„On The Road Again“ – Country-Legende Willie Nelson wird 90

„On The Road Again“ – Country-Legende Willie Nelson wird 90

Mit Songs wie „Always On My Mind“ und „Blue Eyes Crying In The Rain“ wurde er zum Star. Jetzt wird der Mann mit dem Stirnband und zwei Zöpfen 90.

Country-Ikone Willie Nelson feiert einen runden Geburtstag.
Country-Ikone Willie Nelson feiert einen runden Geburtstag.USA today network/Imago

Willie Nelson hatte das, was man die besten Jahre nennt, schon eine Weile hinter sich, als er 1984 in Alan Rudolphs Film „Songwriter“ als Abbild seiner selbst reüssierte.

Grauer Bart, Stirnband und zwei sorgsam geflochtene Zöpfe – mit ein paar verschlagenen Tricks setze der eigenwillige Barde sich im Film gegen die Machenschaften einer gefräßigen Musikbranche zur Wehr. Gut 40 Jahre später ist Nelsons anti-modisches Erscheinungsbild das lässig-verwitterte Erkennungszeichen eines der einflussreichsten Vertreter der amerikanischen Songkultur.

Sein Ruhm ging nicht zuletzt aus der Begabung für eingängige Balladen hervor, die, ohne ihre Country-Herkunft zu verleugnen, so gar nichts vom kräftig-tönenden „Yeeeha“-Klischee an sich haben. Und obwohl Elvis Presley das von Johnny Christopher, Mark James und Wayne Carson geschriebene „Always On My Mind“ bereits Anfang der 1970er-Jahre aufgenommen hatte, wurde es erst ein Jahrzehnt später in Willie Nelsons Version zu einem Hit und Evergreen. Hauchzart und ein klein-bisschen quengelig-nasal.

Das Sanfte und das Rebellische

Das Sanfte und das Rebellische bilden in Willie Nelsons Harmonien-Kosmos keine Gegensätze. Seine Karriere als Songschreiber hatte er mit dem spielerisch zwischen Country und Pop changierenden Stück „Crazy“ für Patsy Cline zu Beginn der 60er-Jahre begonnen. Zur unverwechselbaren Marke aber wurde er als Rebell.

Weit davon entfernt, in der Dominanzphase von Rock und Folk ein tonangebender Country-Star zu sein, störte sich Nelson am Kontrollzwang der Nashville-Produzenten, die das Geschäft bis in die Besetzungslisten kleinlich genau diktierten. Erst in Austin im Bundesstaat Texas fand er die für ihn passenden Bedingungen, und als andere ihm folgten, war die Country-Hauptstadt Nashville bereits in eine veritable Sinnkrise gestürzt.

Letztlich existierte die sogenannte Outlaw-Bewegung, zu der Waylon Jennings ebenso gehörte wie Kris Kristofferson, als herausfordernder Gegenentwurf nur für kurze Zeit. Die traditionsbewusste Country-Szene profitierte nachhaltig von der kreativen Auffrischung, und spätestens unter der Regie der Mitte der 80er-Jahre mit großer Spaßattitüde gegründeten Supergruppe The Highwaymen, in der Jennings, Nelson und Kristofferson mit ihrem Vorbild Johnny Cash zusammenfanden, wurden große Versöhnungsfeste gegeben.

Einer der ältesten Bastarde

Für die vielen Musiker auf der weniger glamourösen Seite des Geschäfts, denen Alan Rudolph in „Songwriter“ ein Denkmal gesetzt hatte, ist Willie Nelson seither eine zottelige Vaterfigur, zu der man sich gern gesellt. Tatsächlich dürfte es nur wenige geben, die derart häufig zu Gastauftritten gebeten und als Duett-Partner eingesetzt wurden. Ein YouTube-Abend reicht nicht aus, um all die hinreißenden Crossover-Ausschnitte anzusehen, in denen Willie Nelson mit Stars wie Johnny Cash, Bob Dylan, Ray Charles, Carole King, Neil Young, Nora Jones und Dutzenden anderen auftritt.

Seine Nebenkarriere als Schauspieler, etwa in dem Film „Wag The Dog“, ist nicht minder eindrucksvoll wie die als öffentlicher Kiffer. Mehrmals wurde Nelson wegen Drogenbesitzes zu Geldstrafen verurteilt; und zusammen mit dem Sohn von US-Präsident Jimi Carter rauchte er einen Joint auf dem Dach des Weißen Hauses. Zuletzt holte er gleich zwei frische Grammys ab, und zu seiner bevorstehenden Tournee sagte Nelson, der am Samstag 90 Jahre alt wird: „Ich werde einer der ältesten Bastarde da draußen sein. Aber solange ein paar Leute zum Zuhören auftauchen, werde ich nicht aufhören zu spielen.“