Zusammenhänge und Verhaltensweisen werden ins Absurde gesteigert oder wirken in einem unpassenden Kontext besonders lächerlich. Satirische Geschichten nehmen nur selten ein gutes Ende. Stattdessen ist der Schluss offen oder ambivalent gestaltet, um den Zuschauer zusätzlich zum Nachdenken anzuregen. Der Satire ist jedes Mittel recht, ihr Zielobjekt der Lächerlichkeit zu überführen. Im harschen Umgang mit ihren Opfern nähert sie sich der Polemik. Oft schlägt die ironische Haltung in Zynismus und Sarkasmus um. Das Heilige und Unantastbare wird profaniert, tabuisierte Themen wie Tod, Sexualität oder Gewalt mit schwarzem Humor aufbereitet. Wie kein anderes Genre hat die Satire von The Life of Brian (GB 1979, R: Terry Jones) bis The Interview (USA 2014, R: Evan Goldberg, Seth Rogen) die verschiedensten Personengruppen provoziert. Ihre Filme werden diskutiert, zensiert, boykottiert oder verboten. Sie fordert regelmäßig die Grenzen der Kunst und des Lachens heraus. Oft stellt sich die Frage, wie weit ihr Spott gehen darf, etwa im scherzhaften Umgang mit den Schrecken des Dritten Reiches. In solchen Grenzfällen ist entscheidend, auf wessen Kosten die Lacher gehen: Wird das Schreckliche für den Selbstzweck der Unterhaltung verharmlost oder aktiv mit den Mitteln der Komik bekämpft?

Die Satire lässt die Grenzen zwischen Spiel und Ernst, Fiktion und Realität verschwimmen. Besonders in der Mockumentary, die Elemente des Dokumentarfilms parodiert, sind fingierte Vorgänge und echte Reaktionen nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Gleichzeitig ist das Format ein gutes Beispiel für den feinen Unterschied zwischen Satire und Parodie. Die Differenz der beiden sehr ähnlichen Darstellungsmodi liegt in ihren Intentionen. Will die Mockumentary den Zuschauer zum medienkritischen Bewusstsein aufrufen und den Inszenierungswahn des Menschen vorführen, ist es Satire. Amüsiert sie sich über das ästhetische Verfahren des Dokumentarischen, in dem sie wie in This Is Spinal Tap (USA 1984, R: Rob Reiner) die Geschichte einer fiktiven Rockband erzählt, ist es Parodie. Weniger bissig als die Satire, aber dafür massenwirksamer, reflektiert die Parodie nicht den Inhalt oder institutionellen Rahmen eines Mediums, sondern dessen Form. Ihr Spott richtet sich auf andere Medientexte, deren Konventionen, Klischees und Mittel der Repräsentation sie lächerlich macht. Dabei steht sie in einem komplexen Verhältnis zu ihrem Angriffsziel: Die Parodie imitiert das Original, übernimmt von ihm Elemente für die eigene Struktur und schafft gleichzeitig eine kritische Distanz zu ihm. Im Wechselspiel aus Subversion und Affirmation pendelt die Parodie zwischen verhöhnendem Spott und anerkennender Hommage. Seit der Antike ist die Parodie in allen Kunstformen vertreten; als intertextuelles Medium eignet sich das Kino besonders für diese referenzielle Art der Komik. Filmparodien können sich auf einen speziellen Film, ein Genre, eine Filmreihe, einen Filmemacher oder Formen der Filmproduktion beziehen. Ihre Nachahmung bzw. Abweichung zum Original erfolgt nach Dan Harris auf den drei Ebenen der Semantik (Motive, Figuren, Setting, Ausstattung, Ikonografie, etc.), Syntax (narrative Strukturen und Handlungsmuster) und des Stils (spezifische ästhetische Konventionen) eines Films. Am Anfang der Parodie steht die Wiederholung (reiteration). Die Ausgangslage des Films wird durch ähnliche Figuren, Kostüme, Requisiten und Einstellungen heraufbeschworen. Darauf aufbauend entwickelt sich die Komik ganz nach dem Prinzip der Inkongruenz durch die Abweichung von der etablierten Norm. In der ironischen Verkehrung (inversion) werden die Parameter der Semantik, Syntax und des Stils so modifiziert, dass sie in gegenteiliger Aussage zum Original stehen. In Mel Brooks’ Star-Wars-Persiflage Spaceballs (USA 1996) hat der schmächtige, brillentragende Lord Helmet (Rick Moranis) nichts mit seinem imposanten Vorbild Darth Vader gemein. Durch eine Fehlleitung (misdrection) führt die Parodie Zuschauererwartungen, die durch die Nähe zum parodierten Text evoziert werden, bewusst in die Irre. Zudem wird aus anderen Filmen und Bezugsebenen fremdes Material eingeführt (extraneous inclusion) und in Widerspruch zum bisher Gesehenen gebracht. So reitet Ranger (Christian Tramitz) in der Westernparodie Der Schuh des Manitu (DE 2001, R: Michael Herbig) im vollen Galopp durch die Prärie und gerät wegen überhöhter Geschwindigkeit in eine Verkehrskontrolle. Die Handlung einer Filmparodie gibt sich betont künstlich und selbstreflexiv, Redewendungen und Filmkonventionen werden in visuellen, klanglichen und textuellen Kalauern wörtlich genommen und entblößen ihren Automatismus (literalization). Generell treibt die Parodie mittels der Übertreibung (exaggeration) starre Gewohnheiten auf die Spitze (Harries 2000, S. 43–89). Durch das hohe Maß an Selbstreferenzialität, dem transtextuellen Spiel mit Zitaten sowie der Praxis der Wiederverwertung wird die Parodie mit dem ironischen Zeitgeist der Postmoderne in Verbindung gebracht (Hutcheon 2000, S. 72–84). Ihre andauernde Hochphase seit den 1960er-Jahren korreliert mit der wachsenden Filmkenntnis eines übersättigten Publikums. Parodien stellen einen metareflexiven Diskurs von Filmwissen dar, dessen Tradition in die Anfänge des Films zurückreichen. Als zersetzende Gegentradition zum klassischen Filmkanon hat sich die Parodie jedoch mit der Zeit selbst zur standardisierten Form verfestigt. Spätestens seit den 1980er-Jahren sind Parodien im Hollywoodkino eine gängige wie auch lukrative Praxis, um den Stoff von Filmreihen und -zyklen für ein eingebautes Publikum weiterzuverwerten, wobei die Grenze zur Fortsetzung immer mehr verwischt.

