100 Jahre Wolfgang Neuss

Wolfgang Neuss, 1985
Werner Bethsold – CC-BY-SA-4.0, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Heute wäre Wolfgang Neuss (1923-1989) 100 Jahre alt geworden: Eine Würdigung des Kabarettisten und Schauspielers.

Ebenso heute findet in der UFA-Fabrik Berlin eine große Hommage statt.  Am Sonntag und am Dienstag bin ich dabei.

Untenstehend meine Würdigung seines Lebenswerks und der gesammelten Werke “Der totale Neuss”, die Volker Kühn – “Ich kenne niemanden, der mehr mit dem Bauch gedacht und mit dem Kopf gefühlt hat als Wolfgang” – 1997 herausgegeben hat.

“An jenem Tag im Frühjahr 1943, als Professor Albert Hofmann in Basel das LSD entdeckte, schoß ich mir bei dem weißrussischen Ort Rshew in meine linke Hand,” antwortete Neuss Mitte der 80er Jahre auf die Journalistenfrage nach dem wichtigsten Ereignis in seinem Leben – und streckte dem Kollegen die zeigefingerlose linke Hand entgegen: “Symbol für Kunst statt Krieg. Selbstverstümmelung war und ist eine gute Friedensbewegung !”.

Zuvor hatte man den Schlachtergesellen und MG-Schützen Hans Otto Wolfgang Neuss nach einer Verwundung mit dem EK 1 ausgezeichnet. Doch er wollte zurück ins Lazarett, Verwundeten Witze erzählen. “Die Feigheit brachte mich zum Fortschritt.” Mit 14 war er aus Breslau nach Berlin abgerückt, um Clown zu werden, der Ausflug endete auf der Wache am Bahnhof Zoo. Jetzt, im Lazarett und später im Internierungslager, versuchte er sich als als Truppenbetreuer bei bunten Abenden: “Ich merkte, daß ich Witze besser erzählen konnte als die, von denen ich sie hatte.” Nach der Entlassung tingelt er als “Hansi Neuss” (der “Wolfgang” kam erst ab 1950) mit einem Leiterwagen und einem Geiger durch norddeutsche Gasthöfe, das “Reichs Kabarett der Komiker (ReKaDeKo)” gibt das Programm “Lachkalorien” – Gagenminimum: ein Abendessen. Neuss konferiert, spielt Sketche, reißt Witze, ein US-Kontrolloffizier drückt ihm Tucholsky in die Hand – und legt mit dieser reeducation den Grundstein zu einer beispielhaften deutschen Karriere.

“Wolfgang Neuss ist tot, reden wir über die Weltliteratur”

“Wolfgang Neuss ist tot, reden wir über die Weltliteratur” schrieb Matthias Beltz 1989 in seinem Nachruf auf den Kabarett-Meister. Das war schon damals kein Witz, beziehungsweise einer, der es in sich hatte – jetzt, wo seine Gesammelten Werke erschienen sind, lässt sich das auch für Außenstehende ermessen. Der kleine Mann aus Breslau, der in den 50ern zu d e r Berliner Großschnauze wurde, der vom Filmstar und Playboy zur Instanz des politischen Kabaretts mutierte, vom trällernden Räuber aus dem “Wirtshaus im Spessart” zum Schrecken Adenauerscher Rundfunkräte, vom komischen Knallchargen zum Lautsprecher der APO, und dann, vom Anmacher und Unruhestifter zum Aussteiger, Haschisch-Orakel und Meditationsmeister – dieser “Zwerg Mundwerk”, wie ihn die FAZ einst titulierte, war nicht nur ein Hanf Dampf in allen Gassen.

