Wirecard-Skandal einfach erklärt: So lief der Betrug ab

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Der Wirecard-Skandal offenbarte 2020 massive Bilanzfälschungen, die einen der größten Wirtschaftsbetrugsfälle Deutschlands markierte.



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Was beim Wirecard-Skandal passierte

Der Skandal rund um Wirecard baute sich über einen langen Zeitraum hin auf. Am Ende ging dann alles ganz schnell. Der Verlauf im Überblick:

  • Wirecard war ein Unternehmen, das Dienstleistungen im Zahlungsverkehr angeboten hat. Bekannt wurde es vor allem für seine Lösungen für die Zahlungsabwicklung zwischen Online-Käufern und Verläufern. Wirecard bezahlte hierbei direkt das Geld an den Verkäufer und erhielt es erst im Nachhinein vom Kreditkarteninstitut. So konnte die Ware direkt verschickt werden.
  • Verdient hat Wirecard dabei an einer Kommission. Aufgrund des starken Aufstiegs des Unternehmens wurde es schon bald Teil des deutschen Leitindex. Im Jahr 2018 hat Wirecard die Commerzbank aus dem DAX verdrängt und wurde somit Teil der Topliga der deutschen Finanzfirmen.
  • Allerdings ergaben Recherchen der Financial Times im Frühjahr 2019, dass gezielter Scheinhandel mit Tochterfirmen in Asien den Umsatz des Konzerns künstlich nach oben getrieben hatten. So wurde unter anderem die Abwicklung von angeblichen Zahlungen mit Unternehmen behauptet, die bereits seit Jahren nicht mehr existierten. Diese Vorwürfe wies Wirecard zurück, konnte den Einbruch seines Aktienkurses aber nicht verhindern.
  • Aufgrund der Größe des Unternehmens begannen mächtige Hedgefonds auf fallende Kurse der Aktie zu spekulieren. Daraufhin fiel der Aktienwert innerhalb der nächsten Tage auf die Hälfte ab. Als Reaktion darauf sperrte die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die Spekulation auf fallende Kurse des Unternehmens für zwei Monate. Es schien so, als wolle die BaFin Wirecard schützen. Denn eine solche Aktion hatte es in der Geschichte noch nie zuvor gegeben.
  • Nach weiteren Recherchen und Vorwürfen der Financial Times kamen immer mehr Hinweise für Fälschungen von Umsätzen durch die Partnerfirma Al Alam Solution in Dubai zum Vorschein. Nachdem der Jahresabschluss für 2019 mehrfach verschoben wurde, war er für den 18. Juni 2020 angesetzt.
  • Doch an diesem Tag verschob Wirecard den Jahresabschluss nochmals, da in der Bilanz 1,9 Milliarden Euro fehlten. Laut Wirecard befand sich dieses Geld auf Konten bei zwei Banken auf den Philippinen. Diese bestritten allerdings jegliche Geschäftsbeziehung zu Wirecard.
  • Nachdem herauskam, dass Wirecard die Finanzunterlagen dieser angeblichen Konten gefälscht hatte, stürzte die Aktie endgültig ab. Eine Woche später meldete Wirecard Insolvenz an.
wirecard Bilanzskandal: Ermittler durchsuchen Wirecard-Bueros. wirecard Logo, Firmenemblem,Schriftzug ,Gebaeude, Fassade,Sitz in Aschheim Dornach WIRECARD AG am 01.07.2020. *** wirecard accounting scandal Investigators search Wirecard offices wirecard logo, company emblem, lettering, building, facade, headquarters in Aschheim Dornach WIRECARD AG on 01 07 2020
Der Wirecard-Skandal schädigte nicht nur die Reputation des Finanzplatzes Deutschland, sondern auch die Vermögen von unzähligen Kleinanlegern. imago images / Sven Simon


Die Rollen von Markus Braun und Jan Marsalek

Wie so häufig waren beim Wirecard-Skandal nicht die normalen Mitarbeiter, sondern die Chefs des Konzerns die Strippenzieher.

