Von „Das Adlon“ wird bis zur Ausstrahlung nur der erste Teil in einer Arbeitsrohfassung f�r Journalisten zu sehen sein. Eine klassische Rezension ist so nicht m�glich. tittelbach.tv pr�sentiert deshalb eine Collage aus Inhaltsangabe, Statements und ersten Eindr�cken, angereichert mit den sch�nsten Fotos zu Uli Edels Dreiteiler. Ein Berliner Hotel, zwei Familien, drei politische Systeme, vier Generationen, zahlreiche Schicksale. Ein Jahrhundert im Zeitraffer. „Das Adlon“ ist eine Reise durch Inflation, Diktatur, Krieg und Zerst�rung.
Foto: ZDF / Stephanie KulbachLiebe mit Leiden. Der Pianist und die Erbin. Ken Duken und Josefine Preu�
Die Ausgangsidee: Menschen im Hotel – historisch
Den Produzenten Oliver Berben faszinierte seit Jahren die Vorstellung, einen Hotel-Film zu machen, durch das Schl�sselloch zu sp�hen, um Menschen zu begegnen, sie eine Zeitlang zu begleiten, um bewegende Geschichten einzufangen, ernsthafte und leichtgewichtige, Kom�dien und Trag�dien. Mit dem Gro�projekt „Das Adlon“, einer Familiensaga, die er f�r das ZDF als Dreiteiler produzierte, erschloss sich eine weitere Perspektive: die M�glichkeit, gleichsam die gro�e Geschichte einzufangen. Ein Hotel, seine Betreiber, seine Bediensteten, seine G�ste im Spiegel des 20 Jahrhunderts. Kaiserreich, Weimarer Republik, Nationalsozialismus – die politischen Systeme gingen, das Adlon blieb, selbst in den Ruinen des zerst�rten Hauses �berdauerte zu DDR-Zeiten der Mythos des Berliner Luxushotels, das in den 20er Jahren seine Hochzeit hatte. Nach der Wiedervereinigung erweckte der stattliche Nachbau, einen Steinwurf vom Brandenburger Tor entfernt, die Legende erneut zum Leben.
Foto: ZDF / Stephanie KulbachDer Vision�r: Lorenz Adlon (Burghart Klau�ner). Doch die Sorgen rei�en nicht ab.
Burghart Klau�ner �ber die Tonlage des Films:
„Durch die Wahl des Schauplatzes Hotel ist von vornherein die Absicht zu unterhalten deutlich, auch wenn der geschichtliche Hintergrund dieses Films nicht zu �bersehen ist – allein schon durch die prominente Stellung des Hotels in der Berliner Innenstadt. Wie in �hnlichen, siehe Vicki Baums „Menschen im Hotel“, ist die Wahl eines solchen Schauplatzes eher gepr�gt von Kolportage-Momenten als von reportagehafter Genauigkeit. Hier liegt der gro�e Unterhaltungswert eines solchen Projekts.“
Ein Hotel, zwei Familien, viele Schicksale
Der erste Teil von „Das Adlon“ wird gepr�gt vom gro�en Traum des aus kleinen Verh�ltnissen stammenden Hoteliers Lorenz Adlon (Burghart Klau�ner), ein Jahrhunderthotel zu bauen, „das Berlin zum ersten Gastgeber der Welt machen wird“. Die zweite Kraft, die die Lebensgeschichten schicksalhaft antreibt, ist eine Lebensl�ge: Sonja Schadt kommt im gleichen Jahr, in dem Adlon mit seinem Hotelbau beginnt, in Berlin zur Welt. Um einen Skandal zu vermeiden, entzieht Mutter Ottilie (Sunnyi Melles) ihrer 16j�hrigen Tochter Alma (Maria Ehrich) ihr Baby, verbietet ihr den Umgang mit Kind und Vater und gibt Sonja fortan als ihre eigene Tochter aus. Friedrich (Kai Malina), der 15j�hrige Sohn des Kutschers, der Alma geschw�ngert hat, bekommt eine Anstellung als Page im Adlon. Der Hotelpatron und der wohlhabende Kolonialwarenh�ndler Gustaf Schadt (Thomas Thieme) sind langj�hrige Freunde. Ohne Schadts Kredite g�be es das Adlon nicht. Und dann ist es soweit: das Adlon �ffnet seine Tore – Edison, Caruso, der Kaiser, alle sind sie zu Gast. „Dieses Hotel wird der neue Olymp sein, in dem sich die G�tter treffen, um die neue Weltordnung zu bestimmen.