Hitze und Luftverschmutzung: Wie groß ist die Ozon-Gefahr? | BR24
Autos fahren auf der Straße des 17. Juni, während im Hintergrund die Sonne untergeht.
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Durch die aktuelle Hitze steigt in vielen Teilen Deutschlands, wie hier in Berlin, die Belastung durch hohen Ozonwerte in Bodennähe.

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Hitze und Luftverschmutzung: Wie groß ist die Ozon-Gefahr?

Sommer, Sonne, Ozon-Alarm: Wenn die Temperatur über die 30-Grad-Marke steigt, wächst die Belastung durch das bodennahe Reizgas. Besonders für Vorerkrankte kann das problematisch sein. Woher kommt Ozon und wie kann man sich am besten schützen?

Ozon – war das nicht das Phänomen mit dem Loch? Richtig! In den 1980er-Jahren bemerkten Wissenschaftler einen besonders drastischen Schwund der Ozonschicht in der sogenannten Stratosphäre, in 15 bis 50 Kilometern Höhe. Deren Existenz ist für uns lebenswichtig, weil sie uns vor schädigender UV-Sonneneinstrahlung schützt. Aufgrund eines weltweiten Verbots ozonschädlicher Substanzen, darunter Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), beginnt sich das "Loch" in der Stratosphäre seit dem Jahr 2000 langsam zu schließen.

Entstehung von bodennahem Ozon

Hier bei uns am Boden ist hingegen ein Zuviel an Ozon problematisch. Wenn im Sommer die Sonne vom Himmel brennt und Temperaturen von über 30 Grad Celsius erreicht werden, entsteht durch die chemische Reaktion mehrerer Vorläufersubstanzen (vor allem Stickstoffoxide), in Verbindung mit UV-Licht und der Hitze, bodennahes Ozon. 60 Prozent der Stickstoffoxide entstehen nach Angabe des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (LfU) durch den Verkehr, 30 Prozent tragen Feuerungsanlagen in Industrie und Kraftwerken bei.

Gesundheitsrisiken durch Ozon

Da Ozon ein Reizgas ist, kann es bei hohen Werten vielfältige Symptome beim Menschen auslösen. Laut Umweltbundesamt leiden viele unter tränenden Augen, Husten und Kopfschmerzen, auch ohne körperliche Aktivität. Je länger man sich in ozonbelasteter Luft aufhält, desto stärker können die Symptome ausgeprägt sein.

Kommt dann auch noch körperliche Aktivität oder Sport im Freien dazu, sei "bei Schulkindern und Erwachsenen eine verminderte Lungenfunktion sowie eine Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit festgestellt" worden, so das Umweltbundesamt.

Ist die Ozon-Belastung vorüber, normalisieren sich in der Regel auch die körperlichen Einschränkungen. Allerdings: Bei einem erhöhten Atemvolumen, also bei körperlicher Anstrengung, kann Ozon tief in das Lungengewebe vordringen, und dort Entzündungen hervorrufen, die das Gewebe dauerhaft schädigen, so das Umweltbundesamt weiter. Entsprechend werden Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit hohen Ozonwerten in Verbindung gebracht. Auch gibt es Hinweise darauf, dass das Allergiepotenzial verschiedener Pollenarten durch Ozon verstärkt wird. Auch der Verdacht, dass bodennahes Ozon Krebserkrankungen begünstigt, steht im Raum.

Ozonbelastung auf dem Land höher

Verkehr, Hitze und Sonne im Sommer zu entrinnen, ist in den Großstädten nahezu unmöglich. Allerdings werden die höchsten Ozonwerte häufig am Stadtrand und in den angrenzenden ländlichen Gebieten gemessen. Der Grund: Stickstoffoxide werden durch den Wind aus der Stadt hinaus getrieben und unterstützen so, weit entfernt von deren eigentlichen Quellen, die Ozonbildung. Gleichzeitig produziert Waldboden zusätzliches Ozon. In den verkehrsreichen Innenstädten befeuern die Abgase ebenfalls die Ozon-Entstehung und sind Hauptursache für den Sommersmog. Zugleich baut das von den Autos ebenfalls ausgestoßene Stickstoffmonoxid allerdings vor Ort Ozon ab, weshalb die Ozonbelastung in Innenstädten, wo viele Autos fahren, deutlich niedriger ist als am Stadtrand.

Ab wann gibt’s Ozon-Alarm?