Zusammengefasst sind Satire und Parodie keine austauschbaren Begriffe, sondern beschreiben unterschiedliche Phänomene, die jedoch nicht selten ineinander verwoben sind. Satiren wenden oft parodistische Methoden an, um ihre Kritik zu formulieren, ebenso wie Parodien in der Attacke auf konventionelle Repräsentationsmodi satirisch sein können.

9 Spielarten der Filmkomödie: Schwarze Komödie

Schwarze Komödien zeichnen sich durch ihre saloppe Beschäftigung mit ernsten bzw. gesellschaftlich tabuisierten Themen wie Tod, Verbrechen, (Geistes-)Krankheit oder Behinderung aus. Sie definieren sich in erster Linie über ihren schwarzen Humor. Obwohl sein Auftreten sich bis in die Antike zurückverfolgen lässt, ist der schwarze Humor in Abgrenzung zum makabren Witz oder Galgenhumor im Wesentlichen ein Phänomen des 20. Jahrhunderts. Geprägt wurde der Begriff durch den Surrealisten André Breton, der in seiner Anthologie des Schwarzen Humors (1939) von Jonathan Swift bis Salvador Dalí Beispiele dieser besonderen Form des Lachens sammelte. Schwarzer Humor ist kein Genre, sondern eine Haltung; er offenbart eine existenzialistische Weltsicht. Sein bissiger, zutiefst antisentimentaler Witz richtet sich gegen die Selbstgefälligkeit des Menschen und entlarvt sein Dasein in Anbetracht eines endgültigen, erlösungslosen Todes als sinnlos und nichtig. In der entscheidenden Verbindung von Lachen mit Entsetzen löst der schwarze Humor beim Rezipienten gegensätzliche Gefühle aus und verunsichert ihn durch den abrupten Wechsel von Komik und Horror. Sein wichtigstes Werkzeug hierzu ist der Schock, der als komischer Überraschungseffekt ein nervöses, ersticktes Lachen erzeugt. In den 1960er-Jahren wurde der schwarze Humor nach den Erfahrungen der beiden Weltkriege, dem unbegreiflichen Schrecken des Holocausts sowie der permanenten Bedrohung einer nuklearen Vernichtung zur zynischen Grundeinstellung einer desillusionierten Generation (siehe Abb. 5). Eine Vielzahl von schwarzen Komödien entstand, die kontroverse Inhalte auf die Bühne und Leinwand brachten. Als Gattung hat die schwarze Filmkomödie thematische wie auch formale Ähnlichkeiten zum Theater des Absurden. In beiden dominiert das „Gefühl metaphysischer Angst angesichts der Absurdität der menschlichen Existenz“ (Esslin 1996, S. 14). Die Erkenntnis einer sinnlos gewordenen Welt artikuliert sich in der Auflösung von kausaler Handlungslogik sowie der Fragmentierung der Erzählung in Episodenketten und Situationen, die den Eindruck des Zufälligen und Unüberschaubaren wecken. Undurchsichtige Figuren reagieren auf sonderbare Ereignisse in einer bizarren Welt, schaffen Distanz zum Geschehen und vermitteln ein Gefühl des Verlorenseins. Normalität als erdendes Maß bleibt außen vor, im selbstreferenziellen und parodistischen Einsatz von Stilmitteln der Montage, der Bildgestaltung und des Musikeinsatzes wird der Zuschauer zusätzlich entfremdet. Die absurde Welt der schwarzen Komödie, in welcher der Einzelne nichts zählt, manifestiert sich häufig im Kriegsschauplatz als Handlungsort. In Filmen wie Catch-22 (USA 1970, R: Mike Nichols) oder Slaughterhouse-Five (USA 1972, R: George Roy Hill) ist der Mensch für den Wahnsinn der Welt, in die er geworfen wurde, selbst verantwortlich

