Der Kalte Krieg – Eine neue Geschichte - wissenschaft.de
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Der Kalte Krieg – Eine neue Geschichte

Gaddis, John Lewis

Der Kalte Krieg – Eine neue Geschichte

Wer sich einen aktuellen Überblick über die Geschichte des Kalten Krieges verschaffen will, hat dazu jetzt gleich zwei Möglichkeiten. Beide Bücher sind gut geschrieben und bewegen sich weitgehend auf der Höhe der Forschung, aber sie tun dies auf sehr unterschiedliche Weise.

Die Darstellung von John Lewis Gaddis, einem der führenden amerikanischen Historiker des Kalten Krieges, war in der englischsprechenden Welt ein großer Erfolg und dürfte auch hierzulande über die akademischen Kreise hinaus breite Resonanz finden. Das ist gut so, versteht Gaddis es doch, die komplexe Entwicklung der Auseinandersetzung zwischen Ost und West ebenso präzise wie anschaulich zu schildern und dabei mit vielen Vorurteilen aufzuräumen, die sich in den Köpfen der Zeitgenossen festgesetzt haben.

Unter stillschweigender Korrektur der traditionalistischen Anwandlungen in seinem letzten Buch mit dem Titel „We Now Know“ (1997) zeigt er, dass weder Stalin noch die Westmächte einen kalten Krieg wollten (und schon gar keinen heißen Krieg), vielmehr wechselseitiges Misstrauen zu beidseitiger Kriegsfurcht führte. Er betont den Zwang zur Kooperation, der von der Atomwaffe ausging, die Lernfähigkeit des Kapitalismus unter dem Eindruck der kommunistischen Herausforderung und den gesellschaftlichen Druck der „68er“, der im Westen wie im Osten stärkere Zusammenarbeit erzwang.

Schließlich unterstreicht er die Brüchigkeit sowohl des bipolaren Abschreckungssystems als auch der Sowjetherrschaft seit Beginn der 1970er Jahre, auch hier wieder stillschweigend eigene ältere Vorstellungen korrigierend, die er in seinem Buch „The Long Peace“ entwickelte (1987).

Die anregende Studie ließe sich uneingeschränkt als Einführung in die Geschichte des Kalten Krieges empfehlen – wenn Gaddis nicht von der fixen Idee besessen wäre, ausgerechnet Ronald Reagan als seinen Überwinder zu präsentieren. Für Gaddis hat Reagan die Entspannung beendet, um den Kalten Krieg zu beenden, und er war damit erfolgreich, weil er den „formbaren“ Gorbatschow von seiner Vision überzeugen konnte. Damit werden die Wandlungen im Sowjetblock, die von der westlichen Entspannungspolitik ausgingen, ebenso unterschlagen wie Reagans verdeckte Kriegführung in der Dritten Welt; das SDI-Projekt (Strategic Defensive Initiative, ein weltraumgestütztes Raketenabwehrsystem) wird entschieden zu harmlos dargestellt.

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Rezension: Loth, Wilfried

Gaddis, John Lewis
Der Kalte Krieg – Eine neue Geschichte
Siedler Verlag, München 2007, 384 Seiten, Buchpreis € 24,95
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