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Die Wachstumsrate der Weltbevölkerung lag in den 1960er/70er Jahren bei 2 % und fiel in den 2020er Jahren auf rund 1 %. Aufgrund der gestiegenen Bevölkerungszahl ergibt sich daraus ein jährlicher Zuwachs von derzeit rund 80 Mio. Menschen.

Schon 2022 wird die Weltbevölkerung auf 8 Mrd. geschätzt, die bis 2050 auf 9,74 Mrd. ansteigen soll (mittlere Prognose) und bis 2100 auf 10,4 Mrd.

Der stärkste Bevölkerungsanstieg wird für Subsahara-Afrika, für Süd- und Südostasien erwartet. Nur in Europa wird die Bevölkerungszahl leicht zurückgehen.

Die Bevölkerung der 46 am wenigsten entwickelten Länder wächst am schnellsten.

Die wichtigsten Einflussfaktoren für die Bevölkerungsentwicklung sind die Geburtenrate, die Sterberate, die Altersstruktur – gemessen häufig am Medianalter – und die mittlere Lebenserwartung.

Um in Zukunft alle Menschen ausreichend und gesund ernähren zu können, sollte eine Beendigung des Bevölkerungswachstums angestrebt werden.

Als Thomas Malthus 1798 sein Essay on the principle of population veröffentlichte, sagte er darin voraus, dass die Menschheit in eine Katastrophe geraten werde, weil sie sich exponentiell vermehrt, die Nahrungsmittelproduktion aber nur linear gesteigert werden kann. Er konnte nicht ahnen, wie durch moderne Produktionsmethoden in Pflanzenbau und Tierzucht die Leistungen der Landwirtschaft insbesondere im vergangenen Jahrhundert gesteigert werden konnten.

Lag die Weltbevölkerung zu Zeiten von Malthus noch bei ca. 900 Mio., so stieg sie um 1900 bereits auf 1,65 Mrd. und 1950 auf 2,54 Mrd. an. Seit 1950 hat sich die Zahl der Menschen in der relativ kurzen Zeitspanne bis zum Jahr 2020 glatt verdreifacht (Abb. 1.1).

Abb. 1.1
figure 1

Entwicklung der Weltbevölkerung seit Christi Geburt bis 2022 in Milliarden (Wikimedia o. Jz.)

Im Gegensatz zu Malthus behauptete Boserup (1965), dass das Bevölkerungswachstum den landwirtschaftlichen Fortschritt erst bewirkte (Abb. 1.2). Der demografische Druck treibe die Innovation und eine höhere Produktivität voran.

Abb. 1.2
figure 2

Die Standpunkte von Malthus und Boserup bezüglich der Bevölkerungsentwicklung

Der Club of Rome hingegen sah die Grenzen des Wachstums innerhalb der nächsten 100 Jahre erreicht, wenn sich derzeitige Trends fortsetzen. „Das exponentiell wachsende Verlangen nach Nahrung ist eine direkte Folge des Regelkreises, der das Bevölkerungswachstum bestimmt“ (Meadows 1972). Das wahrscheinlichste Ergebnis werde ein plötzlicher und unkontrollierbarer Niedergang der Population und der industriellen Leistungsfähigkeit sein.

1.1 Bevölkerungsprognosen

Die Prognosen über die weitere Entwicklung der Menschheit zeigen eine große Bandbreite. So sehen die Schätzungen der UN eine Steigerung der Bevölkerung der Erde bis 2100 bei einer mittleren Erwartung 10,4 Mrd. Menschen voraus (beim niederen Vorhersageintervall von 95 % 8,9 Mrd. und beim oberen Vorhersageintervall 12,4 Mrd. Menschen). Aber es besteht auch die Möglichkeit, dass die Bevölkerung bei konstanter Fertilität bis 2100 auf 21,6 Mrd. anwachsen könnte (Abb. 1.3).

Abb. 1.3
figure 3

Geschätzte Entwicklung der Weltbevölkerung 1950–2100 in Milliarden (United Nations 2022)

Noch extremer fallen die Schätzungen aus, wenn man den Zeitraum bis 2300 betrachtet. So könnte sich die Weltbevölkerung auf 2,3 Mrd. verringern, sich bei 9 Mrd. stabilisieren oder aber auch auf 36,4 Mrd. hochschnellen.