“, orakelt Gustaf Schadt. Ausgerechnet er macht der amerikanischen Fotografin Undine Adams (Christiane Paul), einer modernen, selbstbestimmten Frau, das Adlon schmackhaft. Sie ist hingerissen von diesem europ�ischen Flair – aber auch von Schadts Tochter Alma.��
Foto: ZDF / Stephanie KulbachDie Fotografin (Christiane Paul) und die k�nftige Juniorchefin (Marie B�umer)
Im Zentrum des zweiten Teils stehen die Goldenen Zwanziger. Auf den Stra�en herrscht Unmut, im Adlon wird gefeiert, getanzt, geliebt, gehasst. Nach dem Tod von Gro�mutter Ottilie zieht Sonja (Josefine Preu�) ins Hotel ihres Patenonkels und wird dort ihren Erbteil abwohnen. Ihr Vater Friedrich (Wotan Wilke M�hring) ist zum Concierge aufgestiegen. Sonja wird sich ungl�cklich in einen j�dischen Journalisten (Ken Duken) verlieben und wird Zeuge davon, wie unter den Nazis der internationale Geist des Hauses Adlon schwindet. Der neue Gesch�ftsf�hrer, Lorenz Adlons Sohn Louis (Heino Ferch), holt mit seiner zweiten Gattin Helma (Marie B�umer) eine nicht nur sch�ne, sondern auch eine Frau mit Sinn f�rs Gesch�ftliche in den Hotelbetrieb. Und dann tanzt Josefine Baker zum letzten Mal halbnackt auf dem Vulkan… Der dritte Teil erstreckt sich vom dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte, der Nazi-Herrschaft, den Kriegsjahren, als im Adlon ein Lazarett eingerichtet wurde, bis hin in die Zeit des Wiederaufbaus. Zwischendurch wird immer wieder ins Jahr 1997 vorgeblendet, zur betagten Sonja Schadt (Rosemarie Fendel), die dem Zuschauer die Geschichte erz�hlt.�
Rodica D�hnert �ber ihre Erz�hlstrategie:
„Ein Film braucht Emotionen. Woher waren die zu bekommen? Ich erfand die fiktive Familie Schadt und Loewe und setzte sie in eine unmittelbare Beziehung zu Hotel und Familie Adlon. Dramaturgische Strategie war es, die Schicksalsschl�ge der Figuren so anzulegen, dass sie mit dem Hotel verbunden bleiben.“
Foto: ZDF / Stephanie KulbachDie neue Gattin (B�umer) interessiert sich nicht nur f�r den Weinkeller. Heino Ferch
Uli Edel �ber das Erz�hlprinzip:
„Die Geschichte erz�hlt in erster Linie von den „Menschen im Hotel Adlon“ – gew�hnliche und au�ergew�hnliche Geschichten, von emotionaler Tiefe oder kurzlebig und fl�chtig wie das Kommen und Gehen seiner G�ste. Das Hotel wird zu einem mikroskopischen Brennpunkt, zu einer gesellschaftlichen Schaub�hne, auf der das Spektrum menschlicher Hoffnungen und Tr�ume sichtbar wird.“
Kritik – die ersten Eindr�cke (Teil 1)
