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Le Pont Neuf, die älteste im Originalzustand erhaltene Seine-Brücke von Paris, die die ganze Seine überspannt und nicht von einem Ufer zur Île de la Cité führt, ist der Hauptspielort eines großartigen Liebesfilms über eine gemeinsame Zeit von Alex (Denis Lavant), Clochard, Feiuerspucker und Schlafmittelabhängigem, und Michèle (Juliette Binoche), Malerin aus gutem Hause, durch eine Augenkrankheit auf dem linken zugepflasterten Auge erblindet und mit zunehmendem Sehverlust auf dem rechten, der sich besonders in der Helligkeit wie besonders Neonlicht manifestiert.
Alex sieht ihn zum ersten Mal auf der Straße, über die Mitte taumelnd, dann angefahren und der rechte Fuß von einem rücksichtslos durch das nächtliche Paris rasenden Wagen überrollt. Zusammen mit anderen Clochards wird er von einem Sammelbus aufglesent und zu einer Einrichtung gebracht, wo diese Menschen, der Bodensatz der Gesellschaft, versorgt werden. Mit Unterschenkelgips und Krücke (korrekt Unterarmgehstock genannt), humpelt Alex mit erstaunlicher Behendigkeit und Geschwindigkeizt zurück zum Pont Neuf, wegen dringend erforderlichen Renovierungsarbeiten für Fußgänger und Autos gesperrt. Hier lebt er in einer der halbkreisförmigen Nischen, in einer anderen der nach Verlust von Kind und infolgedessen Ehefrau der ältere Hans (Klaus-Michael Grüber), der Alex regelmäßig mit Schlafmittelampullen versorgt.
Michèle will vor der Erblindung ihren ehemaligen Geliebten noch einmal sehen, und auf dem Pont Neuf treffen die beiden sich wieder, hausen zusammen und freunden sich an, erst spät von Hans geduldet. der Michèle mit einem nächtlichen Museumsbesuch einen Herzenswunsch erfüllt, tags ist sie vom Licht so geblendet, dass sie noch weniger erkennen könnte.
Doch Alex' Glück erscheint bedroht: in Metrostationen und später in langen Reihen an Mauern geklebt erscheinen Plakate mit dem Bild der schönen Michèle, die auf diesem Wege von ihrem Vater, einem Luftwaffenobristen, gesucht wird, da es eine neue Heilmethode für ihre Augen gebe, Aus Angst, sie zu verlieren , wenn sie danach seine Häßlichkeit sehe, läuft bzw. hinkt Alex erstaunlich schnell durch die U-Bahnhöfe und die Stadt, fackelt die mit leicht entflammbarem Kleister angebrachten Plakate und den noch gut beladenen Kombi des Plakateurs ab, was für diesen ohne Alex' Absicht fatal endet.
Michèle hat über ein Transistorradio von der Suche erfahren, betäubt Alex mit Schlafmittel im Wein und macht sich davon, Alex landet im Gefängnis.
Ist eine zauberhafte, tragische Liebesgeschichte vorbei?
Die Schlußsszene wird viele Zuschauer an die wohl bekannteste und häufig gezeigte Szene mit Leonardo DiCaprio und Kate Winslet aus "Titanic" erinnern, jedoch gefehlt. Angeblich auf Wunsch von Julietten Binoche entstand sie in dem Film von Leos Carax aus dem Jahre 1991 mehrere Jahre vor Titanic, der 1997 veröffenflicht wurde! Aber das ist vielleicht das am wenigsten Bemerkenswerte an "Die Liebenden von Pont Neuf". Grandios ist der Schauplatz, die renovierungsbedürftige Brücke mit Blick auf die moderne Stadt mit dem Kaufhaus "Samaritaine",:
Erschreckend sind die Bilder der zum Teil abgersissene Gestalten: Zum Teil welkes Fleisch, hängende Falten unter bleicher Haut, die ewig kein Sonnenlicht mehr gesehen hat, aber", was in der Medizin auch "Landstreicherhaut" genannt wird, sehr bunt: Zerkratze, blutige frische oder verschorfte ältere Effloreszenzen durch juckende Ungezieferbisse, Flöhe, Wanzen, Scabies (Krätze).