Für den Anstieg der Weltbevölkerung ist primär das jährliche weltweite Bevölkerungswachstum in Prozent bestimmend. Diese Prozentzahl stieg bis in die 1970er Jahre auf 2,05 % an, um dann stetig abzunehmen. In den 1970er Jahren führte das zu einer jährlichen Zunahme der Weltbevölkerung von rund 77 Mio. Menschen. Derzeit liegt die Wachstumsrate bei rund einem Prozent, wodurch sich aufgrund der gestiegenen Bevölkerungszahl ein Zuwachs von 82,4 Mio. Menschen pro Jahr ergibt, was in etwa der Einwohnerzahl Deutschlands entspricht. Erst für den Zeitraum um 2050 wird ein Bevölkerungswachstum von 0,53 % geschätzt, was einen jährlichen Bevölkerungszuwachs von rund 58 Mio. im Jahr ergeben würde (Abb. 1.4).

Abb. 1.4
figure 4

Durchschnittliche jährliche Bevölkerungsänderungsrate in Prozent (United Nations 2022)

Bezüglich der Bevölkerungsveränderungen zeigen sich starke regionale Unterschiede (Tab. 1.1). So stehen stark wachsenden Bevölkerungen auch solche mit schrumpfender Bevölkerung gegenüber. Eine jährlich stark steigende Bevölkerung weisen Länder Subsahara-Afrikas auf, beispielsweise Südsudan mit einer Steigerung von 5,05 %. Bei einer Einwohnerzahl von 11,2 Mio. ergibt das einen Zuwachs von rund 500.000 Menschen pro Jahr.

Tab. 1.1 Die 15 Staaten mit dem höchsten Bevölkerungswachstum in Prozent, jene mit dem stärksten Bevölkerungsrückgang bzw. das Bevölkerungswachstum der 15 bevölkerungsreichsten Staaten (2021 geschätzt) (CIA 2022)

Insgesamt weisen 27 Staaten eine negative Bevölkerungsentwicklung auf. Dazu zählen Russland und etliche Nachfolgestaaten der Sowjetunion, einige Republiken des ehemaligen Ostblocks und Jugoslawiens sowie Kuba, aber auch Deutschland und Japan.

Für den Status der Weltbevölkerung insgesamt bedeutsam sind die Zuwachsraten der bevölkerungsreichsten Staaten. Und da weisen viele Staaten Asiens, wie Indien, Pakistan und die Philippinen, Wachstumsraten von über 1 % auf, sowie bevölkerungsreiche Staaten Afrikas (Nigeria, Äthiopien, Demokratische Republik Kongo und Ägypten) sogar eine Rate deutlich über 2 %.

1.2 Demografischer Übergang

Der Rückgang des Bevölkerungswachstums, wie er in den entwickelten Ländern zu beobachten war, wird auf den demografischen Übergang zurückgeführt, dessen Theorie an einem 3- oder 4-Phasen-Modell dargestellt wird.

Die erste Phase ist durch hohe Geburten- und Sterberaten in vorindustriellen Gesellschaften gekennzeichnet. Schlechte Lebensbedingungen und mangelhafte medizinische Versorgung führen zu frühem Tod, die hohe Kindersterblichkeit zu hohen Geburtenzahlen. Es kommt nur zu einem geringen Bevölkerungswachstum.

In der zweiten Phase kommt es durch den medizinischen Fortschritt zu einer Erhöhung des Lebensalters und einer geringen Säuglingssterblichkeit, die Geburtenzahlen bleiben aber noch hoch. Die Bevölkerung nimmt stark zu.

In der dritten Phase haben Kinder zur Altersvorsorge kaum mehr Bedeutung, die Säuglings- und Kindersterblichkeit geht stark zurück, die Sterberate wird niedrig, die Bevölkerungszahl stagniert mehr oder weniger.

Phase 4 ist durch eine Industriegesellschaft gekennzeichnet, in der die Bevölkerungszahl gleich bleibt oder, falls die Geburtenrate unter die Sterberate sinkt, sogar zurückgehen kann.

