OFDb - Fusion Factor (2003) - Eine Kritik von Blade Runner
Review

Ich habe mich lange Zeit davor gedrückt mir Joseph Zitos Spätwerk anzusehen, schließlich konnte es eigentlich nur enttäuschend sein, wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass der Mann in den Achtzigern für Kracher wie „Missing in Action“, „Invasion U.S.A.“ oder „Red Scorpion“ verantwortlich war und sich danach bis auf den mittelprächtigen „Delta Force One: The Lost Patrol“ gänzlich vom Regiestuhl fern hielt.
Dank meiner geringer Erwartungen und des miesen Trailers, der den „Power Play“ schlechter zu verkaufen versucht, als er eigentlich ist, sprang dabei letztlich dann doch eine überraschend positive Erfahrung dabei heraus.
Das verantwortliche Studio American Cinema International, geführt von den beiden ehemaligen P.M. Entertainment – Mitarbeitern George Shamieh und Chevonne O'Shaughnessy hat es sich seit ihrer Gründung im Jahr 2000, also zu einem Zeitpunkt als längst abzusehen war, dass P.M. langfristig nicht durchhalten würde, zur Aufgabe gemacht ein halbes Dutzend Filme zu produzieren und gegebenenfalls auch zu vertreiben. Ihr Prachtstück „Elite“ von Terry Cunningham spricht jedenfalls für ihr Konzept und auch ordentliche Genreware wie „Phase IV“ beweist, dass sie anstatt auf Masse auf Qualität setzen. Heutzutage ja leider längst keine gängige Strategie mehr.

Zito selbst setzte hier vorwiegend auf Erfahrung und Tradition und reaktiviert wohl deshalb auch vorwiegend altbewährte Kräfte. Ich bin mir sicher, dass er den Film vor 15 Jahren, abgesehen von ganz geringfügigen CGI-Tricks im Finale, ganz genauso umgesetzt hätte. „Power Play“ sieht man Zitos Handschrift an, denn er genießt eine Old-School-Inszenierung, die ich mittlerweile vermisse. Mit an Bord holte er neben Kameramann Gideon Porath („American Ninja 2: The Confrontation“, „Special Forces“) auch BJ Davis, der nicht nur Brandon Lees „Laser Mission“ inszenierte, sondern auch seit seiner gemeinsamen Zeit mit Porath bei Cannon einiges gelernt hat und das zahlt sich hier aus.

Denn trotz einer, für eine B-Produktion, bemerkenswert namhaften Darstellerriege, die von „Nip/Tuck“ – Doc Dylan Walsh über Tobin Bell (Bei Horrorfreunden dürfte der Name Erinnerungen zu einem speziellen Film wecken..) bis hin zu Clint Eastwoods Tochter Alison, die leider nicht das Talent ihres Papas geerbt hat, reicht, kommt der Film nie über seinen Durchschnittsplot hinaus, denn der hindert fast im Alleingang die Crew daran, mehr als nur einen soliden Genrebeitrag abzuliefern.

Die Story um den in Los Angeles beheimateten, skrupellosen Energiekonzern Saturn Energy, der über die Leichen von Umweltaktivisten der World Survival Group geht und auch eigene Wissenschaftler tötet, damit nicht an die Öffentlichkeit dringt, dass ihre Tests Ursache der zahlreichen Minibeben in L.A. sind und bei späterer hundertprozentiger Auslastung wohl die gesamte Metropole zerstört werden würde, ist erstens allzu genretypisch, zweitens zu vorhersehbar und drittens auch noch höchst unlogisch. Wen wollen die Herren denn versorgen, wenn nichts mehr steht?

Joseph Zito ringt diesem verkorksten Stoff überraschend viel Kurzweiligkeit ab und kann sich dabei auf seine Crew verlassen. „Power Play“ glänzt fast durchgehend mit einer professionellen Optik und präsentiert sich auf dem aktuellen Stand der Technik. Der hermetisch abgeriegelte Forschungskomplex des Unternehmens schaut also nicht wie ein Relikt aus dem Kalten Krieg aus, sondern einer modernen Raffinerie gleich.

