Die Apothekerin • Rezension

Die Apothekerin

Die Apothekerin von Ingrid Noll

Hella Moormann beichtet ihrer Krankenhaus-Bettnachbarin allerhand Skurriles und Makabres aus ihrem Leben. Und wie man es von Ingrid Noll kennt, fällt dabei auch der eine oder andere Tote an. Wie ein roter Faden ziehen sich die Männergeschichten, der von Torschlusspanik gebeutelten Hella, durch den Kriminalroman.

Wer ist Hella?

In dieser witzigen Krimikomödie wird die 35-jährige Apothekerin Hella Moormann als eine durch und durch zwielichtige Person mit Helfersyndrom dargestellt. Schon in ihrer Kindheit geht ein kleiner unbeabsichtigter Todesfall auf ihr Konto, was sich wohl als lebensprägend herausstellt. Hella ist zwar intelligent und gebildet, wie man es auch von einer Apothekerin erwarten würde, dennoch fällt sie immer auf die falschen Männer hinein. Dabei wird ihr der absolute Wunsch, bald Mutter werden zu wollen, zum Verhängnis.

Levin, ein blutjunger Medizinstudent mit vielen Flausen im Kopf, dem sie diverse Male aus der Patsche hilft, soll als Mann und Vater herhalten. Levin erweist sich jedoch nicht nur als Windhund, sondern auch als arbeitsscheue und verantwortungslose Person, die nur eines im Kopf hat: den Opa um die Ecke zu bringen, um möglichst viel und schnell zu erben. Nachdem dieses Verhältnis scheitert, kommt der nächste und dann wieder der nächste.

Sehr skurril und schier unglaublich ist, dass diese Personen ihrer Vergangenheit nie ganz aus ihrem Leben verschwinden, sondern sich irgendwie in ihrem Leben einnisten und so einen gewissen Zweck in der Erzählung erfüllen. Immer wieder fragt man sich, ob es eigentlich noch schlimmer kommen kann („Ja, das geht!“) oder ob Hella letzendlich doch ihr Lebensglück vergönnt ist.

Wo ist Hella?

Zum Zeitpunkt des Erzählens befindet sich Hella im Krankenbett im gleichen Zimmer wie Rosemarie Hirte, die Protagonistin aus Ingrid Nolls Erstroman Der Hahn ist tot. Geschickt flicht Ingrid Noll von Kapitel zu Kapitel kleine Szenen aus dem Krankenhausalltag ein und macht auch Andeutungen zu Rosemarie Hirtes Leben. Eifrige Ingrid Noll-Leser können so Querverbindungen herstellen, was den Roman sehr kurzweilig und spannend macht. Der Leser ist genauso neugierig wie die Bettnachbarin, wie Hellas Geschichte weitergeht.

Fazit

Die Story ist unterhaltsam und humorvoll, jedoch eher realitätsfern. Ingrid Noll bedient verschiedene Klischees: der reiche Opa, der faule Student, der brutale Ex-Knacki, die asoziale Putzfrau. Die Autorin schafft es, die Hauptfigur so herrlich naiv darzustellen, dass der Leser eigentlich nur entgeistert den Kopf schütteln kann. Der Roman plätschert ab der Mitte ein wenig dahin, ohne sehr große Höhen und Tiefen, liest sich aber schnell und flüssig und kann als kurzweilige Bettlektüre auf jeden Fall empfohlen werden, vor allem wenn man Dreiecksgeschichten mag.

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