Wolfgang Neuss hat auch ein Werk hinterlassen, das große Kunst genannt werden muss, auch wenn man hierzulande dafür nur den deutschen Kleinkunstpreis (5000 Mark, 1983) übrighatte. Viele seiner Schüler und Adepten, allen voran der hochdekorierte Wolf Biermann, dem Neuss einst die erste West-Tournee ermöglichte, wurden vom Kulturbetrieb da ganz anders bedacht. Wenn jemand wirklich gute Witze macht, sitzt eben immer noch halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel – Neuss war zu roh, zu radikal, zu rebellisch, um als saturierter Literat zu enden. Und zu konsequent, um nach seinem Rückzug von der Bühne Mitte der 70er als angepasster Alter Ruhe zu geben. Da ging er lieber zum Sozialamt, schnorrte Kollegen und Freunde an und grüßte – zahnlos, aber bissig – als “Drogenwrack aus Charlottenburg”. Und wenn man ihn fragte, woran er gerade arbeite, antwortete er: “An mir.”

“Ich rauche den Strick an dem ich hängen würde”

Was der Neuss denn so mache, wo er denn stecke, das war, so die “Zeit” 1974, “jahrelang die nationale Frage”. Für Medienskandale sorgte während dieser Zeit allenfalls sein Aussehen, dass die Journaille unter “Zahnloses altes Weib” oder “Indiandersquaw” und zur Moritat ‘Vom Superstar zum Kellerkind` ausschlachtete. Dass dieser frischfrechfröhliche Mann mit der Pauke und Tausendsassa der Medien, die Schandschnauze der Nation sich so einfach zurückzog und schwieg, wollte niemand so recht verstehen. Dabei tat er nichts anderes, als den Protest zu leben, den er zuvor hinausgeschrien hatte: der schnieke Playboy und “Jaguar E” – Fahrer übte Konsumverzicht, verschenkte seine Habe und ließ sich statt im Luxus-Penthouse auf dem Meditationskissen einer leeren Zweizimmerwohnung nieder. Und er kurierte seine 20-jährigen Tabletten-und Alkohol-Orgien mit Cannabis: “Ich rauche den Strick an dem ich hängen würde”, verkündete er und wurde nicht müde, den Hanf als Medizin für Körper und Geist zu preisen.

Ich habe nie recherchiert, ob die tapfere “Friedensbewegung” des Humorsoldaten Neuss tatsächlich am selben Tag stattfand wie Albert Hofmanns Zufallsentdeckung des stärksten bekannten Psychedelikums – doch auch wenn das Datum nicht stimmt, bringt es die zwei einschneidenden Ereignisse seines Lebens auf den Punkt. Den Schuß in’ s eigene Fleisch, um die Haut zu retten und als Witzbold zu überleben – und die spirituelle Erleuchtung, die ihm Anfang der 70er Jahre durch LSD zuteilwurde. Und die selbst dem Großmaul und Lautsprecher erstmal die Sprache verschlug: “Stell Dir vor, ganz Frankfurt entdeckt, dass der Mensch ein geistiges Wesen ist und überlebt. Die Leute bringen sich um vor Glück. (…) Nicht ungefährlich, denn Du kannst Dir vorstellen, was passiert, wenn Frau Müller aus Neukölln plötzlich entdeckt, dass sie mit zum Göttlichen gehört. Die springt vor Glück fünf Meter in die Luft, und es gilt darauf zu achten, dass sie weich landet. Darauf hat Dr. Hofmann immer wieder hingewiesen: Was auch passiert, Du bleibst sitzen. (…) Und wenn Du sitzenbleibst kriegst Du mit, wie die wirkliche Kommunikation funktioniert: schweigend.”