Bilder von traumhafter Schönheit zeigen das Feuerwerk zum 14.Juli, dem Nationalfeiertag, mit Funkenregen von beiden Seineufern , Brücken , Booten und Wasserskifahrern, und in diesem Zusammenhang "unfreiwillig" komisch eine Szene, in der das Paar ein Boot und Wasserski "ausleiht", wobei Michèles Schlag auf den Wächter im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten losgeht, Tanz des Paare auf der Brücke zu Walzerklängen oder wild zu neuer Musik, wobei sie derart über die Brücke toben, dass man einmal sekundenlang sieht, dass Michèle unter dem Shirt nichts trägt.
Die Liebe zwischen den beiden Außenseitern wird in Bildern voller Zärtlichkeit, aber auch Brutalität aus Enttäuschung dargestellt.
Der Film lebt besonders neben dem schon beschriebenen durch die zum Teil anrührende Liebesgeschichte, in deren Verlauf es auch zu schrecklichen Szenen kommt, eine Liebe, die hoffnungslos erscheint, und deren Liebespaar durch die Hauptdarsteller garndios gespielt wird.
Denis Lavant ist mit beeindruckender Intensität der gescheiterte, abhängige Clochard Alex, alles andere als attraktiv mit scheckig-streifigen Stoppelhaaren, etwas plumper Nase und weit auseinanderstehenden Augen, der oft mit Gips und Stock durch die Starßen hastet und verzweifelt versucht, dass seine Michèle nicht gefunden wird.
Ausdruckstark auch Klaus-Michael Grüber, durch frühen Tod seiner massiv vorgealterten Frau nach Verlust des Kindes völlig aus der Bahn geworfen und endgültig gebrochen, als Michèle in nach dem von ihm ermöglichtem Museumsbesuch mit letztem Blick und Betasten von Rembrandts Selbstbildnis zurückweist.
Zauberhaft , später ähnlich wirkend am ehesten Audrey Tatou, die beim Dreh schon sehr bekannte 27jährige Juliette Binoche, trotz der Augenklappe ein ungeheuer einnehmendes Gesicht, eine Frau, die Beschützerinstikte wecken kann. Sie verleiht der von Erblinden bedrohten Malerin, die vor der Vollendung des zerstörerischen Wirkens ihrer Augenerkrankung noch einmal richtig auflebt,Schönes zum Teil nur noch schemenhaft sieht, Lebensfreude ausstrahlt und Liebe erlebt, die Alex zu grässlichen Taten greifen lässt, ein wunderbares Gesicht. Trotz Alex' Tat und auch einem Pistolenschuß von Michèle sehen wir ein bezauberndes Liebespaar in einer Beziehung, die zum Scheitern verurteilt scheint.
Das Ende des Films, unter anderem mit der "Titanic"-Szene, Auslöser und Ziel der Schiffsfahrt, mag manchem Filmfreund kitschig erscheinen. Ich sehe in dem ohne Bugreling physikalisch unmöglich weit nach vorne geneigtem Paar eher einen selbstironischen? Hinweis darauf, dass die Handlung nicht so sehr realistisch, sondern eher symbolisch gesehen werden soll, symbolisch für die Kraft einer Liebe unter traurigsten Lebensumständen und Handlungen aus Verzweiflung, deren Konsequenzen so gar nicht beabsichtigt sind.
Wir fiebern und leiden mit Michèle Und Alex , Identifikationsfiguren sind beide, die jemanden auf dem Gewissen haben, nicht.
Mit Denis Lavant erleben wir einen vortrefflichst verkörperten Gescheiterten, und mit der bezaubernden großartigen Juliette Binoche eine Schauspielerin, die ihre Fähigkeiten hier und ein Jahr später in "Verhängnis" eindrucksvoll unter Beweis stellte und einige Jahre später für ihre Nebenrolle in "Der englische Patient" mit einem Oscar geehrt wurde.
"Die Liebenden von Pont Neuf" sind eine wahre Perle, die Darsteller eine Offenbarung!
Doc Halliday
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