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Umweltschutz und Fördermittel

Gericht stoppt größtes EU-finanziertes Umweltprojekt

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Dr. Olaf Zinke, agrarheute
am Montag, 06.05.2024 - 11:37

Ein Gericht in Bulgarien stoppt den Bau einer riesigen mit EU-Geldern geförderten Müllverbrennungsanlage. Das Urteil bedeutet das Ende des 185-Millionen-Euro-Projekts.

müllverbrennung.

Das Oberste Verwaltungsgericht Bulgariens hat am Donnerstag den umstrittenen Bau einer mit EU-Geldern geförderten Müllverbrennungsanlage im Zentrum von Sofia gestoppt, berichtet das europäisches Mediennetzwerk euroactiv. In der Anlage sollte Müll in Wärme und Strom umgewandelt werden. 

Die Umweltgruppe Friends of the Earth Europe, einer der Beschwerdeführer, hatte die Gefahren für die menschliche Gesundheit seit langem angeprangert. Nach achtjährigem Rechtsstreit hat das Verwaltungsgericht Sofia die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die Müllverbrennungsanlage in der bulgarischen Hauptstadt nun aufgehoben. 

Das Gericht urteilte, dass die Anlage Abfälle in Form von Ersatzbrennstoffen (RDF) verbrennen solle und damit die Gesundheit der Einwohner Sofias gefährdet, die Luft verschmutzt, giftige Asche erzeugt und zusätzlichen Verkehr verursacht. 

Trotz seiner Mängel wurde das Projekt von der Europäischen Kommission und der Europäischen Investitionsbank finanziert, kritisierte die Umweltorganisation Friends of the Earth Europe. Mit seiner Entscheidung vom Donnerstag hat das Verwaltungsgericht das Projekt endgültig gestoppt und die 2015 durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung für ungültig erklärt.

185 Millionen Euro in den Sand gesetzt

Das Gerichtsurteil bedeutet das Ende des 185-Millionen-Euro-Projekts. Die bereits von der EU bewilligten 35 Millionen Euro muss die Gemeinde zurückzahlen. Bereits vor zwei Jahren hatte das Gericht die Stadtverwaltung von Sofia angewiesen, dringend Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in der 1,2 Millionen Einwohner zählenden Stadt zu ergreifen. 

Die RDF-Abfallverbrennungsanlage sollte auf dem Gelände des städtischen Zentralheizungsunternehmens Toplofikatsia in der Nähe des Stadtzentrums von Sofia gebaut werden. Anfang 2023 sah sich Toplofikatsia Sofia gezwungen, die Ausschreibung zur Auswahl des Unternehmens, das die Anlage bauen sollte, aufgrund von Unregelmäßigkeiten im Verfahren zu beenden. 

Ursprünglich war ein Konsortium aus bulgarischen, türkischen und drei chinesischen Unternehmen für den Bau der Anlage ausgewählt worden. Das Vergabeverfahren wurde angefochten und vom Gericht für rechtswidrig erklärt. 

Das Gerichtsurteil bedeutet, dass die Stadtverwaltung von Sofia, die Eigentümerin von Toplofikatsia ist, die gesamte EU-Finanzierung für das Projekt in Höhe von 90 Millionen Euro verliert, sagen die Experten von Euroactiv.

Umweltfolgen nicht berücksichtigt

Dem Gerichtsurteil zufolge haben die Behörden es versäumt, eine ordnungsgemäße Beteiligung der Öffentlichkeit sicherzustellen und die gesundheitlichen Risiken für die vom Projekt direkt betroffene Bevölkerung nicht einzuschätzen, sagen die Umweltschützer von Friends of the Earth Europe. 

Auch bei der Analyse der Auswirkungen auf die Luftqualität wurden gravierende Mängel festgestellt. Die Umweltverträglichkeitsprüfung berücksichtigte beispielsweise nicht die bestehenden übermäßigen Werte an Feinstaub und anderen Formen der Luftverschmutzung in Sofia, einer der am stärksten verschmutzten Städte Europas, sagen die Umweltschützer. 

Darüber hinaus kritisierte das Gericht die unzureichende Risikobewertung der Emissionen stark krebserregender Dioxine und Furane sowie die großen Mengen giftiger Asche, die die Anlage produzieren würde. Außerdem wurde festgestellt, dass die EIA unzuverlässige Daten verwendet hatte, um die Menge und Art der zu verbrennenden Abfälle abzuschätzen. 

„Es ist eine der ineffizientesten und kostspieligsten Möglichkeiten, mit den Abfällen in Sofia umzugehen“, sagt Evgenia Tasheva vom Umweltverband Za Zemiata, aus Bulgarien.

Mit Material von euractiv, Friends of the Earth Europe