Der demografische Übergang betraf in Europa ca. 200 Mio. Menschen und dauerte 100 Jahre. Heute betrifft er die Entwicklungsländer Afrikas, Asiens und Lateinamerikas und somit eine weitaus höhere Zahl an Menschen bei gleichzeitig höheren Zuwachsraten als im „alten“ Europa.

Die wichtigsten Einflussfaktoren auf die zukünftige Bevölkerungsentwicklung sind die Geburtenrate bzw. die sogenannte totale Fertilitätsrate, die Sterberate und die Altersstruktur gemessen häufig am Medianalter und die mittlere Lebenserwartung.

1.3 Die rohe Geburtenrate

Die rohe Geburtenrate bezeichnet die Zahl der lebend geborenen Kinder pro Jahr je 1000 Einwohner eines Gebietes und ist damit der dominierende Faktor zur Bestimmung der Bevölkerungswachstumsrate. Anders als bei der später besprochenen Fertilitätsrate werden hier die Geburten nicht nur auf die Frauen im gebärfähigen Alter, sondern auf die Gesamtpopulation bezogen. Altersstruktureffekte können sich so in rohen Geburtenraten deutlich bemerkbar machen. Derzeit kommen pro Jahr rund 133 Mio. Kinder zur Welt.

Afrika hatte und wird auch 2050 noch die höchste Geburtenrate der Welt aufweisen. Sie wird aber auf allen Kontinenten zurückgehen und sich 2050 – außer in Afrika – bei einem Wert von knapp über 10 einpendeln (Abb. 1.5 und Tab. 1.2).

Abb. 1.5
figure 5

Rohe Geburtenrate nach Kontinenten (United Nations 2022)

Tab. 1.2 Die 15 Staaten mit den höchsten rohen Geburtenraten sowie Deutschland, Österreich und Schweiz (2021 geschätzt) (CIA 2022)

1.4 Die zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer

Die zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer oder „totale Fertilitätsrate“ (TFR) ist eine rechnerische Durchschnittsgröße, welche die Zahl der Kinder angibt, die eine Durchschnittsfrau im Laufe ihres Lebens – meist zwischen ihrem 15. und 45. Lebensjahr – zur Welt bringt. Die Fertilitätsrate bezieht sich nicht direkt auf ein Jahr und kann abschließend eigentlich erst bestimmt werden, wenn alle Frauen eines Jahrgangs nicht mehr im gebärfähigen Alter sind. Die oft angegebene Fertilitätsrate pro Jahr ist eine Durchschnittsrate, die aufgrund der bisherigen Fertilität auch der Frauen, die das gebärfähige Alter noch nicht überschritten haben, berechnet wird.

In modernen westlichen Gesellschaften geht man davon aus, dass rechnerisch 2,1 Kinder pro Frau geboren werden müssen, um die Bevölkerung ohne Wanderung konstant zu halten.

In Europa liegt die TFR bei durchschnittlich 1,6, mit niedrigeren Werten für Deutschland (1,48), Österreich (1,50) und die Schweiz (1,58). Höhere Werte weisen z. B. Frankreich (2,04), UK und Schweden auf (~1,86) (CIA World Fact Book, Schätzung für 2021).

Der Kontinent mit der höchsten TFR ist derzeit Afrika (28 Staaten weisen eine höhere TFR als 4 auf), gefolgt von Lateinamerika, Asien und Ozeanien, die alle eine TFR von 2,5 haben. Für 2050 wird ein Rückgang vorausgesagt, wobei aber Afrika weiterhin eine TFR über dem Ersatzniveau aufweisen wird (Abb. 1.6).

Abb. 1.6
figure 6

Die zusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer, Kinder pro Frau (United Nations 2022)

Schon kleinste Unterschiede bei der Fertilitätsrate führen zu entscheidenden Veränderungen in der Bevölkerungszahl. Eine Abweichung der Geburtenhäufigkeit von 0,5 nach oben erhöht die Prognose für die Bevölkerungszahl im Jahr 2050 um 1,3 Mrd.; eine Abweichung von 0,5 nach unten senkt sie um 1,2 Mrd. Im Zeitraum von 1950 bis 1955 lag die Geburtenhäufigkeit weltweit noch bei 5 Kindern pro Frau.

