Wladimir Klitschko fordert junge Männer zum Kampf auf - 20 Minuten

Wladimir Klitschko fordert junge Männer zum Kampf auf

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InterviewKlitschko: «Junge Männer sollen zurück in die Ukraine»

Am St. Gallen Symposium trat auch Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko als Gastredner auf. Mit 20 Minuten sprach er über die aktuelle Lage in der Ukraine – und die Rolle der Schweiz.

Das sagt Wladimir Klitschko über den Krieg in der Ukraine und die Rolle der Schweiz.

Felix Hahn & 20 Minuten

Darum gehts

  • Am diesjährigen St. Gallen Symposium tritt auch Wladimir Klitschko als Gastredner auf.

  • Der Ex-Boxweltmeister und Bruder von Witali Klitschko (Bürgermeister von Kiew) setzt sich für mehr Unterstützung für die Ukraine ein.

  • 20 Minuten hat ihn zum Interview getroffen.

Früher kämpfte er um den Weltmeistertitel, inzwischen für sein Land: Ex-Boxweltmeister Wladimir Klitschko; der jüngere Bruder von Kiew-Bürgermeister Witali. Er ist einer der Gastredner des diesjährigen St. Gallen Symposiums, das jedes Jahr als Konferenz für generationenübergreifenden Dialog an der Universität St. Gallen stattfindet. Klitschko fordert seit Beginn des Ukrainekriegs stärkere Unterstützung für die Ukraine ein.

20 Minuten hat ihn zum Interview über die aktuelle Situation in der Ukraine getroffen.

Herr Klitschko, inwiefern kann die jüngst zugesagte Unterstützung die militärische Situation in der Ukraine verändern?

Das militärische Equipment, das wir bisher bekommen haben, ist wichtig. Krieg ist schrecklich, man muss sich immer an die Umstände adaptieren, an die Jahreszeiten und Herausforderungen, um sich zu wehren. Da sind die 60 Milliarden, die die Vereinigten Staaten zugesagt haben, sehr willkommen und klingen nach enormen Zahlen. Der Krieg ist jedoch sehr teuer. Das teuerste ist unbezahlbar, unser Leben.

Wie bewerten Sie die Unterstützung der Schweiz für die Ukraine?

Die Schweizer Neutralität ist bekannt, aber während eines Krieges in Europa neutral zu sein, bedeutet, Partei des Krieges zu sein. Das heisst, wegzuschauen. Das wünsche ich mir nicht, das wünsche ich der Schweiz nicht.

Natürlich gibt es Unterstützung von der Schweiz, aber wie viel ist genug? Ich möchte mich für die Aufnahme von Flüchtlingen bedanken, aber es kann natürlich mehr sein, was die Schweiz leistet.

Wenn die Ukraine fällt, dann wegen der kranken Ambitionen Russlands. Der Krieg wird sich weiter in Europa ausbreiten, denn es geht um das «Russische Reich» und die Ukraine ist nicht das einzige Land, das zu den kranken Ambitionen dazugehört.

Was wünschen Sie sich ganz konkret von der Schweiz?

Das Einfrieren russischer Gelder in der Schweiz. Viele Sanktionen kann man gut umgehen, sie klingen gut. Vom Reden bis Taten ist es ein langer Weg. Die Schweiz sollte sich proaktiver positionieren. Die Schweiz hat Munition und Militärequipment. Es wäre wichtig, dass die Ukraine davon auch etwas bekommt.

Wie ist der Zusammenhalt der führenden Politiker in der Ukraine und wie steht es um Ihr Vertrauen in Präsident Selenski?

Wir müssen während des Krieges zusammenhalten. Dass Präsident Selenski den Bürgermeister von Kiew noch nicht getroffen hat, finde ich überraschend. Ich werde aber keine Kritik äussern, es geht um einen äusseren Feind und wir müssen ohne Wenn und Aber zusammenstehen.

Wie steht es um die russische Opposition, gibt es da eine Zusammenarbeit in irgendeiner Form?

Welche russische Opposition? Die existiert nicht. Ich habe bisher Einzelfälle gesehen, die aber schnell ausgelöscht wurden.

Aber es gibt auch dort Menschen, die sich klar gegen den Krieg positionieren?

Doch, die gibt es. Aber wo sind die?

Felix Hahn

Sie treffen in Europa auch auf junge ukrainische Männer. Wie finden Sie das in Anbetracht der Mobilisierungsprobleme der ukrainischen Armee?

Ich werde nicht verallgemeinern. Menschen haben verschiedene Hintergründe und vielleicht auch gesundheitliche Probleme. Aber: Moral ist wichtig. Wir brauchen eine Mobilisierung, diese hätte schon viel früher stattfinden sollen. Da müssen wir an die eigene Nase fassen und nicht nur nach Aussen zeigen. Mobilisierung ist kein populäres Thema für die ukrainische Regierung und den Präsidenten.

Natürlich sollte eine Mehrheit der jungen Männer zurückkommen. Aber noch einmal: Ich möchte nicht verallgemeinern.

Finden Sie, dass Russland an der Friedenskonferenz in der Schweiz teilnehmen sollte?

Putins Russland und Repräsentanten seiner Regierung werden den Krieg nicht stoppen. Sie versuchen mit raffinierten Lügen auch die europäischen Massenmedien zu beeinflussen. Eine Teilnahme Russlands wird bei einer solchen Konferenz nicht viel helfen. Es muss klare und harte Konsequenzen geben für Russland für diesen barbarischen Krieg. Bisher sehen wir keine, bisher sehen wir nur viele Versprechen.

Wie bewerten Sie die humanitäre Situation in der Ukraine und welche Massnahmen sind am dringlichsten notwendig?

Die klare Verbesserung der humanitären Situation ist mit mehr Waffen realisierbar. Im Krieg wird nicht wie in meiner vergangenen Karriere als Boxer mit Fäusten und Boxhandschuhen gekämpft, Menschen bringen die anderen Menschen um – mit Waffen. Das klingt hart, ist aber ein Fakt.

Aber es gibt auch Kinder, die tatsächlich konkret Hilfe brauchen.

Wenn wir den Krieg stoppen, dann stoppen wir auch die humanitäre Situation. Selbstverständlich brauchen wir auch humanitäre Hilfe, aber ich wiederhole noch einmal: Um das Grundproblem zu lösen, brauchen wir Waffen. Um uns zu schützen und um uns selbst zu helfen.

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