Abb. 5
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In Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb (GB 1964) behandelt Stanley Kubrick die Atombombe als „colossal banana peel on which the world slips to annihilation.“ (Gehring 1996, S. 17) © Sony Pictures, DVD Screenshot, erstellt vom Autor)

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Neben der absurden Welt macht Wes Gehring als weiteres, wiederkehrendes Thema der schwarzen Komödie die Darstellung des Menschen als Bestie aus. Hinterhältig dekonstruieren die Filme die Idealvorstellung des moralischen Menschen und ersetzen sie durch das Bild eines triebhaften, auf animalische Bedürfnisse reduziertes Wesen. Der Mangel an Selbstkontrolle zeigt sich in einer oft zügellosen Darstellung vulgärer Akte, einem skatologischen Humor sowie in eruptiven Gewaltausbrüchen und der sexuellen Obsession der Figuren (Gehring 1996, S. 27–36). In seinem Naturzustand ist der Mensch der schwarzen Komödie des Menschen Wolf. Wahnsinnige Despoten, unzurechnungsfähige Offiziere, abgebrühte Killer, routinierte Gangster und selbstsüchtige Spießbürger töten einander aus pragmatischen oder oftmals nichtigen Gründen. Die Diesseitigkeit des Genres rückt zudem das Körperliche in den Mittelpunkt. Der menschliche Leib wird verformt, zerstückelt und mechanisiert, was sich ähnlich dem Horrorfilm in der rasanten Entwicklung filmischer Effekte und der Lockerung der Zensur immer drastischer visualisiert. In der radikalen Reduzierung auf seine Materialität wird der Mensch in schwarzen Komödien wie The Trouble with Harry (USA 1955, R: Alfred Hitchcock) oder Weekend at Bernie’s (USA 1989, R: Ted Kotcheff) als Leiche zum komischen Objekt: „[R]igor mortis is the reductio ad absurdum of Bergsonian automatism.“ (Winston 1972, S. 283) Die Bedrohung des Körpers ist Teil der Allgegenwart und unüberwindbaren Allmacht des Todes, dem zentralen Thema der schwarzen Komödie. Tod ist der schwärzeste aller Witze, seine Endgültigkeit die größte Absurdität und finale punchline des nichtigen Daseins. In den Filmen ereignet sich der Tod plötzlich, unmittelbar und beliebig, er ist die letzte Entwürdigung des komischen Opfers. Daher ist der Suizid ein beliebtes Motiv der schwarzen Komödie – ist er doch für die Figuren der einzige Weg, gegen die Willkür des Todes zu rebellieren.