Die Höhe der zusammengefassten Fruchtbarkeitsziffer (TFR) ist stark von der Bildung der Frauen abhängig. So haben beispielsweise in Somalia nur 13,6 % der Frauen oder in Afghanistan nur 25,7 % der Frauen eine Grundschule absolviert, aber eine hohe TFR von >4,7. In den entwickelten Ländern, wo beinahe alle Frauen einen Grundschulabschluss besitzen, liegt die TFR selten über 2. Eine der weiteren Ursachen für eine hohe TFR liegt im Wohlstand der Frauen. In Uganda bekamen die ärmsten Frauen im Mittel 7,9 Kinder, die reichsten hingegen nur 4 (Tab. 1.3).

Tab. 1.3 Die 15 Staaten mit der höchsten und der niedrigsten totalen Fruchtbarkeitsrate (TFR) und die TFR der 15 bevölkerungsreichsten Staaten (ohne Kleinst- und Stadtstaaten, 2021 geschätzt) (CIA 2022)

Aus dem Modell des demografischen Übergangs, das aus der Geschichte der heutigen Industrieländer abgeleitet wurde, wird heute auf die Zukunft der weniger entwickelten Länder geschlossen. Danach würde zuerst die Fertilität rasch zurückgehen, um sich schließlich dem Erhaltungsniveau von 2,1 Kindern pro Frau anzunähern. Für die Entwicklungsländer und insbesondere für die am wenigsten entwickelten Länder erscheint es aber derzeit als ziemlich fraglich, ob sie in absehbarer Zeit dieses Niveau erreichen oder sich über Jahrzehnte oberhalb dieses Wertes einpendeln (Swiaczny 2005).

1.5 Rohe Sterberate

Die rohe Sterberate gibt die Zahl der Gestorbenen pro Jahr je 1000 Personen einer Population an. Die Sterberate, obwohl nur ein grober Indikator der Mortalitätslage eines Staates, zeigt den gegenwärtigen Mortalitätseinfluss auf das Bevölkerungswachstum an. Dieser Indikator wird signifikant durch die Altersstruktur beeinflusst und viele Länder werden einen Anstieg in der Gesamtsterberate zeigen, trotz eines kontinuierlichen Rückgangs der Mortalität in allen Altersgruppen, da eine abnehmende Fertilität eine alternde Population zur Folge hat.

Seit 1950/55 sind die Sterberaten weltweit – außer in Europa – zum Teil sehr deutlich gefallen, insbesondere in Afrika und Asien. Wegen des Älterwerdens der Bevölkerung wird sie in allen Kontinenten bis 2050 leicht steigen. Nur Afrika wird eine so junge Bevölkerung haben, dass die Sterberate weiter fallen wird (Abb. 1.7 und Tab. 1.4).

Abb. 1.7
figure 7

Rohe Sterberate nach Kontinenten (Gestorbene je 1000 Einwohner und Jahr) (United Nations 2022)

Tab. 1.4 Die 15 Staaten mit der höchsten rohen Sterberate und die Sterberaten von Deutschland, Österreich und der Schweiz (2021 geschätzt) (CIA 2022)

1.6 Medianalter

Das Medianalter ist dasjenige Alter, das eine Bevölkerung in zwei gleiche Hälften teilt. Die eine Hälfte ist jünger als das Medianalter, die andere Hälfte älter. Es ist in diesem Zusammenhang aussagekräftiger als das Durchschnittsalter, weil es robuster ist und einzelne Extremwerte den Wert nicht drastisch verändern.

Das Medianalter ist auf allen Kontinenten – bis auf Afrika – in den letzten Jahrzehnten gestiegen; am deutlichsten in Europa und Nordamerika (Abb. 1.8). Die UN erwartet einen weiteren deutlichen Anstieg, den geringsten jedoch wieder in Afrika (Tab. 1.5). Für 2050 wird erwartet, dass das Medianalter in Asien, Nord- und Südamerika um die 40 Jahre, in Europa sogar bei mehr als 45 Jahren liegen wird. Afrika bleibt mit knapp 25 Jahren der „jüngste“ Kontinent. Dagegen weisen Deutschland mit 47,8 oder Österreich mit 44,5 eine alte Bevölkerungsstruktur auf, die sich sogar seit 2013 noch weiter nach oben entwickelt hat.

