Zusammenfassung
Alice Salomon (1872-1948) ist eine der bedeutendsten Pionierinnen der modernen Sozialen Arbeit. Ihr Werk und ihre Leistungen für die Praxis, Theorie und Profession der Sozialen Arbeit jedoch, blieben in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg unbekannt, weil Alice Salomon als Jüdin vor der nationalsozialistischen Diktatur aus Deutschland fliehen musste. Sie konnte damit ihrer physischen Vernichtung entgehen, zunächst jedoch nicht ihrer Beseitigung aus dem deutschen Geistesleben. Salomons Werk und ihre Leistungen wurden in den 1980er Jahren wiederentdeckt. Ihr Name fehlt in keiner soliden Veröffentlichung über die Geschichte der Sozialen Arbeit und ihre Bedeutung für die Soziale Arbeit ist unumstritten. Salomon ist aber keineswegs bloß eine mehr oder weniger stark angestaubte Person aus der Geschichte, auch wenn ihren Schriften ein stark pathetischer Klang anhaftet. Die Lektüre ihres Werks – viele ihre Publikationen sind inzwischen (wieder) veröffentlicht – offenbart eine erstaunliche Aktualität und Anschlussfähigkeit an die zurzeit in der Fachdiskussion geführten Kontroversen zur Ausbildung, Disziplin und Profession der Sozialen Arbeit. Auch ihr international geprägtes Konzept eines auf sozialer Verantwortung beruhenden Professionsverständnisses zeigt, dass sich Armut und Verteilungsungerechtigkeiten, die Alice Salomon vor 100 Jahren anprangerte, heute vor dem Hintergrund globaler Verflechtungen und ökonomischer, ökologischer Abhängigkeiten eher noch verschärft haben. Diese Aktualität herauszuarbeiten und darzustellen anhand der nachfolgenden Thesen ist das Hauptanliegen dieses Beitrages.
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Sagebiel, J. (2010). Alice Salomon – Pionierin der Sozialen Arbeit in Disziplin, Profession und Ausbildung. In: Engelfried, C., Voigt-Kehlenbeck, C. (eds) Gendered Profession. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-92303-1_3
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