Mehrteiler, insbesondere historische wie „Das Adlon“, brauchen Zeit, um den Zuschauer abzuholen und in eine ihm ungewohnte Welt zu entf�hren. Das Motiv der heimlichen Liebe l�dt die Exposition gleich mit reichlich Gef�hl auf und verk�rzt die Zeit, bis Leben ins Hotel und damit Schwung in die Handlung kommt. Der Einstieg dient auch dazu, ein sterbendes Zeitalter zu zeigen: preu�isches Pflichtbewusstsein und in Uniform und Korsetts gezw�ngte K�rper symbolisieren die alte Welt. Im Hotel herrscht wenig sp�ter ein anderer Geist. Nicht umsonst lautet der Traum von Lorenz Adlon: „Im Adlon wird man nicht nur �bernachten – im Adlon wird man sein.“ Weltm�nnischer Charme dominiert �ber deutschen Drill. Die zweite H�lfte des ersten Teils gibt ein Versprechen auf die Fortsetzung und sie macht gro�e Lust, den privaten Geschichten weiter zu folgen, aber auch zu sehen, wie die deutsche Sittengeschichte fortgeschrieben wird: wie die starren Regeln der Wilhelminischen �ra aufgebrochen werden. Der Film bleibt konzentriert bei seinen zwei, drei Hauptgeschichten. Die Zeitspr�nge im ersten Teil macht man als Zuschauer problemlos mit. Interessant wird zu sehen sein, ob im zweiten und dritten Teil die Alterungsprozesse ebenso bruchlos hingenommen werden k�nnen.
Foto: ZDF / Stephanie KulbachSp�t gefunden: Sonja (Josefine Preu�) & ihr Vater Friedrich (Wotan Wilke M�hring)
Diese Familiensaga ist eine typische Upstairs-Downstairs-Story. Von seiner Tonlage her ist der erste Teil eine stimmungsvoll ausstaffierte Mixtur aus Melodram, Hotelfilm & Sittengem�lde; im Laufe der Handlung wird man „Das Adlon“ wohl mehr und mehr auch als kurzweilige Geschichtschronik begreifen. Der Film �berfordert den Zuschauer nicht. Die Besetzung ist nicht nur namhaft, sondern auch weitsichtig zusammengestellt. Josefine Preu� wird sich mit „Das Adlon“ wohl endg�ltig vom Teenager-Image verabschieden k�nnen. Und auch wenn das Alter bei den (Zweit-)Besetzungen nur selten stimmig ist (Klau�ner und Ferch spielen Vater & Sohn) – was z�hlt, ist die Wirkung beim Zuschauer, sind die Emotionen, die der Film freisetzt. Dem Hollywood-erprobten Regisseur Uli Edel und Autorin Rodica D�hnert gelingen bereits im ersten Teil, trotz des Bilderbogencharakters und bisher nur angedeuteter Biografien, einige bewegende Momente. Das wird sich steigern – durch die Tragik der Historie und die zunehmende Vertrautheit mit den Hauptfiguren. Wer viel Familiensaga und Zeitgeschichte als �tmosph�rische Folie erwartet – der wird bei „Das Adlon“ voll auf seine Kosten kommen.
Ferch & B�umer �ber Kost�m & Maske:
„Meine Rolle erstreckt sich �ber 40 Jahre. Ich hatte deshalb mindestens f�nf Per�cken und einige Drehtage, an denen ich einen 70-J�hrigen gespielt habe. Wichtig ist, dass man die Maske nicht sp�rt. In diesem Fall trug sie sich federleicht und hat es erm�glicht, jeden Gedanken �ber die Mimik zu transportieren.“ (Heino Ferch)
„Viele Menschen sind mit 70 Jahren noch sehr lebendig und dynamisch. Es �ndert sich allerdings die Rotation im K�rper, alles wirkt steifer und das Gewicht verlagert sich in die K�rpermitte. Um dieses Gef�hl zu erzeugen, habe ich mir einen G�rtel aus Gardinenblei n�hen lassen.“ (Marie B�umer)
Foto: ZDF / Stephanie KulbachNur mit einer Bananenschale. Umjubelter Auftritt von Josefine Baker im Adlon
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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