Abb. 1.8
figure 8

Medianalter in Jahren nach Kontinent (United Nations 2022)

Tab. 1.5 Die 15 Staaten mit dem geringsten Medianalter sowie jenes von Deutschland, Österreich und der Schweiz (2021 geschätzt) (CIA 2022)

1.7 Lebenserwartung

Die Lebenserwartung bei der Geburt ist auch ein Maßstab für die gesamte Lebensqualität in einem Land und fasst die Mortalität aller Altersgruppen zusammen.

Sie ist auf allen Kontinenten während der letzten 60 Jahre markant gestiegen, am deutlichsten in Asien, gefolgt von Lateinamerika und Ozeanien (Abb. 1.9). Auf den meisten Kontinenten wird sie 2050 bei über 80 Jahren liegen oder knapp darunter (Asien), lediglich in Afrika wird sie nur 70 Jahre erreichen. Dies zeigt sich auch in der Auflistung jener Staaten mit einer derzeitigen Lebenserwartung unter 65 Jahren. Sie liegen alle – außer Afghanistan – in Afrika, mit einer Lebenserwartung z. T. sogar unter 60 Jahren (Tab. 1.6). Dies liegt einerseits an einer hohen Kindersterblichkeit, aber auch an der Verbreitung von Aids/HIV. Immerhin hat sich die Lebenserwartung in den letzten Jahren auch in Afrika erhöht.

Abb. 1.9
figure 9

Mittlere Lebenserwartung bei der Geburt nach Kontinent (in Jahren, beide Geschlechter) (United Nations 2022)

Tab. 1.6 Geschätzte Lebenserwartung bei der Geburt (ohne Kleinst- und Stadtstaaten) (CIA 2022)

1.8 Zusammenschau Bevölkerungsentwicklung

Die derzeitige Weltbevölkerung wird unter der Annahme der mittleren Variante von 2022 8,0 Mrd. Menschen bis 2050 auf 9,71 Mrd. anwachsen. Das ist ein Zuwachs um 1,71 Mrd.

Das schnellste Wachstum werden die 46 am wenigsten entwickelten Länder aufweisen. Obwohl sich die Wachstumsraten weltweit verringert haben, gibt es Länder mit rapidem Wachstum.

Zwischen 2020 und 2050 wird nur in Europa die Bevölkerung leicht zurückgehen (von 747 auf 710 Mio.), auf allen anderen Kontinenten zunehmen. Am stärksten in Afrika mit einem Plus von geschätzten 1,149 Mrd., gefolgt von Asien mit einem Plus von 649,2 Mio., Lateinamerika +108,4 Mio.

Die Zuwächse in Afrika sind v. a. in den Subsaharastaaten zu erwarten, sowie in Südasien v. a. mit Indien, und Pakistan bzw. Südostasien mit den Inselstaaten Indonesien und den Philippinen. Relativ hoch für einen entwickelten Staat wäre auch der Bevölkerungszuwachs der USA (Abb. 1.10).

Abb. 1.10
figure 10

Die 15 Staaten mit dem stärksten Bevölkerungszuwachs zwischen 2018 und 2050 in Millionen (Wikipedia o. Jz.)

Diese Länder zeichnen sich derzeit durch hohe Fertilitätsraten und gestiegene Lebenserwartungen aus. Von den 28 Ländern mit sehr hoher Fertilität (TFR >4 Kinder) liegen 26 in Afrika und 2 in Asien (Afghanistan und Timor-Leste). Der Großteil des Bevölkerungswachstums zwischen heute und 2050 wird für Afrika erwartet, und es wird damit eine zentrale Rolle bei der Bevölkerungsverteilung der Welt in diesem Jahrhundert spielen.

Die Fertilität liegt in allen Ländern Europas unter dem Ergänzungsniveau. Die Fertilität wird jedoch von derzeit 1,5 auf 1,7 (2050) steigen.

