Serap Güler wirft SPD-Mann vor: "Sie haben die Zeitenwende nicht verstanden"

SPD-Politiker Ralf Stegner und CDU-Abgeordnete Serap Güler waren sich bei "Maischberger" selten einig. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)
SPD-Politiker Ralf Stegner und CDU-Abgeordnete Serap Güler waren sich bei "Maischberger" selten einig. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Waffen liefern an die Ukraine, Aufrüsten oder den Staatshaushalt überfordern in wirtschaftlich schwierigen Zeiten? Bei maischberger lieferten sich Serap Güler (CDU) und Ralf Stegner (SPD) am Dienstag ein Rededuell zu den großen außen- wie innenpolitischen Fragen.

"Es ist eine gemeinsame Aufgabe, die wir hier haben. Da können Sie sich nicht vom Acker machen!": Von der Kritik der Opposition an der Ampel-Koalition wollte SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner am Dienstagabend bei "maischberger" (ARD) nichts wissen. Die Alleinverantwortung für Investitionen in "Programm für die Modernisierung unseres Landes" und gleichzeitig in die "Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit" lehnte er entschieden ab. Dass insbesondere Letzteres in den 16 Jahren der Großen Koalition zwischen SPD und Union vernachlässigt wurde, wäre ein gemeinsamer Fehler gewesen.

"Diese alte Leier...", wollte Serap Güler, Verteidigungspolitikerin der CDU, das nicht auf sich sitzen lassen. Die nachfolgende "Geschichtsstunde" - es war nicht die Erste an diesem Abend - kürzte Sandra Maischberger abrupt ab: "Wollen Sie mir erzählen, dass wir über die Vergangenheit mehr reden als über die Gegenwart?", brachte sie die beiden Streitenden zurück ins Hier und Jetzt.

"Sie haben die Zeitenwende wirklich nicht verstanden", warf Serap Güler Ralf Stegner vor. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)
"Sie haben die Zeitenwende wirklich nicht verstanden", warf Serap Güler Ralf Stegner vor. (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

Stegner bei Maischberger: Union hängt "an der Schuldenfalle wie der Vatikan am Zölibat"

"Wenn die Union das will, muss sie auch sagen, wir reden über die Schuldenbremse", ließ sich Stegner dazu nicht zweimal auffordern, statt daran zu "hängen wie der Vatikan am Zölibat". Eine Verdreifachung der bisherigen 100 Milliarden auf 300 Milliarden Euro für die Bundeswehr zu verlangen, aber keine Schulden aufnehmen zu wollen oder vorzuschlagen, Sozialleistungen wie das Bürgergeld zu streichen, wäre "scheinheilig", warf er der Union vor "zu zündeln". "Sie sind der Einzige, der zündelt, Herr Stegner", konterte Güler, "Wir sprechen jetzt über Verteidigung und Sicherheit, und Sie versuchen, das eine (Anm.: Sozialausgaben) gegen das andere (Anm.: Sicherheitsausgaben) auszuspielen."

Angesichts von Aussagen wie die von Donald Trump, mit denen er "das Herzstück des NATO-Vertrags infrage stellt und sagt, ich fühle mich diesem Bündnis nicht verpflichtet. Ich werde keinen beschützen und (...) ich werde Russland ermutigen anzugreifen", sei es fatal, nicht über Verteidigung und Sicherheit zu sprechen. "Das ist ein Punkt, wo ich sage: Sie haben die Zeitenwende wirklich nicht verstanden", polterte Güler. Genau jetzt müsse man "für unsere Verteidigung und Sicherheit stärker eintreten - als Europa und als Deutschland - als das bisher geschehen ist."

Ralf Stegner sprach sich entschieden dagegen aus, "den Krieg nach Russland zu tragen". (Bild: WDR / Oliver Ziebe)
Ralf Stegner sprach sich entschieden dagegen aus, "den Krieg nach Russland zu tragen". (Bild: WDR / Oliver Ziebe)

SPD-Mann Stegner: "Wir müssen der Ukraine helfen, so gut wir das können"

Einig waren sich Serap Güler und Ralf Stegner bei "maischberger" nur in einem: Das Interview zwischen Wladimir Putin und dem US-amerikanischen Moderator sowie Kommentator Tucker Carlson war "eine Propaganda-Show", brachte es Letzterer auf den Punkt. Da musste selbst Güler mit einem Grinsen zustimmen. Es war eine Ausnahme. Denn dass sie "zu allem eine andere Haltung" als ihr Bundestagskollege hatte, darüber ließ das Rededuell der beiden in der Talk-Show keine Zweifel aufkommen.

"Wie leichtfertig hier dahergeredet wird, als gäbe es keine Eskalationsgefahr", empörte sich Ralf Stegner etwa über die Aussage des CDU-Verteidigungsexperten Roderich Kiesewetter, um die Ukraine zu schützen, müsse der "Krieg nach Russland" getragen werden. So weit wie ihr Parteikollege, der russische Militäreinrichtungen, Ministerien, Gefechtsstände und Ähnliches unter Beschuss stellen wollte, mochte Güler nicht gehen: "Wir haben gesagt, wir sind keine Kriegspartei", erwiderte sie auf Sandra Maischbergers beharrlichem Nachfragen (Maischberger: "Sind Sie der Meinung, der Krieg muss nach Russland getragen werden? Man kann das ja vertreten..." Stegner: "Besser nicht").

Die Möglichkeit, Versorgungswege auch in Russland anzugreifen, sei laut Güler aber durchaus zu diskutieren. Von einem solchen Ausweitungsszenario wollte Stegner nichts wissen: Man müsste nur genug rüsten ("Wir haben so viele Waffenexperten inzwischen in der Öffentlichkeit, man kann die kaum noch zählen"), um zu gewinnen, den Eindruck sollte man nicht vermitteln. "Wir müssen der Ukraine helfen, so gut wir das können", betonte er, "aber es muss darüber hinaus etwas getan werden, dass dieser Krieg endet."

Güler will Entscheidung über weiteren Kriegsverlauf der Ukraine überlassen

"Dann sagen Sie, wie", drängte Güler und warf ihm vor, "von Anfang an von Eskalationsstufen" zu sprechen. Es wäre richtig zu versuchen, über Mächte wie China, Brasilien, Indien Einfluss zu nehmen, lautete die Antwort Stegners. "Wir brauchen auch Verbündete, die nicht unsere Werte teilen, die nicht alle Sanktionen mitmachen, aber Einfluss nehmen können auf Russland, damit Putin abkehrt vom Krieg und zurückkehrt an den Verhandlungstisch", ergänzte er. Bei den Nuklear-Drohungen des russischen Präsidenten wäre das durch das Intervenieren von China bereits geglückt.

Überzeugen konnte er die Oppositionspolitikerin damit nicht: "Das ist auch keine neue Idee, das diskutieren wir seit zwei Jahren", kritisierte sie, und außerdem brauchte es für Verhandlungen immer mindestens zwei Parteien, die willig wären. Bei Putin ließe sich kein Wille erkennen: "Der Verlauf des Kriegs spielt ihm quasi in die Hände." Außerdem müsste die Ukraine mit an den Verhandlungstisch: "Wir sollten die Ukrainer selbst entscheiden lassen", zitierte sie aus Umfragen: "Viele Ukrainer sagen: Wir sind weiter bereit zu kämpfen. Ich glaube nicht, dass Sie hier entscheiden, ob die Ukrainer weiter kämpfen oder nicht, das sollten vor allem die Ukrainer tun."