Um gesundheitlichen Risiken durch eine Ozon-Belastung vorzubeugen, gibt es mehrere Beurteilungswerte. Festgelegt sind diese Schwellenwerte in der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes. Demnach liegt der Schwellenwert, ab dem die Bevölkerung informiert werden muss, bei 180 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m³), gemittelt über eine Stunde. Wird dieser Wert überschritten, sollen Risikogruppen wie Babys und Kleinkinder, ältere sowie an Atemwegserkrankungen leidende Menschen ungewohnte Anstrengung vermeiden. Auf Ausdauersport im Freien sollte generell verzichtet werden. Spätestens ab dem Alarmwert von 240 µg/m³ besteht ein Gesundheitsrisiko für die gesamte Bevölkerung.

In der Regel liegt die Ozonkonzentration an den bayerischen Messstationen im Sommer etwa bei 40 µg/m3 über der des Winters. Im Laufe eines Sommertages wird die höchste Ozonbelastung meist in den Nachmittagsstunden zwischen 14 und 16 Uhr erreicht, das Minimum in den frühen Morgenstunden gegen 6 Uhr.

Netzwerk bayerischer Messstationen

In Bayern wird die Ozonbelastung durch das Lufthygienische Landesüberwachungssystem Bayern gemessen. Über alle Ozonwerte der letzten 12 Stunden informiert das bayerische Landesamt für Umwelt (LfU). Derzeit existieren über 50 Messstationen, straßennah in Innenstädten, in Stadtrandzonen und Industriegebieten, aber auch in ländlichen Bereichen. Sobald ein kritischer Schwellenwert erreicht ist, vermeldet dies das LfU auf seiner Internetseite und über die Medien. Auf den aktuellen Ozon-Karten des LfU lässt sich die Ozon-Belastung der letzten 24 Stunden nachvollziehen. Und auch der Bayerische Rundfunk informiert unter anderem auf seiner Ozon-Wetter-Seite im Internet über kritische Schwellenwerte.

Immer mehr bodennahes Ozon?

Zunächst die gute Nachricht: Seit Mitte der 1990er-Jahre haben die Spitzenkonzentrationswerte und die Häufigkeit sehr hoher Ozonwerte nach Angaben des Umweltbundesamtes deutlich abgenommen. Allerdings werden die Zielwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit weiterhin überschritten und die Ozon-Jahresmittelwerte in städtischen Wohngebieten nehmen zu. Seit der Jahrtausendwende werde nach Angaben des LfU die Informationsschwelle von 180 µg/m³ in Bayern nicht mehr gehäuft überschritten, allerdings komme es in Einzeljahren immer wieder zu einer größeren Anzahl an Überschreitungen. Diese „zweigeteilte Entwicklung“ liege laut LfU zum einen daran, dass europaweit der Ausstoß von Schadstoffen abnimmt. Andererseits befeuert die globale Erwärmung heißere Sommer und damit die Ozonbildung.

Die letzte Alarmschwelle von 240 µg/m³ wurde in Bayern im Sommer 2004 gerissen. Dennoch gebe es in den vergangenen zehn Jahren bei der Ozon-Belastung in Bayern "einen signifikant zunehmenden Trend", so eine Studie des LfU aus dem Jahr 2021.

Weniger Ozonbelastung möglich

Einen Lichtblick bietet in diesem Zusammenhang paradoxerweise die Corona-Pandemie: Sie wirkte sich positiv auf die Ozon-Belastung am Boden aus. In der freien Troposphäre bis etwa 10 Kilometer Höhe ging das schädliche Gas im Frühjahr und Sommer 2020 nach einer Studie unter Federführung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) zurück. „Am Hohen Peißenberg haben wir beispielsweise zuletzt 1976 so wenig Ozon in der freien Troposphäre im Sommer gemessen, wie 2020 nach den Lockdowns“, sagt Dr. Wolfgang Steinbrecht, Leiter des Regionalen Ozonzentrums am Meteorologischen Observatorium Hohenpeißenberg des DWD und leitender Autor der Studie. Der ungeplante weltweite ‚Corona-Großversuch‘ habe deutlich gezeigt, wie komplex die Atmosphäre auf Emissionsminderungen reagieren könne. „Er zeigt aber auch, was mit international abgestimmten Maßnahmen für die weltweite Luftqualität erreichen werden könnte.“

Im Video: Wo kommt Ozon her und wie wirkt es?

Stickoxide entweichen aus einem Auspuff
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Stickoxide entweichen aus einem Auspuff

Dieser Artikel ist erstmals am 11. Juli 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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