Polarlichter über Stuttgart

Viele Stuttgarter Sternfreunde der Sternwarte Stuttgart haben die blau-violetten Polarlichter über Stuttgart begeistert registriert und fotografiert.

In den vergangenen Tagen fand  einer der größten Geomagnetischen Stürme der letzten Jahrzehnte statt. Und so konnten in der Nacht vom 10. auf den 11. Mai  über ganz Deutschland und sogar über Stuttgart  Polarlichter beobachtet werden. Viele Stuttgarter Sternfreunde hatten die ganze Nacht durchgemacht und reiche  Bildausbeute eingefahren.
Typischerweise verbinden die meisten Menschen den Begriff Polarlicht mit vorhangähnlichen, grün leuchtenden Strukturen, die irgendwo weit im Norden (oder Süden) zu sehen sind. Doch grob alle zehn Jahre können Polarlichter so hell werden, dass man sie sogar in Süddeutschland mit bloßem Auge beobachten kann – in der Nacht von Freitag auf Samstag am 10./11. Mai war es wieder einmal so weit.
Polarlichter haben sehr viel mit Magnetfeldern zu tun. Zunächst fängt alles mit dem Magnetfeld unserer Sonne an. Denn wie die Erde hat auch die Sonne ein Magnetfeld (nur eben viel größer).

Fotostrecke 2 Fotos

Geomagnetischer Sturm in der Nacht vom 10l auf den 11. Mai

Außerdem dreht sich auch die Sonne um ihre eigene Achse. Hier hören dann aber schon die Gemeinsamkeiten zwischen Erde und Sonne auf. Denn unsere Sonne kann etwas Verblüffendes – sie dreht sich an ihrem Äquator schneller als an ihren Polen. Das funktioniert natürlich nur, weil die Sonne keine feste Oberfläche hat, sondern man sie sich eher als flüssigen Gasball vorstellen muss.
Durch diese verzerrte Bewegung werden die Magnetfeldlinien der Sonne regelrecht „aufgewickelt“. Die Folge ist ein extrem komplexes Magnetfeld, bei dem die Magnetfeldlinien nicht einfach von Nord nach Süd laufen, sondern stark gestört sind. Dabei können extreme Spannungen zwischen den Magnetfeldlinien auftreten. Diese Magnetfeldstörungen lassen sich (mit entsprechenden Spezialfiltern) auch von der Erde aus beobachten. Man kann sie in Form der berühmten „Sonnenflecken“ erkennen, erklärt Andreas Eberle, Vorsitzender der  Sternwarte Stuttgart.
Angesichts der riesigen Sonnenfleckengruppe AR3664 hatten Amateurastronomen schon seit ein paar Tagen auf Polarlicht spekuliert. Wenn nämlich die Magnetfeldlinien in solch einer Gruppe wieder in eine entspanntere Form „zurückschnalzen“, können sie dabei große Mengen geladener Partikel ins All schleudern. Wenn dieser Masseauswurf nun in Richtung Erde zeigt, kann es zu Polarlichtern kommen.

Auf Handy-Fotos sind die Farben der Polarlichter besser


Denn jetzt spielt das Magnetfeld der Erde seine zentrale Rolle. Zunächst schützt es uns und leitet die geladenen Partikel weitgehend an der Erde vorbei. Je nach Polarisation können die Sonnenpartikel aber mit den Magnetfeldern rückkoppeln und schließlich entlang der Magnetfeldlinien der Erde auf die äußersten Schichten unserer Atmosphäre stoßen. Dabei werden die Stickstoff- und Sauerstoffatome zum Leuchten angeregt. Je nach Anregungszustand entstehen dabei unterschiedliche Farben.
Die Wirkung aufs Erdmagnetfeld wird von den Astronomen in unterschiedliche Klassen eingeteilt. „Gestern hatten wir einen Geomagnetischen Sturm der Stufe G5 – das ist die höchste Stufe. Statt der typischen grünlichen Färbung bei niedriger Anregung hatten dabei die Farben Rot und Blau-Violett dominiert, die nur bei starker Aktivität zu sehen sind“, zeigt sich Andreas Eberle am Tag danach immer noch völlig begeistert von den Polarlichtern über Stuttgart.
Andreas Eberle  hat auch einen kleinen  Tipp zum Beobachten: Ein Foto mit hoher ISO-Zahl und mehreren Sekunden Belichtung ist – insbesondere was die Farben angeht – viel empfindlicher als unser Auge. Wer sich  also unsicher ist, einfach mal ein Bild machen – „wenn es rot ist, sehen Sie Polarlicht“.

Sternwarte Stuttgart 1920 gegründet

Der 1920 gegründete Verein „Schwäbische Sternwarte e. V.“ eröffnete bereits im Jahr 1922 die Sternwarte Stuttgart auf der Uhlandshöhe, die somit zu den ältesten öffentlich zugänglichen Sternwarten in Deutschland zählt. Dank des großen Engagements seiner ehrenamtlichen Mitarbeiter werden jedes Jahr rund 200 Führungen an verschiedenen Teleskopen angeboten. Hinzu kommen noch zahlreiche Vorträge, Workshops und kulturelle Sonderveranstaltungen zu allen Bereichen der Astronomie.

Sternwarte Stuttgart
Zur Uhlandshöhe 41
70188 Stuttgart
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