„Suicide is Painless“ – das Titellied von Robert Altmans MASH (USA 1970) ist gleichsam die Hymne der schwarzen Komödie. Der befreiende Akt der Selbstnegation bezieht sich nicht nur auf die Selbsttötung, sondern auch die innere Abstumpfung, um die Alltäglichkeit des Wahnsinns ertragen zu können. Figuren reagieren mit schockierend lässiger Gleichgültigkeit auf den Tod und flüchten sich in der täglichen Auseinandersetzung mit ihm als Ärzte, Bestatter oder Killer in professionelle Betäubung. Hinter der morbiden Gelassenheit und dem respektlosen Lachen der schwarzen Komödie verbirgt sich eine verzweifelte Überlebensstrategie, das unfassbare Grauen mit den Mitteln der Komik bewältigen zu können. Dabei schwankt das Genre zwischen zwei grundsätzlichen Tendenzen. Liegt die Betonung der schwarzen Komödie auf dem Komischen, bewegt sie sich in die Sphäre des Absurden. In einem bejahenden Nihilismus akzeptiert das Individuum seine Bedeutungslosigkeit und versucht, das Beste aus seiner Lage zu machen. Überwiegt dagegen das Schreckliche, nähert sich die schwarze Komödie der Groteske. Mit den Mitteln der Vergröberung steigert sich das Unheilvolle ins Unerträgliche. Der verstörte Zuschauer wird durch drastische Bilder und einem bösen Erzählton verstärkt emotional miteinbezogen.

10 Zusammenfassung: Sechs Thesen zur Filmkomödie

Abschließend lassen sich aus den gesammelten Ergebnissen sechs Thesen zum grundlegenden Wesen der Filmkomödie ableiten, die jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Einige der Thesen stützen sich auf den Beobachtungen aus der von Andrew Horton und Joanna E. Rapf herausgegebenen Anthologie zur Filmkomödie (2015, S. 2–4):

  1. 1.

    Die Filmkomödie ist ein Genre der Gegensätze. Ihre Komik beruht auf Inkongruenz, der Diskrepanz zwischen einer gespannten Erwartung und ihrer unvermuteten Auflösung, wozu sie sich dem Suspense und der Überraschung bedient. Komik und Komödie stellen zwei gegensätzliche Kräfte dar, die das Genre zwischen Integration und Subversion wechseln lassen. Das impulsive Lachen steht als zersetzender Augenblick der zielorientierten Bewegung der Komödienerzählung hin zur Harmonie, Vereinigung und einem glücklichen Ausgang entgegen (Nelson 1990, S. 22). Filmkomödien sind anarchistisch und reaktionär zugleich, was für die Anerkennung ihrer soziokulturellen und ideologischen Funktion von großer Bedeutung ist (King 2002, S. 17).

  2. 2.

    Komödie und Tragödie stehen nicht in Opposition zu einander, sondern sind miteinander verwoben. Der aristotelischen Trennung zwischen edler Tragödie und niederer Komödie folgend wurden in vielen Untersuchungen Komödie und Tragödie dadurch definiert, wie sie sich von ihrem Gegenpart unterscheiden. Tragödien verhandeln das Ideelle und Erhabene anhand des Schicksals ausgewählter Individuen, während die festliche Komödie die Gemeinschaft zum Ausgangspunkt nimmt. Die strenge Unterscheidung existiert jedoch nur in der Theorie. Komödie und Tragödie sind keine unvereinbaren Extreme, sondern bedingen einander: „There can be no jokes without dramatic undertow, for there can be no incongruities if there is no emotional tension.“ (Durgnat 1972, S. 50) Das Wechselspiel aus Komik und Pathos, aus Nähe und Distanz zur lustigen Figur und seinem tragischen Konflikt der Unvereinbarkeit mit der Welt wird besonders in der Mischform der Tragikomödie deutlich (Vgl. Guthke 1968; Hettich 2008).

  3. 3.

    Die Komödie stellt den sozialen Konflikt des Menschen dar. Im Mittelpunkt steht die komische Figur und ihr gestörtes Verhältnis zur Umwelt (Seeßlen 1982, S. 15–24). Oft wird der Komiker in der Rolle des Außenseiters als Gesellschaftskritiker tätig; dazu beruft er sich auf die lange Kulturgeschichte des Clowns, Narren und Harlekins in der abendländischen Tradition. Im Spannungsfeld von Norm und Gegennorm protestiert er gegen die starren Konventionen der Gesellschaft, dargestellt in der dialektischen Auseinandersetzung zwischen respektlosem Spaßvogel (Playboy), mit dem wir lachen, und dem vergnügungsfeindlichen Spaßverbieter (Killjoy), über den wir lachen (Levin 1988, S. 40). Im wiederkehrenden Motiv der Maskerade verhandelt die Komödie zudem die Brüchigkeit von Identitäts- und Subjektkonstruktionen. Kleider machen in der Komödie sprichwörtlich Leute. Gerade in der Dopplung der Performance innerhalb der Filmhandlung durch Verstellung oder Imitation lenken Filmkomiker wie auch komische Darsteller die Aufmerksamkeit auf ihr performatives Geschick und entlarven das Ausagieren sozialer Rollen im Alltag als Maskenspiel. Ihre Wandelbarkeit hinterfragt das Konzept des abgeschlossenen Individuums.