Diese geistige Aufrüstung war das, was Neuss der martialischen Aufrüstung der 68er Kulturrevolution zur RAF entgegensetzte – das Morden und Brandschatzen hatte er hinter sich. “Das letzte Mal war´n die späteren RAF-Leute bei mir nach der Baader-Befreiung und sagten: ‘Wolfgang, du musst uns helfen, wir brauchen dein Auto.’ Ich hab gebrüllt: ‘ Seid ihr wahnsinnig’ und nicht mitgemacht – leider, wie man heute sagen muss. Denn wäre ich Wahnsinniger damals eingestiegen, hätte das ganze Abenteuer keine drei Tage gedauert.” Ein Foto von Ulrike Meinhof und ihren Zwillingen hing dennoch bis zum Schluss in seinem zu einer einzigen Pinnwand ausgewachsenen Zimmer. Für Neuss kam als Konsequenz aus der Radikalität der 60er Jahre kam nur das Abenteuer der Selbstfindung in Frage. Und als er wieder auftauchte, aus der inneren Versenkung, bricht er sein Schweigen mit Worten, die den alten Freunden irre und bizarr vorkommen. “Rauch nicht so viel von dem Zeug” mahnte Uwe Johnson, bevor er sich langsam tot soff. Dass kein Biermann oder Enzensberger, kein Hildebrandt, Hüsch oder ein anderer Kabarett-Kollege es ihm nachtat und asketisch auf der Meditationsmatte Platz nahm, um Einblicke ins Rad der ewigen Wiederkehr zu erhaschen, dass ihm kein Wolfgang Müller (sein Kabarett – Partner in den “goldenen” 50ern, der mit dem Flugzeug abstürzte) nachwuchs, nahm er keifend und zeternd übel.

“Wir müssen Hitler so lange wiederholen, bis er ein Hit ist … ab 5 Uhr 45 wird zurückgelächelt.”

Ganz anders aber die Texte, die Neuss fortan produziert: immer noch der blitzschnelle Assoziations-Artist und Kalauer-König (“Die Nordsee ist umgekippt – hat mal jemand nen Lappen?”), aber er schöpft nicht mehr aus dem “Anti”, der Negation, dem permanenten Protest. Statt wie einst den Gegner mit verbalem Schnellfeuerbeschuss niederzumähen, übt sich der späte Neuss in der Zen – Politik der Umarmung, im “an die Wand lieben”: “Wir müssen Hitler so lange wiederholen, bis er ein Hit ist … ab 5 Uhr 45 wird zurückgelächelt.”

Als ich die ersten Texte des “neuen” Neuss – “Freiwillige Selbstkontrolle”und “Happy End Auschwitz” – zu lesen bekam, richteten wir ihm 1982  im “taz”-Feuilleton sofort eine Kolumne ein. Und er sprach mir wöchentlich seinen aberwitzigen, buddhadaistischen Monolog auf Band, in dem Lokalklatsch und Globalstrategie, Privatclinch und Weltkrieg, Kleinkunst und Großkultur, Tagesaktualität und Ewigkeit auf holographische Art kollidierten. Spritzig, witzig und weise. Klaus Theweleit, Chef-Analytiker deutscher Männerphantasien, hat Neuss’ “genialen Zeilen” zum Faschismus später zitiert – neben Benn, Jünger, Pound, Hamsun, Elvis, im “Buch der Könige”. Da gehört er hin, der Neuss, als Schlachtergeselle zu den Dichterkönigen, als deutscher Trommler neben den Rock`n Roll King. Paradebeispiel für einen, der nicht Faschist geworden ist (oder, wie Elvis, als Drogenwrack zu den Narcs überlief).

“Auf deutschem Boden darf nie wieder ein Joint ausgehen”

“Auf deutschem Boden darf nie wieder ein Joint ausgehen” entbot er Richard von Weizsäcker bei seiner legendären Talkshows – Auftritt 1983 zum Gruße – der Spruch war ihm am Nachmittag auf einer Glückwunschkarte zum 60. Geburtstag zugeflogen, von einem Fan aus dem Knast. Ihn gleich am Abend vor einem Millionen-Publikum als Appell an “Häuptling Silberlocke” zu bringen, war nicht nur typisch für die Neussche Methode, es brachte auch das Phänotypische dieser deutschen Biographie auf den Punkt. Nicht den typischen Oberleutnant, mit Oberwasser unter aller Regimen, sondern einen deutschen Schweijk und Torpedokäfer: “Ich hab nie aufgehört von unten anzufangen.”