Die Jagd nach der Wahrheit, die Reporter Matt Nash (Walsh) mit der Wissenschaftlerin Gabriella St.John (Eastwood) zusammenbringt, verläuft leider allzu eindimensional, weil hier wirklich nur die handelsüblichen Motive ausgepackt werden und das Drehbuch sich immer wieder Blößen gibt. Nash wird auf das mysteriöse Verschwinden der Umweltaktivisten angesetzt, erhält Unterstützung durch deren Organisation und muss schließlich Gabriella die gefährlichen Analysen zuspielen und sie überzeugen, bevor sie gemeinsam das drohende Unheil zu verhindern suchen. Im Hintergrund zieht natürlich ein gewissenloser Boss die Pfäden und Tobin Bell erledigt als Mann für die schmutzigen Dinge, nur Mr. Clemens genannt, eventuelle Sicherheitslecks.

Während ihrer Recherchen werden beide regelmäßig von grundsätzlich in schwarzen Anzügen und schwarzen Sonnebrillen auftauchenden Konzernschergen beschossen, die, wohl irgendwie einen sechsten Sinn zu haben scheinen, weil sie immer wissen, wo die beiden sich aufhalten. Auf die Dauer nervt dieses ewige Prozedere, zumal sie Zito, und das kreide ich ihm an, wie Halbaffen wild in der Gegend ballern lässt. Da wird nicht in Entdeckung gegangen oder sich mal ein paar Meter auf die Zielperson zu bewegt, nö, man zückt die Knarren und ballert, oft auch beidhändig, einfach drauf los. Gunplay gibt es in ausreichendem Maße und meistens ist es dann, auch da entdeckt man Zitos alte Schule, detailliert und mit Auge getrickst, weswegen einiges Interieur zerballert wird. Gerade bei diesen exzessiven Bodycounts verstehe ich deswegen nicht, warum er hier auf blutige Shootouts verzichtete. Nicht, dass ich Blood & Gore verlange, aber wenn schon so viele Menschen teilweise in Zeitlupe zu Boden sinken und ganze Zimmer zertrümmert werden, aber man nie einen einzigen Körpertreffer zu sehen bekommt, kratzt man sich halt mal am Kopf.
Dafür zeigt er eben bei den leider seltenen Verfolgungsjagden, dass er nichts verlernt hat. Seine Pyrotechniker lässt er an allen Ecken und Enden ran. Egal, wogegen auch gefahren wird, alles muss grundsätzlich explosiv in Flammen aufgehen. Die Carchase-Sequenzen sind die kleinen Highlights des Films, die zwar nicht zur Genrespitze gehören, weil wohl die finanziellen Mittel fehlten, aber wiederum so old school inszeniert sind, dass man sie nur gern haben kann. Die Kamera nah an der Felge, viele gerammte Karossen, durch Feuer springende Autos, die durch Glasfenster rasen und ihr Ende in einer Tankstelle finden. Da jauchzt man als Fan...

Der Verlauf ist wie erwähnt eher lau, das überraschend gut getrickst Finale, in dem dann Häuser in sich zusammenfallen, Freeways einstürzen, die Raffinerie Schaden nimmt und ganz Los Angeles kurz in katastrophalem Chaos versinkt, entschädigt dann aber wieder für sehr viel. Mich wundert es schon, wie überzeugend, so ganz ohne Stock Footage und mieses CGI (Nu Image lässt grüßen), ein B-Movie aus dem Jahr 2002 in solchen Szenen sein kann. Die regelmäßigen Minibeben lassen sich mit einer guten Kameraarbeit lösen, aber wenn ganze Türme umkippen, Wände verrückt werden und Fassaden auf die Straße krachen, sieht „Power Play“ richtig gut aus.


Fazit:
Die Kür verfehlt Zito dieses mal dennoch, aber das liegt nicht an ihm oder seiner Crew, die, da bin ich mir sicher, aus Drehbuch und Budget das Optimum herausholten. So professionell ausschauende und dann doch wieder noch den Atem der Achtziger spüren lassende B-Produktionen bin ich gar nicht mehr gewohnt. Den Actionszenen, fehlt, wohl aus finanziellen Gründen, der allerletzte Kick, aber man sieht ihnen an, dass Zito sie inszenierte. Von Schießereien bis zu Autoverfolgungsjagden ist auch viel, wenn auch nicht alles, dabei, was der Genrefan sehen möchte. Die Darsteller agieren leider austauschbar, als wirklich enttäuschend stellt sich allerdings nur das Drehbuch heraus. Ich wage gar nicht darüber nachzudenken, was Zito und seine Mannen abgeliefert hätten, wenn ihnen ein straightes Skript für einen Actioner vorgelegten worden wäre und man das Budget aufgestockt hätte. Mach’s noch einmal, Joseph!

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