  4. 4.

    Die Komödie ist eine Form des Spieles. Über ihre theatralen Wurzeln steht die Komödie in Verbindung zum Festlichen, Rituellen und Imaginativen und somit zum übergeordneten Verständnis des Spiels als kultureller Aktivität (Vgl. Huizinga 1987). Über das Spiel gehört die Komödie der Sphäre des Nicht-Ernsten an und kann in besondere Weise zur Bewältigung des Alltags dienen. Ihr sinnliches Vergnügen ist ein Gegenmittel zum Schmerz der Welt, gleichzeitig aber auch die Berechtigung, sich selbst der kontroversesten Themen anzunehmen und im Mantel der Unterhaltung scharfe Kritik zu äußern. Die Freiheit des Spiels schenkt der Komödie Möglichkeiten, die den ernsten Formen der Kunst oft vorenthalten sind.

  5. 5.

    Die Darsteller der Filmkomödie berufen sich auf die lange Tradition des Berufskomikers. Was sich heute als Lachgaranten der Komödie etabliert hat, erprobte sich in der direkten Kommunikation zwischen Akteur und Zuschauer einer jahrtausendealten Bühnenpraxis. In der professionellen Ausübung seiner Tätigkeit hat der Komiker eine größere Nähe zum Handwerker als zum freischaffenden Künstler. Sein Metier ist die Kunstfertigkeit, nicht die Kunst. Die Herausforderungen der berufsmäßigen Schauspielkunst und die Abhängigkeit vom Publikum haben ihn zum „Mechaniker der Emotionen“ (Jenkins 1992, S. 73) werden lassen – alles, was er tut, hat die direkte Stimulation des Zuschauers zum Ziel. Sein körperbetontes, nicht-mimetisches und anti-illusionäres Spiel steht den Normierungsversuchen einer realistisch-naturalistischen Kunstbewegung entgegen.

  6. 6.

    Die Komödie steht im Spannungsfeld zwischen Genre und Modus. Die beschriebenen Spielarten der Filmkomödie lassen sich ebenso verstehen als Modi des komischen Films. Alastair Fowler beschreibt Genres als externe Größen, die eigenständigen Nomen vergleichbar sind. Diese können durch verschiedene Darstellungsweisen (Modi) spezifiziert werden, die im adjektivischen Gebrauch dem Text zusätzliche Eindrücke abgewinnen (Fowler 1982, S. 106–111). Für Rick Altman begann die Komödie – wie die meisten Filmgenres – zunächst als Modus, bevor sie sich zum unabhängigen Genre substantivierte (Altman 1999, S. 51). Da die Einordnung als nominales Genre aufgrund ihrer Vielgestaltigkeit vage bleibt, ist die Filmkomödie treffender als Sammelbegriff für verschiedene Modalitäten des Komischen zu sehen, die sich oft innerhalb eines Filmes miteinander verflechten. So beinhaltet Anchorman – The Legend of Ron Burgundy (USA 2004, R: Adam McKay) Slapstick-Einlagen, Genreparodien, satirische Seitenhiebe auf die Institution des Nachrichtensprechers sowie Aspekte der Romantic Comedy. Doch ordnen sich die Modalitäten meist einer dominanten Komponente unter – in dem Fall der Comedian Comedy, da der Film auf das zum Teil improvisierte Spiel von Will Ferrell und seinen Komikerkollegen baut. Schließlich ist die Komödie als Darstellungsweise flexibel genug, selbst andere Genres zum Gegenstand zu haben und jede Art von Genrehybridisierung einzugehen: Gangsterkomödie, Horrorkomödie, Thrillerkomödie, etc. In dieser Hinsicht ist die Filmkomödie im besten Sinne ein Metagenre, da sie mühelos die verschiedensten Stimmungen, Implikationen und Genres zu einem komplexen Ganzen vermischt.