Die gesammelten Werke des Wolfgang Neuss präsentieren nicht nur die Geschichte eines einzigartigen Künstlers, sondern auch eine einzigartige Geschichte dieser Republik, gesehen von einem ihrer wachesten Zeitgenossen. Sie tauchen wieder auf, die militärischen Vierziger (“Herr Oberst, habe zehn Gefangene gemacht – Na bringen Sie sie her! – Geht nicht, sie halten mich fest”) , die Fünfziger des Wirtschaftswunders und der Wiederbewaffnung, der Adenauers und Erhardts, die Pinscher und Piefkes (“Die von der CDU werden noch so lange machen, bis der liebe Gott aus der Kirche austritt” ) und die Protest- und Aufbruchsära der Sechziger, die Neuss mit seinen über Jahre ausverkauften Solo-Programmen – “Das jüngste Gerücht”, “Neuss Testament” und “Asyl im Domizil” – entscheidend anblies (“Wir können hier richtig deutsch diskutieren, wir haben Verbandszeug im Hause“). Volker Kühn hat die wichtigsten Texte aus vier Jahrzehnten, darunter auch die Drehbücher zu den Filmen “Wir Kellerkinder” und “Genosse Münchhausen” zusammengestellt und um zahlreiche Lebenszeugnisse, Interviews und Bilder ergänzt. Ein wunderbares Buch, daß freilich nicht den “totalen Neuss” enthält, denn der war kein Schreiber, sondern ein Artist des gesprochenen Wortes, weshalb vieles in diesem Buch aufgezeichnet und abgehört wurde. Insofern bietet der Band, trotz seiner Fülle, nur Momentaufnahmen einer Persönlichkeit, die es in der allmählichen Verfertigung von Pointen beim Sprechen zu unerreichter Meisterschaft brachte. So wie einst Tucholsky den braunen Humorsoldaten Neuss zum kritischen Volksaufklärer transformierte, könnte auch dieses Buch einer Bildungslücke schließen. Im Zeitalter der trostlosen Comedy-Inflation sollte für die Akteure mehr denn je die Maxime des großen Vorsitzenden gelten: “Heut mach’ ich mir kein Abendbrot, heut mach ich mir Gedanken.”

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16 Kommentare

  1. Genosse Münchhausen oder Wir Kellerkinder, Bomber & Paganini, Ein Herz und eine Seele.

    Alles olle Kamellen und demnächst kann sich der Deutsche Untertane ganz legal den Verstand mit THC Supprimieren.

  2. Sehr schön! Danke! Einer der sich kompromisslos treu geblieben war! Wo ist sie geblieben, die Spassguerilla !? Stattdessen, wo man hinschaut, perspektivlose Funktionalisten, die sich darauf beschränken Szenarien zu beschwören und, nicht mehr wissen, was eine Vision ist!

  3. Ein schöner Artikel, Herr Bröckers!
    Danke.

    Gerade gestern dachte ich, dass es doch gut wäre, wenn OT auch einmal nicht über Katastrophen berichten würde.

    Solche Leute mit einer derartigen Schlagfertigkeit und Kreativität gibt´s heute wohl nicht mehr.

    Ich erinnere mich noch, wie er bei der erwähnten Talkshow (im Jahre 1983) Richard von Weizsäcker als „Ritschie“ anredete.
    Ob das noch im Netz ist? Ja, tatsächlich, sogar mehrfach! Etwa hier:
    https://duckduckgo.com/?hps=1&q=%22wolfgang+neuss%22%2B%22v.+Weizs%C3%A4cker%22+talkshow&atb=v332-1&iax=videos&ia=videos&iai=https%3A%2F%2Fwww.youtube.com%2Fwatch%3Fv%3DwxI9CyU1o_o

    Seinen Abbau empfand ich als traurig, denn der Unterschied zwischen dem munteren Neuss der 1950er und 1960er Jahre und dem verwahrlost wirkenden und früh gealterten Haschisch-Neuss der 1980er Jahre war schon beträchtlich.

    Hier ein kurzes Video von ihm aus früheren Jahren, vielleicht 1960:
    https://duckduckgo.com/?q=Innere+F%C3%BChrungs+Kettenreaktion+von+Wolfgang+Neuss%22wolfgang+neuss%22%2B%22v.+Weizs%C3%A4cker%22+talkshow&atb=v332-1&iar=videos&iax=videos&ia=videos&iai=https%3A%2F%2Fwww.youtube.com%2Fwatch%3Fv%3DFzjzSWfZ3xM

    … und hier eines von 1988:
    https://www.youtube.com/watch?v=Mqks8VDG0kA

    Wie auch immer – ein toller Kerl und guter Mensch!

