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Kultur „Die Rückkehr zum Land der Pinguine“

Einer lässt hier auf sich warten

Feuilleton-Redakteurin
Luc Jacquet mit Kaiserpinguinen Luc Jacquet mit Kaiserpinguinen
Luc Jacquet mit Kaiserpinguinen
Quelle: picture alliance/dpa/MFA
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Mit „Die Reise der Pinguine“ gewann Luc Jacquet 2006 einen Oscar für den besten Dokumentarfilm. Jetzt kommt mit „Die Rückkehr zum Land der Pinguine“ schon der dritte Teil der Reihe. Doch Fans sollten genau auf den Titel des Films achten.

Naturdokumentationen sind fast immer auch eine Lektion in Demut. Der Mensch wird daran erinnert, wie klein er ist, inmitten weiter Ozeane, Wüsten und dem ewigen Eis. Und daran, wie schön und beeindruckend, aber eben auch mächtig und unbehaglich die Natur sein kann. Das sieht man sich dann zu Hause an, gemütlich in die Kultur des heimischen Sofas eingebettet und träumt von Expeditionen mit Tropenhelmen, oder Schneestiefeln. Einer der erfolgreichsten Dokumentarfilmer lädt dazu nun wieder ins Kino ein. Luc Jacquet, der 2005 „Die Reise der Pinguine“ filmte und damit einen Oscar gewann, macht sich nach fast zehn Jahren wieder auf den Weg. „Die Rückkehr zum Land der Pinguine“ heißt sein neuer Film, der nach einer ersten Fortsetzung von 2015 („Die Reise der Pinguine 2“) bereits der dritte in der Reihe ist. Jacquet reist über Patagonien an den Südpol. Doch diesmal ist etwas anders.

Liebhaber der ersten beiden Filme sollten beim Titel hellhörig werden, denn sie könnten sonst enttäuscht aus dem Kino gehen. Es geht im neuen Werk nicht um das Leben der Pinguine, sondern um die Reise von Luc Jacquet. Und die Männer, die sich vor ihm an den noch unerforschten Ort wagten. Diejenigen, die als erste die Antarktis bereisten. Die in Patagonien am Ende der Welt standen und weiterwollten. Jacquet sitzt in der Kabine eines Schiffs und durchblättert Fotoalben dieser Männern. Damals hielten sie sich nur mit Wollmänteln warm, Teile von ihren Gesichtern scheinen dem Frost zum Opfer gefallen zu sein. Einige starben auf dem Weg.

Vor allem aber geht es um Jacquet selbst, der sich Gedanken ums Leben macht. Er spricht sie aus dem Off in schwarz-weiße Landschaftsaufnahmen hinein. Sie klingen wie die Reflexionen eines Abenteurers in der Sinnkrise. In der modernen Gesellschaft gebe es keinen Platz für Träumer, deswegen will er wieder den klärenden Wind Patagoniens im Gesicht spüren, so die dunkle Stimme des Dokumentarfilmers, der in der deutschen Version von Ronald Zehrfeld gesprochen wird. Jacquet breitet die Arme aus, fragt sich, wie sich die Spannweite eines Albatrosses beschreiben ließe. Die Sprache scheitert an der Natur. Sein Gesicht wird dabei – und das ist eines von vielen nervigen Stilmitteln dieses Films – immer nur kurz und meistens unscharf angerissen. Die Aufnahmen sind an den Rändern verwaschen und nur in der Mitte scharf gestellt. Häufig wechseln die Schärfeeinstellungen, als versuche jemand, die Kamera zu fokussieren. Doch es misslingt und dann kommt schon das nächste Bild.

Viele Fragen, wenig Antworten

Für den Zuschauer bleibt die Frage: warum? Soll hier der Blick eines Suchenden dargestellt werden, der sich in den Unschärfen der Welt verloren fühlt? Oder der eines von der modernen Arbeitswelt verdorbenen Menschen, der sich nicht mehr auf das, was wirklich zählt, fokussieren kann? Blicken wir hier durch die Augen eines Pinguins? Versinnbildlicht das Schwarz-Weiß den Klimawandel, in dem der Südpol schon jetzt als Teil der Vergangenheit anmutet? Die Antwort bleibt das Geheimnis des Dokumentarfilmers. Für den Zuschauer bleibt es ärgerlich. Der Südpol, als große weiße Fläche, hätte den perfekten Laufsteg für die verschiedensten Lichtspiele geboten. Wie es in Schnee und Wasser glitzert, oder in zartem Gelbrosablau hinter Nebelschwaden schimmert. Doch nur an einer Stelle dreht der Film den Farbfilter auf und zeigt ein unwahrscheinlich helles Polarblau, das zwischen rundgewaschenen Eisspalten im Meer leuchtet. Dann wird alles wieder grau. Wie unsinnig, dass ein Naturfilm dem Zuschauer die Schönheit vorenthält.

Lange muss man warten, bis endlich die Einzigen kommen, die man in schwarz-weiß sehen möchte. Die Pinguine tauchen erst in der zweiten Hälfte des Films auf. Dann bricht das Schiff durch das Packeis der Antarktis und entlässt die Filmleute auf das gefrorene Meer. Jacquet stapft als kleiner, dickeingepackter schwarzer Punkt durch kilometerweites, unberührtes Weiß. Die Spuren seiner Schuhe im Schnee sind geriffelt wie ein Waffeleisen. Eben noch vor milliardenalten Felswänden steht er dann vor einer Gruppe Pinguine. Die Flügel fest an den Körper geklemmt, den Schnabel zum Schutz vor der Kälte an die Brust gedrückt, watscheln sie in einer Kolonne vor sich hin, oder werfen sich auf ihre dicken Bäuche, um ein paar Meter weit zu schlittern. Eine Gruppe schreckt vor einer Spalte im Eisboden zurück, als plötzlich der Kopf einer Robbe auftaucht. Vor den Filmleuten aber scheinen sie keine Angst zu haben. Der Mensch scheint im Film immer mal als gewaltvolle Präsenz durch. Wenn es knackt, als das Schiff das Eis aufbricht, um an diesen, für ihn lebensfeindlichen Ort zu gelangen.

Man wird beim Zuschauen das Gefühl nicht los, dass Jacquet seine künstlerischen Eitelkeiten über das Projekt gestellt hat. Am Ende aber wird weder die Geschichte des suchenden Abenteurers noch die des Südpols richtig erzählt. Immer wenn die Kamera über die Schneelandschaften fährt und man das Knirschen und Knacken des Eises hört, sind es gewaltige und beeindruckende Bilder. Man würde sich wünschen, der Dokumentarfilmer hätte sie zu den Hauptdarstellern gemacht.

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