Stefan Zweig (1881–1942) ist neben Thomas Mann und Hermann Hesse der weltweit bekannteste und meistgelesene deutschsprachige Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Durch Übersetzungen und Übertragungen bedeutender Dichter wie Romain Rolland oder Emile Verhaeren machte Zweig sich ebenso einen Namen wie durch seine eigenen Werke.
Zweig wurde am 28.11.1881 in eine wohlhabende jüdische Familie Wiens hineingeboren. Sein Vater war als Textilfabrikant tätig. Stefan Zweig besuchte das Gymnasium und entdeckte seine Leidenschaft für Literatur. Bereits zu seiner Schulzeit begann er, eigene Gedichte zu verfassen. Ein Jahr nach seinem Abitur 1900 erschien sein erster Gedichtband »Silberne Saiten«. Zweig schloss ein Studium der Philosophie und Literaturgeschichte an. Während dieser Zeit begann er zu reisen. Seine ausgeprägte Wanderlust begleitete ihn ein Leben lang.
Zweig verfasste vor allem Erzählungen und Novellen sowie zahlreiche Essays und Monografien, einige Dramen und ein Opernlibretto. Zu seinen bekanntesten Werken zählen die »Schachnovelle« (1941) sowie die autobiografischen Schilderungen »Die Welt von gestern« (1942). Der Sohn aus großbürgerlichem Hause war ein umtriebiger Geist, als Autor äußerst produktiv und im ständigen Austausch mit Schriftstellern, Intellektuellen und Musikgrößen seiner Zeit.
Zeit seines Lebens war Stefan Zweig ein Reisender. Immer wieder gab er seiner »Wanderlust« nach, wechselte zwischen literarischen Gattungen ebenso wie zwischen Orten: Ausgedehnte Reisen führten ihn quer durch Europa, nach Hinterindien und in die Neue Welt. Mit dem Ausspruch »Meine Koffer gähnen mich leer an: ich muß ihnen jetzt das Maul stopfen« bereitete er im Februar 1911 seine erste Reise nach Amerika vor.
In seinem letzten Lebensjahrzehnt wurde aus Zweigs Leidenschaft, zu reisen und Neues zu entdecken, bittere Notwendigkeit: Vor dem um sich greifenden Nationalsozialismus emigrierte der Jude Zweig zunächst nach England und dann über New York nach Südamerika. Im brasilianischen Petropolis fand er ein neues Zuhause.
Jedoch reichte nach Jahren des Exils seine Kraft nicht mehr für einen Neuanfang in der Fremde, wie er in seinem Abschiedsbrief »Declaracão« schrieb. Zusammen mit seiner zweiten Frau Lotte nahm er sich am 23. Februar 1942 das Leben. Seinen Freunden in Europa sandte der überzeugte Pazifist vor seinem Tod einen Gruß: Er wünschte ihnen, nach der »langen Nacht« des Nationalsozialismus noch die »Morgenröte« zu sehen.
»Vor der Morgenröte« (2016)
Der deutsche Film »Vor der Morgenröte« kam im Sommer 2016 in die Kinos. In sechs Episoden erzählt die Regisseurin Maria Schrader von den letzten Lebensjahren des Schriftstellers Stefan Zweig. Im brasilianischen Exil persönlich zwar in Sicherheit, stürzt ihn die Situation in seiner Heimat in eine tiefe Verzweiflung. Hilflos muss der überzeugte Pazifist mit ansehen, wie Europa auf den Abgrund zusteuert. Er leidet an Schuldgefühlen gegenüber den zurückgelassenen Freunden. Das Werk ist eine einfühlsame psychologische Studie über einen großen Künstler und zugleich eine geschichtliche Rückschau mit Auswirkungen in die Gegenwart.