  4. Wenn man einen schönen Artikel liest und dann gleich die ersten zwei saublöde Kommentare, ist man gleich wieder geerdet…. wie bei Kiffen – wenn der Rausch vorbei ist, blickt man in die kalte Realität.

  5. Ich kannte nur den Namen, wusste auch irgendwie, wer und was er war aber als Zoni kannte ich den frühen Neuss kaum und der späte interessierte mich erst mal nicht.
    Die Homage des Autoren, ich hatte sie schon auf seinem Blog gelesen, veranlasste mich, mal den Links zu folgen.
    Ich bin beeindruckt aber absolut entsetzt. So viel Deligitimierung des Staates. Ist denn niemand dagegen eingeschritten? Und dann tatsächlich in der ARD. Ich hoffe, dass der Intendant gefeuert wurde. Unfassbar! Was bin ich froh, dass sich unsere Sender seitdem so positiv entwickelten. Welke, Böhmermann, Kebekus…. Das sind Künstler, die ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. Und soo witzig. Mit hochgezogenen Augenbrauen irgendeinen Satz in die Kamera sprechen, in dem Niedersachsen und Schafe vorkommen. Das schüttelt einen doch vor Lachen. Bei Neuss, also den wenigen Sachen, die ich in den letzten Tagen gesehen habe, bleibt das Lachen oft in Halse stecken.

    1. @ 1211

      „Ich bin beeindruckt aber absolut entsetzt. So viel Deligitimierung des Staates. Ist denn niemand dagegen eingeschritten?“

      Nein, das durfte man damals, denn Westdeutschland wollte ein freies Land sein. Darauf waren wir stolz!
      Sie haben das sehr gut aufgespießt, denn es kennzeichnet eine wirklich dramatische Veränderung. Wenn ältere Leser und auch ich mitunter schreiben, dass das frühere Westdeutschland viel freier und liberaler war als das heutige Deutschland, dann sind diese alten Videos ein guter Beleg.

      Hinzu kommt noch, dass die alten Auftritte von Neuss ja aus einer Zeit stammen, die noch deutlich VOR der 68er-Revolte war! Zu den Kabarettisten der „Stachelschweine“ hatte er schon 1952 Kontakt, der kritische Film „Wir Kellerkinder“ ist von 1960 und seinen größten Erfolg als berühmter und unangepasster Kabarettist hatte er schon Mitte der 1960er Jahre.

      Ich betone das deshalb, weil im heutigen Medienbetrieb ja oft die irrige Auffassung verbreitet wird, dass Westdeutschland und West-Berlin vor 1968 eine ganz schrecklich bleiern-schwere, unfreie und triste Zeit erlebt hätten. Das stimmt aber nicht, das ist politisch motivierte Geschichtsfälschung!

      Übrigens mokierte sich darüber auch schon Günter Gaus, der heute leider halb vergessene, aber damals einmal berühmte Journalist und spätere Leiter der Ständigen Vertretung der BRD bei der DDR (ich glaube in seinem Buch „Die Welt der Westdeutschen“. 1986). Und das war jemand, der politisch eher etwas mehr auf der linken Seite stand. https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCnter_Gaus

      Aus Sicht von DDR-Bürgern war insofern im Hinblick auf die Meinungsfreiheit der Unterschied zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland auch – oder gerade – in den 1950er und 1960er Jahren gewaltig groß.

    1. Wie sollte man, wenn man kein Zombie ist, auch nicht ausgebrannt sein. Und Neuss ist dann mal anderes, was belebendes.

