Akte aus Stasi-Sonderarchiv: So überwachte Mielke Margot Honeckers Affären

Akte aus Stasi-Sonderarchiv: So überwachte Mielke Margot Honeckers Affären

Es schien, als hätte sie ihre Geheimnisse mit ins Grab genommen. Margot Honecker (†89), die vor zwei Jahren in Chile starb. Die einstige First-Lady und Volksbildungsministerin der DDR erklärte bis zu ihrem Tod, dass sie ihrem Mann Erich Honecker (1912-1994) treu zur Seite stand. Nach Recherchen der Berliner Zeitung gibt es im Stasi-Archiv eine Akte, die zum Teil erstmals belegt, dass es Margot Honecker offenbar mit der ehelichen Treue nicht so genau nahm.

1953 heirateten die Honeckers. Stets gab es Gerüchte, dass ihre Ehe nicht gut lief. Besonders Margot Honecker wurden Affären nachgesagt. Beweise wurden nie öffentlich. Das Privatleben der Machthaber war in der DDR tabu. Nur Stasi-Chef Erich Mielke hielt sich nicht daran.

Er sammelte begierig jede Information, die er über DDR-Politiker bekommen konnte. Um an mögliches Erpressungsmaterial zu gelangen, um notfalls die Führenden unter Druck zu setzen, vermuten Stasi-Historiker. Das brisante Material hortete Mielke in seinem Sonder-Archiv, dem „Sekretariat des Ministers“.

Darin befand sich auch die genannte Akte. Hunderte Seiten IM-Berichte aus den 60er-Jahren, die auch über das Verhältnis von Margot Honecker zu anderen Männern Auskunft geben. Damals war sie schon Volksbildungsministerin. Ihr Mann Erich war noch dabei, als Sicherheitssekretär des ZK der SED, damit Chef von Mielke, seinen Weg an die Spitze der Macht vorzubereiten.

In der Akte geht es zunächst um „Klaus“, einen hochrangigen Mitarbeiter von Margot Honecker. Die Stasi beobachtet ihn, weil er oft in die Bundesrepublik reist, Verbindungen zur „Zeit“-Journalistin Marion Gräfin Dönhoff pflegt und Kontakte nach London hat. Doch dann findet die Stasi heraus, dass der verheiratete Mann ein Verehrer von Margot Honecker ist, der sich im Ministerium täglich „mit Margot zwischen 17-18 Uhr in deren Zimmer bei einer Tasse Kaffee“ trifft.

Laut Akte wird ihr Verhältnis zu „Klaus“ immer vertrauter. „So hat sie sich während seiner Krankheit sehr um ihn gekümmert“, berichtet IM „Kurt“ (ein späterer hoher Mitarbeiter beim DDR-Fernsehen).

„Er wird abends oft von ihr im Wagen nach Hause gefahren, so dass es bereits Gerede unter den stellvertretenden Ministern gibt.“

In der Stasi-Akte steht, dass es 1964 am 37. Geburtstag von Margot Honecker zum Eklat kommt. IM „Gerhard“ berichtet, wie die Ministerin mit ihren engsten Mitarbeitern zu einem Jagdausflug eingeladen wird. Ehemann Erich ist nicht dabei, dafür Verehrer „Klaus“. Als die Jagdwaffen verteilt werden, fällt es Anwesenden auf, wie der Mann die Gelegenheit nutzt und die Nähe zu Margot Honecker sucht, um mit ihr für einen Augenblick allein sein zu können. Am Folgetag kommt es zur Aussprache. Man droht „Klaus“, dass er aus dem Volksbildungsministerium entfernt wird.

Doch die Affäre geht weiter. 1965, ein Jahr nach dem Vorfall, berichtet IM „Gerhard“, wie ihm „Klaus“ erzählte, „dass er bei seiner Chefin in Wandlitz war, sich im Garten sonnte“. „Der Mann seiner Chefin arbeitet viel und sei wenig zu Hause“, berichtet der Spitzel. „Wenn er zu Hause sei, kommt meistens der Minister für Staatssicherheit, mit dem er stundenlang zusammensitzt oder spazieren geht.“ Das klingt alles nach einer frustrierten Politiker-Frau.

1964 berichtet IM „Kurt“ der Stasi über weitere Affären. „Margot ist sehr berechnend. Sie kommt mir vor wie Katharina die Große. Sie hat viel für Männer übrig, aber sie ist dabei sehr vorsichtig“, plaudert der Spitzel, der oft in Wandlitz ist, aus dem Nähkästchen. „Sie nimmt sich nur die, von denen sie weiß, dass es nie herauskommt. Dann müssen die Umstände noch sehr günstig sein: Hotel oder Ausland.“

Und IM „Kurt“ wird konkret: „Ich kenne einen Verehrer von ihr.“ Einen ehemaligen Chefredakteur, der Margot Honecker liebt. „Er ist ihr vollkommen hörig.“ Spitzel „Kurt“ teilt der Stasi auch das Beuteschema der Honecker-Ehefrau mit: „Sie würde nur Leute nehmen, die ihr ziemlich untertan sind. Nicht politisch, aber menschlich.“

Dass Liebesleben der DDR-First-Lady: Diese Akte ist scheinbar die einzige, die im Stasi-Archiv darüber noch Auskunft gibt. Dabei hatte MfS-Chef Mielke noch eine weitere über Margot Honecker und andere DDR-Spitzenpolitiker unter dem Namen „Rote Nelke“ anlegen lassen. Doch Mielke ließ diese Sommer 1989 vernichten. Die Gründe sind unbekannt.