  • Markus Braun, der ehemalige CEO von Wirecard, wurde bereits am 19. Juni 2020 verhaftet. Die Anklage wiegt mit Marktmanipulation und Untreue schwer. Die Staatsanwaltschaft München hat in Vorbereitung auf den Prozess umfassende Beweise gesammelt und Verhöre durchgeführt. Dennoch beharren Braun sowie seine Verteidigung bis heute auf dessen Unschuld und Unwissenheit. Er soll davon erst aus den Akten der Polizei erfahren haben.
  • Nach dem ersten Prozessjahr und 89 Verhandlungstagen berichtet die Fachpresse im Frühjahr 2024: Die Ermittlungsergebnisse lassen aus Sicht des Gerichts an der Schuld des Bankers kaum Zweifel offen, so berichten viele Prozessbeobachter. Brauns Verteidiger hingegen dementiert die Aussagekraft der vorgelegten Beweise auch weiterhin vehement. Aktuell sieht es danach aus, als erwarte Braun eine hohe Reststrafe.
  • Ganz klar mitverantwortlich ist in jedem Fall Jan Marsalek, der Vorstandsmitglied von Wirecard war. Wenige Tage vor der Insolvenz reiste er per Privatflugzeug nach Belarus und wurde jahrelang gesucht. Erst im März 2024 konnte seine Geheimidentität aufgedeckt werden. Marsalek hatte sich als orthodoxer Priester getarnt und offenbar auch für den Geheimdienst von Moskau spioniert.

Kritik an Olaf Scholz

Da Olaf Scholz zur Zeit des Wirecard-Skandals noch Bundesfinanzminister war, lag auch die Organisation der BaFin in seiner Verantwortung.

  • Der BaFin hätte der Umsatzbetrug, der bereits viele Jahre andauerte, auffallen müssen, so viele Kritiker.
  • Hätte die BaFin rechtzeitig eingegriffen, wäre es wohl nicht zur Insolvenz des Unternehmens gekommen. Der wirtschaftliche Schaden der Wirecard-Insolvenz wird in Fachkreisen auf etwa 30 Milliarden Euro beziffert.
  • Weitere Kritik üben Beobachter an der Sperre für Spekulationen zu fallenden Wirecard-Kursen, die die BaFin eingerichtet hatte. Denn zum Zeitpunkt ihrer Einrichtung lagen dem Bundesfinanzministerium bereits glaubhafte Vorwürfe gegen das Unternehmen vor.
  • In allen Untersuchungsausschüssen dementierte Olaf Scholz seine Mitverantwortung an diesem Skandal. Der Schlussbericht des Auschusses liegt seit Juni 2021 vor. Auf über 2000 Seiten beleuchten die Mitglieder des Auschusses den Vorfall. Nach seiner Veröffentlichung forderte der Ausschussvorsitzende, Kay Gottschalk (AfD), Olaf Scholz zum Rücktritt auf. Dazu kam es jedoch nie.
  • Auch die Unionsfraktion macht Olaf Scholz in seiner Funktion für die Untätigkeit des Bundesfinanzministeriums verantwortlich. Matthias Hauer (CDU/CSU) kritisiert im Besonderen die Erinnerungslücken des Ministers, die nicht erklärbar seien und die Aufarbeitung erschwert haben.
  • Zuletzt äußerte sich Fabio De Masi in einem Gastbeitrag in der Berliner Zeitung zum Vorfall und tut die Frage auf, ob Bundeskanzler Olaf Scholz in der Aufarbeitung des Skandals etwas zu verbergen habe. Der deutsch-italienische Politiker gehört heute dem Bündnis Sahra Wagenknecht an. Bis 2017 hatte er ein Mandat im Europaparlament.

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(Tipp ursprünglich verfasst von: Michael Amon)

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