      Aber der velinkte Blog ist tatsächlich nicht uninteressant. Jedenfalls der erste Text, den ich gelesen habe. Ich habe auch immer überlegt, warum die Russen sowenig gemacht hatten, um ihre Auslandsguthaben zu schützen und noch mehr, warum der Westen mit mit dem Einziehen und Verwerten so lange zögert. Ob er mit seinen Thesen recht hat, weiß ich nicht. Aber plausibel ist es, was er vorträgt. So ergibt das Handeln beider Seiten einen Sinn. Und das Schöne ist, dass wir vermutlich sehr bald sehen werden, ob sie zutrifft.
      Und was er über die deutsche Haushaltslage schreibt, pfeifen schon die Spatzen von den Dächern. Um das nicht zu sehen, muss man schon deutschr Berufspolitiker sein. Und damit wären wir fast schon wieder bei Neuss. Was könnte man, wenn es sowas noch gäbe, für Kabarett über diese Regierung aus Studienabbrechern akdemischen Hochstaplern und Sachunkundigen machen!

  6. Gestern las ich den Artikel
    https://overton-magazin.de/dialog/das-unrecht-das-die-israelis-gegenueber-den-palaestinensern-begehen-hielt-ich-nicht-mehr-aus/
    und heute diesen. Da kannte ich aus meiner damaligen Zeit, als hessischer Zögling noch andere, die sich aus diesem System der Simulation, auch zurückzogen…
    Die Quintessenz ist der Geist und seine konsequente Handlung, um sich vom Schaffot der rächenden zu schützen.
    Denn die Rache der exekutierenden ist Grundauf bös, aber nicht die Reaktion zur ‚Resignation‘, weil diese selbst auferlegte ‚Strafe‘ die unterste bedeutet.

  7. “ vom trällernden Räuber aus dem “Wirtshaus im Spessart” zum Schrecken Adenauerscher Rundfunkräte, “

    Kleiner Einwand: Das liest sich, als seien das zwei aufeinanderfolgende Karrieren gewesen. Eine „volkstümliche“ und dann eine kabarettistische. Tatsächlich war Neuss schon seit Anfang der 50er mit seinem Kollegen Wolfgang Müller als „die beiden Wolfgangs“ kabarettistisch überaus aktiv und erfolgreich – zeitgleich mit den oft gemeinsamen Filmauftritten nicht nur im „Wirtshaus im Spessart“, sondern auch in „Wir Wunderkinder“, „Rosen für den Staatsanwalt“ und zuletzt in „Als geheilt entlassen“. Dann starb Müller bei einem Unfall, was Neuss ziemlich aus der Bahn warf. Die beiden waren im besten Sinne kongenial, und nun fehlte einer…

    Und selbst in den eher klamottigen „Spessart“-Film konnte Neuss politische Spitzen einbringen, die sicher voll auf der Linie des Regisseurs Hoffmann lagen. Unvergessen die nur oberflächlich harmlos klingende Belehrung des Räubers Neuss an den Räuber Müller: „Du kannst doch zu einem General nicht „Mensch“ sagen!“

    Überhaupt war Neuss wohl unerreicht in seinen intelligenten Wortspielen. Erst kürzlich las ich ein Zitat, das mir noch völlig unbekannt war. Jeder kennt ja den Spruch „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“. – daraus machte Neuss „Stell dir vor, es geht und keiner kriegts hin“.

    Auf den Punkt! Und frei nach Mozart „Genauso soviele Noten (Wörter), wie nötig!“

  8. »Für Wolfgang Neuss, dem Über der Nation« lautet die Widmung, augenscheinlich von Mathias Bröckers, in einem bereits vor übers vierzig Jahren veröffentlichten Büchlein, zu dessen etwaiger Neuauflage ich mir neben einem Personenregister und mehr Historischem über die Geschichte des Hanf unbedingt Einlassungen zu den Betrachtungen Walter Benjamins über besagten Stoff wünschen würde. Alles Gute, Herr Bröckers.

  9. Was für ein Prophet:
    „Stell dir vor, es geht und keiner kriegts hin“
    Damals noch eine witzige Vorstellung, heute überall Realität
    Und was er damals schon über die FDP als Politiknuttchen prophezeite
    Auch eine historische Fußnote dass die TAZ früher mal mit „Querdenkern“ gearbeitet hatte, kaum mehr vorstellbar

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