Die Lebenserwartung wird sowohl in den entwickelten als auch unterentwickelten Regionen steigen. Für die gesamte Welt stieg sie von 47 Jahren 1950/55 auf 67 Jahre 2000/05. Sie wird weiter wachsen und 2050 77 Jahre erreichen. Selbst in den am wenigsten entwickelten Ländern, die auch Länder mit hohen HIV-/Aids-Raten einschließen, wird die Lebenserwartung zunehmen.

Das Medianalter ist in Afrika und Lateinamerika derzeit am niedrigsten und in Europa am höchsten. In Afrika wird es sich nur verhältnismäßig wenig erhöhen, und damit behält auch in Zukunft Afrika die jüngste Bevölkerung.

Auf allen anderen Kontinenten wird das Medianalter deutlich steigen.

Damit wird auch der Anteil der Bevölkerung über einem gewissen Alter steigen. Diese sogenannte Bevölkerungsalterung ist weniger fortgeschritten in sich entwickelnden Regionen, besonders in Regionen, in denen die Fertilität hoch bleibt.

Neuere Zahlen belegen, dass in hochentwickelten Staaten Frauen langfristig wieder mehr Kinder bekommen (Our World in Data o. Jz.). In den weniger entwickelten Teilen der Welt verharren dagegen die Fertilitätsraten noch länger auf höherem Niveau, als bisher angenommen.

Zur Beendigung des Bevölkerungswachstums schlägt Engelmann (2012) unter anderem folgende Maßnahmen vor:

  • Allgemeiner Zugang zu sicheren, wirksamen Verhütungsmitteln für beide Geschlechter.

  • Geschätzte 24,6 Mrd. US$ pro Jahr würden die Kosten für Familienplanung decken und sicherstellen, dass alle sexuell aktiven Frauen in Entwicklungsländern, die eine Schwangerschaft vermeiden möchten, Zugang zu Verhütungsmitteln bekommen. Mehr als 40 % aller Schwangerschaften sind ungeplant.

  • Sicherstellung der Sekundarschulbildung für alle, besonders für Mädchen.

  • Frauen, die zumindest einen Teil der Sekundarschule absolviert haben, bringen im Durchschnitt weniger Kinder zur Welt und gebären später als Frauen mit geringerer Bildung (ohne Schulbildung im Mittel 4,5 Kinder, wenige Jahre Primarschule 3 Kinder, ein oder 2 Jahre Sekundarschule 1,9 Kinder, eine oder zwei Jahre Studium 1,7 Kinder).

  • Gleichstellung der Geschlechter in Recht, Wirtschaft, Gesundheitswesen und Kultur.

  • Gleichberechtigte Frauen wünschen und bekommen weniger Kinder, als Frauen, die sich den Entscheidungen der Männer beugen müssen.

  • Altersgerechte Sexualkunde für alle Schülerinnen und Schüler.

  • Ende aller Maßnahmen, die Eltern für die Zahl ihrer Kinder belohnen.

  • Anpassung an die Alterung der Bevölkerung.

  • Auf die Alterung der Gesellschaft muss reagiert werden, indem zum Beispiel die Erwerbsbeteiligung älterer Menschen erhöht wird und sie dazu angeregt werden, zu solchen Anpassungen ihren Beitrag zu leisten – anstatt Frauen dazu anzuhalten, gegen ihren Willen mehr Kinder zu bekommen.

„Bei einem zu erwartenden Wachstum der Weltbevölkerung von, je nach Annahmen, bis zu mehreren Mrd. Menschen wird die Fortsetzung der gegenwärtigen Konsum- und Produktionsmuster in den hoch entwickelten Ländern und ihre Übernahme durch mehr und mehr Menschen in anderen Regionen die Grenzen der Tragfähigkeit der Erde noch weiter überschreiten. Das Dilemma, wachsende Bevölkerung und wachsende Nachfrage nach materiellem Konsum mit den Zielen einer nachhaltigen Entwicklung in Einklang zu bringen, ist eine gemeinsame Herausforderung für alle Länder – unabhängig von Entwicklungsstand oder Bevölkerungswachstum“ (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2021).